Aendsburger Wochenblatt.
Uso« 22N
Sonnabend, den 29. September.
1§94.
Die drohende Ueberfischmig der
Nordsee.
Die Frage, ob bei der gegenlvärtigen
Betriebsart der H o ch s e c f i s ch c r e i die
Ausbeute des Meeres an Fischen in dem
selben Verhältniß steigen werde, als Kapital
für die Erbauung von Fischdampfern ver
wandt wird, oder ob nicht durch das
Schleppnetz die sonst unerschöpflichen
Fischgrllnde der Nordsee derart dezimirt
werden, daß sich in absehbarer Zeit ein
Rückschlag in den reichen Fangergebnissen
einstellen werde, ist Gegenstand einer Unter
suchung des Direktors der biologischen
Anstalt auf Helgoland, des Prof. Dr.
H e i n ck e, geworden und die Ergebnisse
dieser Untersuchung verdienen eine allge
meine Beachtung.
Es gilt als begründet, daß die Gefahr
der Verminderung und des allmählichen
Verfalls der Fischbestände der Nordsee bei
dein jetzigen Betrieb droht, daß also nach
irgend einer Richtung hin Maßregeln er
griffen werden müssen, um dieser Gefahr
vorzubeugen. Die Konferenz erklärte sogar,
daß die ersten Zeichen beginnenden
Verfalls der F i s ch b e st ä n d e der
Nordsee bereits zu erkennen seien.
Die Hauptsache der Ueberfischnng sieht
man zunächst in dem jetzigen Shstem der
Grundnetzfischerei, durch deren
Ausdehnung und Verbesserung zwar eine
äußerst bequeme Methode für den Massen-
fang geschaffen worden ist, die aber auch
eine große Gefahr für die Beständigkeit
der Ausbeute in sich birgt. So hat der
Direktor von zwei der größten Fischereige-
sellschasten zu Grimsby darauf aufnieksam
gemacht, daß, obgleich die Zahl und grüße
der Fischfahrzeuge bedeutend vermehrt
wurde, die Masse der in England aus der
Nordsee eingebrachten Seefische die gleiche
geblieben ist, sodaß die Ergiebigkeit der
Fischbestände außerordentlich eingebüßt
haben muß. Wichtiger noch ist das
Kleinerwerden der Fische, namentlich der
Plattfische (Schollen Seezungen), die noch
vor 10 und 20 Jahren ans vielen Gründen
der Nordsee in ganz erheblich größerer Ge
stalt gefangen worden. Den Grund dafür
sieht Heincke darin, daß die Befischung der
Nordsee zur Zeit so groß ist, daß dem
einzelnen Fisch nicht mehr die Zeit gelassen
wird, zu seiner natürlichen Größe heran
zuwachsen. Für die Nordsee ist aber ein
gewisser eiserner Bestand von großen, hin
reichend fortpflanzungsfähigen Fischen ein
Kapital, das nicht angegriffen werden sollte.
Die Hauptschuld, daß es doch geschieht,
hat das große Grundschleppnetz oder Trawl
genannt. Durch das Grundnetz wird zwar
nicht der Laich und die ganze junge Brut
vernichtet, da beide sich schwimmend im
freien oberflächlichen Wasser aufhalten,
wohl aber geschieht dadurch eine maßlose
Vernichtung der Jungfische, d. h. solcher
Fische, die im Begriff sind, zur Geschlechts
reife heranzuwachsen,, aber noch zu klein
sind, um als Nahrung Werth für den
Menschen zu haben. Solche nntcrmäßigen
Fische werden alljährlich zu Milliarden in
der Nordsee gefangen und zum allergrößten
Theil vernichtet. Heincke gibt dafür einige
schlagende Beweise. Ein deutscher Fisch
dampfer fing im Herbst 1892 in 14 Trawl-
zügen rund 1950 Pfund brauchbare und
3750 unbrauchbare Schollen und, andere
Fische. Der Fischereidirektor Jeffs niacht
folgende Schätzung:
Im April 1893 wurden von englischen
Trawlern ca. 14,000 Tonnen Jungfische
gefangen und in England an den Markt
gebracht. 800 Fische auf den Centner ge-
rechnet, ergibt das 224 Millionen kleine
Fische in einem Monat. Der Verkaufs
preis betrug durchschnittlich 5 Mark für
den Centner, im Ganzen rund 1,500,000 Ji.
Würde diesen Fischen Zeit gelassen
werden, um zu einer wirklich gebrauchs
fähigen Größe heranzuwachsen, so würden
sie ein Gewicht von 112,000 Tonnen und
einen Verkaufswerth von rund 35280000.//
erreicht haben. — Nach den von der eng
lischen Parlaments-Kommission angestellten
Erhebungen wurden auf dem Londoner
Fischmarkt zu Billingsgate in den letzten
10 Jahren 721 Tonnen — 14,420 Cent,
untermäßige Fische polizeilich vernichtet,
da sie nicht nur unverkäuflich waren,
sondern auch von den Armen verschmäht
wurden. Das macht für jeden Tag fast
4 Centner.
Fischgründe, die besonders reich an Jung
fischen sind, z. B. im östlichen Theile der
Nordsee, sind oft mit faulenden Fischleichen
bedeckt und mancher Trawlzug bringt Körbe
voll todter Fische an Bord, die ein anderes
Fahrzeug als unbrauchbar über Bord ge
worfen hat. Unter diesen Umständen ist
es erklärlich, daß der für unerschöpflich
geltende Reichthum des Meeres nachzulassen
beginnt und daß es geboten erscheint, eine
rationellere Art und Weise der Ausbeutung
in Betracht zu ziehen und geivisse Schon
maßregeln einzuführen, die eine Ueber-
fischung zu verhüten im Stande sind,
so lange es noch Zeit ist. Es ist dringend
nothivendig, daß bald etwas geschieht. !
Vermischtes.
— Wie Fürst Bismarck russisch
lernte, erfahren wir aus Erinnerungen,
welche sein russischer Sprachlehrer
in Petersburg in der deutschen „St. Peters
burger Ztg." veröffentlicht. Fürst Bismarck
war bekanntlich Anfang der sechziger Jahre
Botschafter in St. Petersburg. Zu dem
Lehrer, ivelcher ihm empfohlen wurde,
äußerte Fürst Bismarck: „Ich habe mich
entschlossen, mit Ihrer schönen Sprache be-
kannt zu werden; ich weiß wohl, daß sie
einem Ausländer Schivierigkeiten bietet,
besonders die Aussprache; ich habe mich
aber entschlossen, allmählig die Dolmetscher,
die alles Horen und sehen, was man thut,
loszuwerden: ich bin ihrer höchst über-
drüssig geworden." Der Lehrer erzählt
dann: „Bismarck hat bei mir zwei Mal
wöchentlich, am Dienstag und Freitag, um
10 Uhr Morgens, Unterricht genommen.
Als ich zur besprochenen Zeit bei ihm er-
schien, trat er aus dem Eßzimmer, eine
Cigarre rauchend, in demselben Schlafrock
und mit dem Käppchen anst dem Kopfe,
welches ihm ein jüngeres und zugleich auch
energisches, forsches Aussehen gab, gleich
einem Kämpfer, der sich zu schützen weiß.
Er begrüßte mich freundlich, und über
reichte mir, indem er mir die Hand reichte,
mit der anderen Hand eine Cigarre. . . .
Bismarck hatte ein ausgezeichnetes Gedächt
niß. Wenn er beim Lesen auf ein Wort
stieß, bei dem es schwer fiel, es richtig ins
Deutsche zu übersetzen, so erinnerte er sich
der Seite, auf welcher dasselbe Wort vor-
gekomnien, und fand es wirklich beim Nach
schlagen an jener Stelle. Außer dem
„Adeligen Nest" dienten als Lektüre „Die
Glocke" von Herzen und „Die Zukunft"
des Fürsten Dolgorukow. Dergleichen da
mals streng verbotene Journale erhielten
die Botschafter censurfrei, ebenso wie aus
ländische Zeitungen und humoristische Blätter.
Mit jeder Stunde vergrößerte sich ansehn
lich Bismarck's Kenntniß der russischen
Sprache, was er nur seinem enormen Ge
dächtniß zu verdanken hatte. In den ersten
vier Monaten sprachen wir bald russisch,
bald deutsch, später aber unterhielten wir
uns nur in der russischen Sprache. Bis
marck nahm den Unterricht sehr pünktlich."
— Die oft gehörtr Behauptung, daß unter
allen Krankheitserschcinungen die des Irr
sinns in unheimlicher Weise von
Iah r z u I a h r m e h r a n U m f a n g
gewinnt, findet in der soeben fertig
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