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japanischen Feldzugsplan zu bestätigen.
Nach einer Meldung, die den „Times" aus
Tientsin unter dem 8. Okt. zugegangen ist,
setzen die Japaner ihren Marsch au :
Mukden fort, ohne sich zunächst mit
anderen Unternehmungen zu zersplittern.
Anscheinend haben sie selber das bis jetzt
nicht bestätigte Gerücht von einer Landung
in der Provinz Shantung verbreitet, um
die Chinesen irre zu führen. Die im Golf
von Petschili anwesenden japanischen Kriegs-
schiffe haben nur den Zweck, die chinesische
Flotte an einer Störung der wichtigen
Operation gegen Mukden zu verhindern
Denn nach einer nicht unwahrscheinlichen
Nachricht ist ein japanisches Geschwader
mit Landungstruppen gleichfalls in Ueber-
einstimmung mit den Auslassungen des
japanischen Gesandtschaftssekretärs, nach
Nordosten segelnd gesehen worden, das
offenbar den Marsch der Japaner nach
Mukden unterstützen soll. Die Rheder von
Shanghai senden keine Schiffe mehr nach
Tschifu und Tientsin ab, weil es heißt,
daß die japanische Flotte diese Häfen
blockirt. Mehrere japanische Kriegsschiffe
kreuzen im Golf von Petschili bei Wei-hai-
Wei. In der Nacht kommen sie an die
Küste, und wenn der Tag graut, segeln sie
in die See hinaus. Jeder erwartet, daß
die Japaner demnächst auch Shanghai in
Blockadezustand setzen werden. In der Ge-
gend von Nütschwang benehmen sich die
chinesischen Soldaten grausam gegen die
Bevölkerung. Die schottischen Missionare
in Liao Yang, wo der Missionar Wylie
ermordet wurde, sind nach Nütschwang ge-
flohen. Die europäische Kolonie in Han-
kau, dem Haupt - Theehandelsorte Chinas,
ist sehr zahlreich. Wenn es in Hankau zu
ernsten Pöbelausschreitungen käme, dürfte
dies auf die Entwickelung des Theegeschäfts
kaum ohne nachtheilige Folgen bleiben.
Ten Hauptantheil an dem dortigen Thee
geschäft haben neben englischen und russi-
schen die deutschen Firmen.
Nach einer Meldung des Reuter'schen
Bureaus aus Shanghai sind in Folge der
Befürchtung, daß die Japaner eine Lan-
dung auf chinesischem Gebiete versuchen
werden, die Wachen ans den Kriegsschiffen
und die Posten in allen Häfen verstärkt
worden.
Chicago, 8. Octbr. Hier wurde eine
Anarchistin verhaftet. Ihr angeblicher
Name ist „Lizzie Loftus". Man oder sie
nannte sich „Königin der Anarchisten". Das
Weib hatte eine Menge anarchistischer Flug-
blätter bei sich, in denen die Drohung stand,
die Stadt Chicago in die Luft zu sprengen.
Washington, 8. Okt. In hiesigen poli-
tischen Kreisen glaubt man, daß der Präsi
dent Cleveland demnächst in einer
Botschaft den Congreß auffordern wird,
seine Aufmerksamkeit auf die P r o t e st e
Deutschlands und anderer
Mächte betreffs des Zuckertarifs
und auf die Nützlichkeit einer Abänder
ung des Tarifs zu richten. Vor Zu
sammentritt des Congresses kann kein
Schritt in dieser Richtung erfolgen.
Oesterreich.
Wien, 8. Octbr. Nach einem Telegramm
des „B. T." verlautet, die Regierung werde
in der kommenden Parlamentssession einen
Wahlreform.Gesetzentwurf vor
legen, welcher entsprechend dem Antrage des
liberalen Abgeordneten Baernreither allen
jenen Arbeitern das Wahlrecht zuerkennt,
welche seit einer bestimmten Zeit Kranken
kassen angehören. Im Ganzen würden
danach die Arbeiter vicrundvierzig Mandate
erhalten.
Lemberg, 8. Okt. Eine gestern hier
abgehaltene sozialdemokratische Versamm
lung nahm eine Resolution zu Gunsten
des allgemeinen W a h l r e ch t s an. Am
Nachmittage zurchzogen die Arbeiter die
Stadt unter Hochrufen auf das allgemeine
Wahlrecht. Die Ruhe wurde nirgends
gestört.
Wegen Schmuggels wurden kürzlich
vom Obergefällsgericht in Lemberg 260
Kaufleute zusammen zu 600 000 fl
Strafe und außerdem noch zu Arrest ver
urtheilt.
Prag, 8. Okt. Die Elbladeplätze sind
bereits wasserfrei. Ob die Verladungen
heute oder spätestens morgen aufgenommen
werden können, hängt von der heutigen
Wasserstandsprognose ab. Das Wetter ist
trübe.
Frankreich.
Paris, 8. Okt. Die Regierung hat zur
erstärkung der französischen
S t r e i t k r ä f t e in den chinesischen
Meeren anläßlich des chinesisch-japanischen
Krieges und zur Sicherung der französi
schen Unterthanen dort die Kreuzer 1. Cl.
„Jsly" und „Alger" sowie den Kreuzer
2. Cl. „Duguay-Trouin" und das Ka-
nonenboot „Lutin" nach China beordert.
Der „Jsly", der sich in Brest befindet
und dort für seine Abreise Vorbereitungen
trifft, begiebt sich zunächst nach Toulon
und geht von dort mit dem „Alger" gleich
zeitig in See. Außerdem hat auch
auch der Transportdampfer „Europäen"
Befehl erhalten, seine Reparaturen zu be-
schleunigen und nach Saigon aufzubrechen.
Man schreibt aus Paris von gestern:
Die aus Tonking eintreffenden Zeitungen
enthalten Mittheilungen über die Er
mordung des französischen Zollkontro-
leurs Chaillet durch die Piraten. Letztere
überfielen dessen Haus und entführten
dessen Frau und Tochter. Als Herr
Chaillet ihnen nacheilte, wurde er von
einer Kugel getroffen, die in die Leisten-
gegend eindrang und durch Verletzung der
großen Beinschlagader den sofortigen Tod
zur Folge hatte. Als die Soldaten der
Garnison an Ort und Stelle kamen, war
Chaillet bereits todt und die Seeräuber
hatten das Weite gesucht. Von dem Ueber-
nll hatte Niemand etwas bemerkt. Auch
blieben die Nachforschungen erfolglos.
Paris, 8. Octbr. Wie der „Voss. Ztg."
gemeldet wird, bezweifelt der „Figaro", daß
die Eroberung von Madagaskar
ür Frankreich Vortheilhaft sei. Auf der
Insel, so heißt es dort, wohnen bloß 597
ranzösische Staatsangehörige, darunter
befinden sich Comorenneger und viele Creolen
von der Insel Reunion. Außerdem betrage
der ganze Handel mit Frankreich in Ein-
und Ausfuhr nur drei Millionen Franken.
Bei so geringfügigen Interessen sei
^ ^ o ì, ,,es
fraglich, ob die Opfer eines Kriegszuges
nach Madagaskar sich lohnen.
Paris, 8. Okt. Der „Verein der ver
eidigten Makler" hat in seiner letzten Si
tzung beschlossen, den Zuckermakler Pin
gault, der eines Unterschleifs von 3'4
Millionen bezichtigt war, aus der Liste
seiner Mitglieder zu streichen.
Rive de Gier, 8. Okt. Bei einem gestern
Abend in einem Kaffeehause aus unerheblicher
Ursache entstandenen Streite zwischen
französischen und italienischen Arbeitern
wurden 5 Personen verwundet, darunter
3 schwer. 5 Verhaftungen wurden vor-
genommen und die Staatsanwaltschalt von
den Vorgängen unterrichtet.
Griechenland.
Offiziellen Nachrichten aus Athen zufolge
hat der Zar beschlossen, mit der ganzen
kaiserlichen Familie auf der Insel Korfu
zu überwintern, wo König Georg ein
Palais zur Verfügung gestellt hat. Die
kaiserliche Yacht „Zarewna" ist schon nach
Piräus beordert. Der König von Griechen
land wird sich schon vorher nach Korfu be
geben, um den Zaren dort zu empfangen
Auch Kaiserin Elisabeth von Oesterreich
hatte dem Zaren ihr Schloß Achilleion in
Gasturi auf Korfu angeboten.
Athen, 8. Oktbr. In dem Prozesse
wegen der in dem Geschäftshause der Zei
tung „Akropolis" vorgekommenen Aus
schreitungen wurden die angeklagten Offiziere
einstimmig freigesprochen.
Rutzland.
Petersburg, 8. Okt. Die Nachricht, daß
chinesische Räuberbanden Einfälle in das
Ussuri-Gebiet gemacht haben, bestätigt sich
jetzt, wenn auch diese Einfälle sich in recht
bescheidenen Grenzen gehalten haben, da
dabei nur zwei russische Familien ausge
plündert und zwei chinesische Bahnarbeiter
getödtet sind, sodaß diesen vereinzelten Ein
fällen schwerlich irgend eine Bedeutung bei
zumessen ist.
Italien.
Rom, 8. Okt. Die von der Regierung
eingesetzte Commission aktiver
Generale, welche mit der Prüfung
etwaiger Vorschläge für Ersparnisse in der
Heeresverwaltung beauftragt war, verneinte
in ihrem Bericht an den Kriegsminister
die Möglichkeit, an dem Heeresetat erheb
liche Ersparungen zu machen, und be
schränkte sich auf Vorschläge zur Verein
fachung der Verwaltung. Der Bericht der
Commission, welche 32 Sitzungen abgehalten
hat, wird demnächst im Druck erscheinen
Rom, 8. Oktbr. Die gestrigen Abend
blätter melden aus Mailand, daß auf einer
Fensterbank der Polizeidirektion ein Ex-
Aosivkörper mit brennender Lunte ge-
unden wurde. Mehrere Personen wurden
verhaftet.
Belgien.
Brüssel, 8. Okt. Die belgische Regie
rung läßt gegenwärtig eine ganze Reih
neuer Hafenarbeiten ausführen
Brügge-Bleist erhält einen großen Meeres
Hafen, Brüsse umfangreiche maritime In
tallationen. Die Hafenunlagen in Ant
werpen und Ostende werden bedeutend er
weitert, und nun tritt noch Gent hinzu
Auf Antrag des Finanzministers wird der
Genter Hafen vergrößert und der nach
Terneuzen führende, Gent mit der Schelde
verbindende Kanal auf 8 Meter vertieft
und mit einer neuen, 15,80 Meter breiten
und 125 Meter langen Schleuse ausge
tattet. Die Kosten dieses neuen Unter
nehmens betragen 20 Millionen Francs,
wovon der belgische Staat 15 >4 Millionen
Francs, Gent 4'/2 Millionen Francs über
nehmen.
Brüssel, 6. Okt. Wieder einmal macht
der belgische „Moniteur" bekannt, daß auch
Ar das Jahr 1895 der P r e i s eine
militärischenStellvertreter,
auf 1600 Francs festgesetzt ist. Wer also
nicht dienen will und 160 Francs dem Staate
zahlt, dem wird von Amtswegen ein Ersatz,
mann besorgt. Hoffentlich setzen die neuen
Kammern diesem Zustande endlich ein Ziel
Die Offiziere der belgischen Armee sind stimm
berecytigt und fehlen bei keiner Wahl
Der Kriegsminister hat aber heute allge
mein angeordnet, daß kein activer Offizier
irgend ein Amt in den Wahlvorständen an
nehmen darf.
Portugal.
Lissabon, 8. Okt. Der spanische Partei
führer Salmeron wurde von der portugic
fischen Polizei festgenommen und nach zwei
stündiger Haft aus Portugal ausgewiesen
wegen eines Banketts, das ihm zu Ehren
von den hiesigen Republikanern an Bord
eines auf der Rhede gelegenen Schiffes
veranstaltet wurde.
Inland.
geschossen — der arme Schelm, im Knall
verendend, streckte sich aus dem weichen Moose.
„Bock — Bock hossi — hossi —
— Bock — Bock!"
Ein starker Bock stürmte heran, bautz, bautz,
bautz, hallte er wieder durch den Wald.
Heinz umspannte das Gewehr fester.
„Bei dem nächsten Schuß ist mein Schick
sal besiegelt," murmelte er mit blutleeren
Lippen.
Die Schützenlinie bewegte sich ein klein
wenig nach vorn, der Hofniarschall legte an,
Heinz trat ein wenig vor, hob den Lanf, aber
die Kräfte versagten, die Schwäche übermannte
ihn; unfähig, das Todcsblei auf sich sebst
zu lenken, fiel er bewußtlos nieder. Aber
in demselben Moment entlud sich sein Gewehr
und die Kugel drang oberhalb der Schläfe
in seinen Kopf.
Herr von Mäurer sah ihn sinken, um
eines Gedankens Länge starrte er zu ihm
hinüber, dann warf er seine Waffe zu Boden
und eilte auf Königshofen zu.
„Mein Gott, Sie sind verwundet? Sie
bluten? Königshofen! — Königshofen!" Ihn
emporrichtend, zog er sein Taschentuch und
drückte cs auf die Wunde. Kein Lebenszeichen,
mit geschlossenen Augen ruhte Heinz blutüber
strömten Angesichts in seinen Armen.
„Hornist — Hornist! — Halt! — Blasen
— blasen! Jagd vorbei! — Hülfe!! Hülfe!!!"
Der Hornist flog herbei und weirhin er
schallte das Signal.
Noch ein paar Schüsse, dann Alles still,
bis sich endlich die Jäger der Ungücksstätte
u-ckffen. Die Aufregung war grenzenlos.
„Den Wagen hierher!" befahl Herr von
Mäurer; zwei Jäger liefen davon, um den
Kutscher zu bescheiden.
„Haltet die Damen fern," rief der Hof
marschall. Aber es war zu spät. Ellinor
der Sträucher und Dornen nicht achtend,
stürzte schon herbei, stieß einen herzzerreißenden
Schrei aus: „Heinz, mein Heinz!" Damit
warf sie sich über den Geliebten und drückte
den matt herabhängenden Kopf an ihre Brust.
Hinter ihr tauchte Bertha auf und starrte
sprachlos, mit weit geöffneten Augen mt :
dieses Bild, welches ihr so entsetzliches bot.
Heinz, ihr geliebter Heinz, todt und in den
Armrn ihrer Tochter ruhend, deren Liebesich
in diesem Augenblicke Bahn gebrochen.
„Ellinor, was thust Du?"
„Mutter — Mutter, er war mein!"
Berthas Züge waren wie versteinert, die
Augenlieder schloffen sich und ihre Lippen
preßten sich krampfhaft zusammen. Plötzlich
kam Leben in diese regungslose Gestalt, mit
einem Satze stand sie neben dem Hofmarschall,
umspannte sein Handgelenk und sah ihn
karren Auges an.
„Mäurer —" kam es langsam, mit graust
gem Ausdruck über ihre Lippen. Unfähig, sich
länger austecht zu halten, lag sie bewußtlos
in seinen Armeen.
Was hatte sie gesagt? Was hatte dieses
eine Wort und ihr hinsterbender Blick be
deutet? Lorenz sann nach, es war ihm nicht
klar: plötzlich ging ein furchtbares Erkenntniß
in ihm auf: Er sollte Heinz Königshofen's
Mörder sein! — Soweit war es gekommen! —
(Fortsetzung folgt.)
Berlin, 8. Okt. Zwischen den Groß
mächten finden Verhandlungen des ge
meinsamen Schutzes ihrer in China lebew
den Angehörigen, und insbesondere bezüg
lich der Festsetzung der Aktionsgebiete für
die Geschwader der einzelnen Mächte statt.
— Unter den Vorlagen, welche fflr die
nächste Session des Reichstags in Vorbe
reitung begriffen sind, befindet sich auch
eine, die für die Presse von großem Inter-
esse ist. Es handelt sich um die wieder-
holt in Aussicht gestellte anderweitige
Regelung der P 0 st z e i t u n g s -
gebühren. Der Entwurf ist bereits
im Sommer Gegenstand der Verhandlungen
im Staatsministerium gewesen. Es ver-
verlautete damals, die Postprooision solle
in Zukunft nach Maßgabe der Zahl der
Ausgabe des Gewichts der Zeitungen ge
regelt werden.
Berlin, 8. Okt. Es verlautet, daß der
Colonialrath am 18. Oktober zu-
ammentritt; die Etats der Schutzgebiete
werden ihm vorgelegt werden, ferner soll
die Ausdehnung der Woermann-Linie in
Südwest-Asrika, sowie über die telegraphi-
sche Verbindung der Schutzgebiete mit
Deutschland, über den Ausbau der Swa-
kop-Mündung und über die Herstellung der
Eisenbahnlinien in Deutsch-Südafrika be-
rathen werden.
— In Sachen des Bier-Boykotts
wurde am Freitag eine Versammlung der
Ausgesperrten Brauereiarbeiter und Bött-
,er abgehalten, die von etwa 4M
Personen besucht war. Es wurde eine
Erklärung angenommen, auf jede fernere
Unterstützung verzichten zu wollen, wenn
nicht die bedingungslose Wiedereinstellung
der Ausgesperrten und Anerkennung des
Arbeitsnachweises den Verrufs-Brauereien
zur Bedingung gemacht würde.
— Der fünfte demokratische Par
teitag wurde gestern Nachmittag hier
abgehalten. Vertreten waren insgesammt
18 Wahlkreise durch 32 Delegirte. 18
Delegirte entfielen auf Berlin. Haupt
gegenständ der Besprechung war die Ver
schmelzung der norddeutschen demokratischen
mit der deutschen Volkspartei, der Antrag
der Düsseldorfer Parteigenossen. Nach
etwa fünfstündiger Erörterung einigte man
sich zur Annahme folgenden, von Kohn
Dortmund gestellten Antrages: „Im Hin
blick auf die Aschaffenburger Verhandlungen
und die dadurch gestärkte Erwartung, daß
die deutsche Volkspartei auf der Grundlage
des neuen Programms zu einer socialen
Reformpartei sich gestalten werde, beauf-
tragt der Parteitag der demokratischen
Partei den Parteiausschuß, nach Feststellung
jenes Programms und der Bereitwilligkeit
der Parteileitung, die demokratische Agita-
tion auch in Norddeutschland energisch zu
unterstützen, den Anschluß der demokrati-
schen Partei Norddeutschlands an die
deutsche Volkspartei zur Abstimmung an
die Mitglieder der einzelnen Wahlkreise zu
bringen." — Als Vorort der Partei wurde
Düsseldorf bestimmt.
Das A e lt e st e n-C 0 l l e g i u m der
Berliner Kaufmannschaft hat sich
in seiner heutigen Sitzung, wie der „Local
anz." hört, mit der Währungsfrage be
chäftigt. Wie gemeldet, war vor einiger
Zeit anläßlich der bimetallistischen Agitation
eine Denkschrift über die Währungsfrage
ausgearbeitet worden, die zu dem Schluß
gelangte, daß die jetzt in Deutschland be-
kehenden Währungsverhältnisse aufrecht zu
erhalten seien. Das Aeltesten-Collegium
hat sich nach eingehender Besprechung der
Angelegenheit nunmehr dahin entschieden,
der Sache keine weitere Folge zu geben,
weil es der Meinung ist, daß ein Eingehen
darauf durch die vor einigen Monaten
eitens des Staats veranstaltete Silber-En
quete sich als überflüssig erweise.
Die Erfolge mit dem Heilserumgegen
Diphtherie, welches seit einiger Zeit
m Kaiser, und Kaiserin Friedrich-Kranken
hause zu Berlin angewandt wird, werden
von dem Direktor der Anstalt, Prof. Dr.
Baginsky, jetzt dahin festgestellt, daß
der Prozentsatz der Todesfälle von 42 auf
17 herabgesunken ist. Der Aufruf um
Beiträge für Beschaffung des Mittels hat,
wie die „Tägl. Rdsch." meint, bereits Er
folg. Es werden in Berlin unter Zu
grundelegung der Zahl der erfahrungsqe-
maß an Diphtherie zu behandelnden Kranken
etwa 8-10 000 Jl in diesem Jahre noth
wendig sein. Der Berliner Magistrat be-
chastigte sich in seiner Donnerstagssitzung
mit dem Kinder-Krankenhans. Er will
demselben im nächsten Jahre 50 000 Jl.
zuwenden und wird die Bewilligung bei
der Stadtverordneten. Versammlung be
antragen.
Der siebenjährige Schulknabe
tieß in Berlin am Donnerstag Vormittag
ein fünfjähriges Brüderchen Emil in den
Pankefluß, weil der kleine den größern
nicht an einer Butterstulle mit
essen lassen wollte. Das Kind
wäre zweifellos ertrunken, wenn nicht ein
Arbeiter G. in der Nähe war, der das
Kind auffischte und in Sicherheit brachte.
Erst nach längerer Zeit kam das gerettete
Kind, das viel Wasser geschluckt hatte, zum
Bewußtsein. (Ein Zeichen schon kindlicher
Gemüthsverrohung.)
Auf welch' leichtsinnige Art und Weise
heut zu Tage Ehen geschlossen werden,
davon ein Beispiel. In Berlin hat ein
hartnäckiger Schneidermeister ein liebendes
Paar meuchlings getrennt. Auf einem
Standesamt war die Trauung des
Schlossergesellen W. mit seiner Braut an
gesetzt. In deren Wohnung waren die
Zeugen schon versammelt und alles wartete
auf den Bräutigam. Dieser erschien aber
nicht, sondern sandte durch einen Dienst
mann folgenden Brief: „Liebe Auguste!
Ich kann leider nicht zur Trauung kommen
weil ich keinen Anzug habe. Ich hatte
mir einen bei einem Schneidermeister be-
'l'/hn heute haben wollte,
gab rhn ohne sofortige Bezahlung nicht
" ich kein Geld hatte, bekam
heraus. Da
TrauuÄ -Ä? weswegen die
slöer Alles"!? ^"finden kann. Wenn ich
ich heàe * e ^ Iett '°ll, ist es besser,
Überhaupt nicht." Der Mann
’ ^rathen und hat noch nicht das
m ö"m Allernöthigsten. Wie will der
êv und Kind ernähren? Weshalb denn
früher heirathen, als bis man das Nöthigste
zum Dasein, wie auch Sparsamkeit erwor
ben hat?
Breslau, 8. Okt. Die Grenzsperre
bei Myslowitz ist gestern aufgehoben
worden. Auch der Grenzübergang aus
Oesterreich wurde gestern für den Verkehr
wieder geöffnet.
Beutheu i. Ober-Schl., 9. Okt. Das
Schwurgericht verurtheilte wegen eines
Krawalles in Antonienhütte, bei dem es
unter Arbeitern zu Landfriedensbruch und
Auflauf gekommen war, die Angeklagten
Brizlik zu 2, Modzik, Maluschek und
Nickel zu je V/ 2 , Oolatzek zu je 1'/.,
Schmottemeyer, Jatta, Jung, Bartochek,
Schwarz und Roszczyk zu je 1 Jahr Ge-
fängniß, Frau Jung und Kalisch zu je
9 Monaten, Bukop Soerada, Wiencek,
Waletzki, Frau Rontek, Wawotzny, Czasolik
und Passon zu je 1 Monat Gefängniß.
31 Angeklagte wurden freigesprochen.
Einer Deputation von Volks-
s ch u l l e h r e r n aus Elbing die sich über
die dort besonders ungünstigen Besoldungs-
Verhältnisse beklagte, hat unlängst der Cultus-
minister thunlichste Berücksichtigung zugesagt.
Bon Interesse sind in seinen Ausführungen
einige Darlegungen allgemeiner Natur über
die Volksschule und die Lehrerbesoldung,
die nach der „Nordd. Allg. Ztg." folgenden
Inhalt hatte:
Die Wirkung des Gesetzes von 1887
hinderten den Minister daran, für die Lehrer
mehr zu erreichen; deshalb sei im vorigen
Jahre die Aufhebung dieses Gesetzes ver
sucht worden. Man habe wohl daran ge
dacht, die Schule zu verstaatlichen, doch
habe es auch sein Gutes, wenn die Ge-
meinden an der Schule ein Interesse haben,
und er würde dieses Interesse gern heben.
Er freue sich, wenn einzelne Gemeinden bei
den Leistungen für Schulzwecke über das
hinausgehen, was die Regierung als Aller-
nothwendigstes wünscht. Die Komunal-
steuerreform würde ja einzelnen Gemeinden
recht bedeutende Mittel zufließen lassen,
und es sei eine neue Vertheilung der
Staatszuschüsse nach der Leistungsfähigkeit
der Gemeinden ohnehin schon früher in
Aussicht genommen. Eine gesetzliche
Regelung der Lehrerbesoldung solle ver
sucht werden, ob sie jedoch möglich werde,
erscheine zur Zeit noch zweifelhaft.
Frankfurt a. M., 8. Okt. Die Unter-
schlagungs-Affaire des Haupt-Stadtkassirers
Fischer nimmt noch immer das stärkste In-
tereffe auch in den breiteren Schichten der
hiesigen Bevölkerung in Anspruch. Fast
jeder Tag bringt neues Beweismaterial
für das kaum glaubliche Maaß von Ber-
trauensseligkeit, welches das „Prinzip des
Vertrauens" gezeitigt hat. In einer Groß
stadt, wie Frankfurt, deren Umsatz mit der
„Frankfurter Bank" etwa 12 Millionen
Mark umfaßt, sind sämmtliche an vas
städtischeRechnungsamt gerichteten Briefschaf,
ten bei einem der Wächter des Römer
abgegeben, von diesem gelegentlich an
den Hauptkassirer Fischer abgeliefert und
von demselben geöffnet wurden. Die Frage
der Haftbarkeit für den wahrscheinlichen
Fall, daß der Fischer'sche Nachlaß zur
Deckung der unterschlagenen Summe nicht
hinreicht, ist noch eine offene und nur von
Juristen zu entscheiden. Wie ich indeß
höre, würden wohl die beiden Stadträthe
Dr. Varrentrapp und Horkheimer einzu
treten haben, da ein Regreß an die „Frank
furter Bank" ausgeschlossen erscheint. Die
Erregung^ über diese Zustände in einer
großstädtischen Verwaltung ist eine um so
nachhaltigere, als dies in kurzer Zeit die
dritte Unterschlagung ist, von
welcher die städtische Verwaltung betroffen
wurde. Dem Fall des Tiefbaubeamten
Leber, der demnächst wohl zur Aburthei-
lung gelangt, ist nämlich inzwischen eine
Unterschlagung von etwa 17,000 Mark
beim städtischen Pfandamt gefolgt, und jetzt
der „Fall Fischer". Gegenüber diesem
reichen Agitationsmaterial der sozialdemo
kratischen Bewerber um Stadtverordneten-
Mandate dürfte es den bürgerlichen Par
teien nicht leicht werden, den Ansturm der
Arbeiterparteien mit gleichem Erfolg zurück
zuweisen, wie das noch zuletzt im Jahre
1882 geschehen ist.
Meinz, 8. Okt. Mit Rücksicht auf die
in der nächsten Zeit zu erwartenden Ber-
Handlungen zwischen den Regierungen
Deutschlands und den Bereinigten Staaten
von Nordamerika über Fragen sauf handels
politischem Gebiet, will sich die Handels-
kammer Mainz mit dem Antrag an die
maßgebenden Behörden wenden, daß in
Bezug auf die Versendung von Weinproben
nach Amerika eine Aenderung der bestehen
den Vorschriften dahingehend herbeigeführt
werde, daß die Versendung auch im Post
verkehr zugelassen und der Qualilät ent
sprechend erhoben wird.
Sommerfeld i. Lausitz, 4. Oktbr. Ein
19jähriger Oberprimaner, der Sohn
eines hiesigen Fabrikbesitzers, erschoß sich
gestern Morgen im hiesigen Hotel zum
deutschen Hause. Der begabte junge Mensch
hatte sich einige Versehen auf der Schule
zu Schulden kommen lassen, die elterliche
Wohnung gemieden, und sich im hiesigen
Hotel einlogirt, woselbst er die unheilvolle
That vollbrachte.
Dem Musikdirector Rich. Sah la in
Bückeburg ist durch die Concertdirection
Wolff in Berlin die Stellung als Leiter
der Concerte und als erster Violinprofessor
am Conservatorium in Cincinnati mit ei-
nem Jahresgehalte von 7000 Dollars (ca.
29 000 Jl) angeboten worden. Herr Sah-
ļ" Entschließung über Annahme
oder Ablehnung des Anerbietens von den
ihm noch nicht bekannt gegebenen näheren
Umstanden abhängig gemacht.
Friedrichsruh, 9. Okt. Fürst Bis-
marck wird in diesem Jahre früher als
gewöhnlich nach Friedrichsruh zurückkehren.
Wenn nicht noch andere Bestimmungen ge
troffen werden, erwartet man ihn hier
wieder gegen Ende dieses Monats.