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-H- 87ster Jahrgang.
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weitest
: nach
». des
Morgen-Depeschen
Petersburg, 18. Okt. Die „Nordische
Telegraphen-Agentur" meldet: Der Zu
stand des Zaren hat sich merklich
verschlimmert; die allgemeine Schwäche und
die Herzschwäche haben zugenommen. Der
Chronicle erfährt aus Wien, daß die
Reise des Zaren nach Korfu aufgege
ben sei, da, so lange die Gesundheit des
Zaren die Reise nicht unbedingt gestatte
es unthunlich sei, daß der Zar im Aus.
lande stürbe. Auch sonst sprächen
politische Gründe dagegen, und der Zar
w e i g e r e s i ch s e l b st, die Reise anzu.
treten.
Kopenhagener Privatberichte aus unan
fechtbarer Quelle, die allerdings schon vom
Sonntag datiren, drücken die lebhaftesten
Besorgnisse wegen des Zustandes des Zaren
aus. So heißt es in den Berichten: Am
dänischen Hofe herrschte tiefe Niederge
schlagenheit. Man sei wegen der Nach
richten über den Zaren trostlos Am
Sonntag wurde es in Kopenhagen bereits
als fraglich angesehen, ob der Zar noch
reisesähig iei. Die Zarin sendet tätlich
an die Königin und die Prinzessin von
Wales, den besonderen Liebling des Zaren,
Telegramme über dessen Befinden; alle
Woche bringt ein besonderer Kurier eine
briefliche Nachricht. Bon der Firma John
Carter wurde ein äußerst genial konstruir.
Krankenstuhl, ähnlich dem, welchen Kaiser
Friedrich seiner Zeit von der Firma bezog
“ n ' >e " 3areu befördert.
Oktbr. Die Untersuchung
der m Ä.ost vorgekommenen Wahlfälschun-
gen hat ergeben, daß auch bei den'Senats-
wählen 6500 Stimmen für die Liste
Woeste's in betrügerischer Weise mitgezählt
wurden. Die Urheber der Fälschung wer-
den gerichtlich verfolgt; die Untersuchung
wird noch weiter geführt.
Brüssel, 19. Oktober. Das Organ der
christlichen Demokraten „Union" fordert in
einem längeren Artikel die Liberalen auf,
ihre Stimmen im eigenen Interesse am
nächsten Sonntage für die Katholiken abzu
geben. Die Republik stehe in Aussicht,
wenn nicht die sozialistischen Clemente durch
eine klerikale Mehrheit von der Kammer
ferngehalten würden. Auch „Patriote"
schreibt, wenn die Liberalen am nächsten
Sonntage ihre Stimmen für die Sozialisten
abgeben, so werde die sozialistische Republik
zuerst in Belgien aufgeschlagen werden
und die Revolution unvermeidlich sein.
Dann würden preußische Ulanen über die
Grenze rücken.
Paris, 19. Okt. Die Chauvinistenblätter
beurtheilen die von Crispi an Verdi nach
Paris gesandten Liebesbezeugungen für
das französische Volk sehr abfällig und
meinen, die Musik bessere zwar die Sitten,
sie könne aber nicht zum Abschluß von
Handelsverträgen oder zur Aufnahme einer
Anleihe bei den Franzosen führen. Frank-
reich sähe mit Mißtrauen auf die Sympathie
bezeugungen zwischen Crispi und dem deut-
schen Kaiser und habe nicht vergessen, daß
sich in dem Blumenstrauß Caserios auch
ein Dolch befunden habe.
Marseille, 19. Okt. Von Toulon geht
morgen ein Kreuzer mit 600 Soldaten
nach Madagaskar ab.
New-Iork, 19. Okt. Bei einem großen
Brande in Honston (Texas) ist das dortige
St. Joseph-Spital total eingeäschert wor
den. Zehn der schwerkranken Patienten
und vier barmherzige Schwestern ver
brannten. Viele Personen trugen schwere
Verletzungen davon.
Ausland.
Außereuropäische Gebiete
Meldung des „Bureau Reuter" aus
Calcutta vom 18. Oktober: Obgleich das
Gerücht vom Tode des Emirs von
Afghani st an noch nicht bestätigt ist,
herrscht hier Beunruhigung bezüglich der
Lage in Kabul, weil seit einigen Tagen
die Nachrichten dortiger englischer Staats
angehöriger fehlen.
Rußland.
Die „Kölnische Zeitung" meldet aus
Petersburg: Sämmtliche Mitglieder
der kaiserlichen Familie sind unter-
Wegs na ch Livad ia. Es verlautet, dort
olle der Uebertritt der Prinzessin Alix
zum orthodoxen Glauben stattfinden und
ie Vermählung mit dem Thronfolger.
2er Correspondent glaubt, die Vermählung
rnde jedenfalls vor dem 10. November
tatt, dem Beginn der großen Fasten.
Von Seiten Rußlands sind elf Kriegjs-
schiffe darunter drei Panzerschiffe, in die
ostasiatischen Gewässer abgesandt. Rußland
wird dort die gewaltigste Flotte haben, die
jemals da versammelt war.
Petersburg, 18. Okt. In dem Befinden
des Ministers für Volksaufklärung, Del-
j a n o w, der an der Gesichtsrose nicht un-
bedenklich erkrankt war, ist gestern Abend
eine Besserung eingetreten. Die Entzündung
schreitet nicht weiter. Das Allgemeinbe
finden ist befriedigend.
Statte«.
Aus Rom wird dem „B. T." berichtet
daß in Jacia ein bewaffneter In-
fanterist versuchte, in das Zimmer seines
Lieutenants zu dringen, einen ihn über
raschenden Corporal schoß er nieder. Erst
nach langer heftiger Gegenwehr wurde
er überwältigt. Er bedauert, den Lieute
nant und Sergeanten nicht getödtet zu
haben.
Belgien.
Brüssel, 18. Oktober. Der Führer der
Doctrinär>Liberalen, Frère-Orban,
hat die Annahme eines Mandats in der
Stichwahl vorweg abgelehnt.
Rumänien.
Fräulein Vacarescu, deren Beziehun-
gen zum Kronprinzen von Rnmänien seiner
Zeit viel besprochen wurden, scheint sich
nun doch darüber getröstet zu haben, daß
ihr Traum, einst Königin von Rumänien
zu werden, nicht in Erfüllung gegangen
ist. In Bukarest fand nämlich dieser Tage
die Civiltrauung des Herrn Paul Catarge
mit Fräulein Marie Vacarescu, der ehe-
maligen Hofdame der rumänischen Königin,
tatt. Die kirchliche Trauung wurde am
Abend desselben Tages unter zahlreicher
Betheiligung von Verwandten, Freunden
und Bekannten mit großer Feierlichkeit in
der Domna-Balascha-Kirche vollzogen.
Monaco.
Die Persönlichkeit eines Mannes, der
ich im Spielsaale zu Monte Carlo das
Leben nahm, ist festgestellt worden. Er
hieß Lindner-Wulffing und war ein be-
kannter norwegischer Landschaftsmaler, der
zu Studienzwecken nach Italien reisen
wollte. Unterwegs gerieh er nach Monte
Carlo, wo er 50 000 Jt, sein ganzes
Vermögen, verspielte.
Oesterreich.
Ein eigenthümlicher Vergiftungsfall hat
ich in einem Wiener zahnärztlichen
Ambulatorium ereignet. Während
der Operation eines 22jährigen Mädchens,
welches vorher eine Einspritzung mit
Cocain erhalten hatte, traten mit einem
Male deutliche Anzeichen einer Vergiftung
auf, der Puls schien stille zu stehen und
das Bewußtsein war vollständig geschwunden.
Erst nach anderthalbstündigeii Bemühungen
gelang es, die Patientin ein wenig zu sich
zu bringen. Sodann brachte man das
Mädchen ins Allgemeine Krankenhaus, wo
die Vergiftete abermals in völlige Bewußt
losigkeit verfiel. Den fortgesetzten Be
mühungen des ärztlichen Personals gelang
es erst am folgenden Morgen, das Mädchen
außer Gefahr zu bringen. Durch den Fall
erfährt das Kapitel von den Gefahren der
Cocainbehandlung eine neue Bestätigung
Inland.
Berlin,. 18. Okt. Vor dem Denkmal
Friedrichs des Großen Unter den
Linden fand heute Vormittag die feierliche
Weihe der 132 neuen Fahnen statt. Nach
der Weiherede des Militäroberpfarrers
Frommel übergab der Kaiser die Feld
zeichen den Regimentern mit etwa folgen
der Ansprache:
„Ich übergebe den vierten Bataillonen am
heutigen Tage die Feldzeichen, an einem Tage,
der im deutschen Volke vielfache Erinnerungen
wachruft. Blicke ich nach dein Mausoleum der
Friedenskirche, so steht mir der dort ruhende
große Feldherr vor Augen, der die hier im Jahre
1861 geweihten Fahnen nach siegreichen Schlach
ten seinem Vater vorführte, der bis zum letzten
Athemzuge für Deutschlands und Preußens Ehre
gelebt hat. Ich richte nun meinen Blick auf das
^ahr 1861. Die Reorganisation des Heeres
wurde danials von Vielen mißverstanden, und
der Monarch angefeindet. Siegreich ist der Kö
nig aus dieser Zeit hervorgegangen. Damals
wie jetzt herrschte Zwietracht im Volke. Auch
letzt versteht man Manches falsch. Die einzige
Saule, die einzige Stütze für den Mon
archen bildet das Heer. Haltet fest an der
Treue zu Kaiser und Reich. Und Sie, meine
Herren — der Kaiser wandte sich an die Koin
inandeure — verpflanzen Sie die alten Ueber
lreferungen der Treue auf Ihre Mannschaften
Treu bis zum Tode muß der Soldat dem aller
höchsten Kriegsherrn sein. Stark soll der Sol
dat dem äußeren und inneren Feinde gegenüber-
tehen, und ich hoffe, daß die Halbbataillone in
ernster Zeit sich als ganze Bataillone erweisen
werden. Ich schließe mit dem Rufe: Alles mit
Gott fur König und Vaterland".
Feldmarschall Blumenthal dankte Na-
mens der Armee und brachte ein Hoch auf
den ^ Kaiser aus. Die Kaiserin und der
König von Serbien wohnten der Feier
vom Balkon des Palais weil. Kaiser Wil-
helm 1. bei.
Der junge König von Serbien ist
am Mittwoch Abend zum Besuch des
deutschen Kaiserhofes in Potsdam einge-
roffen. Um 6 '/ 2 Uhr traf der Kaiser in
Begleitung der Prinzen Heinrich und
Friedrich Leopold sowie der übrigen hier
anwesenden deutschen Prinzen ein. Der
Kaiser trug die Uniform des ersten Garde-
Regiments z. F. mit grauem Mantel.
Punkt 7 Uhr fuhr der Zug ein. König
Die Diner-Einladnng.
Humoreske von Graf Günther Rosenhagen.
ist L^sichUn Um
Frau, als sie meiner ansichtig wurde
An Leib und Seele geknickt, sank ' ich auf
einen Stuhl: „Denke Dir, ich habe für rnick
bei Börnes zugesagt."
Mit allen Anzeichen des höchsten Er
staunens blickte sie mich an; „Was hast Du?
Zugesagt, Du, der Du schwurst, eher zu
sterben, als die Einladung anzunehmen? Du
scherzest, für so schwach und inkonsequent
hätte ich Dich doch nicht gehalten! Oder war
das Ganze etwa nur eine List, ersonnen,
um niich von der ganzen Gesellschaft fern zu
halten, damit Du Dich desto besser und
ungenirter amüsiren kannst?" —
»Hüll à," bat ich, „Du thust mir Un
recht und weißt es selbst nicht einmal", und
in bewegten Worten schilderte: ich ihr mein
Leid. „Hilf mir," flehte ich, „rette mich,
versage mir Deine Hilfe nicht, jetzt, da ich
ihrer mehr denn je bedarf."
„Ich glaubte, mein Elend würde das Herz
meiiwr Frau weich und milde stimmen und
ihr Mitleid mit mir würde grenzenlos sein.
Aber Frauenherzen sind unberechenbar. „Siehst
Du wohl," frohlockte sie, das ist Deine ge-
rechte Strafe, das ist die Belohnung dafür
daß Tu mich der Welt als krank und elend
schilderst. Gehe nur ruhig hin und amüsire
Dich recht, recht schön."
Endlich, nach einer Stund:, hatte ich ihr
Herz gerührt. Ein neuer Plan wurde ent
worfen, und zwei Tage vor dem Diner schrieb
ich an meinen Gastgeber eine Karte:
„Lieber Freund!
Zu meinem lebhaftesten Bedauern wird
es mir noch in der letzte» Minute un
möglich gemacht, Ihrer freundlich liebens
würdigen Einladung Folge zu leisten. So
eben erhalte ich die Nachricht, daß meine
Schwester, die ich seit Jahren nicht ge
sehen, auf einige Tage zu uns zu Besuch
koninit, und mit Recht würde sie mir zür-
uen, wenn ich ihr während ihres hiesigen
Aufenthalts meine Gesellschaft entziehen
fa«™' < ? c,en Sie überzeugt, daß ich nur
Sie diese Zeilen schreibe, aber
ÎÄÎÌÎS
Vierundzwanzig Stunden später brocke. „ ■
ssr* *“"» —
„Was will er nur schon wieder," dackw
ich, und dann las ich:
„Es wird uns eine ganz besondere Ehre
sein, Ihr Fräulein Schwester, von der
Sie uns schon so oft erzählt haben, bei
uns begrüßen zu dürfen, und wir würden
uns unendlich freuen, wenn wir sie mit
Ihnen zusammen auf unserem Diner be
grüßen dürften. Als Tischherrn für Ihr
Fräulein Schwester haben wir bereits Herrn
von Berken geladen und seine Zusage so
eben erhalten."
„So, nun ist es thatsächlich aus," stöhnte
ich, während mir der Angstschweiß auf die
Stirn trat, „nun ist Alles aus. Wo ist der
Alexander von Serbien stand an der ge
öffneten Thür des Salonwagens. Der
Kaiser schritt herzu und tauschte zunächst
militärischen Gruß. Rasch verließ König
Alexander den Wagen und wechselte mit
dem Kaiser Händedrücke, sowie Worte der
Begrüßung. Der König von Serbien trug
die scharlachrothe serbische Uniform mit
Goldstickerei, dazu eine scharlachrothe, am
Rande mit goldener Laubstickerei gezierte
Mütze mit geradem Schirm (in der Form
den französischen Offiziersmützen ähnlich)
und hohe Stiefel; über der Brust das
gelbverbrämte Karminband des serbischen
Weißen Adler-Ordens.
Um 7 3 / 4 Uhr begab sich der König nach
dem Neuen Palais, um der Kaiserin
seine Aufwartung zu machen. Um 8 Uhr
fand in der Jaspisgallerie eine Tafel zu
140 Gedecken statt, an der u. a. der Reichs
kanzler, der serbische Gesandte Bogitsche-
witsch und der Chef des serbischen Mili-
tärkabinets, Oberstlieutenant Tschiritsch,
theilnahmen.
Bei der Festtafel brachte der Kaiser fol-
genden Trinkspruch auf den König Alexan-
der von Serbien aus: „Ich trinke auf
das Wohl Sr. Majestät des Königs von
Serbien." Die Musik fiel mit einem Tusch
ein und spielte sodann die serbische Ratio-
nalhymne. Nach Beendigung derselben
dankte der König in deutscher Sprache.
Das Aussehen des Königs Alexander
entspricht im allgemeinen den bereits früher
bekannt gewordenen Schilderungen. Der
chlank gewachsene serbische Herrscher ist
etwas kleiner als der Kaiser. Das nicht
unschöne, unverkennbar südslavischen Typus
zeigende Gesicht ziert ein kleiner Schnurr-
öark. Die Nase ist stark gebogen und
rügt einen goldenen Kneifer. Der König
ist bekanntlich hochgradig kurzsichtig. Der
Gesammteindruck seiner Persönlichkeit wird
als gewinnend geschildert.
Berlin, 18. Okt. Vom Staatsmi
nisterium werden morgen, vielleicht auch
Sonnabend, die Berathungen über Maß
regeln gegen die Umsturzbestrebungen wieder
aufgenommen.
Nach dem Etat bezog der verurtheilte
Kanzler in Kamerun neben freier Woh
nung ein Gehalt von 12,000 JC, wovon
3000—5400^ pensionsfähig sind. Das Ge
halt des Kanzlers Leist ermäßigt sich also
auf 9600 Jl jährlich. Der Kanzler in
Kamerun steht im Range der Legations
ekretäre. Bleibt das Urtheil bestehen, so
wird voraussichtlich irgend eine Gesandt
rettende Engel, der mir hilft? Frau, Frau
wo bist Du?"
Ich fand sie mit der Lektüre eines Buches
beschäftigt, und streckte ihr mit flehender Ge
berde die Karte entgegen.
„Siehst Du," sagte sie, das hast Du nun
davon, Lügen haben kurze Beine, so was
konimt von so was, und mir, die ich nach
Deiner Meinung so schwach bin, daß ich
nicht einmal ausgehen kann, bürdest Du nun
auch noch Hausbesuch ans. Das ist die viel
gerühmte Logik der Männer. Was mich aber
mit dem Gedanken an das Zuhausebleiben
versöhnt, ist die Freude, nicht mit diesem
Berken zusammenzutreffen, Du weißt, ich kann
mir keinen schrecklicheren Menschen, als ihn
vorstellen."
„Und glaubst Du wirklich, daß ich meine
Schwester kommen lassen muß," fragte ich
kleinlaut. „Einen Brief erreicht sie nicht
mehr und wenn ich ihr telegraphisch die
Gründe auseinander setzte, die ihre Gegenwart
erfordern, so wird sie die Sache entweder für
einen Scherz oder mich für geisteskrank halten."
„Und dennoch muß es wenigstens versucht
werden," eulgegnete meine Frau, „Du bla-
â.şi Dich sonst ewig und machst Dich ge-
eUschafrlich unmöglich. Zurück kannst Du
jetzt mcht mehr, jetzt heißt es nur noch „vor
wärts"."
Fünf Minuten später eilte ich zur Post,
wie bald darauf ging ein hundertundvierzig
Worte langes Eiltelegramni an meine Schwester
ab, indem ich six bei Allem, was ihr heilig
war, beschwor, mich nicht im Stich zu lassen
und mir umgehend mitzutheilen, mit welchem
Zug ich sie erwarten dürfte.
Zwei Stunden später hatte ich die Antwort:
„Känie gerne, habe aber thatsächlich nichts
anzuziehen. Thust mir leid. Besten Gruß."
Aber was nützte mir die Versicherung ihres
Mitleides, wo _ ich ihrer selbst so dringend
bedurfte und so sandte ich ihr ein neues
Telegramm:
„Komme nur, wir kaufen Alles, was Du
brauchst, fix und fertig hier."
lind lie kam. Am nächsten Morgen um
sieben Uhr holte ich sie von der Bahn, sie
war die Nacht durchgefahren, um mich zu
retten. Unser erster Weg war zu dem größten
Modewarengeschäft; endlich hatten wir eine
Robe gefunden, die annähernd paßte und die
bis zum Mittag umgeändert werden konnte.
Zwar sträubten sich mir meine Haare au :
dem Kopf, als ich den Preis hörte, aber
was nützte es? Ich wollte zufrieden sein,
wenn ich am Abend von mir sagen durfte:
Don «st porcku, bor8 I'bonosurs."
Aber der Konfektionär hielt nicht Wort,
es wurde vier, vier und ein halb, fünf Uhr,
die Toilette kam nicht. Wie ein Wahnsinniger
kürzte ich, den Weg zur Stadt, vergebens
pähte ich nach einer Droschke aus, kein Fuhr
werk war zu entdecken, doch, da kam auf
Gummirädern ein Zweispänner angerollt.
Ich eilte ihm entgegen: „Kutscher, sind Sie
rei?"
Grinsend schaute der Rosselenker mich an,
da erst bemerkte ich, daß ich int Halbdunkel
einen Krankenwagen angerufen hatte. Atemlos,
erschöpft erreichte ich den Laden, in dem
große Aufregung herrschte; das Kostüm war
chon seit Stunden fertig, aber durch ein
Versehen war meine Adresse verlegt worden
md kein Mensch wußte nun, wohin es zu
'enden war. Mit der leichten und doch so
schweren Last auf deni Arm eilte ich nach
Haus, es schlug fünfeinhalb, als ich die Thür
hinter mir zuwarf. Um sechs Uhr sollte das
Diner beginnen, es war also keine Zeit mehr
zu verlieren. Wie meine Schwester es an
gefangen hat, sich in einer Viertelstunde an
zuziehen, das ist meiner Frau noch heute,
nach drei Jahren, ein Räthsel. Aber das
Kunststück gelang, und mit dem Glockenschlag
sechs Uhr betraten wir die festlich erleuchteten
Räume.
„Sie waren so liebenswürdig, meine gnä
dige Frau — meine Schwester, der es leider
unmöglich war, heute Morgen ihre pflicht-
chuldige Aufwartung zu machen — ah, mein
ieber Freund, wirklich zu gütig von Ihnen,
ich unserer so anzunehmen!"
„Wir sind glücklich, Sie bei uns zu sehen."
„Wie soll ich Ihnen jemals danken!"
Feierlicher Händedruck, tiefe Verbeugung,
dann begann das Diner: Austern, klare
Bouillon, Hummer und Gänseleberpastete,
Alles in und durcheinander.
„Nun, wie war es?" fragte mich meine
Frau, als wir endlich heimkehrten.
„Wirklich sehr nett," erwiderte ich, „zwar
nicht Alles ganz stilgerecht, aber heiter und
lustig. Uebrigens scheint Herr von Berken
ich sehr für meine Schwester zu interessiren,
morgen schon will er seine Aufwartung machen,
ich glaube, ich glaube, wir können ihn bald
als neues Familienmitglied begrüßen."
Mit allen Anzeichen des höchsten Entsetzens
karrte meine Frau mich au.
„Ich hoffe, Du scherzest — weißt Du es
denn wirklich nicht, daß ich Herrn von Berken
vor Jahren einen Korb gegeben habe — und
den bringst Du mir jetzt als Schwager in
das Haus — mir, die ich nach Deinen
Worten der größten Ruhe und Schonung
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