Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 2)

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Sonnabend, den 1. September 
1894. 
I 
Morgen-Depeschen. 
Berlin, 1. Septbr. Wie aus Thorn 
gemeldet wird, werden für den Empfang 
des Kaisers schon jetzt Vorbereitungen ge 
troffen. Nach Mittheilung der dortigen 
Kommandantur wird der Kaiser am 22. 
Septbr. in Thorn eintreffen. Der Einzug 
in die Stadt findet über den neustädtischen 
Markt statt und geht bis zum Rathhause, 
wo der Kaiser einen Ehrentrunk annimmt. 
Es ist möglich, daß bei der Anwesenheit 
des Monarchen der Grundstein zu der neu 
zuerrichtenden Garnisonkirche gelegt wird. 
Köln, 1. Septbr. Wie der „Kölnischen 
Zeitung" heute aus Belgrad gemeldet 
wird, hat König Alexander von 
Serbien den Wunsch ausgesprochen, auch 
dem deutschen Kaiser in Berlin seine per 
sönliche Aufwartung machen zu dürfen. 
König Alexander wird gegen den 2O. Oc 
tober in Berlin eintreffen. 
Hannover, 1. Septbr. Der hier im 4. 
Bataillon des 74. Infanterie-Regiments 
dienende Musketier Heyer aus Eutin hat 
sich mit seinem Gewehr, das er mit Wasser 
geladen hatte, erschossen. Heyer war erst 
am Tage zuvor aus dem Arrest entlassen 
und sollte binnen Kurzem wiederum eine 
Strafe verbüßen. 
Leipzig, 1. Septbr. Wie das „Leipz. 
Tagcbl." meldet, ist der Schuljugend die 
Theilnahme an dem von den hiesigen 
Sozialdemokraten zur jährlichen Las falle- 
Feier veranstalteten Festzng zum ersten 
Male verboten. 
Edenkoben, 1. Septbr. Hier ist das 
Vorkommen der Genickstarre ärztlich kon- 
statir: worden. 
Görlitz, 1. Septbr. Die beim Bauern- 
gutsbesitzer Bürger im nahen Frieders- 
dors bedienstete Großmagd Therese No st i tz 
ist mit eingeschlagener Hirnschale aufge- 
funden worden. Der Mörder ist noch 
nicht ermittelt. 
Myslowitz, 31. Aug. In dem nahe der 
Grenze belegenen Orte Bendzin kamen 
seit dem 19- d. M., an welchem Tage die 
ersten Cholerafälle austraten, 160 Er 
krankungen an Cholera asiatica vor. Zwei 
Drittel der Erkrankten sind gestorben. Die 
Seuche gewinnt inimer größere Ausdehnung. 
Krakau, 1. Septbr. In Russisch Polen 
und zwar an der ganzen galizischen Grenze 
ift. die Cholera fortgesetzt im Wachsen be 
griffen und fordert zahlreiche Opfer. Unter 
der Bevölkerung der meisten Ortschaften 
herrschen schreckliche Zustände; die ärztlichen 
Anordnungen werden nirgends befolgt und 
die Bewohner flüchten in die Wälder, um 
der Seuche zu entfliehen. 
Belgrad, 1. Sept. Die serbische Regie 
rung theilte Zankow offiziell mit, daß sein 
Aufenthalt in Belgrad nur unter der Be 
dingung gestattet sei, wenn er sich aller 
Umtriebe und Agitation enthalte und inner 
halb Serbiens nichts gegen die innere 
Ruhe und gesetzliche Ordnung Bulgariens 
unternehme. 
London, 1. Septbr. Nach einer von 
dem Marineminister aus Bonni (West 
afrika) zugegangenen amtlichen Depesche 
wurde eine Schaluppe des englischen 
Kriegsschiffes „Aleito" bei einer Re- 
cogniscirung auf deni Brohcmieflusse (?) 
vom Ufer aus beschossen. Ein Matrose 
wurde getödtet, ein Heizer und ein Matrose 
wurden schwer verwundet. 
London, 1. Septbr. Den neuesten aus 
Shanghai eingetroffenen telegraphischen 
Berichten zufolge ist die japanische Flotte 
mit einer Anzahl von Transportschiffen 
nach Port Arthur gelangt und hat daselbst 
Truppen in der Nähe des Vorgebirges 
abgesetzt. Die Japaner gingen dann zum 
Angriff vor, während die Flotte die Forts 
und die Docks bombardirte. Sie beabsich 
tigen, letztere zu zerstören, um die Chinesen 
an der Ausbesserung ihrer Kriegsschiffe zu 
verhindern und ihnen den Rückzug abzu- 
schneiden. Das Bombardement der Forts 
wird mit großer Heftigkeit geführt. 
Paris, 1. Septbr. Das royalistische 
Comitee läßt in allen katholischen Kirchen 
für den Grafen von Paris Messen lesen. 
Wie der Stkretär des Grafen dem „Temps" 
depeschirt, soll der Zustand des 'Schwer- 
kranken zwar ein besorgnißerregender sein, 
jedoch soll die Schwäche in den letzten 
Tagen nicht zugenommen haben. 
Madrid, 1. Septbr. Wie verlautet, soll 
der Abgeordnete Castelar in den nächsten 
Tagen nach Rom reisen, um eine Audienz 
beim Papste zu erbitten. Wie es heißt, 
soll diese Reise auf die Beziehungen 
zwischen Kirche und Staat einen ent 
scheidenden Einfluß ausüben. 
Lüttich, 1. Septbr. Von authentischer 
Seite wird genieldet, der hiesige Unter 
suchungsrichter Seny habe die' offiziöse 
Nachricht von der Verhaftung des Anar 
chisten Stern berg durch die Petersburger 
Polizei erhalten. 
Rom, 1. Septbr. Bei Capo Fezzcllo 
(Provinz Catania) fand gestern aus Brod- 
neid zwischen 32 Schifferbarken aus 
Agosta und 22 aus Catania ein heftiger 
Kamps statt. Fast alle Schiffer sind ver 
mundet, mehrere sogar schwer. Die An- 
kunst eines Torpedobootes machte dem 
Streit ein Ende. 
Ausland. 
Außereuropäische Gebiete. 
Wie aus New-Aork dem Bureau Reuter 
gemeldet wird, gerieth in der Rivington 
Street am 29. ds. ein sechsstöckiges Ge- 
bände, worin sich auch eine jüdische Syna- 
goge befand, in Brand. Drei Personen 
kamen in den Flamnien um, und ein 
Feuerwehrmann wurde lebensgefährlich ver 
letzt^ 
Eine Shanghaier Depesche der „Central 
News" meldet: Die japanische Flotte 
habe den Petschili-Golf verlassen. Die 
japanischen Streitkräfte concentriren sich 
in den Pässen nördlich von Söul; 2000 
Mann bleiben dort zurück. Unter den 
Europäern in Tientsin herrscht Besorgniß, 
da die für den Krieg mit Japan mobili- 
ffrten und disciplinirten Soldaten bittere 
Feindseligkeit gegen die Ausländer bekunden. 
Auf dringendes Ersuchen der europäischen 
Colonie in Tientsin ivurden von Deutsch 
land, England, Frankreich, Rußland und 
Nord-Amerika Kriegsschiffe dahin entsandt. 
Nach einer Ticntsincr Drahtmeldung 
desselben Blattes wurden die Soldaten, die 
den schottischen Missionar Wylie 
ermordeten, sowie die Ossiziere, die den 
Mord geschehen ließen, auf kaiserlichen 
Befehl zum Tode verurtheilt und die so 
fortige Hinrichtung der verurtheilten ange- 
ordnet. Der Mandarin des Bezirkes, in 
dem das Verbrechen verübt wurde, ist 
degradirt woiden. Das Missionshaus, das 
von den Fanatikern zerstört wurde, soll 
auf Staatskosten wieder aufgebaut werden 
und die Verwandten des Missionars durch 
Ausschreibung einer Sondersteuer ent 
schädigt werden. 
Wie man der Pol. Corr. aus Kairo 
nicldet, tritt auch dort mit großer Be 
stimmtheit das Gerücht auf, daß England 
für den November d. I. eine Aktion gegen 
den Sudan plane um vorerst den östlichen 
Theil dieses Gebietes mit der Hauptstadt 
Omdurmann einzunehmen und späterhin all- 
mählig auch vom Westsudan Besitz zu er 
greifen. Es wird versichert, daß die Eng- 
länder in der letzten Zeit große Vorräthe 
von Waffen und Munition in Suakim 
gelandet und einen beträchtlichen Theil da- 
von an die in der Provinz Berber an 
sässigen, der egyptischen Regierung be- 
freundeten Beduinenstämme vertheilt haben. 
Die letzteren haben sich zu verschiedenen 
Malen bereit erklärt, sich, wenn ihnen eine 
Unterstützung von Seiten Egyptens zu 
Theil würde, gegen den falschen Propheten 
zu erheben und die Mahdisten aus dem 
Lande zu treiben. 
San FranziSco, 31. August. Aus 
Apia wird vom 15. d. M. gemeldet: 
Im Verfolg der Conferenzen zwischen den 
diplomatischen Vertretern und Marine 
Offizieren zur Beilegung der Unruhen 
unter den Eingeborenen beschossen 
das englische Kriegsschiff „Curacao" und 
der deutsche Kreuzer „Bussard" am 11. 
d. M. die Festung der Aufständischen 
Luataanun, nachdem die Häuptlinge davon 
verständigt waren. Die Veste wurde ge 
räumt, die Befestigungen wurden zerstört. 
Die Aufständischen weigerten sich, die 
Waffen zu übergeben und zogen sich in 
der Richtung auf den Hafen Saluafala 
zurück. Die Truppen Malietoas verfolgten 
die Aufständischen, die die Truppen des 
Königs am 12. d. Mts. angegriffen und 
mehrere tödten oder verwundeten. Der 
„Curacao" und der „Bussard" eröffneten 
das Feuer am 13. d. Mts. wieder und 
brachten den Aufständischen große Verluste 
bei. Die Aufständischen suchten den Frieden 
nach und versprachen, sich dem Könige 
Malietoa zu unterwerfen, die Steuern zu 
zahlen und die Waffen zu übergeben. Am 
14. d. Mts. griff indessen die Ätna-Partei, 
der sich der Häuptling Tamasese ange 
schlossen hatte, die Truppen des Königs 
an. Die Kanonen des „Bussard" feuerten 
die ganze Nacht. Am Morgen begab sich 
auch der „Curacao" an Ort und Stelle 
Nach den letzten noch unbestätigten Ge 
rächten sollen sich die Aufständischen voll 
ständig unterworfen haben. 
Pretoria, 29. Aug. Der Bolksraad 
verschob ans ein Jahr die Erwägung der 
Regierungsvorlage, welche bezweckt, den 
in der Transvaalarmee dienenden A u s- 
ländern das Wahlrecht zu bewilligen. 
Holland. 
In Haag hat die Katastrophe in Lom 
bok die Regierung zu ernsten Maßnahmen 
veranlaßt, von denen man nur wünschen 
kann, daß sie mit der nöthigen Energie 
und Schnelligkeit ins Werk gesetzt werden 
Die Werbung eines Freiwilligenheeres und 
die Ausrüstung eines solchen wird sich je 
doch im Handumdrehen nicht bewerkstelligen 
lassen. Alles hängt davon ab, ob die 
Sassaks, die bisher als die natürlichen 
Verbündeten der Holländer galten, sich 
nicht auch gegen die Holländer wenden. 
Nach den neuesten Meldungen sollen zwei 
Häuptlinge dieser auf der Ostküste wohn 
haften Stämme den Holländern Hülfe leisten. 
Die verrätherisch überfallene Expedition 
hatte die Aufgabe, eine Rekognoszirung im 
großen Stil nach der Ostküste zu machen. 
Es war also eine militärische Demonstration 
beabsichtigt, die zugleich dazu dienen sollte, 
das noch unbekannte Territorium im In 
nern des Landes zn erschließen. Dadurch 
wurden die in Mataram und Negara zu- 
rückgelassenen Truppen ansehnlich geschwächt, 
und die Anhänger des Prinzen Anak Agung, 
der durch Selbstmord endete, sowie die mit 
der Unterwerfung unter die niederländische 
Regierung unzufriedene Hofpartei werden 
diese Gelegenheit benutzt und wahrscheinlich 
durch andere Balinesen unterstützt, den 
Ueberfall gewagt haben, der ihnen über 
Erlvarten gelungen ist. Solange die Sassaks, 
d. h. der mohammedanische, etwa 93 pCt. 
betragende Theil der Bevölkerung sich an 
den Feindseligkeiten nicht betheiligen, hat 
alles nichts zu sagen; darüber aber muß 
man je eher, desto besser Gewißheit haben. 
Wie schon so oft während des Verlaufs 
der Unterhandlungen mit eingeborenen Für 
sten, die doch in der Regel der Spielball 
einer oder mehrerer Parteien sind, hat man 
auch dieses Mal wieder das allzu sichere 
Vertrauen schwer büßen müssen; der Vor 
postendienst wenigstens muß sehr nachlässig 
eingerichtet gewesen sein, da sonst eine 
Ueberrumpelung undenkbar wäre. Der ge 
fallene General van Ham galt als einer 
der ausgezeichnetsten Offiziere und Truppen 
führer der indischen Armee. 
England. 
Der Führer der unabhängigen Arbeiter 
partei, das Parlamentsmitglied Kair Hardie, 
gefiel sich kürzlich in Glasgow in der Rolle 
eines Propheten. Er folgerte daraus, daß 
der Gewerkvereinskongreß mit fliegenden 
Fahnen ins sozialdemokratische Lager mar- 
schirt sei, daß eine ähnliche Entwickelung 
auch im Parlament vor sich gehen würde. 
Bei den nächsten Parlamentswahlen handle 
es sich für die Arbeiterpartei um Sein oder 
Nichtsein. Wenn die Partei noch nicht 
stark genug sei, um das entscheidende Wort 
zu sprechen, so sei sie doch diesem Ziele 
schon bedenklich nahe. Die nächsten Wahlen 
würden das bisherige Parteiregiment zu 
Grabe tragen. 
' Man sagt. 
Roman von E. von Wald-Zedtwitz. 
Ulli) Ģllmor warm eben die kleine 
Wendeltreppe hinabgestiegen, blieben einen 
Augenblick an einem der Fenster stehe», weil 
man eben noch in ems der Zimmer für einen 
Gast. der sich unerwartet angemeldet hatte 
ein Bett trug, welches den Weg versperrte' 
..Sieh' doch, Mutter, dieses komische Ge 
fährt, wahrscheinlich lauter Lieutenants!" rief 
Ellinor, angesichts des jetzt im Schlosse herr 
schenden Lebens schon in gewisser Feststimmung. 
„Sehr komisch, das ist ja eine richtige 
Manöverfuhre." 
Frau von Römhild und Ellinor sahen 
lächelnd zu, wie sechs Lieutenants aus einem 
mit grünen Zweigen geschmückten Leiterwagen 
kletterten, das einzige Fuhrwerk, welches sie 
in ihrem Gebirgsdorfe, wo sie in Quartier 
lagen, hatten auftreiben können. 
„Sich' nur, Mama, den kleinen, netten 
Offizier, wie flink er auf den Beinen ist und 
vergnügt er lacht." 
In diesem Augenblick grüßte Hans Mohr- 
^ ev g herauf, der natürlich sofort seine Angen, 
ln der Suche auf Damen, über die Fenster- 
^ihen gleiten ließ und dort zu seiner Freude 
hü Baronin von Römhild mit einem reizenden 
Jungen Mädchen entdeckte. Eine Sekunde 
später erschien er im Korridor. 
»Gnädige Frau, das ist ja urfamos! Sie 
"Uch hier? Das ist ja eine ganz furchtbar 
'chueidige Ueberraschung!" 
„Urfamos, furchtbar schneidige Ueber- 
şhschung," dachte Ellinor still lächelnd, doch 
R hatte nicht lange Zeit, über diese eigen- 
Mniliche Ausdrucksweise nachzudenken, denn 
şi»s Mohrberg, durch die Bettstelle von 
den Damen getrennt, machte ohne Besinnen 
die sogenannte Wende, voltigirte hinüber und 
stand vor ihr. 
„Unzweifelhaft längst erwartete Fräulein 
Tochter. — Wie aus den Augen geschnitten. 
Erlaube mir vorzustellen, Lieutenant Hans 
Mohrberg, gehorsamst um ersten Walzer und 
den Cotillo» zu bitten." 
Beide Damen lachten hell auf. „Kind, 
Kind, nimm Dich in Acht, Du siehst, hier 
geht es im Sturmschritt." 
„Muß in der Uebung bleiben, gnädigste 
6rau, das hat man vom Manöver her so 
does •$' . I 1 '" 0 ~ gnädigstes Fräulein - 
hl Sehr gerne," rief Ellinor, selig 
sagt zu fein. anïen ' fÜr 3h)ei îftn « c öcl ' 
etw'ásToileà macÄ H "°ch 
Hinderniß jetzt mit einem küb"^ ^ 
Endlich wurde die Bahn frei, so daß Frau 
von Römhild rnit ihrer Tochter ungehindert 
die letzte Treppe, welche zu dem Enipfanqs- 
salon führte, hinabsteigen konnte. 
„Meine liebe, theure Feundin," damit 
reichte Herr von Maurer Bertha den Arm 
und geleitete sie in die Salons, wo sich schon 
einige der Landherrschaften eingefunden hatten. 
Lorenz stellte Frau von Römhild und Elli 
nor vor. 
„Verzeihen Sie — aber — — 
„Ich weiß, ich weiß — der Hofmann ge 
hört auf seinen Posten," entgegnete Bertha 
und nickte ihren: alte» Freunde, der sich, die 
Ankunft der höchsten Herrschaften erwartend, 
an das Portal begab, zu. 
„Jetzt! jetzt!" rief Hartwig, »ach dem 
Thore zeigend, wo der dort aufgestellte Diener 
mit dem Taschentuch das verabredete Zeichen 
des Nahens der Fürstlichkeiten gab. „Nun 
haben Excellenz das herrlichste Wetter und 
den höchsten Besuch auch! Gratulire." 
Herr von Römhild begab sich in die Sa 
lons, um sich dort seiner Mutter und Schwester 
zuzugesellen, während Herr von Maurer ent 
blößten Hauptes an die unterste Stufe der 
Freitreppe trat, um hier die Durchlauchtigsten 
Ankömmlinge zu begrüßen. Freude und Ehr 
furcht malten sich deutlich auf seinem Gesicht. 
Wirklich rollten drei elegante Viergespanne 
mit Spitz- und Nachreiter in den alien ehr 
würdigen, mit Laubgewinden und Fahnen ge 
schmückten Schloßhof. 
„Da sind wir, mein lieber Maurer," sagt. 
der Fürst, ihn, freundlich die Hand schüttelnd, 
verzeihen Sie unseren räuberischen Ueberfall." 
„Ich finde keine Worte, Ew. Durchlaucht 
für die mir erwiesene Ehre zu danken," ent 
gegnete Lorenz, sich tief verbeugend. 
Die Herrschaften betraten das Schloß, hier 
von Frau von Stein begrüßt. 
Zagenden Herzens trat Heinz Königshofen 
in die Gesellschaft, welche sich von Augenblick 
zu Augenblick vergrößerte. Diesen Zeitpunkt 
hatte er auf seinem Zimmer abgewartet, jetzt 
konnte er sein Erscheinen nicht mehr länger 
hinausschiebe». — Er mußte Frau von Röm- 
hild zuerst begrüßen, darüber war er nicht 
eine Minute im Zweifel. — Gott sei Dank 
stand sie eben allein, während Ellinor mit 
einigen anderen jungen Damen plauderte. 
Bertha sah ihn kommen und fühlte, was 
ihn in diesem Moment bewegen mußte. Das 
Gedenken der Trennung und dann heute dieser 
Auftritt mit Ellinor. Kein Zweifel, er würde 
ihr den letzteren sofort anvertrauen. In der 
Abjicht, ihm die peinliche Lage zu erleichtern, 
ging sie ihm möglichst heiter entgegen, aber 
sie war nicht Herrin ihres Willens, eine Be 
fangenheit beschlich sie, welche sich unwillkürlich 
auch auf Heinz zu übertragen schien. 
„Was sagen Sie zu der Ueberraschung 
Herr Königshofen," begann sie, ihm zögernd 
die Hand entgegenstreckend, „niich heute hier 
zu treffen?" 
„Ich — ich — preise mein Geschick — 
— gnädige Frau — wie ist es Ihnen er 
gangen, seitdem — ?" 
Er stockte und fuhr nicht weiter fort, die 
Erinnerung an die Vergangenheit schloß ihm 
den Mund. 
Ich danke, Herr Königshofen, über Er 
warten gut, Sie mögen es daraus ersehen, 
daß ich mein Töchterchen, statt sie »och den 
Händen der Aerzte zu überlassen, wie ich es 
Anfangs befürchtete, schon jetzt mitgebracht. 
Heinz verneigte sich erröthend, warf einen 
halben Blick auf Ellinor und sprach, Bertha 
kaum ansehend, von gleichgültigen Dingen. 
Frau von Römhild antwortete immer kürzer, 
und beinahe unfreundlich. Er fand keine Ver 
anlassung, ihr die Begegnung mit Ellinor zu 
berichten. Schämte er sich? — Glaubte er, 
daß ihre Tochter so unerzogen war, ihr so 
wenig Vertranen entgegenbrachte, ihr dasselbe 
il verschweigen? — Oder — Bertha 
schoß einen Augenblick das Blut voni Herzen 
zu der Stirn -—— betrachtete er diese» Kuß, 
den ihm Ellinor absichtslos gab, als ein süßes 
Geheimniß, welches er selbst ihr, der Mutter 
verschweigen wollte? Jetzt fühlte Bertha un 
willig, wie sie erblaßte. — Sollte er ihr 
gegenüber nicht nur schweigen, weil sie Elli- 
nor's Mutter war, sondern — ? 
„Ich will mich setzen," sagte Frau von 
Römhild kurz, nickte mit dem Kopfe und 
schritt, ohne Heinz eine Aufmunterung zu 
kommen zu lassen, ihr zu folgen, einem 
Sessel zu. 
„Alles glücklich angelangt, Durchlauchtigster 
Fürst schr, sehr gnädig. Die Frau Fürstin 
auch — wie immer," wandte sich Maurer- 
eben an Bertha, welche sich erregt mit dem 
Fächer aus dunklen Straußfedern Kühlung 
zuwedelte. „Ist Ihnen nicht wohl, gnädige 
Frau? Ein Glas Wasser — oder —?" 
„Nein, nein, die Reise -— der Lärm — 
ist vorüber." 
„Nun, dann Gott sei Dank. 
„Kennen Sie Fräulein von Römhild schon?" 
wandte sich Herr von Mäurec jetzt an Königs 
hofen, der Bertha halb aus Verlegenheit 
gefolgt war, so laut, das diese es hörte. 
Was würde er antworten? 
„Ich — ich habe noch nicht den Vorzug," 
sagte er kurz und abgestoßen. 
„Dann kommen Sie." Excellenz Mäurer 
nahm ihn bei der Hand und führte ihn 
Ellinor zu. „Gestatten Sie, gnädiges Fräulein, 
daß ich Ihnen Herrn Königshofen vorstelle." 
Ellinor verbeugte sich, blutroth im Gesicht, 
während Heinz sich übermäßig tief verneigte 
und dann, ohne ein Wort mit der jungen 
Danie zu wechseln, zurücktrat. 
Keine Bewegung, keine Miene der Beiden 
war Bertha entgangen und so gewahrte sie 
mit Schrecken, daß sie eines gewissen Angst 
gefühles dabei nicht Herr werden konnte. 
„Heinz! Allewetter! Auch hier?" begrüßte 
in diesem Augenblick Lieutenant Mohrberg 
den jungen Königshofen, der diese günstige 
Gelegenheit, ihn in ein Gespräch zu verwickeln, 
'osort benutzte.
	        
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