Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 2)

ķ» Gŗsche'cnt tägLìch. --Z- 
Aeitrstrs und geleseustrs Klatt im Kreist Rendsburg. 
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87stee Jahrgang. ^ 
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Wo. 235. 
Sonnabend, den 6^ Hctober 
1894. 
Morgen- Depeschen. 
Berlin, 6. Okt. Die deutsche Tabaks 
zeitung bringt Mittheilungen über die 
künftige Bemessung der Steuersätze für 
Cigarren und Rauchtabacke. Die gemachten 
Angaben sind, dem Vernehmen „Post" zu 
folge, unrichtig. 
Köln, 6. Okt. Ein Petersburger Tele 
gramm der „Köln. Ztg." meldet, bereits 
seit 4 Tagen fehle jegliche amtliche Nach 
richt über das Befinden des Zaren. Keine 
Zeitung dürfe irgend eine eigene Mit- 
theilung über den Kaiser bringen, son- 
dern solche nur wörtlich dem Regierungs^ 
blatte nachdrucken. Selbst jedes Beileids 
wort als Zusatz sei verboten. Dieses 
gänzliche Schweigen leiste den zahlreichen 
die Residenz durchlaufenden Gerüchten arg 
Vorschub und lasse die Schlußfolgerung 
laut werden, das Befinden des Zaren sei 
nicht befriedigend, denn eine eingetretene 
Besserung würde der offizielle Telegraph 
sicher gemeldet haben. 
Kastei, 6. Okt. Der Waldessaum hinter 
dem Dorfe Kirchditmold war heute früh 
gegen 6'/2,Uhr der Schauplatz einer Lie b es- 
Tragödie. Arbeiter, die dort in der 
Nähe aus dem Felde arbeiteten, hörten um 
die angegebene Zeit Hilferufe und Angst 
gestöhn. Als sie der Richtung des Schalles 
nachgingen, fanden sie einen jungen Mann 
und ein Mädchen, beide in ihrem Blute 
Das Mädchen, die 17jährige einzige Tochter 
eines hiesigen Kaufmanns, lvar bereits 
todt, eine Revolverkugel hatte ihr das 
Herz durchbohrt. Der junge Mann, der 
1-?jährige Sohn eines hiesigen Viktualien 
Händlers, hatte sich in die Brust geschossen 
und darauf die Hilferufe ausgestoßen. Er 
wurde nach dem Krankenhaus vom „Rothen 
Kreuz" gebracht; an seinem Aufkommen 
wird gezweifelt. 
Linz, 5. Oktbr. Gestern brach bei der 
von der Wolfsegg - Trauenthaler Kohlen 
bergwerksgesellschaft unternommenen Tief 
bohrung auf Gas infolge des massenhaft 
ausströmenden Gases ein großes Feuer 
aus. Alle Gebäulichkeiten wurden zerstört 
nur das Bohrloch blieb intakt. 
Paris, 5. Okt. „Matin" berichtet, daß 
der englische Gesandte in Peking russische 
Intriguen entdeckt habe. Rußland soll der 
chinesischen Regierung seinen Schutz gegen 
die Japaner unter der Bedingung ange 
boten haben, daß ihm die Erlaubniß zu 
Theil wird, mehrere koreanische Häfen be 
setzen zu dürfen, wo dann russische See 
stationen errichtet werden sollen. Enc land 
werde diese Störung des Gleichgewichts 
jedoch nicht dulden können. 
Paris, 6. Okt. Der Anarchist Devore 
welcher kürzlich einen hiesigen Bankdirektor 
aufgefordert hatte, an einer bestinimten 
Stelle 10 000 Frcs. zu hinterlegen, andern- 
ulls sein Haus mittelst Dynamit in die 
Luft gespengt werden würde, ist heute zu 
2 Jahren Gefängniß und 150 Franken 
Geldbuße verurtheilt worden. 
Paris, 6. Okt. Ein Priester der Diözöse 
Marseille hat an Emile Zola ein öffent 
liches Schreiben gerichtet, worin er sich 
verpflichtet, an den Romancier 20,000 Frcs. 
zu zahlen, wenn er ihm vor einem Ans 
chuß aus Mitglielern der Akademie be 
weisen könne, daß das, was Zola über 
die Jugend Bernadotte's in seinem neuen 
Roman „Lourdes" geschrieben, historisch 
ei oder aus authentischen Dokumenten 
hervorgehe. 
London, 6. Ok. Auch im kaiserlichen 
Palast in Peking sollen ernsthafte Un 
ruhen entstanden sein; viele Europäer haben 
ich nach Tientsin begeben. 
Leeds, 6. Okt. Als das Herzogs 
oaar von Aork heute durch die Stadt 
mhr, um der Eröffnung des Erweiterungs 
laues im Aorkshire-College beizuwohnen, 
'kürzte ein Irrsinniger aufgeregt auf den 
Wagen und öffnete den Wagenschlag. Ein 
Ulan sprengte heran und hinderte den 
Geisteskranken daran, den Wagen zu be 
treten. Der Irrsinnige wurde verhaftet. 
Belgrad, 6. Okt. Der Aufenthalt des 
nigs Alexander von Serbien 
in Deutschland wird, wie die „Frks. Ztg." 
aus Belgrad erfährt, um einige Tage ver- 
längert werden. Der König soll am Bei' 
liner Hofe Gelegenheit erhalten, eine 
Prinzessin aus einem süddeutschen Fürsten 
hause persönlich kennen zu lernen. Es 
sei höchst wahrscheinlich, daß eine Bei' 
jobung zu Stande komme; sowohl König 
Milan wie die serbische Regiegung seien 
sehr für eine baldige Verheirathung des 
Königs Alexander. 
neue KmmMgckWsch. 
(Schluß.) 
B i er-Ste uer. Es wird vorgeschlagen 
pro Hektoliter von Auswärts cinge- 
führten Bieres 0,65 JL Steuer zu erheben 
Vom hiesig en Bier, d. h. von dem hier 
im Orte gebrauten, sind 50 Prozent der 
staatlichen Braumalzsteuer zu zahlen. Die 
Steuer für das von hier ausgeführte, also 
hier im Orte nicht zum Consum gelangte 
Bier muß zurückerstattet werden. Eine 
Steuer auf Wein zu legen, ist nicht mög 
lich, das darf nach dem Gesetze nur in den 
log. Weinländern geschehen. Die Erhebung 
der Biersteuer ist einfach. Mit Hülfe der 
Angaben der Bahnstationen wird alles 
mit der Bahn eingehende Bier leicht fest 
gestellt. Außerdem werden Importeure 
von Bier verpflichtet, ihre eingeführten 
Biere anzumelden und die Steuer zu hinter 
legen, so ist das pr. Wagen eingeführte 
Bier leicht zu besteuern. Bezüglich des 
hier gebrauten Bieres ist aus den Büchern 
festzustellen, wie viel Braumalzsteuer an 
den Staat gezahlt ist, die Hälfte davon 
wäre an die Kommune zu leisten. Die 
Brauereien haben dann selbst ein Interesse 
daran, nachzuweisen, wie viel Bier sie ex-' 
portirt haben, da sie dafür die gezahlte 
Kommunal-Bier-Steuer zurückerhalten. Es 
ist von der Kommission veranschlagt, daß 
die Bier-Steuer in Neumünster jährlich 
etwa 15 000 einbringen wird, viel' 
leicht noch mehr. Eine wesentliche Bei' 
theuerung des einzelnen Glases Bier wird 
das nicht sein, bei auswärtigem Bier ja 
nur ungefähr 2 / 3 Pf. pr. Liter. — Ueber 
die Biersteuer entspann sich in den Neu' 
inünster'schen Stadtkollegien eine ausge- 
dehnte Debatte. Stadtv. Struck erhob in 
längerer Ausführung eine Reihe von Be 
denken gegen dieselbe. Die Brauereien 
würden die Steuer auf die Wirthe über- 
wälzen. Diese hätten dann drei Steuern 
für ihr Geschäft zu zahlen, nämlich Ge 
werbe-, Betriebs-, und Bier-Steuer. Viele 
Wirthe könnten dies nicht leisten. Es 
wäre auch nicht berechtigt, die Wirthe mit 
dieser Steuer zu belegen, denn diese könnten 
sie nicht wieder auf die Gäste abwälzen, 
da wir es nicht gewöhnt sind, mit Pfg 
zu rechnen und etwa ein Glas mit 16 Pf. 
zu bezahlen. So hoch ist die Steuer aber 
nicht, daß die Wirthe mit dem Preise eines 
Glases Bier von 15 auf 20 Pf. berechtig' 
ter Weise gehen könnten. Er spreche 
wirklich im Namen der Wirthe, für diese 
sei es eine Frage von großer Bedeutung 
und könne er es nicht für wohlgethan 
halten, die Bier-Steuer hier einzuführen 
Man möge doch überlegen, ob sie eine ge' 
eignete Steuer sei, denn sie belaste ein- 
seitig ein Gewerbe. Auch die Kontrolle 
halte er für sehr schwierig. — Stadtv 
WestphaleII glaubt, in ganz Neumünster 
sei kein Mensch, ver nicht gern statt 15 Pf. 
16 (?) für ein Glas Bier gebe, und dann 
habe der Wirth noch einen halben Pfennig 
mehr am Glas Bier verdient als jetzt. 
Bürgermeister Röer meint, daß die 
Wirthe schon Mittel und wege finden wer- 
den, die Steuer auf das Publikum abzu 
wälzen. Auch werde die Biersteuer nicht 
zur Bedrückung für Wirthe und Brauereien. 
Wenn später nach Beseitigung des Zoll- 
Vereinsvertrages höhere Steuer auf Bier 
noch sollte eingeführt werden können, dann 
werden die Wirthe schon leicht einen Aus 
gleich finden durch Erhöhung der Bier 
preise. — Stadtverord. Struck: Es wird 
mehrfach gesagt, die Wirthe können die 
Steuer auf das Publikum abwälzen. 
Möge man doch diese Wege angeben, möge 
man doch sagen, wie dies zu machen. Die 
Brauereien werden einfach die Steuer dem 
Verkaufspreise zuschlagen, die sind vom 
Stamme „Nimm", die Brauereien werden 
abwälzen, die Wirthe sollen wieder ab 
wälzen, — nun, er glaubt nicht, daß es 
0 wird. Er bittet, den Wirthen nicht die 
dritte Steuer aufzuerlegen. Bedenken Sie 
ich, ehe sie annehmen, viele Städte haben 
eine Biersteuer pure abgelehnt. — Stadtv 
Dr. Barlach ist für die Steuer. Er be 
dauert nur, daß sie nicht höher wird und 
werden kann. Zunächst wird die Biersteuer 
einige Schwierigkeiten verursachen, es wer 
den sich die Leute aber finden, welche die 
Steuer zahlen. Wenn sie drückend wird 
ür Brauereien und Wirthe, dann werden 
ie schon Wege finden, die Steuer abzu 
wälzen. Daß wir uns hier von der 
Pfennigrechnung entwöhnt haben, ist reine 
Großspurigkeit, es wäre ganz gut, wenn 
wir uns an diese Pfennigrechnung gewöhnen, 
unsere Hausfrauen haben dies ganz schön 
gethan. Bezüglich Freilassung des Braun- 
bicres bin ich mit Wiese einverstanden. 
Dasselbe dient zur Löschung des Durstes, 
sonst will uns Kollege Wiese ja nur ein 
Drittel für den Durst zugestehen. 
Stadtv. Wiese tritt auch noch einmal für 
Freilassung des Braunbieres ein. 
Bürgermeister Röer saßt jetzt die Debatte 
dahin zusammen, daß sich von den Rednern 
nur einer gegen die Biersteuer ausgesprochen 
hat. — Stadtverord. Stechet: Aus dem 
Schweigen verschiedener Herren darf nicht 
Zustimmung konstatirt werden ohne Weiteres 
Er wolle erküren, daß er Gegner sei, und 
zwar, weil er grundsätzlicher Gegner von 
indirekter Besteuerung von Konsumartikeln ist 
cl) Jmmobilien-Umsatzsteuer. Von 
keiner Seite sind Bedenken gegen Jmmobi- 
lien-Umsatzsteuer erhoben. In Altona be 
trägt sie '/2 Proz., sie hat dort im letzten 
Jahre 90000 Mk. erbracht. Beabsichtigt 
wird dort, sie auf 1 Prozent zu erhöhen. 
In Hildesheim brachte sie im letzten Jahre 
24 783 Mk., sie beträgt «/,» Proz. Für 
Frankfurt ist eine Umsatzsteuer von IV, 
Prozent festgesetzt, ihr Ergebniß war im 
letzten Jahre 764 653,60 Mark. Die Er- 
hebungsform einer solchen Steuer ist mit 
Hülfe des Amtsgerichts, daß die aufge 
lassenen Grundstücke mittheilt, sehr einfach. 
Die Kommission schlage 1 Proz. vor, das 
werde ungefähr 15000 Mk. Einnahme er 
bringen, für die Käufer wäre die Last nicht 
groß, bei einem Bauplatz von 2000 Mk. 
Werth also nur 20 Mark Steuer. Nach 
kurzer Verhandlung konstatirt der Bürger 
meister, daß diese Steuer allgemeine 
Zustimmung findet. 
Wenn die mitgetheilten Vorschläge für 
Gebühren und indirekte Steuern angenom 
men werden, so ergiebt das nach den vor 
läufigen Schätzungen: Schulgeld 12 000 
Mk., Lustbarkeitssteuer 5000 Mk., Hunde- 
steuer 1500 Mark, Markstandsgelder 500 
Mk., Abfuhrwesen 7000 Mk., Baukonsens- 
Gebühren 1000 Mark, Biersteuer 15 000 
Mk., Jmmobilien-Umsatzsteuer 15 000 Mk., 
das sind'zusammen rund 57000 Mk. (denn 
die für Abfuhrwesen eingesetzte Summe ist 
ein Minusbetrag, es soll nur der städtische 
Zuschuß in der angegebenen Höhe weg- 
'allen.) Wenn nun der diesjährige Haus 
haltungsplan zu Grunde gelegt und dazu 
angenommen wird, daß 9000 Mark mehr 
erforderlich sein werden (für neue Polizei- 
beamten- und Lehrerstellen u. s. w.), wenn 
auch dazu beachtet wird der einmalige Aus 
fall des Ueberschusses der Gasanstalt, der 
in den Betriebsfonds geht, so bleibt für das 
nächste Jahr ein Budget von 345 000 Mk. 
Hiervon ab obige 57000 Mark, bleiben 
durch direkte Steuern zu decken 288000 
Mark. Diese sollen nach dem Vorschlage 
der Kommission durch gleichmäßige Zu 
schläge von 180 Proz. zur Einkommen- 
und zur Realsteuer genommen werden. 
Jetzt werden in Neumünster gezahlt 260 
Prozent Einkommensteuer, da würde also 
eine Ermäßigung von 80 Proz. eintreten. 
Gebäude- und Grundsteuer wird in Neu 
münster 170 Prozent Zuschlag und 100 
Prozent an den Staat gezahlt, also im 
Ganzen 270 Proz. Die staatliche Steuer 
fällt vom 1. April n. I. an weg, also 
Ermäßigung von 90 Proz. bei Erhebung 
von 180 Prozent. Gewerbesteuer ist bis 
jetzt nur an den Staat gezahlt, also 100 
e > Ma« sagt. 
Roman von E. von Wald-Zedtwitz. 
.So sehr auch Cäcilie in der Hoffnung 
lebte daß der feurige junge Mann weder an 
Fräulein von Romhild, noch an deren Mutter 
dachte, sondern sein Herz an Fanny verloren 
hatte, so stand die Möglichkeit eines Irrthums 
in dieser Beziehung wie ein Schreckgespenst 
vor ihr, ein reicher Schwiegersohn, der schließ 
lich seine Schwiegereltern doch nicht in Schulden 
verkommen lassen konnte, war ja das Ziel 
ihres Streb ens. Wer wäre aber dazu geeig 
neter gewesen, als Heinz Königshofen? 
Frau von Schönwolff wußte, daß Letzterer 
morgen zum Besuch des Hofmarschalls nach 
Storckwitz abreisen und dort mit Römhild's 
zusammentreffen würde. Die Gelegenheit zu 
einer erneuten Annäherung war dadurch ge 
geben. Dies mußte verhindert werden. 
„Es würde unS sehr freuen, Sie vor 
Ihrer Abreise noch einmal zum Thee zu 
sehen. Hochachtungsvollst und ergebenst Ihre 
Cäcilie von Schönwolff." So lautete das 
Briefchen, welches Heinz empfing. . 
Zu Cäciliens Leidwesen traf eine Absage 
ein, dagegen versprach er, kurz vor der Ab 
fahrt ihr noch Lebewohl zu sagen. 
Er mußte mit dem Zuge um 1V 2 Ahr 
abreisen, die Gelegenheit, Herrn Königshofen 
vorher ein Frühstück vorzusetzten, war somit 
geboten. Cäcilie bereitete am nächsten Tage 
Alles vor und sie überflog eben den bedeckten 
Tisch, als sich Herr Königshofen melden ließ. 
„Sehr freundlich, daß Sie sich noch einmal 
hierher bemühen." damit ging ihm Frau von 
Schönwolff entgegen. 
„Bitte sehr, gnädige Frau! Ich wollte mir 
das Vergnügen nicht versagen, um so mehr, 
da ich vielleicht von Storckwitz aus auf einige 
Zeit verreisen werde. 
„So, so! Und werden Sie längere Zeit 
'ern bleiben ? Jetzt gerade, wo die Geselligkeit 
so lebhaft zu werden beginnt? Unsere jungen 
Damen werden das sehr bedauern; Sie haben 
doch keine unangenehme Veranlassung?" 
„Im Gegentheil, gnädige Frau, ich bin 
auf der Suche nach einem Gut." 
„Ei! Das ist ja ganz charmant." 
„Es ist immer ein sehr wichtiger Schritt." 
„Sie nehmen einen kleinen Imbiß, lieber 
Herr Königshofen, vor der Reise ist das ja 
ganz angebracht!" 
Sütig, gnädige Frau." 
feilte reichte ihm den Arni und führte 
ihn m das anstoßende Speisezimmer. 
„Bitte nehmen Sie Platz, Sic müssen 
aber mit meiner Gesellschaft allein fürlieb 
nehmen- Meine Tochter ist in der Malstunde 
und mein Mann m der Probe; es wird ein 
neues Stück eingeübt, welches, ist noch Ge 
heimniß. Bitte, langen Sie zu." 
Es dauerte nicht lange, so überbrachte der 
Diener eine Zeitung. 
„Herr Baron de Bendrecourt lassen sich 
zu Gnaden empfehlen." 
Cäcilie griff mit zitternder Hand nach dem 
nur ihr bekannten Merancr Kuranzeiger, ihr 
Athem stockte, denn der Augenblick war ge 
kommen, wo sie das Gift der Vcrläumdung 
in Königshofen's Ohr träufeln und somit der 
entscheidende Schlag fallen sollte. 
„Sic entschuldigen mich einen Moment, 
ich "will nur einen Blick hineinwerfen; es 
interessirt nnch nämlich, zu erfahren, ob wir 
früher einmal mit einem Grafen Brand- 
Burghagcn zusammen in Meran waren. Eine 
Schwester von mir hat neulich seine Be 
kanntschaft gemacht, wobei er sich auf unser 
damaliges Zusammensein berufen hat." 
„Bitte sehr, gnädige Frau." 
Cäcilie entfaltete das Blatt und begann 
zu lesen. 
„Richtig, da steht er — und — 0, das 
wird Sie interessircn; hier finde ich auch den 
Namen Römhild und darunter den Ihres 
verstorbenen Vaters." 
„Meines Vaters? Wirklich?" entfuhr es 
Heinz. 
„Bitte, wollen Sie lesen?" Sic reichte 
ihm das Blatt über den Tisch. 
„Wahrhaftig -!" 
Es entstand eine lauge Pause, während 
welcher Königshofen wie festgebannt auf die 
Buchstaben starrte. Und Frau von Römhild 
wollte ihn nicht gekannt haben. So sehr er 
sich auch früher bemüht hatte, Umstände 
hcrvorzusuchen, welche dieses Nichtkennen be 
greiflich machten, so stiegen jetzt, wo er die 
Namen so unmittelbar untereinander gedruckt 
sah, doch leise Zweifel an Bertha's Wahrheits 
liebe in ihm auf. Cäcilie las ihm jeden 
seiner Gedanken von der Stirne ab, und 
ihre Hoffnungen stiegen thurmhoch. Da siel 
Heinzens Blick auf den Artikel der anderen 
Seite des Blattes, und auch hier leuchtete 
ihm der Name Römhild und der seines 
Vaters entgegen. Sein Blick ruhte wie fest 
gebannt darauf. Die Buchstaben flimmerten 
vor seinen Angen, den Teller von sich schiebend, 
vergessend, wo er war, las und las er weiter, 
bis er zu Ende war. Er glich einer Leiche, 
da war ein Geheimniß begraben, Bertha 
verschwieg mit Willen die Bekanntschaft. 
Aber weshalb, weshalb nur? 
Jetzt lag das vcrhangnißvolle Blatt auf 
dem Tisch und Heinz fuhr wie aus einem 
tiefen Traum empor. Was hatte er nur 
gelesen? Wo befand er sich? War die Frau, 
die ihm gegenübersaß, die Frau von Schön 
wolff? War er cs denn selbst? 
„Es wird Zeit — ich — ich muß zur 
Bahn." Er sprach, als ob er im Schlafe 
wandelte; er erhob sich und seine Hand tastete 
unwillkürlich nach dcni verhängnißvvllen 
Papier. 
„Bitte, Hc'r Königshofen, wenn es Sie 
interessirt, so behalten Sic es," sagte Cäcilie 
anscheinend vollständig unbefangen. 
„Ich danke — ich danke sehr, gnädige 
Frau," er schob das Blatt in seine Tasche, 
suchte nach seinem Hut und taumelte, ohne 
Abschied zu nehmen, zur Thür hinaus. 
„Ha — ha — ha — ha — der Pfeil 
hat in's Herz getroffen." 
Das Gesicht Cäciliens glich dcni eines 
Teufels, der eine arme Seele in's Verderben 
gerissen. 
24. Kapitel. 
Wirren Sinnes hatte sich Heinz nach dem 
Bahnhof begeben; es schien ihm unbegreiflich, 
daß er sich bis hierher geschleppt hatte; wie 
war es nur möglich, daß er noch soviel 
Ueberlegung besaß, um eine Fahrkarte zu 
fordern? Und nun fuhr er wirklich dahin, das 
Dampfroß stampfte die Schienen, jeder Schlag 
dröhnte in seinem gequälten Hirn wieder. 
„O, mein Gott!" Heinz durchflog noch 
einmal die gedruckten Zeilen, ihm war es, 
als wenn ihm aus ihnen schreckliche Fragen 
entgcgenstarrteu. Man wußte in der Gesell 
schaft etwas über Bertha, das stand fest, die 
gänzliche Veränderung derselben ihr gegenüber, 
die Absagen — Alles — Alles trat jetzt 
vor seine gcängstigtc Seele. Was wußte 
man? Was sagte man? O, wer ihm dies 
verrathen hätte! 
Nach und nach wurde sein Denken ruhiger; 
mit diesem Blatte in der Hand wollte er 
der Frau von Römhild gegenübcrtreten und 
sie offen fragen. Sie würde dann das ver-- 
hängnißvolle Schweigen brechen, es würde 
sich Alles klären, aus ihrer Hand würde er 
seine süße Ellinor empfangen und bic Zu 
kunft würde dann einem Rosengarten gleichen, 
wo es blühte, wo es grünte, wo jede einzelne 
Knospe namenloses, nie endcnwollendes Glück 
bedeutete. 
„Ja, so soll, so muß cs sein," rief Heinz 
und näherte sich nun beruhigten Herzens der 
Bahnstation, wo ihn der Wagen erwartete, 
welcher ihn nach Storckwitz bringen sollte. 
Frau von Römhild mit Ellinor sollten erst 
am Morgen, kurz vor Aufbruch der Jagd 
anlangen. Hartwig hatte, angeblich weil er 
nicht Jäger wäre, die Einladung des Hof- 
inarschalls abgesagt, im Grunde genommen 
aber nur, weil er befürchtete, dadurch die 
langersehnte Unterredung mit Herrn von Ehlarn 
noch hinausschieben zu müssen. Eben fuhr 
Heinz in den Hof des Schlosses ein, der ihn 
erwartende Diener sprang herbei und öffnete 
den Schlag. 
„Se. Excellenz sind durch die Felder ^ge 
gangen, haben aber hinterlassen, daß Herr 
Königshofen sich hinauf bemühen möchten. 
Der Herr beziehen dasselbe Zimmer, wie 
früher und im kleinen Speiscsaal steht das 
Frühstück." 
„Ich danke," entgcgnete Heinz, „haben Sie 
die Güte, meine Sachen hinauf zu besorgen, 
ich werde so lange einen Gang durch dm 
bas Wetter ist in so schön."
	        
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