Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 2)

— Ueber den Stand der Untersuchung 
der Unteroffiziere der O b e r f e u e r w e r k e r> 
schule kann die „Post" mittheilen, daß 
sich die Sachlage bisher in keiner Weise 
verändert hat. Die Untersuchung nimmt 
ihren Fortgang, hat aber dadurch noch 
größeren Umfang angenommen, daß man, 
um einen klaren Ueberblick über die ganze 
Angelegenheit zu erhalten, nicht nur den 
einzelnen Fall des zu der Massenverhaftung 
führenden Disziplinarvergehens, sondern 
die gesammten allgemeinen Verhältnisse ins 
Auge faßt, wie sie sich im Laufe der Jahre 
an der Schule entwickelt haben. Es müssen 
zu diesem Zwecke zahlreiche Offiziere ver 
nommen werden, die früher zu der Ober- 
Feuerwerkerschule abkommandirt gewesen 
sind. Also wird noch einige Zeit vergehen, 
ehe es den die Untersuchung führenden 
Herren möglich sein wird, volle Klarheit 
über den Vorgang und die Zustände, in 
denen man die Wurzel des Uebels zu sehen 
meint, zu gewinnen. — Dasselbe Blatt be 
stätigt die Nachricht des „Hamb. Corr.", 
daß einige Schüler bereits zu ihren Trup- 
pentheilen entlassen worden seien. 
Berlin, 16: Okt. Im Prozesse gegen 
den ehemaligen Kanzler von Ka 
merun, Leist, beantragte der Staats- 
anwalt die Dienstentlassung. Der Gerichts- 
Hof erachtete die von Leist gegen die Da- 
homeh-Weiber angeordnete Züchtigung für 
straffrei, verurtheilte aber den Angeklagten 
dafür, daß er Weiber aus dem Gefängniß 
habe herausführen lassen re., zur Dienst- 
Versetzung, Verminderung des Gehalts um 
ein Fünftel und Tragung der Kosten des 
Verfahrens. 
— Die Nowoje Wremja spottet über 
die englischen Blätter, die das Himmlische 
Reich bereits in allen seinen Fugen krachen 
lassen und für die allernächste Zeit seinen 
völligen Zerfall voraussagen: „Eine solche 
Ansicht haben sie sich zurechtgelegt über 
ein Reich von 400 Millionen Bewohner, 
nach der Besiegung einer chinesischen Truppe 
von allerhöchstens 18 000 Mann, und nach 
der durchaus nicht vollständigen Niederlage 
des chinesischen Nordgeschwaders." Aller- 
dings dürste es Japan trotz seiner Siege 
schwerfallen, China ganz zu Boden zuschmet- 
tern, zu unterwerfen oder gar in der Unter- 
werfung dauernd zu halten. 
— Eigenthum und Socialismus. 
Bekanntlich ist es eine Grundbedingung 
des Sozialismus, den Eigenthumsbegriff 
zu Gunsten der Verallgemeinung desselben 
zu verschieben. Bebel vertheidigt diese 
Grundbedingung mit dem Hinweis, daß 
der Privatbesitz, also das individuelle 
Eigenthum, erst mit dem Vaterrecht ent 
standen sei. Dem gegenüber ist es inter- 
esfant, daß, ganz abgesehen von dem 
Menschen, in welchem der Begriff des 
Eigenthumsrcchts schon im kleinsten Kinde 
wurzelt, was jeder beobachten kann, sowohl 
Darwin als auch Herbert Spencer, 
unabweisbare Repräsentanten der modernen 
Philosophie, den Eigenthumsbegriff schon 
im Thierreich nachweisen. Darwin erzählt 
von einem in einem zoologischen Garten 
untergebrachten Affen, daß er einen Stein 
gebrauchte, um sich die Nüsse zu öffnen. 
Diesen Stein verbarg das Thier jedes 
Mal, wenn es ihn gebraucht hatte, im 
Stroh. Hier haben wir die Idee des 
Eigenthums. Diese Idee ist aber auch 
jedem Hunde eigen, der einen Knochen zum 
Benagen vor sich hat, und ferner den 
meisten oder allen Vögeln in Bezug auf 
ihre Nester. Herbert Spencer weist nach, 
daß die Wilden, von denen jeder seine 
eigenen Waffen und Werkzeuge, seine eige 
nen Schmuckgegenstände hat, und auf die 
niedrigstehenden Feuerländer, bei denen ein 
Privateigenthum an den Booten besteht, 
Grund und Boden als Privateigenthum 
ansehen und vertheidigen. Daß der Be 
griff des Eigenthums außerdem so alt wie 
die Welt ist, lehrt die Geschichte des gan 
zen Menschengeschlechtes. Es würden also 
die modern-sozialistischen Anschauungen, 
selbst wenn sie auf einen Augenblick den 
Begriff des Eigenthumsrechts zu verschieben 
vermöchten, denselben als ein Naturgesetz 
auf die Dauer nicht festzuhalten vermögen. 
Berlin, 15. Okt. Die Raiffeisen- 
schenDarlehenskasse n-V e r e i n e 
sammeln statutgemäß den jährlichen Gewinn 
zu einem untheilbaren Vereinsvermögen 
(Stiftungsfonds) an. Verschiedene Gerichte 
hatten diese Bestimmung beanstandet und 
die Eintragung in das Genossenschafts 
register verweigert. Auch war von den be 
treffenden Gerichten die in den Statuten 
betonte sittliche Hebung der Mitglieder 
als nicht dem Sinne des Genossenschafts 
gesetzes entsprechend bemängelt worden. 
Die Generalanwaltschaft Raiffeisen'scher Ge 
nossenschaften sah sich deshalb veranlaßt, 
die Entscheidung des höchsten Gerichtshofs 
für das Genossenschaftswesen in Preußen, 
des Kammergerichts, herbeizuführen. Dieser 
hat nun, wie der „Nordd. Allg. Ztg." be 
richtet wird, entschieden, daß nicht nur die 
Betonung des sittlichen Prinzips, sondern 
auch die Einrichtung des Stiftungsfonds 
den Grundsätzen bezw. Intentionen des 
Genossenschaftsgesetzes durchaus entspricht. 
Die interessante Entscheidung ist kürzlich 
im „Justizministerialblatte" veröffentlicht 
worden. 
Berlin, 16. Okt. Einen großen Bau 
krach prophezeit die „Baugew.-Ztg-", in 
dem sie schreibt: Die Banthätigkeit ist jetzt, 
wo der Winter vor der Thür steht, außer 
ordentlich eingeschränkt, und mit Recht, 
denn der große Ueberfluß an Miethswoh- 
nungen läßt kaum noch irgend einen Wohn 
hausbau rentabel erscheinen. Dabei mehren 
sich die Subhastationen von Woche zu 
Woche, wodurch alle Anzeichen des Bau 
krachs gegeben sind. Wie sehr das Bau 
geschäft darniederliegt, dafür gibt das Blatt 
verschiedene Beweise. 
— Ueber die Wirksamkeit des Beh ring- 
schen Heilserums gegen die Diphtherie 
gab Professor Virchow folgendes Ur 
theil ab: Ich kann meine Ansicht über 
das Serum dahin zusammenfassen, daß es 
nun mit Erlaubniß ihrer Eltern unter Freuden- 
thränen in den Armen lagen. 
Doch Mohrbcrg's Bleiben durfte hier jetzt 
nicht länger sein, er hatte ohne Erlaubniß 
seiner Vorgesetzten das Festmahl verlassen und 
mußte unverzüglich wieder dorthin zurückkehren. 
Nur soviel Zeit nahm er sich, um auf 
dem Telegraphenamt vorzugehen und eine De 
pesche an die gütige Erzherzogin Adelgunde 
auszugeben, wußte er doch, daß er ihr sein 
Glück allein zu verdanken hatte. Aber — o 
Himmel! — Er hatte ja nicht einen Heller 
Geld in der Tasche. 
„Wir pumpen!" sagte der Telegraphen 
beamte schmunzelnd. „Heute am Jubiläum —" 
Hans lachte hell auf; als blutarmer 
Lieutenant hatte er zwar manchen kleinen Pump 
angelegt, aber auf dem kaiserlichen Telegraphen 
amte doch noch nicht. Nun, als Mann von 
zweimalhunderttausend Gulden konnte er sich 
das ja erlauben. 
Da war denn Lieutenant Hans Mohrbcrg 
wieder bei dem Festgelage und zwar mit 
einem anderen Gesichte, wie vorher. Augen, 
Mund und Nasenspitze lachten wieder wie ehe 
dem; der alte, gute Durst stellte sich auch 
wieder ein und als die Tafel zu Ende war 
und sich alles in bester Stimmung löste, da 
klang es zu Max von der Molde's Schrecken: 
„Bin ich doch noch jung und schön, warum 
soll ich denn nicht lustig sein" durch den 
Saal und zwar heute so laut und so falsch, 
wie sonst noch nie. 
* * 
Ein Jahr war vergangen. Hans Mohrberg. 
war nun wirklich ein Ehemann und schwelgte 
mit seiner' jungen Frau auf einer Hochzeits 
reise in Italien. Auf der Rückreise besuchten 
sie Königshofens auf ihrem Gute, wo sie zu 
ihrer Freude Anna und Hartwig von Röm- 
hild trafen, welche zum ersten Male mit 
ihrem Söhnchcn von Sumatra aus nach dem 
lieben Vaterlande zurückgekehrt waren. 
Frau von Schönwolsf hatte mit ihrem 
Gatten die Residenz verlassen und in einem 
bescheidenen Städtchen im Gebirge Aufenthalt 
genommen, während Frau von Römhild in 
strenger Zurückgezogenheit in ihrem Landhause 
weilte. Alle Stürme, welche ihr Herz be 
wegten, hatten ausgetobt und sie erfreute sich 
ganz des Glückes ihrer Kinder und der 
Freundschaft des Hofmarschalls, der sie zu 
weilen besuchte. 
an- 
So innig sie sich dem Letzteren auch 
schloß, so konnte sie sich bei dem Zusammen- 
mit ihm jenes quälenden Vorwurfes, 
ein 
ihm einst so Entsetzliches zugetraut zu haben, 
nicht erwehren. 
Heute besuchte er sie wieder und sie saßen 
sich Beide in dem trauten Gemach am Ka- 
minfeuer gegenüber. Bertha hatte diese und 
jene Angelegenheit mit ihm besprochen,. Dinge, 
welche sie nur eben einem so treuen Frennde 
anvertrauen mochte. 
Wie schön ist cs doch, so gar kein Ge 
heimniß vor einander zu haben," sagte der 
Hofmarsch all eben. 
Bertha zuckte bei diesen Worten zusammen. 
„Und doch haben Sie in eine Falte meines 
Herzens noch nicht geblickt," erwiderte sie 
leise, „aber ich will sie vor Ihnen lüften." 
Lorenz sah sie fragenden Blickes erstaunt an. 
„Ich bin Ihrer Verzeihung im Voraus 
sicher." 
„Ganz gewiß." 
„Reichen Sie mir Ihre Hand, Lorenz, 
und sehen Sie mir in's Auge. Damals in 
jenem furchtbaren Augenblick, als ich an den 
blutüberströmten Körper von Heinz Königs 
hofen trat -—- damals —" 
„Sprechen Sie nicht weiter, Bertha! Einen 
Moment glaubte ich das, was Sie mir jetzt 
sagen wollten, aus Ihrem Blick, aus dem 
einzigen Worte „Maurer" zu lesen, dann 
aber —" 
„Schweigen Sie, schweigen Sie, Lorenz, 
und vergeben Sie mir, wenn Sic können, 
Sic sehen daraus, für wie riesengroß ich 
Ihre Liebe zu mir hielt — daß Sie ein 
Fehlschlagen derselben zu solcher eifersüchtigen 
That entflammen konnte." 
Herr von Maurer schloß die Augen und 
rang nach Luft. 
„Und sie ist cs noch, Bertha, sie ist es 
noch unverändert." 
„Und sie soll belohnt werden, Loreip 
belohnt durch jene Frauenliebe, die durch 
langjährige Erfahrungen, durch Noth und 
Pein den Läuterungsprozeß überstanden hat, 
der sie von allen Schlacken, von jedem über- '' 
spannten Beiwerk befreite." 
Sie hauchte einen Kuß auf seine Lippen 
und wenige Wochen darauf prangte Schloß 
Storckwitz im blüthenreichen Hochzeitsschmuck. 
Ende. 
eine starke, schützende Wirkung auf Wochen, 
vielleicht auf Monate, sagen wir 3, 4 
Monate ausübt. Ob diese Wirkung von 
immerwährender Dauer ist, muß ebenso 
abgewartet werden, wie die Lösung der 
Kardinalfrage, ob es wirklich 
möglich ist,dieDiphtheriemit 
diesem Mittel zu heilen. Aber 
es ist schon viel erreicht, wenn es z. B. 
gelingt, in einer Familie, wo 3 oder 4 
Kinder an der Diphtherie erkrankt sind, 
auch nur eines mit dem Serum immun 
zu machen, d. h. zu schützen. Für diese 
Wirkung des Mittels spricht alle Wahr 
scheinlichkeit. — Allerorts sollte für un 
entgeltliche Beschaffung des Heilserums 
Seitens Armer Sorge getragen werden. 
Wahrlich ein lohnendes Feld für die 
Privatwohlthätigkeit! Es ist beabsichtigt, 
das Heilserum auch in Staatsanstalten 
herstellen zu lassen. 
— Wegen Beleidigungjüdischer 
Staatsbürger wurde der Redakteur 
der „Tägl. Rundschau", Dr. Lange, am 
Montag vom Berliner Amtsgericht II zu 
100 JL Geldstrafe verurtheilt. Derselbe 
hatte im Anschluß an den hannoverschen 
Spielerprozeß einen Schmähartikel gegen 
das Judenthum „ohne Ausnahme", wie es 
hieß, gebracht. Deshalb klagten drei jüdische 
Herren wegen Beleidigung, und ihnen ist 
auch die vom Beklagten bestrittene Aktiv 
legitimation dazu zuerkannt worden. 
Wie die „Köln. Ztg." meldet, bleibt 
die Lage des rheinisch-westfälischen 
Eisenmarktes unbefriedigend, weniger 
was den Geschäftsgrad anbetrifft, obgleich 
auch dieser verschieden ist. Trotz günstige 
Aussuhr-Berhältnisse sind die Preise auf 
den billigsten Stand gefallen, wel 
cher jemals da war, oder doch auf einen 
Stand, welcher zu den höheren Preisen 
von Kohlen, Koaks und Roheisen in dem 
denkbar größten Mißverhältniß steht. 
Gifhorn, 15. Okt. Als im Kreisdorfe 
Mörse der Vormittagsgottesdienst beendet 
war, konnte die Versammlung das Got 
teshaus nicht verlassen, weil die 
Kirchthür von außen verschlossen war. Mau 
machte Anstalt, durch ein Fenster ins Freie 
zu gelangen. Allein in diesem Augenblick 
schloß ein in der Nähe wohnender Bauer 
die Thür auf. Es wurde festgestellt, vaß 
ein seit mehreren Tagen im Orte sich her 
umtreibender Strolch die Kirchenversamm 
lung mit Bedacht eingeschlossen hatte, um 
Winterquartier im Gefängnisse zu erlan 
gen. Er wurde dem Amtsgericht Fallers 
leben zugeführt. 
Oldenburg i. Gr., 15. Okt. Einen 
höchst fatalen Irrthum beging, wie die 
N." erzählen, dieser Tage in einer hies. 
Restauration ein Landmann aus dem Stadt 
lande. Er saß mit mehreren Herren am 
Biertische und griff, als er sich eine Ci 
garre anzünden wollte, da auf dem Tische 
keine Streichhölzer standen, in die Rock 
tasche, zog ein anscheinend leeres, bereits 
benutztes Couvert hervor, drehte sich dar 
aus einen Fidibus und entzündete ihn an 
der Gasflamme. Kaum hatte er jedoch 
einige Züge aus seiner Cigarre gethan, als 
er plötzlich bestürzt aufsprang und alle 
Taschen durchsuchte. Die Tischgenossen, 
die natürlich ob dieses merkwürdigen Be 
nehmens ihres Freundes sehr erstaunt 
waren, bemühten sich vergebens, von diesem 
eine Erklärung zu erhalten. Schließlich 
sank der Betroffene trostlos auf seinen 
Stuhl und erklärte, daß er sich soeben in 
der Eile mit einem Hundertmarkscheine eine 
Cigarre angezündet habe. Er habe ihn 
beim Abschluß eines Handels auf dem 
Markte in der Eile in das leere Couvert 
gesteckt und beim Anzünden der Cigarre 
nicht gleich daran gedacht. 
Lehrte, 13. Okt. Auf dem Wege zwi- 
schen Hänigsee und Burgdorf ist gestern 
ein junger Mann aus Hänigsee, der sich 
beim Bezirkskommando in Celle zu stellen 
hatte, von drei Personen überfallen, mit 
einem Knüppel über den Kopf geschlagen 
und seiner Baarschaft von 200 Mk., so 
wie des Reisekoffers mit Kleidung be 
raubt worden. Einer der >Thäter soll er 
kannt worden sein. 
Linden, 13. Okt. Auf die Beschwerde 
der wegen angeblicher Zugehörigkeit zur 
Sozialdemokratie aus dem Krieg er - 
verein zu Linden ausgestoßenen 53 
ehemaligen Mitglieder, hat das Landge 
richt zu Essen den fraglichen Beschluß des 
Kriegervereins aufgehoben und die 
Ausgestoßenen in ihre bisherigen Rechte 
als Mitglieder des Vereins wieder einge 
setzt. Wird das jetzt ein kameradschaftlich 
vergnügtes Vereinsleben werden! 
Hanau, 16. Okt. Das Schwurgericht 
verurtheilte den Tüncher Felix Hergenhan 
von Hilders wegen Todtschlags und Raubes, 
begangen an seiner eigenen Mutter, 
zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe. 
Eisleben, 15. Okt. Die hiesige Annen- 
Kirche ist durch Erdsenkungen beschä 
digt, so daß sie mit Stützen im Innern 
versehen werden mußte. _ 
Unter starkem Regen sank in der Nacht 
um Dienstag in Thorn die Temperatur 
auf 2 Grad unter Null. Dann trat starker 
S ch n e e f a l l ein, so daß Morgens alle 
Gärten und die Dächer der Häuser mit 
Schnee bedeckt waren. Außerhalb der Stadt 
lagert eine drei Centimeter starke Schnee 
decke. Auch ;etzt dauert der Schneefall fort. 
Witten, 16. Okt. Der antisemitichse 
Rcichstagsabgeordnete Dr. König will 
ein Mandat (Rinteln-Hofgeismar) nieder 
legen und sich von der Politik zurückziehen. 
Harburg, 15. Okt. In räuberischer 
Absicht auf offener Straße angefallen 
wurde gestern Abend gegen 9 Uhr die 13- 
jährige Tochter eines in der Friedrichstraßc 
Ivohnenden Maurers, die für den Vater 
noch etwas einzuholen hatte. Das Indivi 
duum forderte von dem Mädchen unter 
Drohungen Geld. Auf das Geschrei des 
Kindes eilten Nachbarn herbei und befreiten 
es von dem frechen Patron, der leider 
entkam. 
In Gronnenberg bei Lübeck wurde in 
der vorletzten Nacht bei einem Streite der 
Landmann Markmann aus Hafkrug er 
mordet. Der Thäter ist verhaftet. 
Hamburg, 15. Okt. In der vergangenen 
Nacht sind auf den umfangreichen Abend- 
setterschen Ziegeleien in Steinbek bei Ham 
burg ein Maschinengebäude sowie eine mit 
Erntevorräthen gefüllte Scheune durch eine 
Feuersbrunst eingeäschert worden. Man 
vermuthet, daß Brandstiftung vorliegt. 
BrovrNiiielleS 
Bon Altona aus wird ein 14jähriger 
Knabe, Schüler einer höheren Lehranstalt, 
steckbrieflich verfolgt, welcher, nachdem er 
an zwei Stellen Einbruch verübt, flüchtig 
geworden. 
Auf Noer fand vorgestern die Wer 
mählung des Grafen Ernst zu Rantzau 
mit der Gräfin Carmen Noer, der älte 
sten Tochter des verstorbenen Prinzen Fried 
rich vonSchleswig-Holstein,GrafenNoer,statt. 
Das „Plöner Wochenbl." erklärt die 
Mittheilung der „Deutschen Tageszeitung", 
daß die Plöner Kaufleute einem großen 
Kieler Bazar-Unternehmen die Summe von 
6000 Jl ausbezahlt hätten aus dem 
Grunde, damit dasselbe dort kein Kon 
kurrenzgeschäft gründe, für unwahr. 
Einer frechen Gaunerin ist die 15jährige 
Martha Bylinski aus Lägerdorf in die 
Hände gefallen. Dieselbe reiste am 28. 
September von Horst nach Berlin, um in 
ein dortiges Geschäft einzutreten. Da 
aber das Mädchen nicht in Berlin einge 
troffen war, stellten die Angehörigen Nach 
forschungen an, welche vergeblich blieben. 
Nunmehr ist aus Berlin Nachricht einge 
troffen, daß die Bylinski dort angelangt 
sei. Auf der Fahrt nach Berlin ist die 
selbe nämlich mit einer Reisegefährtin be 
kannt geworden, von welcher sie auf die 
Gefahren, welche man in einer Großstadt 
ausgesetzt ist, aufmerksam gemacht wurde. 
Auch erbot sich die Fremde, das Geld der 
Bylinski bis Berlin aufzuheben, damit ihr 
dasselbe nicht von Anderen gestohlen würde. 
In Wittenberge stiegen beide aus und 
frühstückten zusammen für 2,30 Jl und 
hier verschwand die Fremde, ohne das 
Frühstück zu bezahlen und ohne der 
Bylinski das Geld zurückzuerstatten. Die 
B. mußte deshalb einige Tage in Witten 
berge verweilen und kam so erst später in 
Berlin an. 
Auf dem Dache saß ein Schwein, 
nämlich auf dem Dache des Gastwirths 
Harder in Siethwende. Da man nun - 
selbst in Perleberg — „so etwas im Leben 
nicht gesehn", und die Sache leicht als 
eine „Ente" angesehen werden könnte, so 
wollen wir, schreibt der „H. C.", den 
Thatbestand, wie er von einem Augenzeu 
gen geschildert wird, unsern Lesern nicht 
vorenthalten. Das Borstenthier war im 
Stalle des schon genannten Wirthes mit 
einem Eber zusammen eingesperrt; muth 
maßlich aber muß ihm diese Gesellschaft 
nicht recht gefallen haben und es gelang 
ihm zu entkommen. Neben dem Stalle 
nun war Torf eingeschachtet, und, im 
Klettern sich produzirend, gelangte das 
Thier „von Stufe zu Stufe" auf das 
allerdings wenig steile Strohdach, wo es 
znm Gaudium der Zuschauer seme Pro 
menade machte. Urgemüthlich ab^ muß 
es in Siethwende sein, wo das Borsten 
vieh auf dem Dache spazieren geht. 
In Tönning wollte ein Zimmerlehrling 
Feuerwerkskörper abbrennen. Die Wirkung 
war eine gräßliche. Dem Lehrling wurde 
die linke Hand vollständig abgerissen, und 
erlitt der Bedauernswerthe außerdem noch 
erhebliche Verletzungen an den Beinen. 
Für den Kieler Bahnhofsumbau 
war kürzlich eine Submission über Her- 
stellnng von 125 000 Kubikm. Erdarbeiten 
und 4150 Kubikm. Maurerarbeiten öffent 
lich ausgeschrieben. In dem vorgestrigen 
Submissionstermin wurden die eingegangenen 
9^ Angebote verlesen und stellte sich das 
niedrigste auf 104 968 Jl, das Höchstgebot 
auf 261 300 Jl. 
Elmshorn, 15. Okt. Die nächste Ge 
neralversammlung des Bauernvereins 
für den Kreis Pinneberg findet am 14. 
November in Uetersen statt. Herr Land 
rath Dr. Scheiss hat einen Vortrag 
über die Hebung der Landwirthschaft durch 
Selbst hülfe angemeldet. 
SS Brciholz, 16. Okt. Heute hatte 
unser Jagdpächter 3 Herren aus Rends 
burg zu einer kleinen Jagdparthie einge 
laden, es wurden von 6 Schützen 3 Rehe 
und 11 Hasen zur Strecke gebracht. 
O Von der Eider, 16. Okt. Ebenso 
wie neulich in Bredenbek sind vor einigen 
Nächten 4 Einbrüche in Achterwehr verübt. 
Die Diebe scheinen es nur auf Geld abge- 
ehen zu haben. — Der vor einigen Wochen 
im Flemhuder See verunglückte Steinhauer 
ist erst jetzt aufgefunden. — In Bovenau 
wird am Sonntag, den 20. Oktober, die 
Spezial-Kirchen- und Schulvisitation durch 
Herrn Propst Treplin abgehalten. 
X. Rendsburg, 17. Okt. Heute Abend 
präcise um 8 Uhr findet im Saale des 
Arbeitervereins van 1848 ein Vortrag des 
Herrn Director Reiche über die gewaltigen 
Werke der Naturkräfte statt, zu dem auch 
Damen Zutritt haben. Der Vortrag ist 
durch große Lichtbilder unterstützt. Wir 
besteigen im Geiste die höchsten Gipfel 
unserer Berge, sehen Lawinen stürzen, 
Gletscher sich auflösen; durchleben die ge- 
wältigen, fürchterlichen und oft Schrecken 
erregenden Orkane zu Wasser und zu Lande. 
Schwimmende Eisberge, Eishöhlen, 
elektrische Entladungen, vulkanische Ge 
witter, Ballonfahrten durch die Wolken; 
Alles sehen und erleben wir mit. — Die 
wunderbaren, schönen und seltenen und 
optischen Erscheinungen in der Atmosphäre, 
wie: das Alpenglühen, leuchtende Wolken, 
Sonnenhöfe und -Säulen, Mondkreuz, das 
Brockengespenst, eine Fata Morgana und 
Nordlichter ziehen an uns vorüber. Außer 
dem werden u. A. vorgeführt: Der Mil 
fordsund. — Riesen-Eisberg im Atlantischen 
Ocean. — Föhnsturm der Alpen. — Kara 
wane in der Wüste, vom Samum über 
fallen. —• Schneesturm in Rußland. — 
Wasserhosen. — Die „China" im Sturm. 
— Ein Passagierdampfer während eines 
Wirbelsturmes im Atlantischen Ocean. — 
Lawinenstuz bei Fontana im Val Bedritto, 
31. Mai 1879. — Der Kilimandscharo.— 
St. Elmsfeuer. Vulkanisches Gewitter. — 
Eine Montblanķ-Besteigung. 
+ Rendsburg, 17. Okt. Ueber den 
Herrn Organisten Schröder, der unter 
freundlicher Mitwirkung der Frau Elisa 
beth Schelenz am künftigen Sonntag in 
der Garnisonkirche konzertiren wird, er 
sehen wir, daß er als Kind in Folge einer 
nicht richtig erkannten und behandelten 
Augenentzündung erblindet ist. Dank 
der Hochherzigkeit des letzten, selbst des 
Augenlichts beraubten Königs von Han 
nover, empfing er dort eine sorgfältige 
musikalische Ausbildung, die ihm Seitens 
seines Landesherrn eine Anstellung als 
Organist in Neustrelitz eintrug. Durch 
sein Leide« noch mehr wie andere seiner 
Kunstgenossen zum Kampfe mit den bösen 
Mächten des Lebens gezwungen, sieht er 
einer Verbesserung seiner materiellen Lage 
und der seiner alten Mutter, einer Greisin 
von 82 Jahren, durch Konzertiren in der 
Fremde. Möchte dem talentvollen und emi 
nenten Künstler, der Anerkennung vor den 
Meistern seiner Kunst fand, eine volle 
Kirche beschützen sein. 
>< Rendsburg, 17. Octbr. Eine ganz 
eigenartige Künstler-Gesellschaft hat gestern 
ihren Einzug in die Tonhalle gehalten, 
nämlich das Wendische Künstler-Ensemble. 
Wenn der Weise Ali Ben Akiba auch sich 
äußert: „Es ist Alles schon dagewesen," 
so scheint es uns, als ob diese weise Lehre 
nunmehr veraltet ist, denn so etwas ist 
noch nicht dagewesen. Das Ensemble macht 
vorerst eine vollendete Streichmusik, nicht 
a la D'amen-Kapelle, außerdem Humori 
stische Solo-Vorträge, Duette, Terzette und 
Ensemble-Vorträge, und zwar neue, hier 
noch nicht gebrachte, so daß auch hierin 
Ben Akiba in den Schatten gestellt wird. 
Wir können daher mit gutem Gewissen 
den Besuch empfehlen und wenn außerdem 
Herr Timm denn noch seinen Saal et 
was mehr erwärmt, so daß man sich seines 
Ueberziehers entledigen kann ohne zu 
frieren, dann können wir einen genußreichen 
Abend versprechen. 
e Rendsburg, 17. Okt. Die gestrige 
Vorstellung der Mitglieder des Schleswiger 
Stadttheaters brachte uns eine Posse von 
Leon Treptow, betitelt, Schützenlis'l. 
Wenn diese Art Berliner Lokalpossen in 
der Großstadtund speciell in Berlin Wochen 
und Monate hindurch ununterbrochen auf 
geführt werden und stets ein volles Haus 
liefern, so tragen hierzu eine prachtvolle 
Ausstattung, ein tüchtiger Chor, ein 
elegantes Ballet u. s. w. ganz wesentlich 
bei. Auf kleinen Provinzialbühnen, wo 
dieses glänzende Bauwerk fehlt, wollen 
diese Possen naturgemäß nicht recht ziehen. 
Die Darsteller gaben sich gestern Abend 
große, redliche Mühe das Publikum zu 
amüsiren und erfüllten ja auch theilweise 
diese Aufgabe. Im Ganzen dürfte aber 
der Direkion zu rathen sein, es doch lieber 
bei der Aufführung guter Lust- und Schau 
spiele bewenden zu lassen. Was nun die 
gestrige Vorstellung selbst anbelangt, so 
war es in erster Linie Herr Gerhardt, 
welcher als Rentier Stöpsel eine vorzüg 
liche Figur spielte, auch Herr Henze, den 
wir vom vorigen Jahre noch kennen, spielte 
mit gewohnten: Schneid. Die Titel 
rolle hatte in Fräulein v. d. Osten 
eine gute Darstellerin, welche besonders 
auch über die erforderlichen gesanglichen 
Mittel verfügt und im Uebrigen eine an 
sprechende Bühnenerscheinung ist. Von den 
übrigen Damen ertvähnen wir besonders 
Fräulein Boden, welche die Rolle det 
Hedwig gewandt und natürlich zur Dar 
stellung brachte. Das Zusammenspiel wa'- 
im Ganzen ein gutes und auch der Besuch 
befriedigend.
	        
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