Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 2)

Erscheint tägtich. 
Men-sburger 
BkzņsŞreis: . 
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für Auswärtige, Durch die Po,r bezogen 
2 Ji 25 4 
ted. Postprovistvtl re-, jedoch ohrie Bestellgeld. 
Inscrtionspreis: pro Petitzeile 15 
W07Ï937 
Aeliestes und gckserà KlaLL im Kreise Kendsvnrg. 
Anzeigen für die Tagesnununer werden dis 12 Uhr Mittags erdeten. 
87ster Jahrgang. 
Sonnabend, den 18. August 
Morgen-Depeschen. 
Berlin, 17. Aug. Der Kaiser hat heute 
morgeŗ. sofort nach seiner Ankunft m Kiel 
in Berücksichtigung der Verseuchung der 
Dauzrger Gegend telegraphisch einschneidende 
Modiftcationen der geplanten Kaisermanöver 
der Arme und der Flotte, soweit solche in 
der 'Danziger Gegend stattfinden sollten, 
angeordnet. (Diese Nachricht ist später 
widerrufen. Red.) 
Berlin, 18. Aug. Zur Auffindung von 
Bomben in den Wohnungen der Anarchisten 
schreibt der „Berl. Börsen-Courier" : „Wir 
sind autorisirt, dies dahin richtig zu stellen, 
deß in der Wohnung Schewe'-S bei der 
Durchsuchung der Räume zwei nicht ge> 
füllte und auch noch nicht abgeschossen ge- 
wesene Granaten (frische Munition) mit 
Beschlag belegt worden sind. Außerdem 
sand dort die Polizei ein ganzes Arsenal 
von Einbruchswerkzeugen. Daß die Polizei 
aus dem Posten ist, kann versichert werden. 
Ueber Maßnahmen der Behörde und die 
erzielten Resultate werden wir zu berichten 
Haben: sensationelle Nachrichten möge man 
inzwischen mit Ruhe ausnehmen. Wie 
weit z B- die Mittheilung eine Grund-! 
läge hat, daß bei einem Mechaniker in! 
der Langenstraße Schriftstücke gefunden, 
wurden, 'die den engsten Zusammenhang, 
der hiesigen mit den französischen Anarchi 
sten darthun, wird noch weiterer Erläute 
rung bedürfen. Daß geheime Zusammen-: 
künste der hiesigen Anarchisten stattgefunden 
haben, dürste feststehen." 
Landsbcrg a. Warthe, 17. August. Ist 
Tladow sind zwei Personen, Mutter und 
Kind, unter cholcraverdächiigen Symptomen' 
gestorben. Die amtliche Untersuchung Hatz 
Cholera asiatica ergeben. Die hiesigen 
Flußbadeanstalteu wurden behördlicherseits 
geschlossen. -> 
Güstrow, 18. Aug. Zn der hiesigen! 
Waggonfabrik brach ein großer Streik- 
aus. Die Streikenden fordern Lohn 
erhöhung und Herabminderung der Ar-! 
beitszeit. Die Direktion der Fabrik hat' 
durch Maueranschlag sofortige Entlassung 
der Streikenden angekündigt, "falls dieselben 
nicht innerhalb 24 Stunden ihre Thätig- 
keil wieder aufnehmen. 
Krakau, 18. Aug. Im Bergwerk „Cata- 
rina" waren drei Arbeiter mit dem Kessel 
reinigen an einer Dampsiuaschine beschäftigt. 
Der Maschinist, welcher die Arbeiter nicht 
bemerkte, ließ vollen Dampf in den Kessel, 
wodurch die Arbeiter total verbrüht und 
sofort getödtct wurden. 
Wien, 18. August. Bon den durch 
Schlesien marschirenden Truppen der 
Krakauer Garnison erkrankten in Bielitz 
7 Mann unter choleraartigen Erscheinungen. 
Bei dreien wurde bereits Cholera constatirt. 
Paris, 18. Aug. Das „Journal des 
Döbats" bespricht den Besuch Kaiser Wil- 
Helms bei der Exkaiserin Eugenie gelegent- 
lich 'seines Aufenthalts kn England und 
hätt diesen Besuch für bedeutungsvoll. 
habe sich dabei nicht Mi eine plötzliche,! 
unvorbereitete Eingebung des deutschest 
Kaisers gehandelt, sondern um einen Schritt/ 
tvelcher lange vorher von dem deutschen 
Botschafter, Grafen Hatzfeld, eingeleitet 
worden sei. Besondere Erwähnung ver 
diene die Feindseligkeit des jungen Mo 
narchen, welcher zn dem Besuch nicht 
deutsche, sondern englische Uniform ange 
legt hatte. Der Gegenstand der Unter 
Haltung zwischen den beiden Majestäten 
werde natürlich geheim gehalten. 
Paris, 18. Än-g. Wie der „Mattn" 
aus Genf meldet, -sollen Anarchisten in 
Lugano ein Komplott gegen den Präsiden 
ten Casimir-Perie-r geschmiedet haben. Man 
kenne die Namen der Anarchisten. Mehrere 
der Verschwörer seien plötzlich ans der 
der Schweiz abgereist. 
London, 18. Äug. Die hiesigen Blätter 
besprechen die Hinrichtung Caserios. „Daily 
Telegraph" sagt, der Mörder sei so ge 
storben, wie er -gelebt habe, als Feigling. 
Sein Charakter' hübe ihn nur zum Ver 
brecher, nicht zum Helden gemacht. — 
„Standard" màt, das Verbrechen Caserios 
hätte die Anarchisten Hassenswerth, die Art, 
wie er das Schaffst bestiegen habe, hätte 
sie verächtlich gemacht. 
London, 18. August. Meldungen ans 
Shanghai zufolge setzt die japanische Re 
gierung die TrnPpensendungen nach Korea 
fort. Dort sind setzt bereits über ZOOOO 
Mann stationirt. Die chinesische Flotte ist 
in ihrem Verhalten noch völlig passiv. 
Der Gouverneur hat Preise auf die Zer 
störung japanischer'Kriegschiffe und L-nf die 
Köpfe feindlicher Soldaten ausgesetzt. 
Dundee, 18. Tug. Der Kaufmann -Ernst 
Haßberger, der -wegen Fälschungen im 
Betrage von mehr als 100 000 Sfte. in 
Anklage steht, ist -vor das Geschwķnen- 
gericht verwiesen. 
London, 17. Äug. Nach den Abend 
blättern kam in der Londoner Vorstadt 
Battersea ein tödlich verlaufener C h o k:r a 
anfall vor. Gegen die Ausbreitungider 
Seuche sind Vorkehrungen getroffen. 
Ausland. 
Italien. 
Zm Grana Monferrato, einer Ortschaft 
im Bezirk Casale, ereignete sich in diesen 
Tagen Abends eine Blutthat, die die ganze 
Einwohnerschaft des Städtchens in Auf 
regung versetzt hat. Der noch nicht 30 
Jahre alte Advokat Cesare Gino wurde, 
-als er die Wohnung einer ihm befreunde 
ten Familie verließ, bei weleyer er den Abend 
zugebracht hatte, in einem Gäßchen von 
einem Individuum angegriffen, das ihm 
hinterlistiger Weise einen Dolch in die Milz 
bohrte. Der Mörder zog nach geschehener 
That den Dolch aus der Wunde und ent 
fernte sich dann unter dem Schutze der 
Nacht eiligst durch eines der zahlreichen 
Winkelgäßchen, die die Hauptstraße von 
Grana durchqueren. Der Advokat wurde 
von einigen Männern, die auf seine Hülfe 
rufe herbeigeeilt waren, in seine Wohnung 
geschafft, wo er unter fürchterlichen Schmer 
zen verschied. Ueber die Veranlagung zu 
dem Verbrechen sind die wildesten Gerüchte 
im Umlauf; daß man auch „anarchistische 
Motive" annahm, ist selbstverständlich und' 
entspricht der herrschenden Zeitströmung.' 
Am glaubhaftesten ist jedoch die Ansicht,! 
daß es sich um einen Akt der Privatsache 
handelte. Gino war bis zum vorigen 
Sommer Beamter bei der Banca Nazio-, 
nale in Rom und kehrte dann in seine 
Heimath zurück, wo er sich als Advokat 
niederließ. Er war ein gesuchter Ver 
theidiger, besonders in Civilprozessen, »nb- 
gab sich erfolgreiche Mühe, bedeutende 
Summen wiederzuerlangen, die sein ver 
storbener Vater mehreren Gvundbesitzern 
in Grana geliehen hatte, ohne sie später 
ivieder eintreiben zu können. -Einer oder 
der andere dieser zur Rückzahlung des Gel 
des verurtheilten Grundbesitzer dürfte ans 
Rache die Ermordung des Advokaten ent 
weder selbst ausgeführt oder doch veran 
laßt haben. 
England. 
London, 17. Aug. Das Ere-igniß der 
diesjährigen Versammlung der britischen 
Gesellschaft war die Ankündigung des 
Physikers Lord Rayleigh, des Nach 
folgers Tyndall's an dem Institut, daß es 
ihm und dem Professor Ramsay gelungen 
sei, ein neues Gas in der -atmo 
sphärischen Luft außer den bekann 
ten Bestandtheilen nachzuweisen. 
Lord Rayleigh hat eine Reihe von Ver 
suchen vorgenommen, um die Dichtigkeit 
der Gase festzustellen, als er bemerkte, daß 
der der Atmosphäre entnommene Stickstoff 
schwerer sei als der aus anderen Quellen 
stammende. Soweit gelangt, kam der Che 
miker Professor Ramsay seinem Kollegen 
zur Hülfe. Die Nächstliegende Annahme 
war natürlich die, daß der Stickstoff, mit 
dem Lord Rayleigh experimentirt hatte, 
nicht rein war. Es dauerte aber garnicht 
lange, bis Professor Ramsay fand, daß es 
in der Atmosphäre außer Stickstoff ein noch 
bisher nicht bekanntes und indifferentes 
Gas gäbe. Läßt man elektrische Funken 
durch eine mit atmosphärischer Luft gefüllte 
Flasche schlagen, die entstehenden Dämpfe 
von salpetriger Säure von Pottasche auf 
nehmen und den vom Sauerstoff von pyro- 
gallensaurem Alkali, so bleibt noch ein 
Rest, der weder Sauerstoff, noch Stickstoff 
ist, wie das Sprektum beweist. Dasselbe 
Gas kann man auch erhalten, wenn man 
in den Stickstoff der Luft Magnesium 
bringt. Während das Magnesium allmäh. 
lich den Stickstoff annimmt, erreicht der 
Rest die Dichtigkeit von fast 20. Das 
neu entdeckte Gas bildet 1 pCt. der At 
mosphäre. Jni Sprektum hat es eine 
einzige blaue Linie, die viel intensiver ist, 
als die des Stickstoffes. Die beiden eng 
lischen Forscher haben bis jetzt etwa 100 
Kubikcentimeter des neuen Gases gewonnen. 
Schwerz. 
Aus der Schweiz, 16. Aug. In einem 
Gasthaus in unmittelbarer Nähe des 
Zugersees ereignete sich diesen Sommer 
folgendes Stücklcin: Von furchtbarem Durst 
geplagt, erlaubte sich ein Arbeiter ein Glas 
Bier einzunehmen. Als er nach der Rech 
nung frug, hieß es 15 Rappen. Der Ar 
beiter gab ein 20 Rp.-Stück, statt aber 
einen Fünfer zurückzubekommen, legte die 
liebenswürdige Frau Wirthin eine gute 
Cigarre auf den Tisch. Der Arbeiter, 
der Kunst des Rauchens völlig unkundig, 
verschmähte die Cigarre, er wolle das 
Rauchen nicht erlerne» rc. Nach langem 
Hin- und Herplaudern steckte der Arbeiter 
den Glimmstengel in die Tasche. Nach 
einigen Tagen ging derselbe Arbeiter wieder 
um in die Wirthschaft und verlangte ein 
Glas Bier zu 15 Rp. Als -er dasselbe 
dann getrunken und bezahlen wollte, legte 
.er einen Fünfer auf den Tisch und neben- 
.bei ein in einer Zeitung «»gewickeltes 
Stück Ziegel oder Backstein. Die Frau 
Wirthin wollte auf diesen Handel nicht 
eingehen und sagte, sie habe keinen neuen 
.Ban in Aussicht, daß sie rothe Bausteine 
Bei Betriebsstörungen 
irgend welcher Art ist die regelmäßige Lieferung 
dieses Blattes vorbehalten. 
Als Beilagen 
werden dem Blatt „Der Landwirth" sonne daI 
Blatt „Mode u. Heim" gratis beigegeben. 
3000 Abonnenten. 
kaufen müßte. Wohl oder übel, die gute 
Frau Wirthin mußte den rothen Backstein 
als Zahlung annehmen, so gut wie vorher 
der Nichtraucher die Cigarre. 
Oesterreich. 
Triest, 16. Aug. Der 18jähr. Bauern- 
söhn Luigi Cossutta aus Madrisio bei 
Udine wollte jüngst in der Dämmernngs- 
stunde vom Felde ins Dorf zurückkehren, 
da er jedoch sehr müde war, legte er sich 
ins Gras und schlief ein. Kurz darauf 
brach ein furchtbares Unwetter los, der 
Regen kam in Strömen und stammende 
Blitze erhellten von Zeit zu Zeit die plötz- 
lich eingetretene Dunkelheit. Durch einen 
gewaltigen Donnerschlag wurde Cossutta 
aufgeweckt, und er öffnete die Augen ge 
rade in dem Augenblick, als ein Wetter 
strahl fiel. Als er sich erhob, um weiter- 
zugehen, merkte er, daß er vollständig 
blind geworden war. Mit Mühe und Noth 
gelang es ihm, sich bis zum Vaterhauss 
Hinzutasten; man kann sich den Schmerz 
der Eltern denken, als sie den einzigen 
Sohn in diesem Zustande sahen. Der alte 
Vater entschloß sich nach einigen Tagen, 
den Jüngling nach Triest zu bringen. Er 
fand in der Augenabtheilung des hiesigen 
Hospitals Aufnahme, und der leitende Arzt 
stellte fest, daß der junge Lnigi den sogen. 
„Blitzstaar" habe. In Gegenwart der 
anderen Hospitalsärzte wurde am 12. ds. 
an Cossutta die Staaroperation vorgenom 
men, die dem Patienten die Sehkraft, 
wiedergab. Der Vater Cossutta's, der oer 
Operation beiwohnen durfte, wurde, als 
er seinen Sohn rufen hörte: „Vater, ich 
kann sehen!" vor Freuden ohnmächtig; 
nachdem er sich erholt hatte, fiel er dem 
Arzte um den Hals und flehte den Segen 
des Himmels auf sein Haupt herab. 
sşraņkreiÄ. 
Lyon, 16. August. Caserio hat im 
letzten Augenblick unter der Guillotine eine 
Bewegung gemacht, um sich dem Messer 
zu entziehen, infolgedessen ist der Hinterkopf 
verletzt worden. 
Paris, 17. Aug. Komplotte gegen das 
Leben des französischen Minister 
präsidenten Dupuy sind, wie ein 
Wölfisches Telegramm aus Paris meldet, 
entdeckt worden. Drei Anarchisten in 
Barcelona waren dazu bestimmt, Dupuy 
während seines Aufenthaltes in Vernet-les- 
Bains mittels Dynamit zu tödten. Die 
spanische Polizei hat die französische Re 
gierung sofort benachrichtigt und ihr das 
Signalement der Verschworenen mitgetheilt. 
38) 
Man sagt. 
Roman von E. von Wakd-Zedtwitz. 
Der Kammerherr und zwei -.Offiziere er- 
jicnen. 
Sehen Sie, das ist das Blumenzinimer 
- UNO Ost 
„Die Frau Baromn! entfuhr cs.Hans 
Iļ'ôhàg, der nicht ahnte, welche Wirkung 
ine oh»-"jcden Nebengedanken ausgesprochenen 
Jode ans-Ķilie hervorbrachten. Sie hätte 
n erwürgen mögen.- 
„Ein Glück, daß See kommen, meene 
-errcn! Famos! Famos! Nein, .Baron de 
icndrecourt, Sie entfliehen mir nicht, ich 
iltc -Ihre Hand fest; Sie haben einmal ge 
eitet, jetzt gibt -es. Ich weiß genau, daft 
1 gewinne. 
' An eincnRückMg ist nicht zu denken! Wer 
ill durchschagen, -meine Herren?" 
„Ich!" platzte natürlich Hans zuerst heraus. 
"Gut," stieß Cäcilie hervor,und mußte 
ch's gefallen lassen, daß gerade Haus Mohr- 
:rg, dem sic vorher seinen Standpunkt so 
mtlich klar gemacht hatte, sie ans dieser 
ehr als kritischen Lage befreite. 
„Ich — schlage — feierlichst — durch!" 
es Hans niit erhobener Stimme, „und darf 
; fragen, warum es sich handelt und was 
r Gegenstand der Wette ist?" 
„Baron de Vendrecourt behauptet, die 
rühmte Tragödin Ziegler wäre an unserer 
ühnc zum ersten Male aufgetreten und hatte 
> ihre künstlerische Ausbildung erhalten — 
id ich behaupte, sie ist nur' zu Gastspielen 
er gewesen," 
Die Gistblickc, welche Frau von Schönwolff 
m unerträglich neugierigen jungen Manne 
zuwarf, standen mit dem Inhalt dieser Worte 
durchaus im Widerspruch. 
„Und um was haben die Herrschaften ge 
wettet?" fragte Hans weiter. 
„Am ein — gutes Diner!" fiel der Baron 
schnell ein. 
„Diner! Gutes Dmeril Mein Fall! Gwlff 
dige Frau, danke ganz unterthänig!" Run 
küßte -er Cäciliens Hand und schritt den 
übrige« .Herren nach, die sich in das Rauch 
zimmer Gegeben hatten. 
Cäcil.« zitterte vor Wnth. Dieser Hans- 
Mohrberg war ihr geradezu ein Dorn im 
Auge. Lnd nun nmßte sie ihn wirklich zum 
Diner eiàdcn, denn in der Eile hatte sie 
Ņctte ft, gestellt, daß sic «ersteren mußte. 
Auch HcMn de Vendrecourt .war die Sache 
Ş Peinlich. 
„Wollen Mir nicht wieder — 
„Kommen Sie!" sagte Cäcilie scharf und 
.stqrltt dem größeren Gesellschaftszimmer zu. 
„A propos, Baron, haben Sie schon von 
der Baronin v« Römhild etwas gehört?" 
DB klang erregt .und spöttisch, und Herr 'de 
Vendrecourt wußte schon, was sic hörvn wollte 
„Ich sah sic n«stch auf der Straße — 
passaMe — aber — passè!" 
„So ! So!" entgegnest Cäcilie erleichtert 
aufathmeud, mit dem festen Vorsatz, der Kon 
kurrenz dieser Baronin Römhild die Spitz. 
zu bieten, , r . . 
Das Fest neigte sich scmem Ende zu und 
Cäcilie hörte nun einige Herren ihren Gatten 
zur Rede stellen, weil er diesen Baron de 
Vendrecourt einen weit über semen àng 
hinausgehenden Platz angewiesen und sie selbst 
dadurch zurückgesetzt' hatte. 
„Ich werde mich bei Prinzeß .beklagen! 
brauste der Schuldirektor auf, 
„Baron de Vendrecourt war Rittmeister; 
weshalb er vor den Stabsoffizieren rangirt, 
ist mir unbegreiflich, Herr- Kamm-erherr !" be 
merkte der Major außer DienstKulenka-mp 
„In tödtlichcr Verlegenheit — ein unbe 
greiflicher Irrthum -— aber versichere die 
Herren, vollständig ohne Absicht — bitte 
tausendmal um Verzeihung — werde alles 
bei nächster Gelegenheit wieder gutzumachen 
suchen —," entschuldigte sich Herr von Schön- 
-wolff, wandte sich wie ein Wurm, sich dabei 
die dicken Schweißtropfen von der Stirn 
-.wischend, so daß der vernünftige Schuldirektor 
und der Major Kulenkamp schließlich Mitleid 
-empfanden und die Sache auf sich beruhen 
-ließen." 
„Aber Cäcilie — o —■ mein ganzes Rc- 
uoimnö, meine Stellung hast Du auf's Spiel 
gesetzt. Einen solchen Fehler verzeiht Durch 
laucht nie —klagte Herr von Schönwolff, h- 
als sich die beiden Ehegatten wieder in ihrer 
Wohnung /befanden. 
„Was'kümmert mich Prinzeß!" entfuhr es 
Cäcilie mißgestimmt. 
„Still — still — Du bist so unvorsichtig, 
— wenn das Mädchen oder Jemand solche 
Aeußerungen Hörte und sie drüben anbrächte 
Die Klagelieder ihres Gatten nicht länger 
mit anhörend, verließ sie geräuschvoll das 
Zimmer und verschwand in ihrem Schlafge- 
wach, um sich langsam entkleiden zu lassen. 
„Du bist heute so ungeschickt, Minctta. -— 
An — au — ich kann solche ungeschickte 
Hände nicht länger gebrauchen. 
Die Gnädigste erfreute sich heute wieder 
cinnml nicht der besten Laune. Minctta 
kannte das schon. Sie hatte sich nicht gut 
unterhalten, die Herren hatten ihr nicht genug 
gehuldigt. Äbcr das freute Minettchcn und -sie 
nahm gern die Beweise allerhöchster Ungnade 
dafür in den Kauf. 
Endlich lag Cäcilie in ihrem üppigen Bett. 
dessen Ucberzüge, so kostbare Spitzen sie auch 
zierten, doch einige recht bedenkliche Stellen 
zeigten, welche der Nadel und des Zwirns 
dringend bedürftig waren. 
Der Tag war, trotzdem sie vorzüglich aus 
gesehen und wieder viel Geld für ihren An 
zug ausgegeben hatte, eigentlich noch erst aus 
geben mußte, nicht so günstig verlaufen, >vie 
sic dachte. 
Erst diese unangenehme Angelegenheit mit 
Fanny, ferner die »«gezogene Anna, die Be 
gegnung mit Hans Mohrberg, die Störung 
durch ihn und die übrigen Herren, als sic mit 
Baron de Vendrecourt im Blumenzinimer ko- 
kcttirte und dann —. „Die patentirte Schön 
est, diese Baronin Römhild! —" sagte sie 
vor sich hin. Römhild? — Römhild? Wo 
thue ich diesen Namen nur hin?" 
Sie löschte endlich das Licht, um mit dieser 
Frage auf den Lippen einzuschlafen. — 
Anna von Ehlarn theilte mit ihrer Freundin 
Käthe von Ponska ein Schlafgemach in dem 
alterthümlichen Schlosse Weißenbrunn. 
„Ach, wie gemüthlich," sagte Anna beim 
Entkleiden, ans den riesigen seidenen Himmel 
deutend, der sich über zwei mächtige geschnitzte 
Bettstellen wölbte, 
„Gemüthlich nennst Du das?" fragte die 
Andere, „das nenne ich unheimlich. Man 
bekommt ja das Gruseln, wenn man das 
nur ansieht." 
„Schwacher Geist!" spöttelte Anna, „welche 
historischen Persönlichkeiten mögen daruntcr 
schon geschlafen haben!? In hundert Jahren 
zeigt der Hausverwalter einmal diese ehrwürdige 
s Bettlade und sagt: „Hierin hat auch die 
berühmte Anna von Ehlarn eine Nacht ver 
bracht" — und läßt sich für diese Mittheilung 
ein Trinkgeld extra verabreichen." 
„Das glaube ich auch," scherzte Kathi. 
„Und welche prähistorischen Gestalten werden 
uns in dieser Nacht im Traume erscheinen." 
.Nun, wer sich bei Dir einsindet, mein 
Schatz, das weiß ich. Prähistorisch wird 
er wohl nicht sein." 
„Heinz vielleicht?" 
„Nein — nein! —" 
„Ach, wenn er nur den unglücklichen Ge 
danken, zur Bühne zu gehen, aufgeben wollte. 
Ich bitte Dich — er wird ja für Unsereins 
dadurch rein unmöglich. Und ein Mensch 
mit seinen Vorzügen, seinem Vermögen!" 
.Wen diese Lampcnleidenschaft einmal erfaßt 
hat, den läßt sic sobald nicht wieder los, 
und wenn er nun noch Talent hat, wie Onkel 
Excellenz und Frau von Römhild behaupten, 
so ist Hopfen und Malz verloren." 
„2llso Monsieur Heinz nicht, wer soll denn 
meinem Traume Visite abstatten?" 
„Nun, die Kammerherrin " 
„Frau von Schönwolff,. die ewig schöne 
und ewig jugendliche Cäcilie? — Ha 
ha — ha." 
„Lache nur nicht. Das vergißt sic Dir 
nie. Ich wußte nicht, wo ich hinsehen sollte, 
als Du ihr von der Frau von Römhild 
vorschwärmtest." 
„Ha — ha — ha, — das soll sie auch 
nicht. Grün und gelb wurde sic. Mir ist 
diese Person unausstehlich. Jedes weibliche 
Wesen hat ja ihre Koketterie, Du kennst doch 
den Spruch: „Die Koketterie ist keine Un 
tugend, die unterdrückt, sondern eine Tugend, 
die im Zaum gehalten werden muß." Siehst
	        
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