Glasgow, 31. Aug. Auch die schotti
scheu Kohlenarbeiter scheinen einzusehen,
daß die Verhältnisse mächtiger als die
Menschen sind. Offen gestehen die Führer
des Streikes jetzt ein, daß der Ausstand
bedenklich ins Wanken kommt. In vierzig
Gruben wird jetzt die Arbeit schon theib
weise wieder aufgenommen. Eines der
neuen Mitglieder des Exekutiv-Ausschuffes
der schottischen Bergleute, James Tennor,
hat seinen Posten niedergelegt. Er sagt,
er könne es nicht länger mit ansehen, wie
70000 ehrliche Bergleute dem Unverstand
und dem Ehrgeiz geopfert würden. Glad-
stone hat letzter Tage dem Streikkomitee
eine Geldsumme gesandt. Erst hatte er
übrigens bei seinem Wahlagenten, Sir
John Cowan, angefragt, was er thun solle.
In dem Briefe fügte er jedoch eigens hin
zu, daß das Geld für die Suppenküchen
bestimmt sei. Eine Ansicht über den Streik
solle damit nicht ausgedrückt werden.
Aus London meldet der „L.-A." : Vi
comte Aoki begibt sich morgen nach Ber
lin, um einen, dem mit England verein
barten analogen Vertrag mit der deutschen
Regierung über die Abschaffung der
Consular-Gerichtsbarkeit in Japan
abzuschließen.
Bulgarien.
Nach einer der Pol. Korr, aus Sofia
zugehenden Meldung läßt die verwittwete
Gräfin Hartenau die aus russischen
Blättern übernommene Nachricht der dor
tigen Zeitung „Volksfreund", wonach Fürst
Ferdinand Beweise dafür besäße, daß
der frühere bulgarische Ministerpräsident
Stambulow mit ihr (der Gräfin Har
tenau) in Unterhandlungen stand, um ihren
Sohn Arsen zum Fürsten von Bulgarien
zu proklamiren, als absolut erfunden de-
mentiren.
Sofia. Dragan Zankow, dessen
Wiedererscheinen auf der politischen Bild-
fläche den bulgarischen Ministern einige
Kopfschmerzen verursacht, wird jetzt so lange
in Belgrad bleiben, bis die Neuwahlen zur
Sobranje vorüber sind. Da er als einer
der Urheber der Umwälzung vom 9. Aug.
1886, die bekanntlich mit der Vertreibung
des Fürsten Alexander endete, von der
Amnestie ausgeschlossen ist, verweigert ihm
die bulgarische Regierung die Rückkehr nach
Bulgarien und droht, ihn verhaften zu
lassen, wenn er die Grenze überschreitet.
Zankow bestreitet freilich, daß er jemals
das Haupt oder der Urheber einer Ver
schwörung gewesen; indessen scheint er es
doch vorziehen zu wollen, von Belgrad
aus die Aktion seiner Anhänger bei den
Sobranjewahlen zu leiten, als sich Gefahr
auszusetzen, durch seine Verhaftung zu
vollständiger Unthätigkeit gezwungen zu
werden.
Rumänien.
Ein unerhörter Fall von Bewucherung
macht in Bukarest viel von sich sprechen
Herr Caragiale, derzeit dramatischer Schrift-
steller und — Besitzer einer Bierhalle, be
fand sich im Jahre 1875, als er sich noch
ausschließlich mit der Litteratur befaßte,
in sehr mißlichen Verhältnissen. Er
wandte sich damals an einen Wucherer und
entlieh demselben 70 Frcs. In dem
Schuldschein verpflichtete er sich zu 14 Fr
Verzugszinsen pro Tag. Er konnte die
Schuld am Verfallstage nicht begleichen
gab einige Zeit nachher aber dem Wucherer
ohne viel zu verhandeln, 140 Fr. und
glaubte so die Angelegenheit geregelt zu
haben. Doch der Wucherer strengte den
Prozeß an, und Caragiale wurde zur
Zahlung des Capitals und der vereinbarten
Verzugszinsen verurtheilt. Der Dichter
kümmerte sich garnicht um das Urtheil,
ebensowenig ließ der Gläubiger was von
sich hören. Da erschienen nach 19 Jahren
dieser Tage die Gerichtsexecutoren bei
Caragiale und legten dem „N Wiener T
zufolge, auf dessen Hab und Gut Beschlag
auf Grund jenes Urtheils aus dem Jahre
1875. Der Wucherer begehrt nun im
Ganzen die Summe von 160000 Francs
für das Darlehen von 70 Fr. Caragiale
hat dagegen gerichtlichen Einwand erhoben
Italien.
Rom, 31. Aug. König Humbert
soll die Absicht haben, im nächsten Jahre
in Begleitung des Ministerpräsidenten,
Herrn Crispi, Sicilien zu besuchen. Der
König selbst habe die Absicht kundgegeben,
indem er zu einer Dame aus Palermo,
mit welcher er in Ceresole Reale sprach,
sagte: „Wir werden uns bald wieder in
Palermo sehen". Der Prinz von Neapel
wird im November nach der Hauptstadt
Siciliens übersiedeln, wo er bekanntlich
das Commando der dortigen Heeresdivision
übernimmt.
Frankreich.
Paris, 31. Aug. Bis zum 31. Decem
ber 1895 treten nicht weniger als 21
französische Divisionsgenerale zur
Reserve über, 3 noch in diesem Jahre.
Ter französische Generalstab hat seit langer
Zeit keine so große Lücke erhallen. Die
in diesem Jahre abgehenden Generale sind
die Generale Berenger, v. Verdiöre und
Baillod. Auch General v. Gallifet wird
in den nächsten großen Manövern sein
Amt des General-Armeeinspectors jedenfalls
zum letzten Mal versehen, denn er tritt
am 23. Januar 1895 aus dem activen
Dienst. Von den 21 in die Reserve über-
gehenden Generälen gehören 9 der Jnfan
terie, 6 der Cavallerie, 4 der Artillerie,
1 dem Geniecorps und 1 dem Stabe an.
Tvanien
Der Aussatz greift in der span i-
schon Provinz Alicante immer weiter um
sich. Im Dorfe Benidorm sollen zur Zeit
17 Familien mit 82 Personen von der
entsetzlichen Krankheit behaftet sein. In
anderen Küstenortschaften der Provinz sind
die Verhältnisse nicht viel besser.
Belgien.
In Antwerpen verheirathete sich am
letzten Dienstag der soeben vom Kongo
zurückgekehrte Dr. Dupont mit Fräulein
Julia Wouvermanns. Die Neuvermählten
beabsichtigen die Reise nach dem Kongo
als Hochzeitsreise zu machen.
Oesterreich.
Ueber einen flüchtigen Fesselballon
wird aus Wien gemeldet: Aus der Felix-
dörfer Heide bei Wien, auf der militärische
Uebungen abgehalten werden, riß sich
Donnerstag - Nackmittag der Fesselballon,
in dem Oberstleutnant Dworzak saß, los
und verschwand in denLüften. Oberstleutnant
Dworzak landete mit dem Fesselballon nach
mittags im Walde bei der Poststation Zu-
banje an der Save, nachem er eine ziemliche
Strecke mit dem Korbe geschleift worden
war. Die Luftlinie Wien—Zubanje be
trägt ungefähr 420 Kilometer.
Ueber die Verhaftung eines von den
deutschen Behörden seit längerer Zeit ge
suchten Hochstaplers, die in Graz auf
Requisition der Münchener Polizei erfolgt
ist. erhält das „Berl. T." folgende Mit-
theihung: Die Verhaftung Anton v. Koppen-
heier's erregt das größte Aufsehen. Koppen-
heier stand in nahen Beziehungen zum
Salzburger Domkapitel und zu den Spitzen
der Grazer Behörden. Er wußte sich auch
die Protektion des jetzigen Handelsministers
Grafen Wurmbrand als Landeshauptmanns
zu verschaffen. Koppenheier wollte einen
Theaterbau finanziren, zahlreiche Lokal
bahnen in Steiermark errichten, war Di
rektor der geplanten Ausstellung, und be
rief für Sonnabend einen großen Fremden
kongreß ein. Schließlich wurde Koppen-
heier als ein von deutschen Behörden viel
fach gesuchter Hochstapler entlarvt, der
unter dem Namen Delorme und Eichen-
roeder in Deutschland vielfache Schwindeleien
verübt hat. Koppenheier, Delorme und
Eichenroeder ist identisch mit jenem Arno
Mayer, der vor Jahren in Wien ein kleri
kales Blatt herausgab, mit der dortigen
hohen Geistlichkeit in Verbindung stand
und wegen vielfacher Betrügereien eine
längere Freiheitsstrafe erlitt.
Inland.
Berlin, 31. Aug. Es steht nunmehr
fest, daß die Einschiffung des Kaisers
an Bord der „Hohenzollern" am 13. Sep
tember in Swinemünde stattfindet. Am
13. und 14. September sollen taktische
Uebungen des Geschwaders sein und am
15. großer Geschwadergottesdienst. Vom
16. bis 22. September finden die Kaiser-
Manöver der Flotte statt. Am Sonntag
den 23. September findet die Auflösung
der Herbst-Uebungsflotte statt, die in ein-
zelnen Geschwadern hierauf nach den beiden
Stationen in Kiel und Wilhelmshaven
zurückkehrt.
Der Kaiser hat durch kürzlich ergan-
gene Kabinetsordre der I n f a n t e r i e
Schießschule in Spandau eine beson
dere Schießauszeichnung verliehen. Die
Avancirten erhalten nämlich, sobald sie
ihren Kursus in lobenswerther Weise ab
solvirt haben, außer den Fangschnüren eine
eigene Dekoration in Gestalt einer silber-
n e n Eichel, die vorn an der Brust an
einer feinen silbernen Schnur hängend zu
gleich mit der Fangschnur getragen wird
Die Krone der Eichel ist aus Mattsilber,
der Kern aus blankem Silber gefertigt
Berlin, 31. Aug. Der „Kreuzztg." zu
folge werden im Kaisermanöver ver
suchsweise zwei Radfahrer per Ba
taillon den Meldedienst übernehmen.
Ferner wird eine Anzahl technischer Erfin-
düngen weitere Proben ablegen. Zwei
Luftschiffe werden die Manöver begleiten,
das eine, um, wie in Lothringen, die Auf-
klärungen und Erkundigungen zu unter-
stützen, das andere, uni seine technische
Brauchbarkeit zu prüfen, da es neuerer
Konstruktion ist. Das Telephon wird einer
Prüfung unterzogen werden, besonders in
Bezug auf den Anschluß der aufklärenden
Kavallerie an die Hauptarmee. Jnfante-
ristische Meldereiter kommen nicht zur Geb
tung. Die Nachricht, daß bei jedem Korps
ein Bataillon auf volle Kriegsstärke ge
bracht werden solle, entbehrt der Begrün-
dung. Die Kavallerie ist mit zusammen-
legbaren Bertho - Faltbooten ausgerüstet.
Diese bestehen aus einem leichten Gestell,
das mit wasserdichter Leinwand bezogen ist.
- Es ist nichts Neues, wenn die „Nat-
lib. Corr." mittheilt, im Reichsschatz
amt werde an der neuen Tabak
'teuervorlage gearbeitet, von anderen
Steuerentwürfen verlaute nichts und von
der Miquel'schen Reichsdotation an die
Einzelstaaten sei es ganz stille geworden.
Wer die höchst bedeutsame Erklärung des
Reichskanzlers, welche die Reichstagsabge
ordneten als letztes Wort in der Session
mit auf den Heimweg bekamen, aufmerke
sam liest, findet, daß in ihr bereits die
Grundzüge eines solchen Finanzplanes, wie
er jetzt aus dem Reichsschatzamt hervor-
gehen soll, angedeutet sind. Das Ziel
einer Reform in dem Sinne, daß die Fi
nanzen des Reiches und der Einzelstaaten
einer reinlichen Scheidung unterworfen
werden, was bereits bei einem Ausgleich
zwischen Matrikularbeiträgen und Reichs-
zuschüssen unter formaler Aufrechterhaltung
der lex Franckenstein zu erreichen ist, muß
unseres Erachtens jedenfalls beibehalten
werden. Erleichtert wird der Weg zu
diesem Ziel offenbar durch die höchst er-
freuliche Entwicklung der Einnahmen des
Reiches in den letzten Monaten, die im
Allgemeinen auf eine Belebung von Handel
und Wandel und eine Steigerung der Con-
sumtion im Volke schließen läßt. Ob aber
dies natürliche und gesunde Wachsthum
der Reichseinnahmen hinreicht, um das
Gleichgewicht im Etat herzustellen und die
nothwendigen Ausgaben in Gegenwart und
Zukunft, ohne die ein lebenskräftiges
Staatswesen sich nicht fortbilden kann, zu
decken, das erscheint im höchsten Grade
fraglich, zumal die Beträge aus den Bör-
sensteuern weit hinter den offiziellen Bud
getsätzen zurückbleiben werden. Es bleibt
also nichts weiter übrig, als neue Ein
nahmequellen zu erschließen, und das wird
mit der Tabakfabrikatsteuer beabsichtigt.
Vielleicht ist es indessen möglich, die neue
Vorlage nach zwei Richtungen gegenüber
der vorjährigen abzuändern: Einmal hal
ten wir es nicht für ausgeschlossen, daß
die günstigere Gestaltung unserer Finanz
lage eine Ermäßigung der Steuersätze zu
läßt, und weiter wäre in Verbindung da
mit eine Erleichterung der Controlvor
schriften wünschenswerth, die noch mehr
als die Steuer selbst Industrie und Handel
beschweren.
Berlin, 31. August. Das durch die
Börsenenquetekommission aufgehäufte
Material scheint nun gesetzgeberisch ver
arbeitet werden zu sollen. Wie nach der
„Magd. Ztg." verlautet, werden hier im
Oktober Vertreter der Bundesstaaten die
Berathungen in Sachen der Börsenenquete
beginnen. Bisher sei der Meinungsaus
tausch auf schriftlichem Wege erfolgt. Es
handelt sich anscheinend besonders um eine
strengere staatliche Oberaufsicht der Börse
und um die Einführung der Börsenregister.
— Eine derjenigen Vorlagen, welche
der Bundesrath bald nach der Wiederauf
nahme seiner Berathungen erledigen dürfte,
wird, wie offiziös geschrieben wird, das
neue amtliche W aarenverzeich niß zum
Zolltarif sein. Mit der Herstellung
des neuen Waarenverzeichnisses werden
natürlich die Zolltarifstreitigkeiten nicht aus
der Welt geschafft werden. Immerhin
trägt jede Ergänzung und Erweiterung des
Waarenverzeichnisses zur Verringerung dieser
Streitigkeiten bei, und aus diesem allge-
meinen Gesichtspunkte wäre auch, ganz
abgesehen von den Neuerungen im Einzel
nen, das baldige Zustandekommen des neuen
Waarenverzeichnisses zu wünschen.
^ Brandenburg, 29. August. In den
Flußgebieten der Havel und anderer
Gewässer ist seitens der Regierung zu
Potsdam die Einrichtung von Laich sch on
re vieren in Aussicht genommen, um dem
Fischereigewerbe in unserer Gegend einen
Aufschwung zu geben. Nach vielen Ver
Handlungen sind die von zuständiger Stelle
bezeichneten Schonreviere genehmigt worden
Nähere Bestimmungen sollen in einer
Polizeiverordnung getroffen werden, nach
der insbesondere das Befahren der durch
Tafeln als solche kenntlich gemachten Schon
reviere für Dampfer wie für Gondeln
verboten wird.
Magdeburg, 27. Aug. Als Abgesandter
des Justizministeriums war der „Magdeb
Ztg" zufolge der Kommissionsrath Leh
mann aus Berlin hier anwesend, um die
Verkaufsverhandlungen zur Erwerbung
eines Grundstücks für das neue Justiz
Gebäude in Magdeburg abzuschließen
Gekauft wurde das in der Sudenburg ge-
legene StUnus'sche Grundstück, etwa 36 000
Quadratmeter groß, für 700000 JL Mit
dem Bau soll sofort nach Zustimmung des
Abgeordnetenhauses begonnen werden.
__ Halle, 30. Aug. Der Kommerzienrath
Steckn er hat den Armen der Stadt Halle
die Summe von 50000 Mk. vermacht.
Aus Posen wird mitgetheilt: Die Mel
dung der „Posener Zeitung" von der Ver
Haftung des Raubmörders K ö g l e r
Kempen bestätigt sich nicht.
Um den B ü r g e r m e i st e r p o st e n
in Wittenberg sind bisher 44 Bewerber
aufgetreten. Die eigenartigste der 44
Meldungen dürfte folgende sein, die wir
hier wörtlich wiedergeben: „Berlin, den
23. Juli 1894. (Straße und Hausnummer.)
Hochwohlgeborener Herr! Hochgeehrtester
Herr Vertreter des Bürgermeisters in
Wittenberg! Die Anzeige von dem Unglück,
das die Stadt Wittenberg betroffen, erfüllt
mich mit tiefem Schmerze. Laut dieser
Anzeige sollen ja sehr traurige städtische
Verhältnisse herrschen! Treue und Glauben
ist dahin. Euer Hochwohlgeboren trage ich
die gehorsamste Bitte vor, mir umgehend
zu benachrichtigen, da ich als Bürgermeister
außerordentlich passe, wie die Verhältnisse
liegen! Ich bringe eine reine Hand,
da
strenge Pflichttreue und eine Ehrlichge
sinnung mit: Beweis meine Atteste: Bin
früher im Offizierdienst (Bursche) gewesen,
Gutsbesitzer, Kaufmann, kenne das Leben
durch und durch, sowie das Allgemeine
Landrecht, Strafrecht, Polizeigesetze und
Vorschriften. Hätte ich Aussicht, wenn ich
mich persönlich vorstelle, gewählt zu werden ?
Unsere Familie stammt von Luter her;
wollen Sie nicht die Güte haben und mir
schreiben, wie der Herr Landrath heiß und
wo Er wohnt. Das ganz besondere Interesse
für die Stadt Wittenberg und die Verhält-
nisse bestimmen mich, mit ganzer Kraft
meine Kenntnisse (!?) und mein Leben dar-
zubringen. Ich habe die Ehre, mich der
Gewogenheit Ener Hochwvhlgeboren bestens
zu empfehlen, und verharre mit voll-
kommenster Hochachtung Euer Hochwohlqe-
boren N. N."
Durch eine Suppe sind, wie aus
Papenburg gemeldet wird, auf einem Ge-
Höft bei Walhum, Kreis Aschendorf, mehrere
Person en vergiftet worden. Die etwa
siebzigjährige Frau eines Landwirthes be
reitete eine Suppe zu, zu der sie Mehl
benöthigte. Ein unglücklicher Zufall spielte
ihr eine Düte in die Hände, in der Arsenik
aufbewahrt wurde. Ohne von dem ge-
fährlichen Inhalt Kenntniß zu haben,
schüttete die ahnungslose Frau die Masse
in den Topf und setzte alsdann das Essen
den Leuten vor. Den beiden erwachsenen
Söhnen fiel sofort ein bitterer, pfeffer
artiger Geschmack auf, jedoch ein in dem
Hause arbeitender Schneider suchte ihre
Ansichten zu zerstreuen und langte frisch
zu, ebenso that auch ein junger Kuhknecht.
Schließlich aßen fünf Personen von der
Suppe. Die Folgen stellten sich alsbald
ein, denn unter schrecklichen Schmerzen
starb der fünfundsiebzigjäbrige Schneider
und der Kuhknecht. Die drei anderen Per
sonen liegen auf den Tod erkrankt dar-
nieder. Die Alte hat von der vergifteten
Suppe nichts gegessen.
In Koblenz soll, wie geschrieben wird,
der Oberbürgermeister die Einführung einer
Mobiliar - Bersicherungs- Steuer
beabsichtigen, die von allen Versicherungen
im Betrage von mehr als 3000 Mark zu
erheben wäre. Also eine Steuer auf die
Vorsicht, das dürfte wohl so ziemlich die
verkehrteste sein, die sich überhaupt aus
denken läßt.
Bielefeld, 31. Aug. Die Arbeiter
und Arbeiterinnen der hiesigen Seiden
weberei C. A. Delius und Söhne be
finden sich seit gestern Abend iin Aus-
stand. Von 140 weiblichen Arbeitern
haben sich nur fünf von der Arbeitsein
stellung ausgeschlossen. Die Ausständigen
hatten regelrecht 14 Tage vor Nieder
legung der Arbeit gekündigt. Ursache des
Konflikts ist eine von der Firma vorge-
nommene „Lohnregulirung".
Wiesbaden, 60. Lug. Wie das „Tage
blatt" meldet, ist heute die amtliche Nach
richt eingetroffen, daß der Kaiser am 16
Oktober zur Einweihung des Kaiser
Denkmals und zur Eröffnung des
neuen Theaters hier eintrifft und
Abends wieder abreist. Festbankett und
Fackelzug sind abgelehnt worden.
Wegen fortgesetzter Einbruchsdieb
stähle, die sie in Bautzen und Umgegend
verübt hatten, wurden drei Soldaten
des 4. sächsischen Jnsanterieregiments Nr
103 jüngst vom Kriegsgericht abgeurtheilt.
Die Strafen lauteten für den am schwersten
belasteten Soldaten auf 5 Jahre 6 Mo
nate Gefängniß, sür den anderen 3 Jahre
Gefängniß und für den dritten 2 Jahre
Gefängniß. Außerdem wurden allen drei
Soldaten die bürgerlichen Ehrenrechte auf
3 Jahre anerkannt, und sie in die zweite
Klasse des Soldateustandes versetzt.
Nürnberg, 28. Aug. Der Magistrat
hat sich heute mit der Gefahr der Milz
brandvergiftung für Arbeiter der
Bürsten- und Pinselbranche beschäftigt.
Einstimmig wurde der Erlaß einer orts
polizeilichen Vorschrift beschlossen, die für
alle zur Verarbeitung gelangenden Roß
und Kuhhaare, und für die von auswärts
kommende Mischwaare die Desinfektion
anordnet. Ferner soll der Bundesrath
ersucht werden, eine diesem Beschlusse ent-
sprechende reichsgesetzliche Verfügung zu
erlassen.
Große Sensation erregt in Stuttgart,
wie von dort berichtet wird, ein Liebes-
)rama, das einen tragischen Abschluß ge
funden hat. Der ledige 25jährige Kauf
in mann und Reservelieutenant Mayer-Beck
und die 19jährige Frau eines dortigen
Rechtsanwalts vergifteten sich ge
meinsam gesternNacht mittelst Cyankaliums
in der Wohnung des Ersteren. — Beide
Würben Morgens auf dem Sopha sitzend
todt aufgefunden. Die Frau war, wie von
anderer Seite gemeldet wird, erst seit sechs
Wochen verehelicht.
Geschossen haben in Kempen einige
Schützen auf einen Ballon der Berliner
Luftschiffer - Abtheilung, in dem
Glauben, daß es sich um einen zu wissen-
chaftlichen Zwecken dienenden Luftballon
handle, um den Ballon zum Sinken zu
bringen und 50 Mark zu verdienen. Zum
Glück verfehlten die Schützen ihr Ziel,
onst hätte leicht, da sich zwei Offiziere
und ein Unteroffizier in dem Ballon be
fanden, größeres Unheil entstehen können.
Aus Bremen wird gemeldet, daß der
in Newyork auf Betreiben der badischen
Behörden verhaftete frühere Bürger
meister Nagel aus Leopoldshasen mit
dem Schnelldampfer „Havel" in Bremer
hafen heute eingebracht worden ist. Nagel,
der wegen Defraudation und Fälschung ver
folgt wurde, wird nach Karlsruhe über
führt werden.
In Hamburg ; erschoß sich in feinem
Comptoir ein bekannter Fondsmakler,
welchem von einem Landmann in der Um
gegend Bergedorfs 19—20000 Ji anver
traut waren und welche er unterschlagen
hatte.
Ein ungetreuer Kommis Schreiber,
der 15 Briefe, welche 240000 Mk. in
Wechseln euthieleen, unberechtigter Weise
bei der Post abforderte, wurde am Don
nerstag in Hamburg zu 14 Monaten Ge
fängniß verurtheilt. Wegen des Betrugs
versuches bei der beabsichtigten, aber miß
lungenen Unterbringung eines Checks von
1234 Pfd. Sterl. bei einem Bankier soll
die Staatswallschaft ein besonderes Ver
fahren einleiten.
Brovluzielles
Von den ca. 50 Königlichen Steuer
kassen in Schleswig-Holstc-n werden reich
lich 30 eingehen.
Ein Zeichen der Zeit sind die zahlreichen
Zwangsverkäufe, zu denen Termine beim
Altonacr Amtsgericht angesetzt sind.! Augen
blicklich stehen nicht weniger als 73 Termine
für den zwangsweisen Verkauf von Grund
stücken an.
Altona, 30. Aug. Gelegentlich einer
beim Manöver im Gönnebeker Lager statt-
gehabten Schnitzeljagd, an der die
Offiziere der 15. und 16. Jusaren Theil
nahmen, ist Rittmeister v. Bülow von
den Wandsbeker Husaren mit einem Pferd
gestürzt und sehr schwer verletzt worden.
Der Verunglückte wurde in besinnungs
losem Zustande ins Lazareth gebracht,
? Gaarden, 31. Aug. Unser Ort ist, [
wie bereits kurz telegraphisch berichtet,
heute der Schauplatz eines tief bedauer
lichen Familiendramas gewesen, eines
Mordversuchs und Selbstmords,
Die polizeilichen Untersuchungen haben
folgende Einzelheiten ergeben: Der Gast
wirth . Steffen, ein früherer Werfthand
werker, guletzt Inhaber der unweit der
Germania-Werft belegenen Restauration
Stadt Hamburg" kam heute Vormittag
gegen 8'/ 2 Uhr aus seinem Schlafzimmer
gestürzt und drang, mit einem scharfen
Dolch bewaffnet, auf seine hinter dem
Buffet in der Gaststube befindliche Frau
ein und warf diese zu Boden. Er brachte
ihr dann verschiedene Stiche in Bruit, '
Kopf und Arm bei, bis der Dolch in der
Brust stecken blieb. Es gelang der Schwer
verwundeten dennoch, sich von dem Atten
täter zu befreien, und auf ihre Hülferufe
waren ein Dienstmädchen und ein Arbeiter
herbeigeeilt und der nun waffenlose Mör
der floh in sein Schlafzimmer und machte
hier seinem Leben durch gleichzeitiges Er
schießen und Erhängen ein Ende. Die
Leiche wurde nach der Leichenkammer
des Krankenhauses zu Gaarden geschafft,
während die tödtlich verletzte Frau Steffen,
eine Tochter des früheren Besitzers von
Stadt Hamburg, Mecklenburg, ins Kranken
haus transportirt wurde; an ihrem Auf
kommen wird, da auch Stiche in die Lunge
gedrungen sind, gezweifelt. Die Motive
der unseligen That sind nicht bekannt ge-
worden, so viel steht indessen fest, daß
Eifersucht nicht vorgelegen. Steffen stand
im Alter von ca. 40 Jahren, die Ehe war
kinderlos; er soll trunksüchtig und die
Vermögensumstände keine besonders glän
zende gewesen sein.
Dem Oberpostdirektor Tasche in Kiel
ist zum 1. Oft. die Leitung des Ober-
Postdirektionsbezirks Magdeburg übertragen
worden. Zu seinem Nachfolger ist der
Ober-Postdirektor Lauenstein in Gumbinnen
bestimmt.
Aus Apenradc wird geschrieben: Der
muß es wissen! Ein Bierbrauer behauptete
vor einigen Tagen in einer Wirthschaft in
Apenrade, daß er ganz genau durch eine
Probe feststellen könne, ob das ihm darge
reichte Bier dortiges oder auswärtiges sei.
Der Mann wurde beim Wort genommen
und die Probe sollte stattfinden. Dem
Brauer wurden nun die Augen verbunden,
hierauf übergab man dem Feinschmecker
nach verschiedenen anderen Proben ein
Glas Apenrader Bier und kaum war das
Glas an den Mund gebracht, als der
Brauer ausrief: „Das ist überhaupt kein
Bier, das ist nur Wasser." Unter stür
mischem Gelächter der Gäste wurde nun
der kluge Hvpfenverarbeiter von dem Gegen
theil seiner Behauptung überzeugt.
* Kreis Rendsburg, 1. Sept. Nachdem
die in früheren Jahren in den hiesigen Be«
zirken so blühende Gänsezucht, well
nicht mehr gewinnbringend, immer mehl
zurückgegangen ist, hat man in den beiden
letzten Jahren veersucht, Gänse aus Pom
mern hier einzuführen, und zwar mit zu
nehmendem Erfolg. So sah man auch
gestern wieder eine große Schaar pomnier-
cher Gänse in hiesiger Gegend, von denen
das Stück mit 3,50 bis 4 Mk. abgegeben
wurde. Diese Günsetrnpps werden von
Ort zu Ort geführt und dienen meistens
zum baldigen Schlachten. Mit dem Mästen
will
haben
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