Full text: Newspaper volume (1894, Bd. 2)

» Erscheint t«gstd) 
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87ster Jahrgang. 
Wontcrg, den 13. August 
Morgen-Depeschen. 
Berlin, 13. August. Wie die „Post" 
meldet, hat der Kaiser anläßlich des Erd 
bebens in Konstantinopel die Summe von 
10 000 Mark bewilligt. Davon sind 
5000 Mark zu allgemeinen Zwecken der 
Unterstützung Beschädigter bestimmt. Die 
übrigen 5000 Mark sind ausschließlich der 
deutschen Schule in Konstantin opel zuge 
wandt. 
Berlin, 13. Aug. Dem Drohbrief vom 
31. Juli d. I., der bei der Buchhandlung 
don Mittler und Sohn, Kochstr. 68, ein 
gegangen war, ist inzwischen ein zweiter 
gefolgt. In dem zweiten Schreiben, das 
aus Berlin kommt, heißt es, daß die Ur- 
Heber des ersten anarchistifchcu Drohbriefes 
wieder in Berlin eingetroffen seien, und 
daß das Zerstörungswerk trotz aller Vor- 
sichtsmaßregeln dennoch vor sich gehen 
werde. Auch dieses Schreiben ist an die 
Polizei abgegeben worden. Es ist noch 
nicht festgestellt, ob die Angelegenheit einen 
ernsten Hintergrund hat, oder ob es sich 
sich um bloßen Unfug handelt. 
CoweS, 13. August. Im Schloß zu 
Osborne fand gestern Abend Tafel zu 36 
Gedecken statt, an derselben nahmen die 
Königin, der Prinz von Wales, der Herzog 
von g)orf, Prinz Heinrich von Battenberg 
Und der deutsche Botschafter Graf Hatzfeldt 
Theil. Nachträglich wird noch gemeldet, 
daß bei dem am Donnerstag stattgefundeuen 
Mahl an Bord der Jacht „Jverna" ein 
Trinkspruch auf die Kaiserin Augusta 
Victoria ausgebracht und derselben ein 
Grußtelegramm gesandt wurde. — Heute 
şindet an Bord der „Osborne" ein vom 
deutschen Kaiser gegebenes Mahl statt. 
Morgen verabschiedet sich der Monarch 
bvm Hofe und begiebt sich am Montag 
ffüh über Portsmouth nach Aldershot. 
Es verlautet, der Kaiser habe versprochen, 
iw nächsten Jahre mit seiner Gemahlin 
wiederzukommen. 
London, 13. Aug. Aus Shanghai wird 
gemeldet, daß japanische Truppen in Stärke 
von 12 000 Mann in Fusan und 8000 
Mann in Juensan gelandet sind, die den 
von der Mandschurei kommenden chinesischen 
Truppen in der Nähe von Söul entgegen 
treten wollen. 
Paris, 13. Aug. In den letzten Tagen 
land zwischen hier und Petersburg ein leb* 
softer Depeschenwechsel statt. Wie es 
i>0ßt, habe sich die französische Regierung 
wit der russischen verständigt, daß die 
stlotten beider Länder in Korea gemein 
schaftlich Vorgehen werden, falls eine andere 
Macht eine Aenderung der gegenwärtigen 
dortigen Lage zum Nachtheil Rußlands 
herbeiführen sollte. 
Paris, 13. Aug. Der Eure-Präfect 
Bareme ist gestern ermordet. 
Paris, 13. Aug. Das „Echo de Paris" 
glaubt zu wissen, daß der unbekannte 
Mörder des Eure-Präfekten, Bareme, ein 
Beamter des Ministeriums des Innern, 
der Sohn eines Senators, gewesen ist. 
Derselbe sei sehr wohl über die Ausgaben 
aus den geheimen Fonds unterrichtet ge- 
wesen. Ferner meint das Blatt, man habe 
wohl gewußt, wer der Mörder sei, ihn 
aber nicht verfolgt, obgleich er vor Kurzem 
in Brest gesehen worden sei. 
Paris, 11. Aug. (Anarchisten-Prozeß.) 
Der Staatsanwalt Bulot öffnete ein ihm 
während der Verhandlung zugesandtes 
Packet. Dasselbe enthielt eine Nummer des 
„Jntransigeant" und menschliche Excre- 
mente. Der Staatsanwalt ging weg, 
um seine Hände zu waschen, und die Ber- 
Handlung mußte deßhalb unterbrochen 
werden. 
Lemberg, 11. Aug. In Sokall sank 
ein 12jähriger Knabe beim Baden im 
Bug-Fluß unter. Die Mutter und die 
Schwester, die ihn retten wollten, ertranken. 
Der Knabe wurde gerettet. 
, Graz, 13. Aug. In die hiesige Haupt 
niederlage der Tabakregie brachen in ver 
gangener Nacht mehrere Diebe ein, welche 
die eiserne Kaffe anbohrten und aus der 
selben 10 000 Gulden raubten. 
Brüssel, 13. Aug. Zwischen hier und 
der Station Schacrbeck entgleiste ein Güter- 
zug. Die Lokomotive überschlug sich. Der 
Heizer wurde lebensgefährlich verletzt; ein 
Maschinist verbrannte im Feuer total. 
Man glaubt, daß ein anarchistisches Atten- 
tat vorliegt. Die Ostender Züge nach 
Deutschland haben vier- bis fünfstündige 
Verspätung, da die Geleise gesperrt sind. 
Ncwyork, 11. Aug. Gestern entgleiste 
bei Lincoln in Nebraska ein Eisenbahnzug. 
24 Personen wurden getödtet. Die Ursache 
des Unglücks war die böswillige Entfernung 
einer Schiene. Als des Verbrechens der- 
dächtig wurde ein Neger verhaftet. 
Shanghai, 13. Aug. Wie dem Reuter- 
schen Bureau gemeldet wird, griff die 
japanische Flotte gestern früh Wei- 
H oi-Wei an. Auf der einen Seite zurück 
geschlagen, versucht die japanische Flotte 
jetzt auf der anderen Seite vorzudringen. 
Stadtvierteln verboten, weil die Herre 
Bettler dort den Passanten so lästig wur' 
den, daß Störungen der öffentlichen Ord 
nung unausbleiblich waren. Am Morgen 
nach dem Polizeiverbot versammelten sich 
die Bettler von Bukarest zu Tausenden 
und entsandten zu dem Polizeipräfecten 
eine Abordnung, die beauftragt war, ihm 
mitzutheilen, daß, wenn das Verbot auf 
recht erhalten würde, sie sich gezwungen 
sähen, „ausständig zu werden und das 
Brot mit Gewalt zu nehmen, daß sie in 
folge des Polizeiverbots von der öffentlichen 
Mildthätigkeit nicht fordern dürften." Wir 
wissen nicht, was für Maßregeln der 
Präfect gegen diese „bescheidenen" Bettler 
ergriffen hat. 
Schweden. 
Stockholm. Als der norwegische Justiz 
minister Hagerup, derIsich gegenwärtig 
hier aufhält, mit dem Staatsminister Gram 
der hiesigen norwegischen Regierungsabthei 
lung dieser Tage auf dem Karl XII.-Platz 
spazieren ging, stürzte sich plötzlich ein 
junges Mädchen dicht bei den Genannten 
in den reißenden Norrstrom. Hagerup 
sprang sofort nach und rettete das Mäd 
chen, das indessen anscheinend wenig mit 
der Rettung zufrieden war. 
Belgien. 
Während eines Gewitters kehrte am 
Mittwoch>Abend der Radfahrer H. aus 
Namur mit mehreren Freunden von einem 
Ausfluge heim, als plötzlich ein Blitz in 
die Maschine des H. und von da in den 
Erdboden fuhr. Der Radfahrer wurde 
zu Boden geschleudert. Als seine Freunde 
herbeieilten, stellte sich heraus, daß er das 
Augenlicht verloren hatte, doch kehrte die 
Sehkraft bald wieder. Durch I den Sturz 
ist F. an einem Beine schwer verletzt. 
Ausland. 
Außereuropäische Gebiete. 
Marroco. Nach uralter am marrokani- 
scheu Kaiserhofe herrschender Sitte hat es 
auch diesmal die Mutter des Sultans 
selbst übernommen, 
Harem einzurichten. 
verhangen, sodaß Niemand wußte, was 
unter deu schwarzen Tüchern verborgen 
sei. Als der Prediger nun zu der Stelle 
kam: „Die Vögel erfüllen mit ihrem Ge 
zwitscher die Welt und lobsingen dem 
Herrn", fielen wie auf einen Schlag die 
Hüllen und in demselben Augenblicke er 
füllte der Sang und das Gezwitscher der 
Vögel den Kirchenraum! — In Amerika 
scheint die große Hitze einigen Leuten zu 
Kopf gestiegen zu sein. 
Rußland. 
Aus Petersburg bringt der „L.-A." die 
Nachricht, daß der Zar am Hochzeits 
tage der Großfürstin Lenia seine 
übliche Rundfahrt durch den Peterhofer 
Park unterließ und dem Feuerwerk nicht 
wie verlautet, Droh- 
ihrem Sohne einen 
Sie hat daher für 
ihn in Anbetracht seines noch jugendlichen 
Alters vier Mädchen im Alter von zwölf 
bis fünfzehn Jahren ausgewählt, die ihren 
neuen Gebieter bei seinem Einzuge in Fes 
schon im Palaste daselbst erwarteten. Die 
Mädchen sind indeß keineswegs, wie man 
in Europa glauben dürfte, gewöhnliche 
Sklavinnen, sondern durchaus Töchter 
höherer Staatsbeamten und Militärs, deren 
Eltern es sich zur Ehre anrechnen, ihre 
Töchter dem Kaiserlichen Harem einverleibt 
zu sehen. 
Die Coreysche Arbeiterarmee hat 
sich jetzt, wie aus Washington gemeldet 
wird, aufgelöst. Schon die ganzen letzten 
Wochen war der Abfall massenhaft. Heute 
beiwohnte, weil er, 
briefe erhielt, in denen ihm vorgeworfen 
wurde, daß er angesichts der Hochzeitsfeier 
keine Begnadigungen vornahm. Auch aus 
dem Auslande gingen der russischen Re 
gierung Warnungen zu. 
England. 
Einen furchtbaren Selbstmord be- 
ging am Donnerstag die Frau des Stein- 
arbeiters John Beale in Nuneaton in der 
englischen Grafschaft Warwick. Sie steckte 
sich eine Dynamitpatrone, wie ihr 
Mann sie zum Steinsprengen gebraucht, 
in den Mund und zündete sie an. Durch 
die Explosion wurde die Selbstmörderin 
buchstäblich in Stücke gerissen. 
Frankreich. 
Paris, 11. Aug. Einige der Pariser 
Aristokratie angehörige Persönlichkeiten nah 
men gestern au der Küste der Bretagne 
ein unfreiwilliges Bad. Graf und Gräfin 
von Montesquieu und Marquis und Mar- 
quise von Aramon waren im Laufe des 
gestrigen Tages in St. Malo angekommen 
und wollten trotz des stürmischen Wetters 
die Ueberfahrt nach dem Badeorte Dinard 
auf einem Segelkutter bewerkstelligen. Das 
Boot schlug unterwegs um und die In 
sassen konnten nur mit Mühe gerettet 
werden. Ein Matrose ertrank dabei. Das 
sämmtliche Gepäck, darunter ein Koffer mit 
30 000 Francs Inhalt, ging verloren. 
Griechenland. 
Die in Korfu explodirte Bombe war ein 
von einem Kriegsschiff verlorener Tor- 
p e d o z ü n d e r, der durch Fischer vor Jahren 
zählte das Heer, womit der Schwärmer 
das Kapitol belagern wollte, nur 88 Mann, 
und diese wurden von der Polizei wegen 
Landstreicherei verhaftet. 
Was man in Amerika Alles thut, um 
dem Nachbarn Kunden abspenstig zu machen, 
davon giebt das hochentwickelte sogenannte 
„Bonus-System" den schönsten Aufschluß. 
In Schuhgeschäften ist man z. B. auf die 
glänzende Idee verfallen, jedem Käufer von 
einem Paar Schuhen zugleich eine Kauf- 
bestätigung einzuhändigen, welche ihn dazu 
berechtigt, sich im Hause, wo er die 
Schuhe gekauft hat, diese 10 bis 15 Mal 
gratis wichsen zu lassen. Hutgeschäfte geben 
ihren Käufern ähnliche Karten, die dazu 
berechtigen, ihren Hut mehrmals umsonst 
auffrischen zu lassen; ähnlich verfahren 
auch viele Herrenschneider. Verschiedene 
große Weißwaarengeschäfte geben gar Ein- 
trittskarten zu Vorstellungen zu irgend 
einem Theater her, wenn man Einkäufe 
Inland. 
Der Ruderapparat, welchen der 
Kaiser zu seinen tagtäglichen Muskel 
übungen im Zimmer benutzt, ist von dem 
praktischen Arzt Dr. Ewer konstruirt wor 
den. Der Apparat gleicht dem mittlere» 
Theile eines Rennbootes, er ist dem ent 
sprechend mit einem in Schienen laufende» 
Rollsitz und mit einem verstellbaren Fuß 
brett ausgestattet. Das Ruder, das durch 
drei Kugelgelenke nach allen Richtungen 
hingeführt werden kann, wirkt bei der 
Ruderbewegung auf einem in einem Messing 
rohr gehenden Kolben; ein verstellbarer 
Schlitz im Messingrohr gestattet die Luft- 
von Waaren im Werthe von über einem 
halben Dollar bei ihnen macht. Dieses 
„Bonus-System" begann erst vor wenigen 
Jahren, ats eine Theestrma mit dem Ver 
schenken von Chromo's für den Kauf von 
je einem Pfund Thee begonnen hatte. 
Heute hat es sich beinahe auf jeden Geschäfts- 
zweig ausgedehnt. 
Kirche von Cincinnati hielt 
gefunden und jetzt an Juden als altes 
Eisen verkauft worden war. 
Rumänien. 
Der Polizeipräfect von Bukarest hat 
In einer 
einer der Prediger die Sommcrpredigt. 
Rings an den Wänden der Kirche waren 
Vogelkäfige angebracht, jedoch schwarz 
den Bettlern das Umherstreifen in einigen 
Es bcstcht nun einmal in der Gesellschaft die 
Abneigung gegen die darstellenden Künstler, 
nimmt man sie überhaupt auf, so sicher mit 
erinnerte sie dieses edle Feuer, dieses Auf 
gehen in seinem zukünftigen Beruf an die 
Zeit, wo sie selbst gegen Vorurtheile, väter 
liche Fürsorge und tausend mißliche Verhält 
nisse anzukämpfen hatte und doch Alles zu 
einem schönen Eude führte, — und an seinen 
stunde, und wollen Sie mir gefälligst sagen, 
wem Sie eben Honneur erwiesen?" 
Leise und freundlich waren diese Frage» 
wahrhaftig nicht gestellt, und kein Wort da 
von entging den am Fenster kichernden Back 
fischen. Nur Fanny von Schönwolff kicherte 
nicht, sondern umfaßte krampfhaft die Hand 
ihrer Busenfreundin Editta. 
„Der arme Hans, o Gott im Himmel, 
jetzt bekommt er Arrest — — Arrest 
um meinetwillen." 
Die Augen des Obersten funkelten zornig 
dem jungen, sprachlosen Offizier entgegen, 
dann grüßte er kurz. „Wir werden uns noch 
darüber sprechen," sagte er und ritt weiter. 
Hans Mohrberg marschirte mit seinen 
Soldaten weiter. „Scheußlich, ach, diese 
Blamage," flüsterte er vor sich hin, mit Bangig 
keit der angekündigten Besprechung gedenkend, 
ohne jedoch zu sehen, wie es jetzt freundlich 
über das vorher so strenge Gesicht des bär 
beißigen Alten glitt, als er die reizenden 
Backfische an den Fenstern des Pensionats 
erblickte. 
„Aha — aha. Das war cs also. Mein 
verliebter kleiner Hans macht eine militärische 
Fensterpromenade. — Kostbar — und daß ich 
auch gerade des Weges kommen muß: aber 
seinen Rüffel bekommt er doch." 
Der im Grunde genommen so gutmüthige 
Herr, der Hans Mohrberg ebenso in's Herz 
geschlossen hatte, wie die übrigen Offiziere 
des Regiments, belustigte sich königlich über 
diesen kleinen Zwischenfall. Fanny aber hatte 
eine schlaflose Nacht und Hans Mohrberg 
kramte zu Max von der Molde's Freude 
Vorsicht. Das gilt von den Anfängern, den 
Mittelmäßigen, während mau dem großen 
Künstler von Gottes Gnaden — und leider 
auch dem der Reklanie -— Weihrauch bis 
zum Ueberdruß streut. Die Welt bewegt 
sich nun einnial in Extremen, hier giebt sie 
zu wenig, dort zu viel." 
„Welches Bild entwerfen Sie mir da, 
gnädige Frau! Rechnet man da noch hinzu, 
nnt welchen mißlichen Verhältnissen nian in 
Jf Künstler-kreisen selbst zu kämpfen hat, mit 
unsympathischen Menschen man 
L muß, welcher 9Mb welcher 
ÖSf'fn Ģlend täglich an Einen 
^ ' V. foäte man b ein übe «mtm-iMn " 
-) tauchten da auf, und neugierige Blicke richteten 
sich der anrückenden Truppe zu. Heinz glaubte 
1 unter den neugierigen Mädchen auch Fräulein 
c von Schönwolff zu erkennen, für welche sein 
Freund Hans schwärmte. 
~ Und da marschirte er selbst mit gezücktem 
Säbel an der Spitze seiner Soldaten, kom- 
mandirte gerade vor dem Hause des Fräuleins 
von Osterwald mit weithin schallender Stimme: 
> „Faßt das Gewehr an! Augen links!" nahm 
! selbst die Kopfrichtnng dorthin und senkte 
l gravitätisch die Waffe als Gruß für die 
jungen Damen. 
„Halt, Herr Lieutenant! Lassen Sie halten!" 
hörte man diesen Augenblick einen alten 
Brummbaß, und wie aus der Erde gestampft 
hielt der Regimentskommandeur, welcher eben 
aus dem Seitengäßchen einbog hoch zu Roß 
vor dem verblüfften Offizier. 
„Bataillon halt! Der erste Zug der zweiten 
Kompagnie auf dem Marsche zu einer Feld 
dienstübung," meldete Hans Mohrberg dem 
mit eisiger Ruhe vor ihm haltenden Oberst. , 
„Wo findet denn die Felddienstübung statt, > 
Herr Lieutenant!" 
„Bei Brigittenau." 
„Geht es hier nach Brigittenau?" 
Hans schwieg. 
„Nun, Sie müssen doch wissen, wo der 
Weg nach Brigittenau führt? Sic machen 
hier einen Umweg von einer guten Vicrtel- 
„Seitdem sie erfahren hat, daß ich mich 
ì>er Bühne widmen will, tritt dieses eigen 
thümliche Gebühren zu Tage. Manchnial ver 
gißt sie es und ist die Alte, fällt es ihr aber 
wieder ein, dann — —." 
„Dann ist sic die Baronesse von Ehlarn, 
die Tochter aus hohem Hause, und Sie 
sind — " 
„Der zukünftige Possenreißer," fiel Heinz 
geröthcten Gesichtes zornig ein, „der gerade 
gut genug ist, den Mitgliedern eines hohen 
şŅdels im günstigen Falle einmal nach einem 
guten Diner angenehm über das Vcrdauungs- 
ueber hinweg zu helfen." 
»So ist es, Freund! 
»Und das sagen Sie so ruhig? Diese 
st^usamc Wahrheit, diese himmelschreiende 
Gerechtigkeit, diese vernichtende Ansicht der 
stj Äschen über den Künstler, der sein Bestes, 
Um Herzblut giebt, schleudern Sie mir so 
urmherzig entgegen?" 
Dès'^cil unbedingte Wahrheit das einzige 
erreichen! Sic sagten cs selbst und diesem 
Ziele strebe ich entgegen, Gott gebe mir Kraft, 
Talent, Gesundheit, heilige Begeisterung, daß 
ich's erreiche! — Nichts könnte mich von 
meinem Ziele fern halten — außer — die 
® er Gedanke, jetzt im geschlossenen Raum 
zu verweilen, dünkte ihm unmöglich. Dazu 
war das Wetter noch so schön, daß er sich 
veranlaßt fühlte, noch einmal das Freie zu 
uchcn, begann doch erst in einer Stunde 
das Mittagessen int dem Gasthause, wo er 
zu speisen pflegte. 
So erreichte er die Bergstraße und wollte 
eben in ein Leiteugäßchen einbiegen, um von 
da nach dem Weinberge, dem schönsten Aussichts 
punkte, hinaufzusteigen, als er Trommelwirbel 
e t ist, Sie vor zukünftigen Schlägen, 
ņ auch nicht zu bewahren, denn sie fallen 
. und schmerzen immer, so sic Ihnen 
> weniger empfindlich zu machen." 
wie traurig!" 
" , aè Hohe, das Schöne im Leben ist 
^"mal nicht ohne Schmerzen zu erreichen. 
und seine Äugen schimmerten wie tiefblauer 
Stahl. Bertha's Auge hing voller Entzücken 
an ihm. Er sah bildschön aus, und dazu
	        
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