— Ueber den Stand der Untersuchung
der Unteroffiziere der O b e r f e u e r w e r k e r>
schule kann die „Post" mittheilen, daß
sich die Sachlage bisher in keiner Weise
verändert hat. Die Untersuchung nimmt
ihren Fortgang, hat aber dadurch noch
größeren Umfang angenommen, daß man,
um einen klaren Ueberblick über die ganze
Angelegenheit zu erhalten, nicht nur den
einzelnen Fall des zu der Massenverhaftung
führenden Disziplinarvergehens, sondern
die gesammten allgemeinen Verhältnisse ins
Auge faßt, wie sie sich im Laufe der Jahre
an der Schule entwickelt haben. Es müssen
zu diesem Zwecke zahlreiche Offiziere ver
nommen werden, die früher zu der Ober-
Feuerwerkerschule abkommandirt gewesen
sind. Also wird noch einige Zeit vergehen,
ehe es den die Untersuchung führenden
Herren möglich sein wird, volle Klarheit
über den Vorgang und die Zustände, in
denen man die Wurzel des Uebels zu sehen
meint, zu gewinnen. — Dasselbe Blatt be
stätigt die Nachricht des „Hamb. Corr.",
daß einige Schüler bereits zu ihren Trup-
pentheilen entlassen worden seien.
Berlin, 16: Okt. Im Prozesse gegen
den ehemaligen Kanzler von Ka
merun, Leist, beantragte der Staats-
anwalt die Dienstentlassung. Der Gerichts-
Hof erachtete die von Leist gegen die Da-
homeh-Weiber angeordnete Züchtigung für
straffrei, verurtheilte aber den Angeklagten
dafür, daß er Weiber aus dem Gefängniß
habe herausführen lassen re., zur Dienst-
Versetzung, Verminderung des Gehalts um
ein Fünftel und Tragung der Kosten des
Verfahrens.
— Die Nowoje Wremja spottet über
die englischen Blätter, die das Himmlische
Reich bereits in allen seinen Fugen krachen
lassen und für die allernächste Zeit seinen
völligen Zerfall voraussagen: „Eine solche
Ansicht haben sie sich zurechtgelegt über
ein Reich von 400 Millionen Bewohner,
nach der Besiegung einer chinesischen Truppe
von allerhöchstens 18 000 Mann, und nach
der durchaus nicht vollständigen Niederlage
des chinesischen Nordgeschwaders." Aller-
dings dürste es Japan trotz seiner Siege
schwerfallen, China ganz zu Boden zuschmet-
tern, zu unterwerfen oder gar in der Unter-
werfung dauernd zu halten.
— Eigenthum und Socialismus.
Bekanntlich ist es eine Grundbedingung
des Sozialismus, den Eigenthumsbegriff
zu Gunsten der Verallgemeinung desselben
zu verschieben. Bebel vertheidigt diese
Grundbedingung mit dem Hinweis, daß
der Privatbesitz, also das individuelle
Eigenthum, erst mit dem Vaterrecht ent
standen sei. Dem gegenüber ist es inter-
esfant, daß, ganz abgesehen von dem
Menschen, in welchem der Begriff des
Eigenthumsrcchts schon im kleinsten Kinde
wurzelt, was jeder beobachten kann, sowohl
Darwin als auch Herbert Spencer,
unabweisbare Repräsentanten der modernen
Philosophie, den Eigenthumsbegriff schon
im Thierreich nachweisen. Darwin erzählt
von einem in einem zoologischen Garten
untergebrachten Affen, daß er einen Stein
gebrauchte, um sich die Nüsse zu öffnen.
Diesen Stein verbarg das Thier jedes
Mal, wenn es ihn gebraucht hatte, im
Stroh. Hier haben wir die Idee des
Eigenthums. Diese Idee ist aber auch
jedem Hunde eigen, der einen Knochen zum
Benagen vor sich hat, und ferner den
meisten oder allen Vögeln in Bezug auf
ihre Nester. Herbert Spencer weist nach,
daß die Wilden, von denen jeder seine
eigenen Waffen und Werkzeuge, seine eige
nen Schmuckgegenstände hat, und auf die
niedrigstehenden Feuerländer, bei denen ein
Privateigenthum an den Booten besteht,
Grund und Boden als Privateigenthum
ansehen und vertheidigen. Daß der Be
griff des Eigenthums außerdem so alt wie
die Welt ist, lehrt die Geschichte des gan
zen Menschengeschlechtes. Es würden also
die modern-sozialistischen Anschauungen,
selbst wenn sie auf einen Augenblick den
Begriff des Eigenthumsrechts zu verschieben
vermöchten, denselben als ein Naturgesetz
auf die Dauer nicht festzuhalten vermögen.
Berlin, 15. Okt. Die Raiffeisen-
schenDarlehenskasse n-V e r e i n e
sammeln statutgemäß den jährlichen Gewinn
zu einem untheilbaren Vereinsvermögen
(Stiftungsfonds) an. Verschiedene Gerichte
hatten diese Bestimmung beanstandet und
die Eintragung in das Genossenschafts
register verweigert. Auch war von den be
treffenden Gerichten die in den Statuten
betonte sittliche Hebung der Mitglieder
als nicht dem Sinne des Genossenschafts
gesetzes entsprechend bemängelt worden.
Die Generalanwaltschaft Raiffeisen'scher Ge
nossenschaften sah sich deshalb veranlaßt,
die Entscheidung des höchsten Gerichtshofs
für das Genossenschaftswesen in Preußen,
des Kammergerichts, herbeizuführen. Dieser
hat nun, wie der „Nordd. Allg. Ztg." be
richtet wird, entschieden, daß nicht nur die
Betonung des sittlichen Prinzips, sondern
auch die Einrichtung des Stiftungsfonds
den Grundsätzen bezw. Intentionen des
Genossenschaftsgesetzes durchaus entspricht.
Die interessante Entscheidung ist kürzlich
im „Justizministerialblatte" veröffentlicht
worden.
Berlin, 16. Okt. Einen großen Bau
krach prophezeit die „Baugew.-Ztg-", in
dem sie schreibt: Die Banthätigkeit ist jetzt,
wo der Winter vor der Thür steht, außer
ordentlich eingeschränkt, und mit Recht,
denn der große Ueberfluß an Miethswoh-
nungen läßt kaum noch irgend einen Wohn
hausbau rentabel erscheinen. Dabei mehren
sich die Subhastationen von Woche zu
Woche, wodurch alle Anzeichen des Bau
krachs gegeben sind. Wie sehr das Bau
geschäft darniederliegt, dafür gibt das Blatt
verschiedene Beweise.
— Ueber die Wirksamkeit des Beh ring-
schen Heilserums gegen die Diphtherie
gab Professor Virchow folgendes Ur
theil ab: Ich kann meine Ansicht über
das Serum dahin zusammenfassen, daß es
nun mit Erlaubniß ihrer Eltern unter Freuden-
thränen in den Armen lagen.
Doch Mohrbcrg's Bleiben durfte hier jetzt
nicht länger sein, er hatte ohne Erlaubniß
seiner Vorgesetzten das Festmahl verlassen und
mußte unverzüglich wieder dorthin zurückkehren.
Nur soviel Zeit nahm er sich, um auf
dem Telegraphenamt vorzugehen und eine De
pesche an die gütige Erzherzogin Adelgunde
auszugeben, wußte er doch, daß er ihr sein
Glück allein zu verdanken hatte. Aber — o
Himmel! — Er hatte ja nicht einen Heller
Geld in der Tasche.
„Wir pumpen!" sagte der Telegraphen
beamte schmunzelnd. „Heute am Jubiläum —"
Hans lachte hell auf; als blutarmer
Lieutenant hatte er zwar manchen kleinen Pump
angelegt, aber auf dem kaiserlichen Telegraphen
amte doch noch nicht. Nun, als Mann von
zweimalhunderttausend Gulden konnte er sich
das ja erlauben.
Da war denn Lieutenant Hans Mohrbcrg
wieder bei dem Festgelage und zwar mit
einem anderen Gesichte, wie vorher. Augen,
Mund und Nasenspitze lachten wieder wie ehe
dem; der alte, gute Durst stellte sich auch
wieder ein und als die Tafel zu Ende war
und sich alles in bester Stimmung löste, da
klang es zu Max von der Molde's Schrecken:
„Bin ich doch noch jung und schön, warum
soll ich denn nicht lustig sein" durch den
Saal und zwar heute so laut und so falsch,
wie sonst noch nie.
* *
Ein Jahr war vergangen. Hans Mohrberg.
war nun wirklich ein Ehemann und schwelgte
mit seiner' jungen Frau auf einer Hochzeits
reise in Italien. Auf der Rückreise besuchten
sie Königshofens auf ihrem Gute, wo sie zu
ihrer Freude Anna und Hartwig von Röm-
hild trafen, welche zum ersten Male mit
ihrem Söhnchcn von Sumatra aus nach dem
lieben Vaterlande zurückgekehrt waren.
Frau von Schönwolsf hatte mit ihrem
Gatten die Residenz verlassen und in einem
bescheidenen Städtchen im Gebirge Aufenthalt
genommen, während Frau von Römhild in
strenger Zurückgezogenheit in ihrem Landhause
weilte. Alle Stürme, welche ihr Herz be
wegten, hatten ausgetobt und sie erfreute sich
ganz des Glückes ihrer Kinder und der
Freundschaft des Hofmarschalls, der sie zu
weilen besuchte.
an-
So innig sie sich dem Letzteren auch
schloß, so konnte sie sich bei dem Zusammen-
mit ihm jenes quälenden Vorwurfes,
ein
ihm einst so Entsetzliches zugetraut zu haben,
nicht erwehren.
Heute besuchte er sie wieder und sie saßen
sich Beide in dem trauten Gemach am Ka-
minfeuer gegenüber. Bertha hatte diese und
jene Angelegenheit mit ihm besprochen,. Dinge,
welche sie nur eben einem so treuen Frennde
anvertrauen mochte.
Wie schön ist cs doch, so gar kein Ge
heimniß vor einander zu haben," sagte der
Hofmarsch all eben.
Bertha zuckte bei diesen Worten zusammen.
„Und doch haben Sie in eine Falte meines
Herzens noch nicht geblickt," erwiderte sie
leise, „aber ich will sie vor Ihnen lüften."
Lorenz sah sie fragenden Blickes erstaunt an.
„Ich bin Ihrer Verzeihung im Voraus
sicher."
„Ganz gewiß."
„Reichen Sie mir Ihre Hand, Lorenz,
und sehen Sie mir in's Auge. Damals in
jenem furchtbaren Augenblick, als ich an den
blutüberströmten Körper von Heinz Königs
hofen trat -—- damals —"
„Sprechen Sie nicht weiter, Bertha! Einen
Moment glaubte ich das, was Sie mir jetzt
sagen wollten, aus Ihrem Blick, aus dem
einzigen Worte „Maurer" zu lesen, dann
aber —"
„Schweigen Sie, schweigen Sie, Lorenz,
und vergeben Sie mir, wenn Sic können,
Sic sehen daraus, für wie riesengroß ich
Ihre Liebe zu mir hielt — daß Sie ein
Fehlschlagen derselben zu solcher eifersüchtigen
That entflammen konnte."
Herr von Maurer schloß die Augen und
rang nach Luft.
„Und sie ist cs noch, Bertha, sie ist es
noch unverändert."
„Und sie soll belohnt werden, Loreip
belohnt durch jene Frauenliebe, die durch
langjährige Erfahrungen, durch Noth und
Pein den Läuterungsprozeß überstanden hat,
der sie von allen Schlacken, von jedem über- ''
spannten Beiwerk befreite."
Sie hauchte einen Kuß auf seine Lippen
und wenige Wochen darauf prangte Schloß
Storckwitz im blüthenreichen Hochzeitsschmuck.
Ende.
eine starke, schützende Wirkung auf Wochen,
vielleicht auf Monate, sagen wir 3, 4
Monate ausübt. Ob diese Wirkung von
immerwährender Dauer ist, muß ebenso
abgewartet werden, wie die Lösung der
Kardinalfrage, ob es wirklich
möglich ist,dieDiphtheriemit
diesem Mittel zu heilen. Aber
es ist schon viel erreicht, wenn es z. B.
gelingt, in einer Familie, wo 3 oder 4
Kinder an der Diphtherie erkrankt sind,
auch nur eines mit dem Serum immun
zu machen, d. h. zu schützen. Für diese
Wirkung des Mittels spricht alle Wahr
scheinlichkeit. — Allerorts sollte für un
entgeltliche Beschaffung des Heilserums
Seitens Armer Sorge getragen werden.
Wahrlich ein lohnendes Feld für die
Privatwohlthätigkeit! Es ist beabsichtigt,
das Heilserum auch in Staatsanstalten
herstellen zu lassen.
— Wegen Beleidigungjüdischer
Staatsbürger wurde der Redakteur
der „Tägl. Rundschau", Dr. Lange, am
Montag vom Berliner Amtsgericht II zu
100 JL Geldstrafe verurtheilt. Derselbe
hatte im Anschluß an den hannoverschen
Spielerprozeß einen Schmähartikel gegen
das Judenthum „ohne Ausnahme", wie es
hieß, gebracht. Deshalb klagten drei jüdische
Herren wegen Beleidigung, und ihnen ist
auch die vom Beklagten bestrittene Aktiv
legitimation dazu zuerkannt worden.
Wie die „Köln. Ztg." meldet, bleibt
die Lage des rheinisch-westfälischen
Eisenmarktes unbefriedigend, weniger
was den Geschäftsgrad anbetrifft, obgleich
auch dieser verschieden ist. Trotz günstige
Aussuhr-Berhältnisse sind die Preise auf
den billigsten Stand gefallen, wel
cher jemals da war, oder doch auf einen
Stand, welcher zu den höheren Preisen
von Kohlen, Koaks und Roheisen in dem
denkbar größten Mißverhältniß steht.
Gifhorn, 15. Okt. Als im Kreisdorfe
Mörse der Vormittagsgottesdienst beendet
war, konnte die Versammlung das Got
teshaus nicht verlassen, weil die
Kirchthür von außen verschlossen war. Mau
machte Anstalt, durch ein Fenster ins Freie
zu gelangen. Allein in diesem Augenblick
schloß ein in der Nähe wohnender Bauer
die Thür auf. Es wurde festgestellt, vaß
ein seit mehreren Tagen im Orte sich her
umtreibender Strolch die Kirchenversamm
lung mit Bedacht eingeschlossen hatte, um
Winterquartier im Gefängnisse zu erlan
gen. Er wurde dem Amtsgericht Fallers
leben zugeführt.
Oldenburg i. Gr., 15. Okt. Einen
höchst fatalen Irrthum beging, wie die
N." erzählen, dieser Tage in einer hies.
Restauration ein Landmann aus dem Stadt
lande. Er saß mit mehreren Herren am
Biertische und griff, als er sich eine Ci
garre anzünden wollte, da auf dem Tische
keine Streichhölzer standen, in die Rock
tasche, zog ein anscheinend leeres, bereits
benutztes Couvert hervor, drehte sich dar
aus einen Fidibus und entzündete ihn an
der Gasflamme. Kaum hatte er jedoch
einige Züge aus seiner Cigarre gethan, als
er plötzlich bestürzt aufsprang und alle
Taschen durchsuchte. Die Tischgenossen,
die natürlich ob dieses merkwürdigen Be
nehmens ihres Freundes sehr erstaunt
waren, bemühten sich vergebens, von diesem
eine Erklärung zu erhalten. Schließlich
sank der Betroffene trostlos auf seinen
Stuhl und erklärte, daß er sich soeben in
der Eile mit einem Hundertmarkscheine eine
Cigarre angezündet habe. Er habe ihn
beim Abschluß eines Handels auf dem
Markte in der Eile in das leere Couvert
gesteckt und beim Anzünden der Cigarre
nicht gleich daran gedacht.
Lehrte, 13. Okt. Auf dem Wege zwi-
schen Hänigsee und Burgdorf ist gestern
ein junger Mann aus Hänigsee, der sich
beim Bezirkskommando in Celle zu stellen
hatte, von drei Personen überfallen, mit
einem Knüppel über den Kopf geschlagen
und seiner Baarschaft von 200 Mk., so
wie des Reisekoffers mit Kleidung be
raubt worden. Einer der >Thäter soll er
kannt worden sein.
Linden, 13. Okt. Auf die Beschwerde
der wegen angeblicher Zugehörigkeit zur
Sozialdemokratie aus dem Krieg er -
verein zu Linden ausgestoßenen 53
ehemaligen Mitglieder, hat das Landge
richt zu Essen den fraglichen Beschluß des
Kriegervereins aufgehoben und die
Ausgestoßenen in ihre bisherigen Rechte
als Mitglieder des Vereins wieder einge
setzt. Wird das jetzt ein kameradschaftlich
vergnügtes Vereinsleben werden!
Hanau, 16. Okt. Das Schwurgericht
verurtheilte den Tüncher Felix Hergenhan
von Hilders wegen Todtschlags und Raubes,
begangen an seiner eigenen Mutter,
zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe.
Eisleben, 15. Okt. Die hiesige Annen-
Kirche ist durch Erdsenkungen beschä
digt, so daß sie mit Stützen im Innern
versehen werden mußte. _
Unter starkem Regen sank in der Nacht
um Dienstag in Thorn die Temperatur
auf 2 Grad unter Null. Dann trat starker
S ch n e e f a l l ein, so daß Morgens alle
Gärten und die Dächer der Häuser mit
Schnee bedeckt waren. Außerhalb der Stadt
lagert eine drei Centimeter starke Schnee
decke. Auch ;etzt dauert der Schneefall fort.
Witten, 16. Okt. Der antisemitichse
Rcichstagsabgeordnete Dr. König will
ein Mandat (Rinteln-Hofgeismar) nieder
legen und sich von der Politik zurückziehen.
Harburg, 15. Okt. In räuberischer
Absicht auf offener Straße angefallen
wurde gestern Abend gegen 9 Uhr die 13-
jährige Tochter eines in der Friedrichstraßc
Ivohnenden Maurers, die für den Vater
noch etwas einzuholen hatte. Das Indivi
duum forderte von dem Mädchen unter
Drohungen Geld. Auf das Geschrei des
Kindes eilten Nachbarn herbei und befreiten
es von dem frechen Patron, der leider
entkam.
In Gronnenberg bei Lübeck wurde in
der vorletzten Nacht bei einem Streite der
Landmann Markmann aus Hafkrug er
mordet. Der Thäter ist verhaftet.
Hamburg, 15. Okt. In der vergangenen
Nacht sind auf den umfangreichen Abend-
setterschen Ziegeleien in Steinbek bei Ham
burg ein Maschinengebäude sowie eine mit
Erntevorräthen gefüllte Scheune durch eine
Feuersbrunst eingeäschert worden. Man
vermuthet, daß Brandstiftung vorliegt.
BrovrNiiielleS
Bon Altona aus wird ein 14jähriger
Knabe, Schüler einer höheren Lehranstalt,
steckbrieflich verfolgt, welcher, nachdem er
an zwei Stellen Einbruch verübt, flüchtig
geworden.
Auf Noer fand vorgestern die Wer
mählung des Grafen Ernst zu Rantzau
mit der Gräfin Carmen Noer, der älte
sten Tochter des verstorbenen Prinzen Fried
rich vonSchleswig-Holstein,GrafenNoer,statt.
Das „Plöner Wochenbl." erklärt die
Mittheilung der „Deutschen Tageszeitung",
daß die Plöner Kaufleute einem großen
Kieler Bazar-Unternehmen die Summe von
6000 Jl ausbezahlt hätten aus dem
Grunde, damit dasselbe dort kein Kon
kurrenzgeschäft gründe, für unwahr.
Einer frechen Gaunerin ist die 15jährige
Martha Bylinski aus Lägerdorf in die
Hände gefallen. Dieselbe reiste am 28.
September von Horst nach Berlin, um in
ein dortiges Geschäft einzutreten. Da
aber das Mädchen nicht in Berlin einge
troffen war, stellten die Angehörigen Nach
forschungen an, welche vergeblich blieben.
Nunmehr ist aus Berlin Nachricht einge
troffen, daß die Bylinski dort angelangt
sei. Auf der Fahrt nach Berlin ist die
selbe nämlich mit einer Reisegefährtin be
kannt geworden, von welcher sie auf die
Gefahren, welche man in einer Großstadt
ausgesetzt ist, aufmerksam gemacht wurde.
Auch erbot sich die Fremde, das Geld der
Bylinski bis Berlin aufzuheben, damit ihr
dasselbe nicht von Anderen gestohlen würde.
In Wittenberge stiegen beide aus und
frühstückten zusammen für 2,30 Jl und
hier verschwand die Fremde, ohne das
Frühstück zu bezahlen und ohne der
Bylinski das Geld zurückzuerstatten. Die
B. mußte deshalb einige Tage in Witten
berge verweilen und kam so erst später in
Berlin an.
Auf dem Dache saß ein Schwein,
nämlich auf dem Dache des Gastwirths
Harder in Siethwende. Da man nun -
selbst in Perleberg — „so etwas im Leben
nicht gesehn", und die Sache leicht als
eine „Ente" angesehen werden könnte, so
wollen wir, schreibt der „H. C.", den
Thatbestand, wie er von einem Augenzeu
gen geschildert wird, unsern Lesern nicht
vorenthalten. Das Borstenthier war im
Stalle des schon genannten Wirthes mit
einem Eber zusammen eingesperrt; muth
maßlich aber muß ihm diese Gesellschaft
nicht recht gefallen haben und es gelang
ihm zu entkommen. Neben dem Stalle
nun war Torf eingeschachtet, und, im
Klettern sich produzirend, gelangte das
Thier „von Stufe zu Stufe" auf das
allerdings wenig steile Strohdach, wo es
znm Gaudium der Zuschauer seme Pro
menade machte. Urgemüthlich ab^ muß
es in Siethwende sein, wo das Borsten
vieh auf dem Dache spazieren geht.
In Tönning wollte ein Zimmerlehrling
Feuerwerkskörper abbrennen. Die Wirkung
war eine gräßliche. Dem Lehrling wurde
die linke Hand vollständig abgerissen, und
erlitt der Bedauernswerthe außerdem noch
erhebliche Verletzungen an den Beinen.
Für den Kieler Bahnhofsumbau
war kürzlich eine Submission über Her-
stellnng von 125 000 Kubikm. Erdarbeiten
und 4150 Kubikm. Maurerarbeiten öffent
lich ausgeschrieben. In dem vorgestrigen
Submissionstermin wurden die eingegangenen
9^ Angebote verlesen und stellte sich das
niedrigste auf 104 968 Jl, das Höchstgebot
auf 261 300 Jl.
Elmshorn, 15. Okt. Die nächste Ge
neralversammlung des Bauernvereins
für den Kreis Pinneberg findet am 14.
November in Uetersen statt. Herr Land
rath Dr. Scheiss hat einen Vortrag
über die Hebung der Landwirthschaft durch
Selbst hülfe angemeldet.
SS Brciholz, 16. Okt. Heute hatte
unser Jagdpächter 3 Herren aus Rends
burg zu einer kleinen Jagdparthie einge
laden, es wurden von 6 Schützen 3 Rehe
und 11 Hasen zur Strecke gebracht.
O Von der Eider, 16. Okt. Ebenso
wie neulich in Bredenbek sind vor einigen
Nächten 4 Einbrüche in Achterwehr verübt.
Die Diebe scheinen es nur auf Geld abge-
ehen zu haben. — Der vor einigen Wochen
im Flemhuder See verunglückte Steinhauer
ist erst jetzt aufgefunden. — In Bovenau
wird am Sonntag, den 20. Oktober, die
Spezial-Kirchen- und Schulvisitation durch
Herrn Propst Treplin abgehalten.
X. Rendsburg, 17. Okt. Heute Abend
präcise um 8 Uhr findet im Saale des
Arbeitervereins van 1848 ein Vortrag des
Herrn Director Reiche über die gewaltigen
Werke der Naturkräfte statt, zu dem auch
Damen Zutritt haben. Der Vortrag ist
durch große Lichtbilder unterstützt. Wir
besteigen im Geiste die höchsten Gipfel
unserer Berge, sehen Lawinen stürzen,
Gletscher sich auflösen; durchleben die ge-
wältigen, fürchterlichen und oft Schrecken
erregenden Orkane zu Wasser und zu Lande.
Schwimmende Eisberge, Eishöhlen,
elektrische Entladungen, vulkanische Ge
witter, Ballonfahrten durch die Wolken;
Alles sehen und erleben wir mit. — Die
wunderbaren, schönen und seltenen und
optischen Erscheinungen in der Atmosphäre,
wie: das Alpenglühen, leuchtende Wolken,
Sonnenhöfe und -Säulen, Mondkreuz, das
Brockengespenst, eine Fata Morgana und
Nordlichter ziehen an uns vorüber. Außer
dem werden u. A. vorgeführt: Der Mil
fordsund. — Riesen-Eisberg im Atlantischen
Ocean. — Föhnsturm der Alpen. — Kara
wane in der Wüste, vom Samum über
fallen. —• Schneesturm in Rußland. —
Wasserhosen. — Die „China" im Sturm.
— Ein Passagierdampfer während eines
Wirbelsturmes im Atlantischen Ocean. —
Lawinenstuz bei Fontana im Val Bedritto,
31. Mai 1879. — Der Kilimandscharo.—
St. Elmsfeuer. Vulkanisches Gewitter. —
Eine Montblanķ-Besteigung.
+ Rendsburg, 17. Okt. Ueber den
Herrn Organisten Schröder, der unter
freundlicher Mitwirkung der Frau Elisa
beth Schelenz am künftigen Sonntag in
der Garnisonkirche konzertiren wird, er
sehen wir, daß er als Kind in Folge einer
nicht richtig erkannten und behandelten
Augenentzündung erblindet ist. Dank
der Hochherzigkeit des letzten, selbst des
Augenlichts beraubten Königs von Han
nover, empfing er dort eine sorgfältige
musikalische Ausbildung, die ihm Seitens
seines Landesherrn eine Anstellung als
Organist in Neustrelitz eintrug. Durch
sein Leide« noch mehr wie andere seiner
Kunstgenossen zum Kampfe mit den bösen
Mächten des Lebens gezwungen, sieht er
einer Verbesserung seiner materiellen Lage
und der seiner alten Mutter, einer Greisin
von 82 Jahren, durch Konzertiren in der
Fremde. Möchte dem talentvollen und emi
nenten Künstler, der Anerkennung vor den
Meistern seiner Kunst fand, eine volle
Kirche beschützen sein.
>< Rendsburg, 17. Octbr. Eine ganz
eigenartige Künstler-Gesellschaft hat gestern
ihren Einzug in die Tonhalle gehalten,
nämlich das Wendische Künstler-Ensemble.
Wenn der Weise Ali Ben Akiba auch sich
äußert: „Es ist Alles schon dagewesen,"
so scheint es uns, als ob diese weise Lehre
nunmehr veraltet ist, denn so etwas ist
noch nicht dagewesen. Das Ensemble macht
vorerst eine vollendete Streichmusik, nicht
a la D'amen-Kapelle, außerdem Humori
stische Solo-Vorträge, Duette, Terzette und
Ensemble-Vorträge, und zwar neue, hier
noch nicht gebrachte, so daß auch hierin
Ben Akiba in den Schatten gestellt wird.
Wir können daher mit gutem Gewissen
den Besuch empfehlen und wenn außerdem
Herr Timm denn noch seinen Saal et
was mehr erwärmt, so daß man sich seines
Ueberziehers entledigen kann ohne zu
frieren, dann können wir einen genußreichen
Abend versprechen.
e Rendsburg, 17. Okt. Die gestrige
Vorstellung der Mitglieder des Schleswiger
Stadttheaters brachte uns eine Posse von
Leon Treptow, betitelt, Schützenlis'l.
Wenn diese Art Berliner Lokalpossen in
der Großstadtund speciell in Berlin Wochen
und Monate hindurch ununterbrochen auf
geführt werden und stets ein volles Haus
liefern, so tragen hierzu eine prachtvolle
Ausstattung, ein tüchtiger Chor, ein
elegantes Ballet u. s. w. ganz wesentlich
bei. Auf kleinen Provinzialbühnen, wo
dieses glänzende Bauwerk fehlt, wollen
diese Possen naturgemäß nicht recht ziehen.
Die Darsteller gaben sich gestern Abend
große, redliche Mühe das Publikum zu
amüsiren und erfüllten ja auch theilweise
diese Aufgabe. Im Ganzen dürfte aber
der Direkion zu rathen sein, es doch lieber
bei der Aufführung guter Lust- und Schau
spiele bewenden zu lassen. Was nun die
gestrige Vorstellung selbst anbelangt, so
war es in erster Linie Herr Gerhardt,
welcher als Rentier Stöpsel eine vorzüg
liche Figur spielte, auch Herr Henze, den
wir vom vorigen Jahre noch kennen, spielte
mit gewohnten: Schneid. Die Titel
rolle hatte in Fräulein v. d. Osten
eine gute Darstellerin, welche besonders
auch über die erforderlichen gesanglichen
Mittel verfügt und im Uebrigen eine an
sprechende Bühnenerscheinung ist. Von den
übrigen Damen ertvähnen wir besonders
Fräulein Boden, welche die Rolle det
Hedwig gewandt und natürlich zur Dar
stellung brachte. Das Zusammenspiel wa'-
im Ganzen ein gutes und auch der Besuch
befriedigend.