Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 2)

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diff, Hendersen, in die Schläfe. Er 
wurde noch lebend in das Hospital ge- 
schafft. Es ist wenig Hoffnung für sein 
Leben vorhanden. Das Motiv zur That 
ist unbekannt. 
London, 11. Oktober. Wie die „Times" 
aus Tientsin melden, hat die j a p a - 
Nische Flotte bei dem letzten See- 
gefecht einen größeren Schaden erlitten, 
als man bisher geglaubt hat. Die Ja- 
paner versuchen ihre Verluste möglichst zu 
verbergen. Der japanische Admiral machte 
in den letzten Tagen mit mehreren Schiffen, 
die den Typus von Panzerschiffen hatten, 
eine Demonstration, während zwei Kreuzer 
regelmäßig in der Nähe der Schan-Tung 
Halbinsel bemerkt wurden. 
Dänemark. 
Kopenhagen, 11. Okt. In hiesigen Hof 
kreisen erregt eine Broschüre, die die 
Gräfin Adeline Schimmelmann kürzlich 
veröffentlicht hat, großes Aufsehen. Die 
Gräfin, die viele Jahre als Hofdame der 
Kaiserin Augusta am Hofe in Berlin ge 
lebt hat und mit der Freundschaft des 
Kaisers Wilhelm 1. beehrt wurde, hatte 
sich nach dem Tode ihres Vaters von der 
Welt zurückgezogen. Die reiche Gräfin 
beschloß, von jetzt an sich nur dem Wohle 
der Armen und Unterdrückten zu widmen; 
sie besuchte jeden Tag die Spitäler und 
Geşängnisse Berlins und schenkte den Armen 
Alles, was sie besaß. Die damit ver- 
bundenen Aufregungen untergruben ihre 
Gesundheit und sie begab sich nach dem 
kleinen Badeorte Göhren an der pommer- 
schen Küste, wo sie ein Heim für arme 
Fischer errichtete; acht Jahre hindurch ver- 
brachte sie hier ven Sommer, nur mit den 
Armen und Waisen beschäftigt. Dies hatte 
die Gräfin mit ihrer hiesigen Familie ent- 
zweit und sie sahen sich nur selten. An 
fangs dieses Jahres kam sie hierher, wurde 
von ihrem Bruder jedoch sehr kühl em- 
psangen und schließlich unter ein,m Bor- 
Ivande nach einem hiesigen Hospital geführt, 
wo man sie 13 Wochen lang eingesperrt 
hielt; dann entließ man sie mit der Er 
klärung, daß ihr gar nichts fehle. 
In der erwähnten Broschüre hat sie Alles, 
was sie in diesen 13 Wochen gelitten, ge- 
schildert. Es gelang ihr nicht einmal, 
einen Brief abzuschicken, um ihre Freunde 
von ihrer traurigen Lage zu benachrich 
tigen; sie war von Allem so entblößt, daß 
sie, die einstige Hofdame einer Kaiserin, 
Geld von einer Wärterin im Hospital 
leihen mußte, um sich einen Hut zu ver- 
schaffen. Die Gräfin war während ihrer 
Haft von ihrem Bruder unter Kuratel ge 
stellt worden, der Justizminister hat diese 
Verfügung jedoch wieder aufgehoben und 
bis Sache wird jetzt ein Nachspiel vor dem 
hiesigen Gericht erhalten. 
Inland. 
Berlin, 11. Okt. Nach der „Nat..Ztg." 
steht noch nicht fest, ob die Sitzung des 
Staatsministeriums, in der über die 
Verschärfung der Gesetzgebung zum Schutze 
des öffentlichen Friedens verhandelt wer 
den soll, morgen oder Sonnabend statt 
finden wird. 
— Zu den Sitzungen des Staats- 
Ministeriums wird im „Hamb. Korresp." 
bemerkt, es sei nicht gerade wahrscheinlich, 
daß die Entscheidung in einer einzigen 
Sitzung erfolgen werde, da es sich um eine 
Reihe von Fragen handelt, die kaum durch 
ein einfaches Ja oder Nein entschieden 
werden können. 
Einen weißen Hirsch soll der König 
von Serbien bei seinem Besuch in Berlin 
schießen. Die „B. N. N." schreiben über 
diese „besondere Ehre": „Der Kaiser wird 
mit dem Mitte dieses Monats in Berlin 
eintreffenden König von Serbien auck eine 
Jagd im Wildpark beim Neuen Palais 
vornehmen. Wie wir hören, hat der Kaiser 
bestimmt, daß bei dieser Gelegenheit einer 
von den wenigen weißen Hirschen, die sich 
im Wildpark befinden, abgeschossen werden 
soll und zwar durch seinen königlichen Gast. 
Diese besondere Ehre widerfuhr auch vor 
einigen Jahren dem König Gustav von 
Schweden, als derselbe als Taufpate des 
Prinzen Gustav am Kaiserhofe anwesend 
war." 
— Der Entwurf eines neuen 
preußischen Stempelgesetzes 
ist im Finanzministerium ausgearbeitet 
worden. Der Finanzminister .hat unter 
Mittheilung der in diesem Entwurf in 
Aussicht genommenen Steuersätze des 
künftigen Stempeltarifs die Provinzial- 
steuerdirektoren aufgefordert, ihm möglichst 
bald eine Zusammenstellung des finanziellen 
Ergebnisses vorzulegen, zu dem im Einzel- 
nen die abzuändernden Vorschriften in ihrem 
Verwaltungsbezirk nach ihrer Schätzung 
etwa sühren würden. Insoweit die Ver- 
waltung der indirekten Steuern nicht in 
der Lage sein sollte, die Anzahl der in 
Betracht kommenden Urkunden und Ge 
schäfte, sowie den Werth der dabei in 
Frage kommenden Gegenstände festzustellen, 
hat sie sich durch Vermittlung der Regie 
rungspräsidenten dicserhalb mit den Be- 
Hörden in Verbindung zu setzen und mit 
deren Hülfe die jährliche Durchschnittszahl 
der betreffenden Urkunden und Geschäfte, 
sowie den Werth der Gegenstände zu er- 
iniltekn. 
— Zur Margarinefrage hat ein 
englischer Statistiker berechnet, daß in 
England allein der Kunstbutterverbrauch 
ein solcher sei, daß derselbe, wenn durch 
Naturbutter ersetzt, an 300 000 Kühe mehr 
erfordern würde. Nehmen wir nun an. 
daß der Kunstbutterverbrauch in Deutsch- 
land ein verhältnißmäßig ebenso großer 
sei, als in England, so würden für Deutsch, 
land ca. 500 000 Kühe mehr erforderlich 
sein, wenn die Kunstbutter durch Natur- 
butter ersetzt werden sollte. Nun zählt 
aber Deutschland insgesammt ca. 15 Mil- 
lionen Kühe; jene 500 000 Stück würden 
also keinen erheblichen Zuwachs ausmachen. 
(Schleswig-Holstein hat ca. 700 000 Kühe). 
Bei dieser Rechnung wird aber vorausge- 
setzt, daß jene Rechnung des englischen 
Statistikers richtig ist und daß die Anwen- 
dung auf deutsche Verhältnisse auch stimmt. 
Für schleswig.holsteinische Verhältnisse wird 
sie jedenfalls nicht stimmen, denn hier 
wird mehr Margarine konsumirt, als den 
obigen Zahlenverhältnissen entsprechen 
würde. Wir müssen aber dabei berücksich 
tigen, daß hier im Norden Deutschlands 
im allgemeinen viel mehr an Butter und 
namentlich also jetzt an Kunstbutter ver- 
braucht wird, als in Mittel- und Süd 
deutschland. 
— Unter den Einwohnern Deutschlands 
gibt es nach den neuesten Feststellungen 
jetzt nahezu 30000OStaatsbürger, 
deren Gesammt - Einkommen pro Jahr 
m i n d e st e n s 3000 „fc beträgt. Von 
diesen 300000 entfällt mehr als der sechste 
Theil auf die Reichshauptstadt, in welcher 
über 50000 Leute wohnen, die täglich als 
Minimum 10 Ji Einkommen haben. Nur 
die knappe Hälfte der Zahl, wie sie an 
solchen besser situirten Leuten Berlin auf- 
weist, besitzt dagegen Bayern. Als nächste 
besonders wohlhabende Gegend ist das 
Rheinland zu betrachten, unter dessen 
Einwohnerzahl sich etwa 17 000 Leute be 
finden, die sich gleichfalls einer Tagesein 
nahme von 10 Ji erfreuen. Fast gleich 
stehen sich darin das Königreich Sachsen 
und die Provinzen Brandenburg und 
Schlesien, welche trotz aller Verschiedenheit 
in der Landesausdehnung, in dem Ertrage 
des Bodens und der Art ihrer Industrie, 
doch je 15- bis 17000 Personen mit mehr 
als 3000 Jt. Jahreseinkommen zählen. 
Daun folgen die sächsischen Fürstenthümer, 
die Provinzen Sachsen, Westfalen, Hanno 
ver und das Königreich Württemberg mit 
nur je 10000, das Großherzogthum Baden 
und Elsaß-Lothringen mit 8000, Schleswig- 
Holstein, Hessen-Naffau und Posen mit je 
7000, Ost- und Westpreußen sowie Pommern 
und Mecklenburg mit je 6000, Hessen und 
die Hansastädte mit je 5000, Braunschweig 
mit 3000 und Oldenburg endlich mit nur 
2000 solcher „besser situirten" Personen 
Wenn man diesen Dreimalhunderttausend 
die fünfzig Millionen deutscher Reichs 
bürger gegenüberstellt, so wird man nicht 
zu dem Schluffe gelangen, daß die Wohl- 
habenheit bei uns eine Wohnstätte habe 
Berlin, 10. Okt. Professor Leyden hat 
von dem Kultusminister einen längeren 
Urlaub erhalten, weil er mehrere Wochen, 
vielleicht Monate, bei dem Zaren bleiben 
wird. Seine Berufung ist nicht auf 
direkte Nachrichten über eine Verschlimme 
rung des Zustandes des Zaren zurückführen. 
Bei den medizinischen Autoritäten herrscht 
nach wie vor eine verhältnißmäßig günstige 
Auffassung über den Verlauf der Krankheit. 
— Fridolin von Holbein, der letzte 
Nachkomme des berühmten Dialers, hatte, 
wie kürzlich berichtet wurde, als völlig 
schiffbrüchiger Greis nach einem vielbeweg 
ten Leben im Armenhause seiner Vater 
stadt Aussig Aufnahme gefunden. Diese 
Mittheilung las auch die reiche, dreiund- 
zwanzigjährige Gutsbesitzerstochter Alwine 
M. in Charlottcnburg, und es reiste in 
ihr der Entschluß, den letzten Sprossen des 
berühmten Malergeschlechts Holbein zu 
heirathen, um ihn so lem Elend zu eni- 
reißen, seinem Alter eine Stütze zu sein 
und zugleich den weltberühmten Namen 
tragen zu dürfen Da ihre Familie nichts 
dagegen einzuwenden hatte, reiste der 
Bruder des Mädchens nach Aussig, um 
die Einwilligung Fridolin von Holbein's 
zum Ehebunde nachzusuchen. Im Anfang 
dieses Monats langte Herr M. daselbst an 
und wurde zunächst vom dortigen Bürger 
nieisteramte zu einer Anverwandten des 
Gesuchten, Frau Marie Wrusz, gewiesen, 
welche sich sofort mit dem Fremden auf 
machte, um Herrn Fridolin v. Holbein in 
seinem Armenheim auszusuchen. Hier wurde 
dem sehr überraschten greisen Maler der 
Grund des Besuches auseinandergesetzt, 
und der Bräutigam in spe war sofort mit 
der Werbung einverstanden. Binnen kur 
zem bereits soll nun beim Standesamte 
in Dresden die Vermählung Fräulein M.'s 
mit Fridolin von Holbein stattfinden. (Ob 
diese höchst seltsame Mittheilung des „B. 
C." Glauben verdient, bleibe dahingestellt) 
— Nach einem Bericht des „Loc.-Anz." 
sind auch heute Morgen einige der in die 
bekannte Untersuchung verwickelten Unter 
offiziere, deren Schuldlosigkeit sich ohne 
weiteres ergeben hatte, hier wieder einge 
troffen. Die Entlassenen haben erzählt, 
daß die Vernehmungen unausgesetzt geführt 
und daß alle, ob schuldig oder schuldlos 
an ihreTruppentheile zurückgewiesen wurden. 
— Ueber die Vorgänge in der Ober 
feuerwerkerschule wird eine neue 
Lesart bekannt. Danach soll der Ruf 
„Hoch die Anarchie" überhaupt nicht ge 
fallen sein; vielmehr sollen nur die Worte: 
„Hoch die Artillerie" ausgerufen und der 
dem herrschenden Lärm falsch verstanden 
worden sein. Diese Auslegung, die zweifel- 
los etwas für sich hat, würde den ganzen 
Vorfall in wesentlich anderm Lichte er 
scheinen lassen. Unerfindlich war es auch 
von Anfang an, wie ein Unteroffizier, der 
noch dazu eine bevorzugte Stellung durch 
den Besuch der Oberfeuerwerkerschule ein 
nahm, zu dem Ruf „Hoch die Anarchie" 
hätte kommen sollen, denn daß die S chüler 
der militärischen Anstalt sich in ein poli 
tisches Treiben eingelassen haben, erscheint 
ausgeschlossen. Diese neue Darstellung des 
Sachverhalts würde auch die Ehre der 
deutschen Unteroffiziere dem Anslande 
gegenüber wieder herstellen. Die wieder 
freigelassenen Unteroffiziere empfinden den 
Druck, der infolge jenes Ausrufes auf der 
ganzen Schule lastet, am schwersten von 
Allem, was vorgefallen ist. 
— Ein einbeiniger Vel ociped 
fahrer erregt, der „K. V.-Z." zufolge, 
in den Straßen Berlins die Aufmerksamkeit 
des Publikums. Derselbe fährt das Drei 
rad, und zwar tritt er mit einem Fuß die 
Pedale, während das Stelzbein des an 
deren auf einem angeschraubten Brettchen 
ruhst Trotz dieser Beschränkung bewegt 
er sich doch niit der Schnelligkeit einer 
Droschke fort und handhabt dabei selbst im 
größten Wagengcdränge die Maschine mit 
ungemeiner Sicherheit. Er erzählte gern, 
daß er bei Sedan 1870 ein Bein'ver- 
loren habe und sich nun mühsam an Krücken 
fortbewegen müßte, bis ein Freund und 
Kriegskamerad ihm den Rath gab, es doch 
einmal auf die beschriebene Art mit dem 
Vorwärtskomnien zu versuchen. Rath und 
That verbanden sich, indem er ihm auch 
das Velociped schenkte. So kann also auch 
ein Invalide munter radeln, ohne dabei 
durch den Verlust seines Beines besonders 
behindert zu sein. 
Ein Liebesroman hat in der gestrigen 
Nacht in Berlin seinen tragischen Abschluß 
gesunden, indem die Heldin desselben, welche 
sich von ihrem Geliebten verlassen wähnte, 
freiwillig aus dem Leben schied. Es han 
delte sich um die 20jähr. Sängerin Elisa 
beth Mondry, welche am Berliner Reichs- 
hallen-Theater als Statistin eine Zeit lang 
thätig gewesen war, bis ihre Schönheit 
einen so tiefen Eindruck auf einen Mediziner 
machte, daß er ihr sein Herz schenkte und 
auch für ihre Ausbildung als Sängerin 
sorgte, nachdem er auf ihre Stimme auf 
merksam geworden war. Die Ausbildung 
war von Erfolg gekrönt, denn die junge 
Dame fand bald ein Engagement in Stock 
holm, wohin sie dieser Tage reisen sollte. 
Inzwischen hatte jedoch ihr Verehrer eine 
Reise nach Wien und Budapest angetreten; 
er ließ die Geliebte auf der Reise ohne 
Nachricht, und als sie ihm dringliche Briefe 
schrieb, blieben dieselben unbeantwortet. 
Nun glaubte die Unglückliche nicht anders, 
als daß sie von ihrem Geliebten verlassen 
sei; sie trug tiefen Kummer zur Schau 
und ließ auch die Trostworte ihrer Um 
gebung unbeachtet. Vorgestern Abend 10 
Uhr plauderte sie noch mit einer junge» 
Dame, welche ihre Zimmernachbarin war. 
Als eine Stunde später die Wirthin in 
ihr Zimmer trat, fand sie das arme Mäd 
chen leblos an der Thürklinke hängen 
Aerztliche Hülfe war sofort zur Stelle, 
erwies sich aber als machtlos. Zwei Briefe 
an den Geliebten, sowie an die in Char 
lottenburg wohnende Mutter, welche Frl 
Mondry noch vorgestern Abend geschrieben 
hatte, wurden dem „L. A." zufolge, von 
der Polizei beschlagnahmt. Wie übereilt 
der unselige Schritt gewesen war, sollte am 
nächsten Tage kund werden. Es traf näm 
lich am andern Morgen ein Brief des 
Verehrers aus Budapest ein, in welchem 
dieser die Möglichkeit, daß er einen Bruch 
beabsichtige, weit von der Hand wies und 
das Mädchen in rührenden Ausdrücken be- 
schwor, ihm seine Liebe zu erhalten. Alle 
etwa erforderlichen Geldmittel stelle er gern 
zur Verfügung. Die Verzögerung in der 
Korrespondenz erklärt der Briefschreiber 
damit, daß ihn die Briefe nicht mehr er 
reicht hätten und ihm erst nachgesandt 
werden mußten. 
Der Selbstmord eines fünf- 
zehnjährigen Mädchens hat am 
gestrigen Abend in Berlin eine starke 
Menschenansammlung veranlaßt. Es war 
um die genannte Zeit ein junges Mädchen 
vor den Augen zahlreicher Passanten ins 
Wasser gesprungen. Obgleich sofort 
Hilfe zur Stelle war und die Lebensmüde 
auch in kurzer Zeit erfaßt und gelandet 
wurde, so war ihr Tod doch bereits ein 
getreten und die von einem hinzugeholten 
Arzte angestellten Wiederbelebungsversuche 
blieben ohne Erfolg. Die Selbstmörderin 
hatte sich einer übel beleumundeten Frauens- 
person freundschaftlich angeschlossen, und 
da dieser Verkehr den Eltern bedenklich 
erschien, so untersagten sie ihrer Tochter 
auf das Strengste die Fortsetzung des 
Umganges. Dieses durchaus gerechtfertigte 
Verbot veranlaßte das verblendete junge 
Mädchen, in selbstmörderischer Absicht ins 
Wasser zu gehen. 
Vom Diphtherie-Heilserum 
Ein Berliner Berichterstatter, der gestern 
Vormittag die Diphtheritis-Abtheilung der 
Charitä besucht hat, versichert, daß der 
dirigirende Arzt sich mit großer Begeiste 
rung über die Wirkungen des Dr. Behring 
schen Heilserums geäußert habe. Beim 
Betreten der Baracke stellte sder Oberarzt 
die Frage: „Sie sind doch nicht ängstlich?" 
und fügte auf die verneinde Antwort hinzu: 
„das haben Sie auch nicht mehr nöthig." 
In dem Saal befanden sich die von der 
Krankheit befallenen Kinder, theils spielend 
in den Betten. Der Arzt zog nun den 
Besucher zu einem Lager hin, auf dem 
ein etwa 10 Jahre alter Knabe ruhte und 
bemerkte: „Sehen Sie, hier ein in die 
Augen springendes Beispiel von der Wir 
kung des Heilmittels." Dabei nahm er 
einen Stoß Papiere von einem Stuhl am 
Bette, in die Hand und erklärte daraus, 
daß der Knabe in einem Zustand einge 
liefert worden sei, der früher jede 
Aussicht auf Genesung ausgeschlossen 
habe. Der Arzt redete das Kino an, das 
mit klaren Augen aufblickte und auf die 
Frage: „Wie geht es Dir denn?" mit 
heller Stimme antwortete: „Ich danke, 
recht gut." Der Arzt sprach die Bitte 
aus, es möchte in den Zeitungen darauf 
aufmerksam gemacht werden, daß die Kinder 
'ofort bei Wahrnehmung der Krankheit 
einem Arzte zugeführt werden müssen, wenn 
jede Gefahr ohne weiteres beseitigt werden 
'olle. Gesellen sich dagegen zu den 
Diphtheritisbacillen andere Mikroorganis 
men, so sei die Heilung weit schwieriger 
und lasse einen sicheren Erfolg nicht vor 
aussagen. 
Liegnitz, 10. Okt. Vergangenen Sommer 
wurde ein Zahlmeister-Äspirant des 
hiesigen Regiments wegen Betruges vom 
Kriegsgericht zum Gemeinen degradirt und 
zu längerer Gefängnißstrafe verurtheilt. 
Jetzt hat sich, wie der „Kreuzztg." mitge 
theilt wird, seine Unschuld heraus 
gestellt. Durch kaiserliche Verordnung 
ist daher das Urtheil des Kriegsgerichts 
aufgehoben und der Betreffende wieder als 
Felwebel beim Regiment eingestellt worden. 
Sprottau, 11. Okt. Professor Hänel 
in Kiel schenkte abermals 5000 Ji für 
das Laube-Denkmal. 
In Grottau bei Reichenberg fand in 
der Wohnung des Direktors von der Fär 
berei Budde & Müller ein Dynamit- 
Attentat statt. Nur die Fensterscheiben 
wurden zertrümmert. Man ist dem Thäter 
aus der Spur. 
Ein aus Königsberg gebürtiges Frauen 
zimmer hatte vor einiger Zeit die Bekannt 
schaft eines jungen Mannes gemacht, der 
ihr die Ehe versprochen und als Pfand 
der redlichen Willensmeinung ein Spar 
kassenbuch über 1000 M gegeben hatte. 
Das Frauenzimmer erhob das Geld und 
reiste in Begleitung eines anderen Mannes 
nach Berlin. Bei der gestern erfolgten 
Rückkehr wurde das saubere Paar verhaftet 
Posen, 11. Okt. Wie der „Posener 
Zeitung" aus Krone a d. Brahe gemeldet 
wird, ist die katholische Kirche in Dobritz 
gestern Abend vollständig niedereebrannt. 
Merseburg, 9. Okt. In dem benachbar 
ten Reipisch ist gestern der 102jährige 
Veteran aus den Befreiungskriegen 
Gottlob Gimpel gestorben. Der Alle war 
am 16. November 1792 geboren. An 
einer Reihe von Schlachten gegen Napo 
leon hat er Antheil genommen. 
Halle a. S., 11. Okt. Die Bericht 
e r st a t t e r sämmtlicher hiesiger Blätter 
haben im Einverständniß mit ihren Redak 
tionen die Berichter st attung über 
die Verhandlungen der Stadtverord 
nete n - Versammlung ein ge 
stellt, da sie in dem neuen Sitzungs 
saale im Rathhaus-Neubau so ungünstig 
placirt sind, das das Arbeiten auf den an 
gewiesenen Plätzen in hohem Maße ge 
sundheitsgefährlich erscheint. Die Zeitun 
gen erklären so lange keine Berichte über 
die Verhandlungen der Stadtverordneten 
bringen zu wollen, bis Abhilfe geschaffen ist. 
Aus Weimar wird berichtet: Das Be 
finden des Erbgroßherzogs war in 
den letzten Tagen weniger befriedigend. 
Die Nächte besonders wurden durch asth- 
matische Anfälle gestört. 
Celle, 11. Okt. Ein sonderbares Mißge- 
schick waltete gestern über einem jungen 
Ehemann der in Berlin seinen Wohnsitz hat 
und hier sich die Lebensgefährtin erkoren 
hatte. Beim Heimweg vom Hochzeitsfeste 
waren einzelne Theilnehmer, wohl in etwas 
animirter Stimmung, ziemlich laut und 
konnten sich trotz der beschwichtigenden 
Worte der Wachtbeamte nicht entschließen, 
ruhig zu sein. Da blieb dem Beamten 
nichts anderes übrig als die Hauptatten 
täter zu arretiren. Leider befand sich 
unter diesen auch der junge Ehemann, der 
in Folge dessen die erste Nacht seiner Ehe 
im Arrest verbrachte. 
Graudeiiz, 11. Okt. Um den Appetit 
zu reizen, führte der Inhaber der hier 
eröffneten Roßschlächterei das erste „Schlacht- 
roß" mit Blumen und rosa Schleifchen 
geziert durch die Straßen der Stadt. 
Güstrow, 10. Okt. Die streikenden 
Arbeiter der hiesigen Waggonfabrik, 
welche noch vor acht Tagen in einer der 
„G. Z." gesandten Berichtigung erklärten, 
daß allein die noch bereit liegenden Baar 
mittel zur Unterstützung in einer, den 
früher verdienten Löhnen entsprechenden 
Höhe auf 20 Wochen ausreichten, haben 
schon seit einigen Tagen mit einer Brand 
schatzung der Bürgerschaft begonnen. Die 
Unterstützung wird diesmal nicht erbeten, 
sondern als einePflicht der Bürgerschaft 
von Hans zu Haus gefordert und da 
bei die Erklärung abgegeben: wir wollen 
jetzt sehen, wer für uns und wer gegen 
uns ist. 
Worms, 9. Oct. Kürzlich fand sich ein 
hiesiger Einwohner beim Erwachen plötzlich 
erblindet. Nach der „W. Ztg." ist 
jetzt Aussicht vorhanden, daß der Mann 
sein Augenlicht zurückerlangt. 
Ulm, 9. Okt. Der 13jährige Sch üler 
Eugen Blank von Göppinge, der einem 
Buchhändler Briefmarken im Werthe von 
163 JL entwendete, wurde von der Straf- 
kammer zu 4 Wochen Gefängniß verurtheilt. 
Frankfurt a. M., 10. Okt. Der städti 
sche Pfandhaus-Buchhalter Schneider ist 
heute wegen Unterschlagung von 
14 500 JI städtischer Gelder vom hiesigen 
Schwurgericht zu 4'/ 2 Jahren Gefängniß 
verurtheilt worden. 
Würzburg, 9. Okt. Im Justizgebäude 
erhängte sich nach bayrischen Blättern heute 
der Amtsgerichtssekretär G o l l, nachdem 
er zuvor einen mißlungenen Versuch, sich zu 
erdolchen, gemacht hatte. 
Harburg, 10. Okt. Heute Nachmittag 
gegen 1 Uhr kam in dem östlichen Flügel 
der Harburger Gummi-Kamm-Fabrik ein 
bedentender Brand zum Ausbruch, 
der mit solcher Schnelligkeit um sich griff, 
daß alsbald das ganze Dach einem Flam 
menmeer glich. Derselbe Theil der Fabrik 
ist bereits vor etwa 30 Jahren ein Raub 
der Flammen geworden. 
Hamburg, 10. Okt. Wegen Beleidi 
gung des früheren Abgeordneten Woer 
mann wurde der Redakteur des „Echo" 
Heine, zu zwei Wochen Gefängniß ver- 
urtheilt. Er hatte die Firma Woermann 
beschuldigt, den angeblichen Sklavenhandel 
der Firma Wölber u. Brohm durch Trans- 
oortirung von Sklaven gefördert und unter- 
tützt zu haben. 
Für vergeßliche Nachtschwärmer hat man 
in Hamburg eine eigenartige Einrichtung 
ins Leben gerufen. Alle, welche durch 
diesen oder jenen Anlaß fürchten, ihren 
Hausschlüssel im Hause zu vergessen, können 
in einem bekannten Hamburger Cafs, das 
während der ganzen Nacht geöffnet ist, ein 
Duplikat ihres betr. Hausschlüssels depo- 
niren, um eventuell diesen Reserveschlüssel 
jeder Zeit dort als Helfer in der Noth 
vorzufinden. 
Hamburg, 11. Oktober. In vergange 
ner Nacht ist der nach Afrika abgegangene 
Reichspostdampfer „Kanzler" im Altonaer 
Hafen mit einem großen unterelbischen, 
mit Steinen beladenen Schiff zusammen 
gestoßen. Letzteres ist untergegangen. Die 
Besatzung konnte nur mit Mühe gerettet 
werden. 
ÄrvviüÄtreUiÄ 
Kiel, 12. Oktober. Die „Deutsche 
Tageszeitung" schreibt: „Tributpflichtig 
sucht sich der Inhaber eines jener großen 
modernen Bazarunternehmens die Kauf 
leute kleiner Städte dadurch zu machen, 
daß er sich für das Versprechen, an 
irgend einem Ort mährend einer 
bestimmten Reihe von Jahren kein 
Waarenhaus zu errichten, eine ge 
stimmte Summe zahlen läßt. So 
haben kürzlich die Kaufleute der Stadt 
Plön 6000 Mark geopfert, um das Ver- 
sprechen zu erreichen, daß innerhalb eines 
Zeitraunles von sechs fahren in Plön 
kein Geschäft eröffnet werde. — Wir ver- 
öffentlichen diese seltsame Meldung, um 
dahinter zu kommen, ob derartige Machen 
schaften in Wirklichkeit getrieben werden." 
□ Laboe, 12. Okt. Vor einigen Tagen 
wurde ^ hier die neue Gemeinde-Spar- und 
Leihkasse eröffnet. Dieselbe steht unter 
Garantie der Gemeinde und unter Aufsicht 
des Staates. Die Einlagen verzinst die 
Kasse zu 3 V 2 pCt. 
Helgoland, 9. Okt. Heute Nachmittag 
traf mit dem Postdampfer „Patriot" unser 
neuer landräthliche Hülfsbeamte Kgl. Reg.- 
Assessor Schmidt von Schmiedesack 
hier ein. Herr von Eisenhart-Rothe, wel 
cher diesen Posten 2 Jahre lang verwaltete, 
ist bekanntlich als Landrath nach Brom- 
berg berufen und wird unsere Insel am 
10. d. M. verlassen. 
Die Badesaison auf der Insel Helgoland 
ist geschlossen. Die Zahl der Badegäste 
betrug in diesem Jahre 13 020 gegen 
11566 im Jahre 1893. 
Am Sonntag-Nachmittag fand der Sohn 
des Schornsteinfegers Weißenborn in Apen 
rade in dem Bergnügunqsetablissements 
„Knappen" eine Brieftasche mit 5800 JL 
Später entdeckte man den Besitzer, einem 
Viehhändler aus Tondern, welcher als 
Belohnung zwei Glas Bier ausgab. 
Die zur Gemeinde W i tz w o r t gehö- 
rende, an der Tönninger Chaussee belegene 
Gastwirthschaft „Jordanskrug" ist ' im 
Zwangsverfahren an den Gastwirth Cor- 
tens in Bredstedt für 15 000 JI verkauft. 
®ei Gtückstadt waren vorgestern 3 große 
Diemen Weidenbusch in Brand gerathen, 
welche in der Nähe der dortigen Kon- 
ervenfabrik lagerten und diese nicht uner 
heblich gesährdeien. Mittelst der Dampf- 
spritze 
Waffe 
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ragen! 
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