Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 2)

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-=*> STftev Jahrgang. 
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Blatt „Mode u. Heim" gratis beigegeben. 
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Morgen-Depeschen. 
Berlin, 6. Sept. Zur Enthüllung des 
Denkmals für Kaiser Wilhelm 1. in Königs 
berg i. Pr. war, wie die „Rat. Ztgst 
meldet, auch dem Fürsten Bismarck 
eine Einladung zugegangen, derselbe hat 
aber dankend abgelehnt. 
Posen, 6. Sept. Wie aus Lodz nach 
hier berichtet wird, wurden wegen Nicht- 
besolgung sanitärer Vorschriften, welche 
infolge des Auftretens der Cholera ange 
ordnet sind, achtzehn dortige Hausbesitzer 
zu je 14 Tagen Arrest verurtheilt. 
Marburg, 6. Sept. In Bürgeln ist 
neuerdings eine Person an Cholera asiatica 
erkrankt. Die übrigen Erkrankten befinden 
sich fortgesetzt auf dem Wege der Besserung. 
Eine Baracke wurde heute in Betrieb 
gesetzt. 
München, 6. Sept. Aus Neu-Oetting 
^Bayern) wird gemeldet: Bei dem gestrigen 
Brrgademanöver bei Erlbach wurde der 
Hauptmann von Kreß zu Kressenstein 
vom 16. bayerischen Infanterieregiment 
durch einen scharfen Schuß getödiet. Die 
Untersuchung nach scharfen Patronen in 
der Brigade war resultatlos. 
München, 6. Sept. Einer Meldung 
der „Bundeszeitung" zufolge sind in der 
vergangenen Nacht in Frankenhausen (Nieder 
bayern) die Fenster im Schlafzimmer des 
gegenwärtig zum Manöver dort anwesenden 
Commandeurs, Prinzen Arnulf, einge 
worsen worden. 
Köln, 6. Sept. Der Korrespondent der 
„Köln. Zig." in Sofia bespricht die gegen 
wärtigen Parteiverhältnisse in Bulgarien 
und versichert, daß irgendwo die Gegen 
sätze innerhalb der Regierungspartei, welche 
unvermeidlich auch in der Regierung be- 
stehen müssen, schroffer hervortreten wie in 
Südbulgarien, wo die russenfreundliche 
Svadinistipartei und die Kasionipartei be 
reits den Kampf mit Dolch und Revolver 
ausfechten. Der Wahlkampf dürfte sehr 
stürmisch werden, nachdem zwischen der 
Kasionipartei und der Fraktion Stambulow 
eine Einigung erzielt worden ist. — Der- 
selbe Korrespondent betont, das Verbot des 
Postvertriebes des Pester Lloyds sei, nach- 
dem allen russischen Zeitungen der Vertrieb 
in Bulgarien gestattet und manche den 
Fürsten Ferdinand und die Regierung 
schmähende Artikel keine Maßregelung 
seitens der bulgarischen Regierung erfahren, 
eine in weitesten Kreisen sehr abfällig be 
sprochene Thatsache. 
Prag, 6. Sept. Die Webewaarenfabnk 
von Heinrich Mayer in Königinhof it 
insolvent. Die Passiva belaufen sich au' 
750 000 Gulden. 
London, 6. Sept. In Glasgow wurden 
in voriger Nacht 350 arbeitende Bergleute 
von den Streikenden thätlich angegriffen 
und mit Steinen beivorfen. Ein starkes 
Polizeiaufgebot konnte rechtzeitig einen 
blutigen Zusammenstoß verhindern. 
London, 6. Sept. Auf dem hiesigen 
Hauptpostamte wurden drei Säcke voll ein- 
geschriebener Briefe gestohlen; sie enthielten 
wahrscheinlich bedeutende Werthe, doch ist 
deren Höhe noch nicht festgestellt. Von 
den Thätern fehlt jede Spur. 
Paris, 6. Sept. Die Blätter fordern 
die energische Bestrafung des Divisions- 
chefs des Seine-Departements, Babut, 
welcher in Compuis nach der Verlesung 
des ministeriellen Erlasses, wodurch der 
Direktor Botin seines Amtes entsetzt wurde, 
eine Ansprache an die Zöglinge der Anstalt 
hielt, in welcher der Direktor als ehren 
werther Mann und guter Bürger ge 
feiert ivurde. 
Malaga, 6. Sept. Der Bahnhof von 
Malaga brennt. Man befürchtet, daß das 
Feuer auch die zahlreichen Nebengebäude 
ergreifen werde. 
New-York, 6. Sept. Die Zahl der 
bei den Waldbränden Verunglückten und 
Vermißten wird auf 1500 angegeben. In 
den größeren nordamerikanischen Städten 
werden Sammlungen für die Hinterbliebenen 
der Opfer veranstaltet. Man glaubt, daß 
die Wälder in Brand gesteckt worden sind, 
um den Lagerholzverkauf zu erleichtern. 
Im Staate New-York stehen noch einzelne 
Wälder in Flammen; man befürchtet, daß 
das Feuer die Petroleumquellen erreichen 
wird, doch sind von den Behörden alle 
Vorsichtsmaßregeln getroffen. 
Ausland. 
Außereuropäische Gebiete. 
Ein Sonderling, ein früherer preußischer 
Husaren - Offizier Namens Waethe, jetzt 
ein reicher alter Mann, beabsichtigt in 
Kalifornien eine Kolonie Fructania zu 
gründen und hält sich gegenwärtig im 
Goldstaat auf, um ein für sein Unter 
nehmen geeignetes Stück Land zu suchen 
und zu kaufen. Der wunderliche Sonder- 
ling geht noch viel weiter als die Vegetarier, 
denn seine Anhänger dürfen Früchte und 
Kräuter nur im rohen, ungekochten 
Zustande genießen, nichts als natür 
liches Wasser trinken und müssen in un 
möblirten Lehmhütten wohnen. An Klei 
dung sollen sie nur so viel tragen, daß sie 
nicht gegen Anstand und Gesetz verstoßen, 
also z. B. ckeine Hüte und keine Röcke. 
Wie er versichert, haben sich 12 deutsche 
Adelige und eine Anzahl Bürger- 
licher bereit erklärt, sich ihm anzuschließen, 
mdessen liegt die Vermuthung nahe, daß 
diese Gefolgschaft ganz oder zumeist aus 
Leuten besteht, die auch in Amerika Schiff- 
bruch gelitten haben und nur gezwungen 
in den sauren Apsel beißen, da sie nichts 
anderes mehr anzufangen wissen, 
stzraukreiüi. 
Paris, 5. Septbr. Ein Kellner als 
Vater von sieben aktiven Offizieren 
ist jedenfalls eine Ausnahmeerscheinung. 
Der Mann bedient täglich in einem der 
großen Bierrestaurants des Boulevard in 
Paris noch heute die Gäste und eilt mit 
Biergläsern trotz seiner 60 Jahre so rüstig 
zwischen Ausschankstisch und Terrasse hin 
und her, wie einer der Jüngsten. Als 
Vater von 7 Söhnen ließ er sämmtlich 
eine Jungen in die Armee eintreten, und 
alle brachten es zu mehr oder wenigen 
hohen Offiziersgraden. Sechs seiner Kin 
der sind heute Marineoffiziere und aus 
nahmslos in aktiven Diensten. Der siebente 
iel als Major im vorigen Jahre in Tong- 
king. Drei derselben sind Ritter der Ehren 
legion. 
Italien. 
Der heilige Antonius von 
Padua i st gestohlen worden. 
Der einbalsamirte Leichnam des Heiligen 
wurde aus der Kirche Dell Arcella in 
Padua sammt den reichen Opfergeschenken 
geraubt. Am nächsten Morgen fand man 
die Reliquie mit Laub bedeckt in einem 
benachbarten Walde, jedoch ohne die gold- 
gestickten und mit Perlen benähten Ge 
wänder. Der Klerus und die Bevölkerung 
holten in feierlicher Prozession die Gebeine 
des Heiligen zurück. 
Aus Genua wird von dortigen Blättern 
auf das Bestimmteste gemeldet, daß sich 
Fürst Scipio Borghese mit der Herzo- 
gin Deferrari di Gulliera, die eine Mit 
gift von 30 Millionen Lire besitzt, ver 
loben werde. Die Verlobung soll auf per- 
önliche Intervention Leo Xl!l. erfolgen, 
dem gegenüber sich die Familie Borghese 
verpflichtet hat, ihren Palast in Rom, der 
an die Freimaurer verpachtet ist, von dem 
Pachtverträge zu befreien. 
54) 
Man sagt. 
Roman von E. von Wald-Zcdtwitz. 
„Nun bitte ich um Alles in der Welt" 
ließ sich plötzlich Anna von Ehlarn hören 
indem sie mit Ellmor am Arm zu den Beiden 
herantrat, „da stehen die beiden guten Menschen 
jetzt in diesem wichtigen Moment, wo jedes 
Andern Magen nach Hummer, Lachs und 
frischen Bärcnschinken bellt, und sagen sich 
Schmeicheleien." 
„Wahrhaftig, Sie haben Recht, gnädiges 
Fräulein!" rief Hans lustig. „Auf, zum De 
jeuner 
„Ja, sorgen Sie nur für Plätze, seien Sie 
galant, für Essen und Trinken und natürlich 
auch für ein paar Herren! Ohne diese Luxus- 
gegenstände der Natur ist doch für uns vom 
schwachen Geschlecht kein Vergnügen zu denken!" 
„Darf ich vielleicht dem einen Mangel, 
thcilwcise wenigstens abhelfen? fragte jetzt 
Hartwig von Römhild. 
„Famos! Sie erzählen von Sumatra, aber 
ich bitte, nicht, während wir Hummermajo- 
naise essen, von Spinnen- und Schlaugenfri- 
kassccs zu sprechen." 
„Ich schwöre! Hier ist ja ein Tisch. — 
Meine Damen, nehmen Sie gütigst Platz. 
— Mein Name ist von Römhild." 
„Mohrberg." 
„Sehr angenehm." 
„Schon von mir gehört?" 
„Bedaure — jetzt desto erfreuter." 
„Fanny — ich lasse — gnädiges Fräulein, 
A lasse Sic jetzt unter der Obhut dieser 
Damen." 
Die jungen Mädchen nahmen Platz, mäh 
end sich die beiden Herren zum Büffet durch 
kämpften, um bald mit Tellern, worauf sich 
Fischsalat, Aspics mit warmem Ragout, Wcin- 
gclèc uud Vanillensauce zu einem wunderbaren 
mixtum eowxositum gestalteten, zurückzukehren. 
„L rügen Sie zu, wes ckawes, uud lasten 
Sie uns noch etwas übrig. Wir fliegen, 
um für das Getränk zu sorgen," rief Hans, 
und trat einen erneuten Eroberungszug an. 
„Heda, Heinz — komm — famoser 
Platz — 
--Ich — ich glaube —." 
--Ach, mein werther Herr Königshofen, 
g au cn Sic nicht, sondern folgen Sie uns, 
icüt ’ DÌC im H'mmel fein," drängte 
à v°n Römhild. „Nehmen Sie 
Rotblond»' schnell einmal die Flasche 
Arm w? und' läuft'G? '»ir sonst unter dem 
werden. — So — danket- 
Heinz, das Furchtbarste ahnend blieb nur 
mrn Ìm ï? m Auge- 
Tà, «Ģ .Md G« reS« St; 
verschiedenen Speisen nach Möglichkeit ent 
wirrt hatten. 
Heinz glaubte in die Erde sinken zu müssen 
Ellinor wandte sich ab und Anna von Ehlarn 
verlor im ersten Moment den kecken Muth, 
der sie sonst uieuials verließ. Aber sie faßte 
'ich zuerst. 
„Recht so, Herr Königshofen, auch die 
Kunst muß nach Brot gehen. Setzen Sie 
ich doch. Meine Damen, ich stelle Ihnen 
II diesem jungen Herrn, Herrn Königshofen, 
den zukünftigen Stern unseresHoftheaters vor." 
„Schauspieler wollen Sic werden?" fragte 
Ellinor erstaunt. 
„Ich hege dieHossnung, gnädiges Fräulein," 
cntgcgnete Heinz zaghaft. 
Die Kunst, hundert Jahre alt zu 
werden. Ein Turincr Physiologe, Sig- 
nor Javali, hat eine umfassende Erhebung 
über die Lebensweise aller hundertjährigen 
Italiener veranstaltet. Er sandte an diese 
— es waren 247 Frauen und 133 Männer 
— Fragebogen, von denen er allerdings 
nur 52 zweckdienlich ausgefüllt zurückerhielt. 
Professor Javali hat nun gefunden, daß 
die äußere Konstitution der Menschen auf 
sein voraussichtliches Alter geringen Ein 
fluß hat. Ob Jemand dick oder mager, 
gerade oder gebeugt, kräftig oder schwäch 
lich, ob er gute Zähne hat oder schlechte, 
raucht oder nicht, ob er viel ißt oder 
wenig, die Aussicht, hundert Jahre alt zu 
werden, wird dadurch nicht beeinflußt. Da 
gegen scheint die Ernährungsweise ein 
ausschlaggebender Punkt zu sein. Die 
große Mehrzahl der Hundertjährigen nährt 
sich fast ausschließlich von Pflanzenkost 
und verschmäht das Fleisch entweder ganz 
oder genießt es doch nur äußerst selten. 
Die Nahrung der Befragten pflegte reich 
lich bemessen, oder einfach zubereitet zu 
ein. Spirituöser Getränke, mit Ausnahme 
des Weins, enthielten sie sich völlig. Hin- 
ichtlich der Kleidung läßt sich das Ueber- 
wiegen irgend eines Systemes nicht fest- 
kellen, doch wurde von den Befragten er- 
klärt, daß sie stets Sorge getragen hätten, 
ich warm zu kleiden. 
Griechenland. 
Athen, 5. Sept. Infolge Ausschreitungen 
der Offiziere und Soldaten gegen die Zei 
tung „Akropolis" wurde General Karais- 
kaki von der Regierung zur Disposition 
gestellt und der Platzkommandant von Athen 
bestraft. Unter den Offizieren herrscht 
starke Aufregung. Die Regierung erklärte, 
sie werde die Ordnung energisch aufrecht 
erhalten. 
England. 
London, 5. Sept. Der bekannte Brook- 
lyner Sensationsprediger, Dr. Tal mage, 
hielt letzthin eine Predigt in Sydney,' 
Australien, über die Echtheit der Bibel. 
Im Verlaufe seiner Ansprach erzählte 
Talmage, daß er vor einigen Jahren 
Gladstone in Hawarden besucht und an ihn 
die Frage gerichtet habe: „Nimmt Ihr 
Glaube im Alter ab?" Gladstone erwiderte 
ofort: „Es giebt nur eine Frage in dieser 
Welt, und das ist die, das Evangelium 
Jesu Christi in die Herzen des Volkes zu 
bringen. Ich bin vierzig Jahre mit der 
Regierung des britischen Reiches verbunden 
gewesen und habe sechszig der größten 
Genies unserer Zeit kennen gelernt. Von 
diesen sechszig waren fünfundfünfzig über 
zeugte Gläubige, und die andern fünf achteten 
die Religion hoch. Ohne Zweifel, mein 
Glaube mehrt sich mehr und mehr." 
Oesterreich. 
Budapest, 5. Sept. 1200 Arbeiter der 
Gewehrfabrik stellten die Arbeit 'ein; 
sie fordern eine Erhöhung der Löhne. 
Rumänien. 
Bukarest, 1. Sept. Das gestrige Erd 
beben war sowohl seiner Ausdehnung, als 
auch seiner Intensität nach das größte, 
welches Rumänien in der zweiten Hälfte 
dieses Jahrhunderts überhaupt zu ver 
zeichnen hatte. Die räumliche Ausdehnung 
desselben erstreckte sich über den Südosten, 
der Walachei und den Süden der Moldau. 
Am heftigsten trat es in der Hafenstadt 
Galatz auf, wo die Bewohner um 2 Uhr 
15 Min. durch mehrere rasch aufeinander 
folgende, sehr starke Erdstöße in Angst und 
Schrecken versetzt wurden; mehrere Kirchen 
und Hotels, ferner das Palais der europä 
ischen Donaukommission und einige andere 
öffentliche Gebäude sind arg beschädigt und 
mehrere Privathäuser ganz oder tbeilweise 
vernichtet worden. Auch Menschenleben 
ind dort zu Grunde gegangen, indem eine 
Frau von einer einstürzenden Mauer er- 
chlagen wurde und zwei Kinder von einem 
jerabfallenden Plafond derartig schwer ver- 
letzt worden sind, daß an ihrem Aufkommen 
gezweifelt wird. Im Appellgerichtshofe, 
wo der Prozeß gegen die Urheber der 
letzten Bauernrevolten verhandelt wurde, 
hatte der Staatsanwalt eben seine Anklage 
vollendet, als die Erschütterungen erfolgten. 
Erschrocken fielen die Bauern auf ihre 
Knie nieder, indem sie, sich bekreuzend, das 
Naturereigniß als eine Mahnung des 
Himmels für ihren Ankläger bezeichneten. 
Die Beamten des Hauptpostamtes mußte» 
sich, um nicht von den herabfallenden 
Mauerstücken der Decke erschlagen zu werden, 
ins Freie flüchten, und es dauerte eine ge 
raume Zeit, bis die entsetzt aus den Häusern 
auf die Straße stürzenden Einwohner sich 
wieder in ihre Wohnungen zurückzukehren 
getrauten. In Valeni stürzte eine Mühle 
ein, wobei gleichzeitig ein Brand zum 
Ausbruch kam. 
Inland. 
Königsberg i. Pr., 5. ģSept. Der 
Kaiser und der König von Sachsen 
fuhren heute Vormittag 9 Uhr 40 Min. 
im vierspännigen Wagen mit Spitzreitern 
.Sie scheinen in Ihrem Entschluß schwan 
kend geworden zu sein?" fragte Anna. 
„O nein — 
„Dann stellen Sie sich nur hier mit 
Fräulein von Schönwolff gut, denn eine 
einzige Tochter wickelt stets ihren Vater um 
de» Finger herum." 
„Ach, wenn ich das könnte!" sagte Fanny 
seufzend, Hans Mohrberg mit einem schmach 
tenden Blicke streifend. 
„Ein wenig Wcingclèe, gnädiges Fräulein?" 
fragte Hans glücklich-verlegen. 
„Nicht zuviel Süßes, das verdirbt den 
Magen, etwas kräftige Majonaisc ist viel 
angebrachter," spöttelte Anna, um sich dann, 
einerseits im Gefühle Heinz über seine Ver 
legenheit hinwegzuhelfen, andererseits Herrn 
von Römhild nicht zuviel Entgegenkommen 
zu zeigen, mit vollendeter Liebenswürdigkeit 
init Heinz zu unterhalten, während Hans sich 
jetzt Fanny widmete, so daß Hartwig zum 
größten Theil auf die Unterhaltung mit seiner 
Schwester Ellinor angewiesen war, der Königs 
hofen scheu auswich, obgleich sich seine Angen 
zuweilen zu ihr verloren, wogegen Lieutenant 
Mohrberg ab und zu ein Wort von ihr zu 
erhaschen suchte. 
.. „Wenn ich nachher nur nicht beim Tanzen 
sitzen bleibe," klagte Fanny ihrem Herrn. 
»Rein — nein — auf keinen Fall." 
hätte * îch nur den ersten Tanz besetzt 
kam in die größte Verlegenheit, denn 
clbstredend merkte er den zarten Wink und 
var doch schon mit Fräulein von Römhild 
ür den ersten Walzer versagt. 
„Leider bin ich schon — aber Heinz 
hast Du schon den ersten Walzer vergeben?" 
„Nein." 
„Fräulein von Schönwolff auch nicht." 
Es blieb Herrn Königshofen nur übrig, sie 
dazu aufzufordern. Fanny war zufrieden, 
ärgerte sich doch ein wenig, das Hans sie 
nicht gebeten hatte. 
„Mit wem tanzest Du — tanzen Sie denn? 
„Mit Fräulein von Römhild." 
„Soo?" 
Fanny schob den Teller mit dem Weingclèe 
ärgerlich von sich. 
„Sei mir nur nicht böse — ich wußte ja 
nicht, daß —." 
Böse?" klang es schnippisch von Fanny's 
Lippen. 
Die Thür zu dem sogenannten kleinen 
Speisesaalc, in dem die höchsten Herrschaften 
und die vornehmsten Gäste tafelten, war ge 
öffnet und man konnte, da er höher lag, als 
die übrigen Räume und durch einige Stufen 
mit demselben verbunden war, diese von da 
aus übersehen. 
So entging cs weder der Baronin Rönihild, 
welche gleichfalls zu den Bevorzugten gehörte, 
als auch Frau von Schönwolff nicht, mit 
ivelchen Herren ihre Töchter zusammen saßen 
„Wie hast Du Dich unterhalten, mein 
Kind?" fragte Bertha, nachdem die Tafel 
aufgehoben war. 
„Ich habe meist mit Hartwig gesprochen." 
„So? Und Herr Königshöfen?" 
„Der wollte, als er mich sitzen sah, gar 
nicht an unseren Tisch, aber Hartwig und 
Herr Lieutenant Mohrbcrg haben ihn dazu 
gepreßt." 
„So — so?" 
„Er hat mit mir nicht gesprochen, eigent 
lich nur mit Fräulein von Ehlarn." 
Auf Bertha's Gesicht vollzog sich eine 
ngenthümliche Bewegung, sic ließ den Fächer 
aus rothen Straußfedern auseinander rauschen 
und wehte sich Kühlung zu. — 
„Fanny — ich — ich —." Eben wollte 
Frau von Schönwolff ihrer Tochter eine 
Strafpredigt halten, aber in diesem Augenblick 
nahte der Hofmarschall mit der Baronin Röm 
hild, um die Damen gegenseitig bekannt zu 
machen. 
Ein gehässiger, kalter Zug flog über Cä 
ciliens Gesicht, doch im Umsehen war er ver 
schwunden, um dem Ausdrucke gewinnender 
Freundlichkeit Platz zu machen. 
Seien Sie mir herzlich willkommen, gnä 
dige Frau, wie wunderbar oft der Zufall 
spielt, daß wir uns nach so langer Zeit hier 
tvieder treffen müssen!" 
Bertha ergriff zwar die entgegengestreckte 
Hand, fand aber doch im ersten Augenblick 
kein Wort der Entgegnung, sondern sah Frau 
von Schönwolff nur fragenden Erstaunens an. 
„Sie entsinnen sich meiner nicht mehr? 
Konnte mir's denken, es ist ja auch eine halbe 
Ewigkeit her." 
„Ich muß wirklich so unhöflich sein, Ihre 
Frage zu bejahen,, gnädige Frau, wenn Sie 
nur die Güte hätten, meinem schwachen Ge 
dächtniß ein wenig auf die Spur zu helfen." 
„Es war damals, als Sie mit Ihrem ver- 
torbcnen Herrn Gemahl — ein so lieber — 
lieber Herr — in Meran waren." 
Bertha wurde befangen, was Fran von 
Schönwolff nicht entging. 
„Sooo — ich muß gestehen ." 
„Ich war damals auch zur Kur dort, wir 
ähcn uns an der Table d’hote — u. s. w." 
„Gewiß! jetzt steigt eine Erinnerung in 
nur auf, — aber, verzeihen Sie, gnädige 
Frau, ich habe eben wirklich Ihren Namen 
nicht recht verstanden." 
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