Erscheint tägtich.
Men-sburger
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Aeliestes und gckserà KlaLL im Kreise Kendsvnrg.
Anzeigen für die Tagesnununer werden dis 12 Uhr Mittags erdeten.
87ster Jahrgang.
Sonnabend, den 18. August
Morgen-Depeschen.
Berlin, 17. Aug. Der Kaiser hat heute
morgeŗ. sofort nach seiner Ankunft m Kiel
in Berücksichtigung der Verseuchung der
Dauzrger Gegend telegraphisch einschneidende
Modiftcationen der geplanten Kaisermanöver
der Arme und der Flotte, soweit solche in
der 'Danziger Gegend stattfinden sollten,
angeordnet. (Diese Nachricht ist später
widerrufen. Red.)
Berlin, 18. Aug. Zur Auffindung von
Bomben in den Wohnungen der Anarchisten
schreibt der „Berl. Börsen-Courier" : „Wir
sind autorisirt, dies dahin richtig zu stellen,
deß in der Wohnung Schewe'-S bei der
Durchsuchung der Räume zwei nicht ge>
füllte und auch noch nicht abgeschossen ge-
wesene Granaten (frische Munition) mit
Beschlag belegt worden sind. Außerdem
sand dort die Polizei ein ganzes Arsenal
von Einbruchswerkzeugen. Daß die Polizei
aus dem Posten ist, kann versichert werden.
Ueber Maßnahmen der Behörde und die
erzielten Resultate werden wir zu berichten
Haben: sensationelle Nachrichten möge man
inzwischen mit Ruhe ausnehmen. Wie
weit z B- die Mittheilung eine Grund-!
läge hat, daß bei einem Mechaniker in!
der Langenstraße Schriftstücke gefunden,
wurden, 'die den engsten Zusammenhang,
der hiesigen mit den französischen Anarchi
sten darthun, wird noch weiterer Erläute
rung bedürfen. Daß geheime Zusammen-:
künste der hiesigen Anarchisten stattgefunden
haben, dürste feststehen."
Landsbcrg a. Warthe, 17. August. Ist
Tladow sind zwei Personen, Mutter und
Kind, unter cholcraverdächiigen Symptomen'
gestorben. Die amtliche Untersuchung Hatz
Cholera asiatica ergeben. Die hiesigen
Flußbadeanstalteu wurden behördlicherseits
geschlossen. ->
Güstrow, 18. Aug. Zn der hiesigen!
Waggonfabrik brach ein großer Streik-
aus. Die Streikenden fordern Lohn
erhöhung und Herabminderung der Ar-!
beitszeit. Die Direktion der Fabrik hat'
durch Maueranschlag sofortige Entlassung
der Streikenden angekündigt, "falls dieselben
nicht innerhalb 24 Stunden ihre Thätig-
keil wieder aufnehmen.
Krakau, 18. Aug. Im Bergwerk „Cata-
rina" waren drei Arbeiter mit dem Kessel
reinigen an einer Dampsiuaschine beschäftigt.
Der Maschinist, welcher die Arbeiter nicht
bemerkte, ließ vollen Dampf in den Kessel,
wodurch die Arbeiter total verbrüht und
sofort getödtct wurden.
Wien, 18. August. Bon den durch
Schlesien marschirenden Truppen der
Krakauer Garnison erkrankten in Bielitz
7 Mann unter choleraartigen Erscheinungen.
Bei dreien wurde bereits Cholera constatirt.
Paris, 18. Aug. Das „Journal des
Döbats" bespricht den Besuch Kaiser Wil-
Helms bei der Exkaiserin Eugenie gelegent-
lich 'seines Aufenthalts kn England und
hätt diesen Besuch für bedeutungsvoll.
habe sich dabei nicht Mi eine plötzliche,!
unvorbereitete Eingebung des deutschest
Kaisers gehandelt, sondern um einen Schritt/
tvelcher lange vorher von dem deutschen
Botschafter, Grafen Hatzfeld, eingeleitet
worden sei. Besondere Erwähnung ver
diene die Feindseligkeit des jungen Mo
narchen, welcher zn dem Besuch nicht
deutsche, sondern englische Uniform ange
legt hatte. Der Gegenstand der Unter
Haltung zwischen den beiden Majestäten
werde natürlich geheim gehalten.
Paris, 18. Än-g. Wie der „Mattn"
aus Genf meldet, -sollen Anarchisten in
Lugano ein Komplott gegen den Präsiden
ten Casimir-Perie-r geschmiedet haben. Man
kenne die Namen der Anarchisten. Mehrere
der Verschwörer seien plötzlich ans der
der Schweiz abgereist.
London, 18. Äug. Die hiesigen Blätter
besprechen die Hinrichtung Caserios. „Daily
Telegraph" sagt, der Mörder sei so ge
storben, wie er -gelebt habe, als Feigling.
Sein Charakter' hübe ihn nur zum Ver
brecher, nicht zum Helden gemacht. —
„Standard" màt, das Verbrechen Caserios
hätte die Anarchisten Hassenswerth, die Art,
wie er das Schaffst bestiegen habe, hätte
sie verächtlich gemacht.
London, 18. August. Meldungen ans
Shanghai zufolge setzt die japanische Re
gierung die TrnPpensendungen nach Korea
fort. Dort sind setzt bereits über ZOOOO
Mann stationirt. Die chinesische Flotte ist
in ihrem Verhalten noch völlig passiv.
Der Gouverneur hat Preise auf die Zer
störung japanischer'Kriegschiffe und L-nf die
Köpfe feindlicher Soldaten ausgesetzt.
Dundee, 18. Tug. Der Kaufmann -Ernst
Haßberger, der -wegen Fälschungen im
Betrage von mehr als 100 000 Sfte. in
Anklage steht, ist -vor das Geschwķnen-
gericht verwiesen.
London, 17. Äug. Nach den Abend
blättern kam in der Londoner Vorstadt
Battersea ein tödlich verlaufener C h o k:r a
anfall vor. Gegen die Ausbreitungider
Seuche sind Vorkehrungen getroffen.
Ausland.
Italien.
Zm Grana Monferrato, einer Ortschaft
im Bezirk Casale, ereignete sich in diesen
Tagen Abends eine Blutthat, die die ganze
Einwohnerschaft des Städtchens in Auf
regung versetzt hat. Der noch nicht 30
Jahre alte Advokat Cesare Gino wurde,
-als er die Wohnung einer ihm befreunde
ten Familie verließ, bei weleyer er den Abend
zugebracht hatte, in einem Gäßchen von
einem Individuum angegriffen, das ihm
hinterlistiger Weise einen Dolch in die Milz
bohrte. Der Mörder zog nach geschehener
That den Dolch aus der Wunde und ent
fernte sich dann unter dem Schutze der
Nacht eiligst durch eines der zahlreichen
Winkelgäßchen, die die Hauptstraße von
Grana durchqueren. Der Advokat wurde
von einigen Männern, die auf seine Hülfe
rufe herbeigeeilt waren, in seine Wohnung
geschafft, wo er unter fürchterlichen Schmer
zen verschied. Ueber die Veranlagung zu
dem Verbrechen sind die wildesten Gerüchte
im Umlauf; daß man auch „anarchistische
Motive" annahm, ist selbstverständlich und'
entspricht der herrschenden Zeitströmung.'
Am glaubhaftesten ist jedoch die Ansicht,!
daß es sich um einen Akt der Privatsache
handelte. Gino war bis zum vorigen
Sommer Beamter bei der Banca Nazio-,
nale in Rom und kehrte dann in seine
Heimath zurück, wo er sich als Advokat
niederließ. Er war ein gesuchter Ver
theidiger, besonders in Civilprozessen, »nb-
gab sich erfolgreiche Mühe, bedeutende
Summen wiederzuerlangen, die sein ver
storbener Vater mehreren Gvundbesitzern
in Grana geliehen hatte, ohne sie später
ivieder eintreiben zu können. -Einer oder
der andere dieser zur Rückzahlung des Gel
des verurtheilten Grundbesitzer dürfte ans
Rache die Ermordung des Advokaten ent
weder selbst ausgeführt oder doch veran
laßt haben.
England.
London, 17. Aug. Das Ere-igniß der
diesjährigen Versammlung der britischen
Gesellschaft war die Ankündigung des
Physikers Lord Rayleigh, des Nach
folgers Tyndall's an dem Institut, daß es
ihm und dem Professor Ramsay gelungen
sei, ein neues Gas in der -atmo
sphärischen Luft außer den bekann
ten Bestandtheilen nachzuweisen.
Lord Rayleigh hat eine Reihe von Ver
suchen vorgenommen, um die Dichtigkeit
der Gase festzustellen, als er bemerkte, daß
der der Atmosphäre entnommene Stickstoff
schwerer sei als der aus anderen Quellen
stammende. Soweit gelangt, kam der Che
miker Professor Ramsay seinem Kollegen
zur Hülfe. Die Nächstliegende Annahme
war natürlich die, daß der Stickstoff, mit
dem Lord Rayleigh experimentirt hatte,
nicht rein war. Es dauerte aber garnicht
lange, bis Professor Ramsay fand, daß es
in der Atmosphäre außer Stickstoff ein noch
bisher nicht bekanntes und indifferentes
Gas gäbe. Läßt man elektrische Funken
durch eine mit atmosphärischer Luft gefüllte
Flasche schlagen, die entstehenden Dämpfe
von salpetriger Säure von Pottasche auf
nehmen und den vom Sauerstoff von pyro-
gallensaurem Alkali, so bleibt noch ein
Rest, der weder Sauerstoff, noch Stickstoff
ist, wie das Sprektum beweist. Dasselbe
Gas kann man auch erhalten, wenn man
in den Stickstoff der Luft Magnesium
bringt. Während das Magnesium allmäh.
lich den Stickstoff annimmt, erreicht der
Rest die Dichtigkeit von fast 20. Das
neu entdeckte Gas bildet 1 pCt. der At
mosphäre. Jni Sprektum hat es eine
einzige blaue Linie, die viel intensiver ist,
als die des Stickstoffes. Die beiden eng
lischen Forscher haben bis jetzt etwa 100
Kubikcentimeter des neuen Gases gewonnen.
Schwerz.
Aus der Schweiz, 16. Aug. In einem
Gasthaus in unmittelbarer Nähe des
Zugersees ereignete sich diesen Sommer
folgendes Stücklcin: Von furchtbarem Durst
geplagt, erlaubte sich ein Arbeiter ein Glas
Bier einzunehmen. Als er nach der Rech
nung frug, hieß es 15 Rappen. Der Ar
beiter gab ein 20 Rp.-Stück, statt aber
einen Fünfer zurückzubekommen, legte die
liebenswürdige Frau Wirthin eine gute
Cigarre auf den Tisch. Der Arbeiter,
der Kunst des Rauchens völlig unkundig,
verschmähte die Cigarre, er wolle das
Rauchen nicht erlerne» rc. Nach langem
Hin- und Herplaudern steckte der Arbeiter
den Glimmstengel in die Tasche. Nach
einigen Tagen ging derselbe Arbeiter wieder
um in die Wirthschaft und verlangte ein
Glas Bier zu 15 Rp. Als -er dasselbe
dann getrunken und bezahlen wollte, legte
.er einen Fünfer auf den Tisch und neben-
.bei ein in einer Zeitung «»gewickeltes
Stück Ziegel oder Backstein. Die Frau
Wirthin wollte auf diesen Handel nicht
eingehen und sagte, sie habe keinen neuen
.Ban in Aussicht, daß sie rothe Bausteine
Bei Betriebsstörungen
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung
dieses Blattes vorbehalten.
Als Beilagen
werden dem Blatt „Der Landwirth" sonne daI
Blatt „Mode u. Heim" gratis beigegeben.
3000 Abonnenten.
kaufen müßte. Wohl oder übel, die gute
Frau Wirthin mußte den rothen Backstein
als Zahlung annehmen, so gut wie vorher
der Nichtraucher die Cigarre.
Oesterreich.
Triest, 16. Aug. Der 18jähr. Bauern-
söhn Luigi Cossutta aus Madrisio bei
Udine wollte jüngst in der Dämmernngs-
stunde vom Felde ins Dorf zurückkehren,
da er jedoch sehr müde war, legte er sich
ins Gras und schlief ein. Kurz darauf
brach ein furchtbares Unwetter los, der
Regen kam in Strömen und stammende
Blitze erhellten von Zeit zu Zeit die plötz-
lich eingetretene Dunkelheit. Durch einen
gewaltigen Donnerschlag wurde Cossutta
aufgeweckt, und er öffnete die Augen ge
rade in dem Augenblick, als ein Wetter
strahl fiel. Als er sich erhob, um weiter-
zugehen, merkte er, daß er vollständig
blind geworden war. Mit Mühe und Noth
gelang es ihm, sich bis zum Vaterhauss
Hinzutasten; man kann sich den Schmerz
der Eltern denken, als sie den einzigen
Sohn in diesem Zustande sahen. Der alte
Vater entschloß sich nach einigen Tagen,
den Jüngling nach Triest zu bringen. Er
fand in der Augenabtheilung des hiesigen
Hospitals Aufnahme, und der leitende Arzt
stellte fest, daß der junge Lnigi den sogen.
„Blitzstaar" habe. In Gegenwart der
anderen Hospitalsärzte wurde am 12. ds.
an Cossutta die Staaroperation vorgenom
men, die dem Patienten die Sehkraft,
wiedergab. Der Vater Cossutta's, der oer
Operation beiwohnen durfte, wurde, als
er seinen Sohn rufen hörte: „Vater, ich
kann sehen!" vor Freuden ohnmächtig;
nachdem er sich erholt hatte, fiel er dem
Arzte um den Hals und flehte den Segen
des Himmels auf sein Haupt herab.
sşraņkreiÄ.
Lyon, 16. August. Caserio hat im
letzten Augenblick unter der Guillotine eine
Bewegung gemacht, um sich dem Messer
zu entziehen, infolgedessen ist der Hinterkopf
verletzt worden.
Paris, 17. Aug. Komplotte gegen das
Leben des französischen Minister
präsidenten Dupuy sind, wie ein
Wölfisches Telegramm aus Paris meldet,
entdeckt worden. Drei Anarchisten in
Barcelona waren dazu bestimmt, Dupuy
während seines Aufenthaltes in Vernet-les-
Bains mittels Dynamit zu tödten. Die
spanische Polizei hat die französische Re
gierung sofort benachrichtigt und ihr das
Signalement der Verschworenen mitgetheilt.
38)
Man sagt.
Roman von E. von Wakd-Zedtwitz.
Der Kammerherr und zwei -.Offiziere er-
jicnen.
Sehen Sie, das ist das Blumenzinimer
- UNO Ost
„Die Frau Baromn! entfuhr cs.Hans
Iļ'ôhàg, der nicht ahnte, welche Wirkung
ine oh»-"jcden Nebengedanken ausgesprochenen
Jode ans-Ķilie hervorbrachten. Sie hätte
n erwürgen mögen.-
„Ein Glück, daß See kommen, meene
-errcn! Famos! Famos! Nein, .Baron de
icndrecourt, Sie entfliehen mir nicht, ich
iltc -Ihre Hand fest; Sie haben einmal ge
eitet, jetzt gibt -es. Ich weiß genau, daft
1 gewinne.
' An eincnRückMg ist nicht zu denken! Wer
ill durchschagen, -meine Herren?"
„Ich!" platzte natürlich Hans zuerst heraus.
"Gut," stieß Cäcilie hervor,und mußte
ch's gefallen lassen, daß gerade Haus Mohr-
:rg, dem sic vorher seinen Standpunkt so
mtlich klar gemacht hatte, sie ans dieser
ehr als kritischen Lage befreite.
„Ich — schlage — feierlichst — durch!"
es Hans niit erhobener Stimme, „und darf
; fragen, warum es sich handelt und was
r Gegenstand der Wette ist?"
„Baron de Vendrecourt behauptet, die
rühmte Tragödin Ziegler wäre an unserer
ühnc zum ersten Male aufgetreten und hatte
> ihre künstlerische Ausbildung erhalten —
id ich behaupte, sie ist nur' zu Gastspielen
er gewesen,"
Die Gistblickc, welche Frau von Schönwolff
m unerträglich neugierigen jungen Manne
zuwarf, standen mit dem Inhalt dieser Worte
durchaus im Widerspruch.
„Und um was haben die Herrschaften ge
wettet?" fragte Hans weiter.
„Am ein — gutes Diner!" fiel der Baron
schnell ein.
„Diner! Gutes Dmeril Mein Fall! Gwlff
dige Frau, danke ganz unterthänig!" Run
küßte -er Cäciliens Hand und schritt den
übrige« .Herren nach, die sich in das Rauch
zimmer Gegeben hatten.
Cäcil.« zitterte vor Wnth. Dieser Hans-
Mohrberg war ihr geradezu ein Dorn im
Auge. Lnd nun nmßte sie ihn wirklich zum
Diner eiàdcn, denn in der Eile hatte sie
Ņctte ft, gestellt, daß sic «ersteren mußte.
Auch HcMn de Vendrecourt .war die Sache
Ş Peinlich.
„Wollen Mir nicht wieder —
„Kommen Sie!" sagte Cäcilie scharf und
.stqrltt dem größeren Gesellschaftszimmer zu.
„A propos, Baron, haben Sie schon von
der Baronin v« Römhild etwas gehört?"
DB klang erregt .und spöttisch, und Herr 'de
Vendrecourt wußte schon, was sic hörvn wollte
„Ich sah sic n«stch auf der Straße —
passaMe — aber — passè!"
„So ! So!" entgegnest Cäcilie erleichtert
aufathmeud, mit dem festen Vorsatz, der Kon
kurrenz dieser Baronin Römhild die Spitz.
zu bieten, , r . .
Das Fest neigte sich scmem Ende zu und
Cäcilie hörte nun einige Herren ihren Gatten
zur Rede stellen, weil er diesen Baron de
Vendrecourt einen weit über semen àng
hinausgehenden Platz angewiesen und sie selbst
dadurch zurückgesetzt' hatte.
„Ich werde mich bei Prinzeß .beklagen!
brauste der Schuldirektor auf,
„Baron de Vendrecourt war Rittmeister;
weshalb er vor den Stabsoffizieren rangirt,
ist mir unbegreiflich, Herr- Kamm-erherr !" be
merkte der Major außer DienstKulenka-mp
„In tödtlichcr Verlegenheit — ein unbe
greiflicher Irrthum -— aber versichere die
Herren, vollständig ohne Absicht — bitte
tausendmal um Verzeihung — werde alles
bei nächster Gelegenheit wieder gutzumachen
suchen —," entschuldigte sich Herr von Schön-
-wolff, wandte sich wie ein Wurm, sich dabei
die dicken Schweißtropfen von der Stirn
-.wischend, so daß der vernünftige Schuldirektor
und der Major Kulenkamp schließlich Mitleid
-empfanden und die Sache auf sich beruhen
-ließen."
„Aber Cäcilie — o —■ mein ganzes Rc-
uoimnö, meine Stellung hast Du auf's Spiel
gesetzt. Einen solchen Fehler verzeiht Durch
laucht nie —klagte Herr von Schönwolff, h-
als sich die beiden Ehegatten wieder in ihrer
Wohnung /befanden.
„Was'kümmert mich Prinzeß!" entfuhr es
Cäcilie mißgestimmt.
„Still — still — Du bist so unvorsichtig,
— wenn das Mädchen oder Jemand solche
Aeußerungen Hörte und sie drüben anbrächte
Die Klagelieder ihres Gatten nicht länger
mit anhörend, verließ sie geräuschvoll das
Zimmer und verschwand in ihrem Schlafge-
wach, um sich langsam entkleiden zu lassen.
„Du bist heute so ungeschickt, Minctta. -—
An — au — ich kann solche ungeschickte
Hände nicht länger gebrauchen.
Die Gnädigste erfreute sich heute wieder
cinnml nicht der besten Laune. Minctta
kannte das schon. Sie hatte sich nicht gut
unterhalten, die Herren hatten ihr nicht genug
gehuldigt. Äbcr das freute Minettchcn und -sie
nahm gern die Beweise allerhöchster Ungnade
dafür in den Kauf.
Endlich lag Cäcilie in ihrem üppigen Bett.
dessen Ucberzüge, so kostbare Spitzen sie auch
zierten, doch einige recht bedenkliche Stellen
zeigten, welche der Nadel und des Zwirns
dringend bedürftig waren.
Der Tag war, trotzdem sie vorzüglich aus
gesehen und wieder viel Geld für ihren An
zug ausgegeben hatte, eigentlich noch erst aus
geben mußte, nicht so günstig verlaufen, >vie
sic dachte.
Erst diese unangenehme Angelegenheit mit
Fanny, ferner die »«gezogene Anna, die Be
gegnung mit Hans Mohrberg, die Störung
durch ihn und die übrigen Herren, als sic mit
Baron de Vendrecourt im Blumenzinimer ko-
kcttirte und dann —. „Die patentirte Schön
est, diese Baronin Römhild! —" sagte sie
vor sich hin. Römhild? — Römhild? Wo
thue ich diesen Namen nur hin?"
Sie löschte endlich das Licht, um mit dieser
Frage auf den Lippen einzuschlafen. —
Anna von Ehlarn theilte mit ihrer Freundin
Käthe von Ponska ein Schlafgemach in dem
alterthümlichen Schlosse Weißenbrunn.
„Ach, wie gemüthlich," sagte Anna beim
Entkleiden, ans den riesigen seidenen Himmel
deutend, der sich über zwei mächtige geschnitzte
Bettstellen wölbte,
„Gemüthlich nennst Du das?" fragte die
Andere, „das nenne ich unheimlich. Man
bekommt ja das Gruseln, wenn man das
nur ansieht."
„Schwacher Geist!" spöttelte Anna, „welche
historischen Persönlichkeiten mögen daruntcr
schon geschlafen haben!? In hundert Jahren
zeigt der Hausverwalter einmal diese ehrwürdige
s Bettlade und sagt: „Hierin hat auch die
berühmte Anna von Ehlarn eine Nacht ver
bracht" — und läßt sich für diese Mittheilung
ein Trinkgeld extra verabreichen."
„Das glaube ich auch," scherzte Kathi.
„Und welche prähistorischen Gestalten werden
uns in dieser Nacht im Traume erscheinen."
.Nun, wer sich bei Dir einsindet, mein
Schatz, das weiß ich. Prähistorisch wird
er wohl nicht sein."
„Heinz vielleicht?"
„Nein — nein! —"
„Ach, wenn er nur den unglücklichen Ge
danken, zur Bühne zu gehen, aufgeben wollte.
Ich bitte Dich — er wird ja für Unsereins
dadurch rein unmöglich. Und ein Mensch
mit seinen Vorzügen, seinem Vermögen!"
.Wen diese Lampcnleidenschaft einmal erfaßt
hat, den läßt sic sobald nicht wieder los,
und wenn er nun noch Talent hat, wie Onkel
Excellenz und Frau von Römhild behaupten,
so ist Hopfen und Malz verloren."
„2llso Monsieur Heinz nicht, wer soll denn
meinem Traume Visite abstatten?"
„Nun, die Kammerherrin "
„Frau von Schönwolff,. die ewig schöne
und ewig jugendliche Cäcilie? — Ha
ha — ha."
„Lache nur nicht. Das vergißt sic Dir
nie. Ich wußte nicht, wo ich hinsehen sollte,
als Du ihr von der Frau von Römhild
vorschwärmtest."
„Ha — ha — ha, — das soll sie auch
nicht. Grün und gelb wurde sic. Mir ist
diese Person unausstehlich. Jedes weibliche
Wesen hat ja ihre Koketterie, Du kennst doch
den Spruch: „Die Koketterie ist keine Un
tugend, die unterdrückt, sondern eine Tugend,
die im Zaum gehalten werden muß." Siehst