Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 2)

In 
Frankreich. 
Lyon wurde ein 13jähriger 
'nabe, Namens Millard, der in einer 
Glasfabrik arbeitet, von seinem Kameraden, 
dem 14 Jahre alten Charles Nutouo, er- 
würgt und seines Lohnes im Betrage von 
35 Frks. beraubt. Der Thäter gestand 
nach längerem Leugnen sein Verbrechen. 
England. 
Loudon, 24. Oktober. Dem „Newyork 
Herald" wird aus Shanghai gemeldet, daß 
die chinesischen Generale Ich 
und W e i, welche in dem Kampfe bei 
Ping Yang die Flucht ergriffen und den 
General Tso im Stiche gelassen haben, 
vor ein Kriegsgericht gestellt worden sind 
und wahrscheinlich enthauptet werden. Die> 
selben sind nicht nur der Feigheit, sondern 
auch der Erpressung und der Theilnahme 
an der Ermordung des Franzosen Joseau 
angeklagt. 
Inland. 
Berlin, 25. Okt. Heute findet in der 
Capelle der kaiserlich russischen Botschaft 
ein Festgottesdienst für die Genesung des 
Kaisers von Rußland statt. 
Berlin, 25. Okt. Nachdem der 
genehmigt hat, daß in Verbindung mit 
dem Hauptgottesdienst am 19. Dezember 
ds. Js. in der evangelischen Kirche eine 
Feier zur Erinnerung an die 300jährige 
Wiederkehr des Geburtstages Gu 
st a v Adolfs veranstaltet werde, hat 
der evangelische Oberkirchenrath die Con 
sistorien der älteren Provinzen angewiesen, 
die Geistlichen aufzufordern, an dem ge 
nannten Sonntage, sei es in der Predigt 
oder in einer besonderen Ansprache der 
Persönlichkeit Gustav Adolfs und der Be- 
deutung, die sein Werk für die Bedeutung 
der evangelischen Kirche in Deutschland ge 
habt hat, zu gedenken. 
Für die katholische P i u s k i r ch e 
in Berlin hat der Kaiser nach der 
„Köln. Bolksztg." aus seinem Dispositions 
fonds 30000 Mk. überwiesen. 
— Die politische Lage ist, wie der offi 
ziöse „Hamb. Corr." andeutet, durchaus 
noch nicht so geklärt, wie nach der be 
kannten Notiz der „Kreuz-Zeitung", die 
von der „Nordd. Allg. Ztg." erst bestätigt 
und dann dementirt wurde, angenommen 
werden mußte. Nur so viel bestätigt 
sich, daß der Kaiser sich bezüglich der 
dem Reichstage zu machenden Vorlage der 
Auffassung des Reichskanz 
l e r s a n g e s ch l o s s e n hat und das ist 
doch die Hauptsache. 
— In der Angelegenheit der Obe r- 
f e u e r w e r k e r s ch u l e hat es nunmehr 
wie das „B. T." schreibt, unter den als 
Lehrern wirkenden Offizieren gekriselt. Pre- 
micrlieutenant Beckmann l. vom Feldartil- 
lerie-Regiment (1. Brandenburgisches) Nr. 
Z ist vom Commando als Lehrer bei der 
Oberfeuerwerkerschule entbunden worden. 
An seine Stelle ist Premierlieutenant 
Schreiber vom Hessischen Feldartillerie. 
Regiment Nr. 11 getreten. Premierlieute- 
nant Beckmann l. fungirte als Adjutant 
des Direktors der Oberfeuerwerkerschule, 
Major von Stetten, und von ihm heißt 
es, daß er die Eingabe der Oberfeuer, 
werkerschuler wegen Verlegung der Abend- 
stunden befürwortet habe. Im übrigen 
herrscht jetzt in der Anstalt ein sehr strenges 
Regiment. So müssen u. a. die Schüler 
in der Kaserne ihre Mahlzeiten stets unter 
Aussicht eines Offiziers einnehmen. 
— Heinrich Dowe, der Erfinder des 
„kugelsicheren Panzers", beginnt auch auf 
anderen Gebieten seinen erfinderischen Geist 
zu bethätigen. Er hat neuerdings eine 
ganz eigenartige Geldbörse mit einem 
„ D o w e-P a n z e r-V e r s ch l u ß" c onstruirt, 
welche gegenwärtig durch eine bedeutende 
Frankfurter Lederwaaren - Firma in den 
Handel gebracht, in den Galanteriewaaren 
Handlungen als interessante Neuheit ver 
kauft wird. Der neue und zum Patent 
angemeldete Verschluß öffnet sich selbst 
thätig, wenn man mit dem sehr einfachen 
Trie vertraut ist, während der Unkundige 
vor einem unlösbaren Räthsel steht. 
Versuche, welche in Berlin mit der 
rauchlosen Verbrennung unter Be 
nutzung von Kohlenstaub gemacht sind, 
haben, wie es heißt, zu höchst befriedigen- 
den Resultaten geführt. Die Frage der 
unbedingt rauchlosen Thätigkeit der Fabrik- 
schornsteine erscheint einwandslos gelöst, 
und wenn dies im Verbände mit Kohlen- 
ersparniß geschieht, wie verlautet, so wird 
damit die Einführung der betr. Vorricht- 
ungen nur gefördert werden. Die qual- 
wenden Essen gehörten nachgerade zu den 
Erscheinungen, ohne welche^ man sich eine 
arbeitsame, erwerbsthätige Stadt nicht vor 
aus der 
der die 
bewohnt 
schwerer 
berichtet 
um Stunden gesessen und wenn man Geister 
schwitzen könnte, ware's geschehen. Aber sie 
kamen nicht, die Klößchen in der Suppe, 
und ich bin wirklich unschuldig, wenn mir 
endlich der schwarze Verdacht aufstieg, es seien 
gar keine Klößchen darin. Und da die Suppe 
an sich völlig ungenießbar war, bin ich 
schließlich wieder zu dem alten, vielverketzerten 
Restaurant zur „exakten Naturforschung" 
zurückgekehrt und habe mir dort — aus 
„Kraft" und „Stoff" — ein ordentliches 
Beefsteak braten lassen. 
(Schluß folgt.) 
'kellen kann. Der Erlaß einer Polizei- 
Verordnung, wonach Fabrikschornsteine nicht 
mehr Rauch entwickeln dürfen, wird daher 
einen Wendepunkt von hervorragendster Be 
deutung sein. 
Die Durchbrechung des Lokalboykotts 
aus Mangel an geeigneten Sälen sehen 
ich bereits die sozialdemokratischen Vereine 
n Berlin gezwungen. So hat der Vor 
land der sozialdemokratischen Freien Volks- 
bühne beschlossen, die Feier der 200. 
Theateraufführung des Vereins im Saale 
des Etablissements Keller in der Koppen- 
iraße zu veranstalten, obwohl in diesem 
Restaurant sonst boykottirtes Bier geschänkl 
wird. Der Wirth hat lediglich versprechen 
müssen, an dem betreffenden Festabende 
kein boykottirtes Bier zu schänken. In der 
Generalversammlung des Vereins wurde 
von einer Seite gegen die Benutzung des 
Lokals Widerspruch erhoben, worauf jedoch 
der Vorsitzende Dupont erwiderte, daß die 
Vertrauensleute der sozialdemokratischen 
Partei des 4. Wahlkreises erklärt haben, 
daß bei solchen Abmachungen der Festlich 
keit von Seiten der Partei nichts in den 
Weg gelegt würde. 
Ein großer Silberfund 
Zeit des 10. Jahrhunderts, in 
Mark Brandenburg von Wenden 
war, ein ungefähr 20 Pfund 
Schatz, ist, wie die „Voss. Ztg." , , 
vor einigen Tagen bei der Leiffower Mühle 
unweit Frankfurt a. O., im Kreise West- 
Sternberg, beim Pflügen gemacht worden. 
Den Fund hat das Märkische Provinzial- 
Museum angekauft. In einem zistel- 
förmigen großen Thongefäß, das mit einem 
übergreifenden Falzdeckel versehen und mit 
Riefen und Kerben verziert ist, lag der 
Schatz verwahrt in der Erde, der Topf 
deckel nur etwa 30 Centimeter unter der 
Oberfläche. Der Inhalt bestand aus 
Schmucksachen. 
Auf dem platten Lande sind vielfach 
noch Kohlentöpfe zur Heizung im 
Gebrauch, obwohl dadurch schon vielfach 
ganze Familien getödtet worden sind. In 
dem Dorfe Jefchen in Ostpreußen wurde 
eine Frau mit drei Kindern, die dieses 
Heizverfahren angewandt hatte, bewußtlos 
gefunden. Ein Kind ist gestorben, die 
beiden anderen kommen kaum mit dem 
Leben davon. 
Die herrschaftlich,: Schäferei mit 
1000 Schafen verbrannte im Dorfe 
Plantikow bei Stargard; mehrere mit dem 
Ernteertrag gefüllte Scheunen, ein Fa 
milienhaus und der Kirchthurm des Dorfes 
fielen ebenfalls den Flammen zum Opfer. 
Büdingen (Oberheffen), 24. Okt. Ein 
gestern in Ranstadt verhafteter alter Hand 
werksbursche, der mehrere Diebstähle be 
gangen hatte, sollte von zwei jungen Leuten 
an das Amtsgericht Ortenburg abgeliefert 
werden. Unterwegs bat er die Transpor 
teure, austreten zu dürfen; er ging einige 
Schritte abseits und schnitt sich mit seinem 
Messer die Kehle durch. Der Tod des ver 
zweifelten alten Mannes trat sofort ein. 
Worms, 24. Oct. Berechtigtes Aufsehen 
erregt hier der S e l b st m o r d einer 
jungen Dame, der in letzter Zeit viel 
genannten Tochter des Oberamtsrichters 
G. Mit diesem Selbstmorde hat die seit 
dem Frühjahre spielende Ring-Geschichte 
(Entwendung eines kostbaren Diamant- 
ringes) ihren tragischen Abschluß gefunden. 
Auf Requisition des Landgerichts Mainz 
sollte die Verdächtige gestern Nachmittag 
in Haft genommen werden. Als der da 
mit beauftragte Beamte in die Wohnung 
erschien, zog sich die junge Dame mit der 
Erlaubniß des Beamten zurück, um noch 
etwas zu ordnen. Als man nach ihr sah, 
fand man sie als Leiche; sie hatte sich an 
dem Wasserzulauf des Abortes erhängt. 
Hamburg. Verhaftet wurde hier der 
„Staatsb.-Ztg." zufolge der frühere öfter 
reichische Lieutenant und Journalist Oskar 
Schloßbauer wegen Schwinde 
leien unter der Firma Richard Mohr 
mann mit dem Bandwurmmittel. 
Margarethe Leue, die beim Kameruner 
Aufstand rühmlichst genannte Diakonissin, 
jetzt mit dem Hamburger Kaufmann Hesse 
vermählt, ist auf Vorschlag der Kaiserin 
mit dem Luisen-Orden dekorirt worden. 
Provinzielle« 
Welche Bedeutung der „Nord-Ostsee 
Kanal für unsere Marine besitzt, ersieht 
man aus der Thatsache, daß die Marine 
Verwaltung verschiedene bedeutende An 
lagen und Einrichtungen Plant, die mit 
der Eröffnung des Kanals zur Benutzung 
gelangen. An der Ostmüudung wird ein 
Torpedohafen angelegt; bei Holtenau und 
Brunsbüttel ist die Errichtung Igroßer 
Kohlenstationen zur Versorgung der Kriegs 
schiffe beschlossen. Die südlichen Ufer 
mauern des Außenhafens bei Holtenau 
werden in einer Ausdehnung von drei 
hundert Metern als Kai für die Schiffe 
der Kriegsmarine dienen. Die Vorarbeiten 
für den neuen Torpedohafen sind fast ab 
geschlossen, so daß in nächster Zeit der 
Bau in Angriff genommen werden kann. 
Die Zuschüttung der alten Kanalmündung 
ist jetzt so weit vorgeschritten," daß die 
Einfahrt für alle größeren Fahrzeuge ge 
sperrt ist. Sämmtliche Dampfer und Segel 
schiffe, die zwischen der Ost- und Nordsee 
verkehren, werden durch die neuen Schleusen 
werke in den Nord-Ostsee-Kanal geleitet. 
Flensburg, 26. Okt. Eine besonders 
hohe Auszeichnung ist nach der heute 
stütz 9 Uhr vor Schloß Glücksburg von 
unserer Regimentskapelle veranstalteten 
Morgenmusik dem Königl. Musikdirigenten 
Herrn C. K o s u b e k zu Theil geworden, 
indem ihm von Ihrer Majestät der Kai- 
erin persönlich eine kostbare Busennadel 
überreicht wurde. Als Kopf der Nadel ist 
ein goldener Adler vorgesehen, in dessen 
Mitte um einen größeren Rubin fünf 
Diamanten placirt sind. Das rothe Etui 
trägt die goldenen Buchstaben A. V. und 
eine goldene Krone. 
Eine schreckliche Familienscene spielte sich 
gestern Mittag in Kiel ab. Der daselbst 
wohnende, dem Trünke sehr ergebene Han 
delsgärtner K i e h n, der mit seiner Frau 
'chon seit längerer Zeit auf sehr gespann- 
tem Fuße lebte, feuerte nach stattgehabtem 
heftigen Wortwechsel sechs Revolverschüsse 
auf dieselbe ab, so daß die Frau schwer 
verwundet in die akademische Heilanstalt 
geschafft werden mußte. Der Thäter wurde 
geschlossen ins Gefängniß geführt. 
Für den Bahnhofsbau in Kiel sind 
die Erdarbeiten nunmehr den Unternehmern 
Schlüter und Fahrenkrug für die Summe 
von ca. 140 000 Mk. übertragen wor 
den. Es sind an Boden ca. 125 000 Kubikm. 
zu bewegen. 
Mit dem Aufstellen der Leitungspfähle 
'ür die elektrische Beleutung am 
Nordostseekanal ist vor einigen Tagen 
begonnen worden. Von Holtenau bis 
Brunsbüttel werden 5000 Pfähle aufge 
kellt. Transport und Aufstellung der 
Pfähle hat die Firma Conradi & Co. in 
Kiel übernommen. 
Zum Mord in Buschau erfahren die 
„Schl. Nachr.", daß die Fußspuren, welche 
von dem Gehöft des ermordeten Calls en 
ausgehend, dem Thäter angehören müssen, 
zu den Füßen des des Mordes verdächtigen 
Brühn passen. 
A Husum, 25. Oktbr. Dem heutigen 
Schweinemarkt waren 334 sogen. Wagen 
ferkel zugeführt. Gezahlt wurde für vier 
Wochen alte Ferkel 9—10,50 Mk. aus- 
nahmsweise auch etwas weniger, für fünf 
und sechs Wochen alte Ferkel 11—14 M. 
Vier Monate alte Thiere bedangen reich 
lich 40 Mk. Ausgeführt wurden größere 
und kleinere Parthien nach Tondern, Elms 
Horn, Flensburg, Meldorf, Garding und 
Tönning. 
Aus Altona wird berichtet: Dem An 
trage des Magistrats auf Einleitung des 
Disziplinar-Verfahrens gegen Herrn Stadt- 
Baurath Stahl ist von der Königl. Regie- 
rung stattgegeben worden; zugleich hat die 
selbe die Suspension des Stadt-Bauraths 
von seinem Amte verfügt. 
Die Eröffnung des Haltepunktes Ein- 
seid zwischen Neumünster und Bordesholm 
für den Personenverkehr nebst einer di 
rekten Personenabfertigung von und nach 
Bordesholm, Kiel, Neumünster u. Voorde 
findet vm 1. November d. Js. statt. 
Hs Wankendorf, 24. Okt. Die hiesige 
im Bau befindliche Kirche ist unter Dach 
gebracht, auch der Dachreiter ist bis auf 
seine Bedachung vollendet. Die Einweih 
ung soll noch vor Weihnachten stattfinden. 
Zur Beschaffung einer Orgel stehen bis 
jetzt 4000 Jt. zur Verfügung, welche durch 
freiwillige Gaben aufgebracht sind. Drei 
Orgelbauwerkstätten, auch die von Mar- 
kussen-Apenrade, sind um Einsendung von 
Riß und Kostenanschläge gebeten, nach 
deren Prüfung wird der Bau einer Orgel 
sofort vergeben. 
© Luhnstedt, 25. Okt. Mehrere Land- 
leute Hierselbst halten schon seit einigen 
Jahren zur Veredelung des Milchviehes 
einen gemeinschaftlichen Zuchtstier. An 
Stelle des alten, der auf der Rendsburger 
Thierschau eine Staatsprämie von 100 Ji 
erhielt, tritt jetzt ein junger, einjähriger 
Stier, der in diesen Tagen im Eiderstedt- 
schen für 500 JL gekauft worden ist; der 
alte wird gemästet und hat jetzt schon ein 
Gewicht von ca. 1500 Pfund. — Auf der 
am vorigen Sonnabend Hierselbst abgehalte 
nen Treibjagd wurden nur 11 Hasen und 
Rehe erlegt. 
R. Hohenwestedt, 26. Okt. Am letzten 
Mittwoch wurde auf der Gemarkung 
Heinkenborstel Treibjagd abgehalten. 
Ergebniß war, daß 17 Hasen, 2 Rehe, 
1 Fuchs und 2 Tauben erlegt worden 
Die Gemarkung zeigt ein vortheühaftes 
Jagdgebiet, indem es zwischen Forsten liegt, 
die auch Edelwild als Standwild Herbergen. 
Dazu besitzt die Gemeinde eine bedeutende 
Waldfläche. Was hier dem Weidmann 
eine Lust ist, gereicht dem Landmann zur 
Last. Nicht unerheblich ist der Schaden, 
der durch starke Rudel von Hirschen ver- 
ursacht wird. — Während der letzten 
Nächte sank das Thermometer soweit unter 
Null, daß der Boden gefror. Rüben, die 
ihrer Blätter beraubt waren, hatten an 
Stellen bedeutend gelitten. 
— Nortorf, 25. Okt. Gestern Morgen 
wollte der Landmann M. Thursen aus 
Langwedel für einen dortigen Einwohner 
eine Fuhre Kartoffeln nach Ellerbek brin- 
gen und nahm auch einige leere Bierfässer 
mit. Dieselben lud er, auf den Kartoffel- 
säcken stehend, bei der Brauerei vor Kiel 
ab, wobei er das Gleichgewicht verlor und 
vom Wagen kopfüber auf das Steinpflaster 
stürzte. Vas Blut strömte aus Mund 
und Nase. Man trug ihn hinein und 
nach Verlauf einer Viertelstunde verschied 
der Verunglückte. Seine Familie in Lang 
wedel wurde vonIdiesem Unglück telegra 
phisch in Kenntniß gesetzt. Herr Thursen 
war eine durch seine Geradheit weit be 
kannte und beliebteWersönlichkeit; er stellte 
wie wohl Manchem erinnerlich ist, bei den 
Sängerfesten, welche diesen Sommer in 
Nortorf und Schleswig gefeiert wurden, 
den „Gambrinus" dar, wobei ihm sein 
a /i Meter langer Bart sehr zu statten kam. 
Bon der Eider, 24. Okt. Nachdem 
die Ortschaft Neu-Königsförde dem Schul- 
verband Krummwisch zugewiesen ist, soll 
jetzt laut Bekanntmachung das Schulge 
bäude in Neu-Königsförde zum Abbruch 
verkauft werden. Am 3. November feiert 
das Ehepaar Arbeiter I. Sell und Frau 
zu Groß-Nordsee das Fest der goldenen 
Hochzeit. Beide Eheleute sind noch sehr 
rüstig. Die Feier scheint sich sehr großartig 
gestalten zu wollen, namentlich, weil der 
Jubilar 50 Jahre ununterbrochen auf dem 
Hofe gearbeitet hat. Bon Klein-Nordsee 
bis Felde wird, wie man hört, eine Chaussee 
gebaut. 
* Rendsburg, 26. Okt. Ueber die Re- 
alisirung der an die Vieh-Versicher- 
ungs-Gesellschaft in Güstrow von 
vielen Seiten gemachten Forderungen er- 
fährt man Folgendes: Am 10. Oktober 
dieses Jahres sind sämmtliche Schulden 
der Mecklenburgischen Vieh-Versicherungs- 
Gesellschaft A.-G. zu Güstrow bezahlt und 
für die im Prozeß befangenen Forderungen 
die Gelder beim Großherzoglichen Amts 
gericht zu Güstrow deponirt, soweit die 
Gläubiger auf gerichtliche Hinterlegung 
verzichtet haben. Auf 902 Postanweisun 
gen und 1 Check sind nach auswärts ver 
sandt 130 860,32 Mk., in Güstrow selbst 
sind bezahlt 7 203,83 Mk., beim Gericht 
hinterlegt sind 36 684,07 Mk., noch zu 
deponiren 102 586,18 Mk. Die Konkurs 
kaffe wurde also in Höhe von 277 316,40 
Mark in Anspruch genommen. Durch 
Kompensation sind berechtigt 75 923,65 
Mark, so daß der Gesammtbedarf sich auf 
353 239,65 Mk. stellte. Zu den Zahlun 
gen hatte der Konkursverwalter außer bis 
zum 15. Oktober d. I. fest belegten 40 000 
Mark und den Kontokorrentzinsen 297 100 
Mark verfügbar. Zur Deckung der laufen 
den Ausgaben für die Liquidation, welche 
den weitaus größten Theil der veranschlag 
ten Liquidationskosten ausmachen und der 
noch zu erwartenden Klagen auf Feststellung 
von Forderungen (10—20 000 Mk.) blei 
ben also ca. 60 000 Mk. und die Aus 
stände zu seiner Verfügung. Da letztere 
sich auf ca. 90 000 Mk. stellen, von denen 
aber wohl nur 50 000 Mk. realisirbar 
sein dürften, so erscheint durch die ein 
malige Ausschreibung der Bedarf für die 
Liquidation auch bei dem absolut zu er 
wartenden Verluste sämmtlicher Prozesse 
gedeckt. 
X Rendsburg, 26. Okt. Gestern Abend 
8 Uhr 20 Minuten passirte Ihre Majestät 
die Kaiserin auf der Rückkehr nach Pots 
dam in einem Sonderzug den hiesigen 
Bahnhof. Als der Kaiserliche Zug lang 
lam vorüberfuhr, rief das zahlreich vor dem 
Bahnhof anwesende Publikum lebhaftHurrah. 
Von einigen Personen will die Kaiserin 
am Fenste r bemerkt worden sein. Der 
Bahnsteig war abgesperrt. Der 8 Uhr 
23 Min. fällige Schnellzug nach dem Süden, 
dem 2 Salonwagen angehängt waren, er 
litt eine nicht unerhebliche Verspätung. 
X. Rendsburg, 26. Dem Vorstand des 
Rendsburger Arbeitervereins von 1848 
sind wiederum in diesem Jahre seitens der 
Spar- und Leihkasse zur Weihnachts-Be- 
scheerung für arme Kinder 500 be 
willigt worden. 
X Rendsburg, 26. Okt. In vergangener 
Nacht entstand hier in einer Schanknurth- 
sch aft zwischen mehreren jungen Leuten 
Streit, welcher sich bis auf die Straße 
fortsetzte, wo es schließlich zu einer argen 
Schlägerei kam, bei der leider das Messer 
wieder einmal eine traurige Rolle spielte. 
Zwei an der Schlägerei Betheiligte sind 
nicht unbedeutend verletzt und mußte einer 
derselben ins Krankenhaus geführt werden, 
von wo er nach der ersten Hülfeleistung 
wieder entlassen wurde. Dem Vernehmen 
nach wurden mehrere Verhaftungen vor 
genommen. 
Ae Iomfeier in Schleswig. 
Unsere Nachbarstadt Schleswig hatte 
gestern ihr bestes Feierklcid angezogen 
Galt es doch einem zwiefachen Zwecke 
Erstens demjenigen der würdigen Feier 
der Einweihung des neu renovirten und 
herrlich ausgestatteten uralten St. Peters- 
Doms, des ehrwürdigen Gotteshauses und 
zweitens dem Empfange der geliebten Landes 
tochter, der deutschen Kaiserin, die zu Ehren 
der Domfeier Schleswig durch Hochihre 
Gegenwart beehrte. Der Verlauf der 
ganzen Festfeier war eine durchaus ange 
messene und würdige, die Ausschmückung 
der Straßen eine imposante, welche die 
jenige des letzten Sängerfestes weit über 
ragte. Die Festtheilnehmer seitens des 
Publikums war eine großartige und die 
Domfeier selbst eine erhebende. Den ganzen 
Weg vom Bahnhöfe bis zur Stadt sah 
man an beiden Seiten durch Guirlanden 
zug prächtig gestaltet und zahlreiche Ehren 
pforten mit passenden Inschriften zierten 
die ganzen Straßenzüge bis zum Dome in 
geschmackvoller Weise. 
Ihre Majestät, die Kaiserin, traf präcise 
11 Uhr 40 Minuten auf dem Bahnhöfe 
ein, empfangen vom kommandirenden 
General Grafen Waldersee, sowie von 
dem Herrn Oberpräsidenten v. Steinmann 
nebst Gemahlin, welch' letztere der Kaiserin 
ein Blumenbouquet überreichte. Im Warte- 
aal waren Se. Hoheit Herzog Ernst Gün 
ther, Prinz Julius und Ihre Hoheit Prin 
zessin Marie zur Begrüßung versammelt. 
In Begleitung Ihrer Majestät waren Her 
zog Friedrich Ferdinand und Gemahlin 
gekommen. Nachdem der Bürgermeister 
Ihre Majestät durch eine kurze Ansprache 
begrüßt und aus einer Reihe junger Damen 
die Tochter des Bürgermeisters, Frl. Hei 
berg ein Rosenbouquet überreicht hatte, 
bewegte sich der Zug unter Eskorte einer 
Husaren-Schwadron zum Dom. Bor dem 
selben begrüßte Se. Magnificenz der Herr 
Generalsuperintendent die Kaiserin mit ei 
nigen Worten des Erscheinens, dann über 
reichte Herr Geh. Oberbaurath Adler auf 
einem seidenen Kissen der Kaiserin die ver- 
goldcten Thürschlüssel, welchen Hochdiese 
dem Consistorialpräsidenten Dr. Chalybäus 
gab, der seinerseits ihn wieder dem an der 
Domkirche wirkenden Pastor Schnittger 
überreichte, der alsdann die Thür öffnete. 
Die Kirche selbst war mit zahlreichen 
Festtheilnehmern stark gefüllt, wenn auch 
auf den Stehplätzen noch Raum genug 
vorhanden war. Herr Superintendent Dr. 
Kaftan hielt die Weihrede, von welcher 
aber schon im Mittelschiff der Kirche trotz des 
volltönenden Organs des Genannten nicht 
die Spur zu verstehen war. Der daraus 
plgende liturgische Gottesdienst wurde 
durch den amtirenden Geistlichen und einen 
meisterhaft ausgeführten Gesang des Schles- 
wiger Domchors theilweise unter Anschluß 
der Gemeinde dargebracht. 
Die Festpredigt hielt Herr Probst Ziese 
über die Bibelstelle Luk. 19, 1—11, die in 
ihrem Charakter eindringlich war und wohl 
zu Herzen gehen konnte. Nach dem Ge- 
meinde-Endegesang beschloß Herr Pastor 
Heinrich die Feier mit dem Vaterunser und 
dem Segen. Darauf verließ die Kaiserin 
mit Gefolge, unter dem sich sowohl der 
Eisenbahnminister Thielen, als auch 
der Cultusminister Bosse befanden, den 
Dom, in der Thurmhalle noch begrüßt von 
den Repräsentanten der schleswig-holsteini 
schen Ritterschaft in ihrer rothen, goldge 
stickten Uniform. Ihre Majestät, welche 
ein violettes Sammtkostüm trug, verneigte 
sich huldvoll grüßend während des Durch- 
schreitens der Kirche zum Ausgang. Unter 
lebhaftem Hochrusen seitens des Publikums 
kehrte alsdann Ihre Majestät, wieder unter 
Geleit des Ehrenescadron und des zahl 
reichen Gefolges zum Bahnhof zurück. 
Im Anschluß an die Domeinweihung gab 
der Oberpräsident ein Diner, woran die 
Minister Dr. Bosse und Thielen, General 
Graf Waldersee, die Geistlichkeit, der Pro- 
vinzialausschuß, die Ritterschaft und die 
Behörden theilnahmen. Graf Waldersee 
gab in längerer Rede dem Dank des Kai 
sers für jegliche Mitwirkung bei der Wie 
derherstellung des Domes Ausdruck. Der 
Oberpräsident brachte den Trinkspruch auf 
den Kaiser und die Kaiserin aus. Aus 
Anlaß der Domeinweihung wurden nach 
folgende, vom Kaiser ertheilte Auszeich 
nungen vom Cultusminister Dr. Boffe 
überreicht: Landrath a. D. Freiherr von 
Plessen erhielt den Stern zum Rothen 
Adlerordcn, Consistorialrath Dr. Chaly 
bäus und Kirchenprobst Ziese den Rothen 
Adlerorden dritter Klasse mit Schleife; 
den Rothen Adlerorden vierter Klaffe er 
hielten der Regierungs- und Baurath Beis- 
ner und Regierungsbaumeister Ehrhardt. 
Polier Rauch und Zimmermann Gröning 
erhielten das allgemeine Ehrenzeichen. Dem 
Divisionspfarrer Büttel wurde durch Ge 
neral von Waldersee der Rothe Adlerorden 
vierter Classe überreicht. 
Es darf nicht unerwähnt bleiben, daß 
das ganze Arrangement des Festes ein 
wohl durchdachtes und vorzügliches war. 
Elektrische Beleuchtung. 
Rendsburg, 26. Okt. 1894. 
Wie in der kürzlich stattgehabten Ver 
sammlung im Green's Hotel von dem in 
unserer Provinz wohlbekannten Elektrizi 
täts-Ingenieur Herrn Devaranne ausge- 
führt wurde, wird beabsichtigt, hier im 
Innern der Stadt ein Elektrizitätswerk an 
zulegen, um etwaige Interessenten mit elek 
trischem Licht, Kraft rc. zu versorgen. Als 
Grundzug des Unternehmens ist Folgendes 
gedacht: 
Das Unternehmen sucht bei der Stadt 
behörde um Koncession zur Verlegung von 
oberirdischen Stromleitungen über den 
Straßen nach, welche Koncession von der 
Stadt prinzipiell kaum abgelehnt werden 
dürfte, da eine Schädigung der Gemein« 
interessen ausgeschlossen und das Unter 
nehmen ein Fortschritt auch für unsere 
Stadt ist. 
Das Verhältniß des Elektrizitätswerkes 
zu den Interessenten (Konsumenten, Strom« 
abnehmer) ist ein Miethsverhältniß 
würde auf beiderseitig anzuerkennenden Be«
	        
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