Full text: Newspaper volume (1889, Bd. 2)

Aendsburger 
-ierteljährllch 2 — frei ms Haus geliefert 
2 JL 15 X 
'te Auswärtige, die das Blatt durch die Post 
beziehe» 2 Ji 25 ^ 
i«cL Postprovifion ic., jedoch ohne Bestellgeld. 
Ausland. 
Außereuropäische Gebiete. 
— Der „Herald" meldet auS Eaufid.r: 
Am Sonnabend waren die Deutschen, nach 
Ablehnung aller den Eingeborenen gemachten 
Friedensvorschläge, entschlossen, Pangani zu 
zerstören. Buschiri war zuletzt im Usagara- 
gebiet, um Leute zur Theilnahme am Aufstand 
zu bewegen. Man weiß aber nicht, ob er 
schon zurückgekehrt ist. Sobald die Deutschen 
b« Insurgenten aus der Nachbarschaft von 
Ragamogos vertrieben haben werden, wollen 
ste den Handel wieder eröffnen, und sie laden 
deshalb die Indier zur Rückkehr ein. Die 
Eingeborenen wollen aber unbedingt mit den 
Deutschen nichts zu thun haben. Der Mangel 
an Lebensmitteln ist entlang der deutschen 
Küste noch immer sehr groß. — Dr. Peters 
landete in der Nähe von KivaihoS, nördlich 
von Lamm Sein Munitionsdampfer „Neara" 
wurde indeß vom britischen Admiral mit 
Beschlag belegt und als Prise erklärt. Am 
britischen Konsulat werden durch Mauer- 
anschlag alle Personen, welche Ansprüche aus 
den Herrn Dr. Peters abgenommenen Dampfer 
erheben zu können glauben, aufgefordert, ihre 
Anrechte binnen zwanzig Tagen geltend zu 
machen. Der Sultan fürchtet seine Absetzung 
und die Berufung seines Bruders Ali zur 
Herrschaft. Es heißt, daß auch Ali ein darauf 
bezüglicher Antrag unter der Bedingung der 
Freigebung aller Sklaven in Zanzibar und 
der Abschaffung der Sklaverei gestellt worden 
jr‘ n besuch des britischen Agenten, 
• i’. Portals, bei Ali macht viel von sich 
reden. Ali soll sich jedoch fürchten, unter 
diesen Umständen den Antrag anzunehmen, 
da dann eine Revolution unvermeidlich sein 
würde. Die Eingeborenen glauben nicht, daß 
Stanley und Emin vor drei Monaten ein 
treffen können und glauben, sie würden ihren 
Weg nach Mombassa nehmen. 
Wie der „Times" aus Sansibar gemeldet 
wird, ließ Hauptmann W i ß m a n n die tausend 
Mann zählende, nach Unyamembe bestimmte 
Karawane, die seit November im Küstengebiet 
wartete, aufbrechen, um zu versuchen, den 
Handel wiederzueröffnen und die in Unyamembe 
liegenden zahlreichen Karawanen zu ver 
komm k em Rutschen Küstengebiet zu 
England. 
30. Juni. (B. T.) Der von der 
afiikmilichen Westküste in Liverpool eingelau- 
skne Dampfer Kinsemb o brachte Nachrichten 
über Stanley mit. Am 14. Mai war 
Z«ser1ii,«»prets: 
Für die Petitzeile oder deren Raum 15 Jķ, 
der Dampfer in Banama, fand dort Herbert 
Ward mit 17 Mann, als Rest von 200 
Maun der Arrièregarde Stanleys in furcht 
barem, durch Hunger und Strapazen herab 
gekommenen Zustande. Herbert Ward erzählte, 
Stanley sei in Fetzen gekleidet und ohne 
Schuhwerk. Er habe abermals ensetzliche 
Entbehrungen gelitten und von 600 
Mann 400 verloren. Die Leute sanken 
haufenweise am Wege nieder und starben vor 
Hunger und Erschöpfung. Stanleys 
Haar sei weiß geworden wie Schnee; er sei 
aber wieder zu Emin Pascha gestoßen, der 
mit 9000 Mann und mit großen Elfenbein- 
vorräthen nach der Ostküste aufgebrochen sei. 
London. 29. Juni. Die Portugiesen 
zerstörten in der Delagoabay die von 
britischen Arbeitern verbarrikadirte Station, 
erschossen den britischen Ingenieur und arretirten 
den Dolmetscher. Das Konsulat ist mit 
Flüchtlingen gefüllt. Der Konsul verlangt 
Entsetzung. 
Rußland. 
In Petersburg herrscht zur Stunde die 
friedliche Auffassung vor. So bemerkt 
anläßlich des Bulgarien betreffenden Passus 
in Kalnokys Rede in der Sitzung der un 
garischen Delegation das halbamtliche „Jour 
nal de St. Petersbourg": „Was dieses un 
glückliche Land betrifft, so ist der Standpunkt 
Rußlands, welcher auf Recht und Achtung 
der Verträge beruht, Allen bekannt, wir brau 
chen nicht weiter darauf zurückzukommen." 
Dies ist eine überaus maßvolle Mahnung 
des den Koburger verneinenden russischen Ver 
haltens, die zu einer anderen Zeit schwerlich 
so bescheiden ausgedrückt worden wäre. Die 
„Kriegstreibereien" haben also als „psycholo 
gisches Moment" den Vortheil gehabt, die 
russische Friedensliebe an offizieller Stelle ent 
schiedener hervortreten zu lassen, als dies an 
gesichts der Truppenansammlung in den west 
lichen Gouvernements von den Beobachtern 
der Vorgänge im Zarenreich erwartet worden 
war. 
Warschau, 29. Juni. Eine gewaltige 
Feuersbrunst hat die polnische Stadt 
Ostrom o bei Kowno betroffen. Das in 
einem Kaufmannsspeicher ausgebrvchene Feuer 
verbreitete sich bald über die ganze Stadt, da 
die Spritzen zum Theil den Dienst versagten. 
Zwölfhundert Häuser, der Dom, 
einige Kirchen und viele Staatsge- 
bände wurden in Asche gelegt. Der 
Schaden beläuft sich auf eine halbe Million 
Rubel. Eiu brennendes Haus stürzte auf 
eine Straße und begrub unter denTrüm- 
mern gegen 30 Menschen. In den 
Flammen sind ebenfalls viele Leute umgekom 
men. Unbeschreiblich ist das Elend unter den 
Abgebrannten. Tausende von Menschen kam- 
piren im Felde und schleppen dabei noch die 
geretteten Habseligkeiten auf einen Haufen. 
Während des Brande« fanden sich wie gewöhn 
lich Diebe ein, die von den geretteten Sachen 
noch fast ein Drittel gestohlen haben. Bei 
derartigen Bränden in Polen werden die 
Läden sofort g eplündert und die Sachen 
meilenweit fortgeschafft. Bei der gewöhnlich 
herrschenden Panik denkt keiner an die Ver 
treibung der Räuber. Kommt endlich Mili 
tär, so hat es eine doppelte Aufgabe, nämlich 
das Feuer zu löschen und auch die raublu 
stige Menge vom Eigenthum Anderer zurück 
zuprügeln, wobei es mit dem Gewehrkolben 
und mit dem Säbel vorgehen muß. Die 
Umgegend sandte sofort Nahrung und Klei 
dungsstücke. 
Belgien. 
Brüffel, 29. Juni. Gelegentlich deS 
gestrigen Besuches des Schahs von Persien 
und des Königs in der Fabrik von Seraing 
erwiderte der König auf die Ansprache der 
Deputation der Arbeiter Folgendes: 
„Ihr arbeitet in Eurer Sphäre, ich in 
der weinigen. Alle Arbeiter gehören einer 
Familie an und müssen sich die Hand reichen. 
Sagt den Kameraden, diese Gefühle erfüllen 
mich. Auf Wiedersehen, meine guten Freunde!" 
Der König gab jedem Arbeiter die Hand 
und bat, seine Worte in der Presse gut 
wiederzugeben, welche der belgischen Devise: 
„Einigkeit macht stark!" entsprächen. 
Italien. 
Rom. 29. Juni. Ein Soldat des 7. Ber- 
saglieri-Regiments griff auf dem Marsche nach 
Benevent sein Bataillon an, indem er, 
von hinten auf dasselbe feuernd, Mehrere ver 
wundete. Den Major, der ihn entwaffnen 
wollte, erschoß er und setzte dann das Feuer- 
auf das Bataillon von Neuem fort, Offiziere 
und Soldaten verwundend; schließlich gelang 
es einem Kapitän, ihn mit einem Schusse 
niederzustrecken. 
Sora, 28. Juni. Bon gut unterrichteter 
Seite wird verbürgt mitgetheilt, Crispi 
habe dem hiesigen Vertreter einer Groß 
macht bestimmt erklärt, er werde binnen 
Kurzem, vielleicht noch im Laufe des Som 
mers, das Portefeuille des Aeußern abgeben. 
— Wie auS Sora gemeldet wird, liegen 
dort Telegramme aus Turin vor, wonach die 
franz öfisch ePolizei italienischeSchiffe 
auf Schmuggelwaare durchsucht und 
6) Die AwMngsSrüder. 
Roman von M. E. Braddon. 
Überflüssig, zu sagen, daß er nicht gear 
beitet hatte, daß er den Gottesdienst versäumt 
und sich anderweitig gegen die Gesetze der 
Hochschule vergangen, daß er die Geduld bei 
Professoren und Hülfslehrern erschöpft uun daß 
V« be,j°inem Ruf hoher Begabung fertig 
gebracht hatte, unter di, allerletzten Studenten 
zu kommen. 
Unbeeinflußt von den Schatten gewaltiger 
Todten, unbekümmert um Baeon wie Newton, 
Byron wie Macaulay, Wehwell wie Thacke 
ray, war er seine« müßigen Weges gegangen, 
hatte getrunken, gelärmt, gespielt, geschwelgt 
zu unthesilgen Stunden, die Behörden insul- 
twt, mrt Schänkmädchen geliebelt, jede Vor 
stellung und jedes Gesetz übertreten. Er hatte 
den Ehrgeiz 1tiner Mutter enttäuscht und ihre 
Börse stark in Anspruch genommen. War doch 
snne Rückkehr in Schloß Belfield da« Signal 
zu dem Beginn bcS Regens von Chambridger 
Şufmanns - Rechnungen und Advokaten- 
Mahnungen gewesen, die während der letzten 
Alf Monate ununterbrochen über dem Hause 
Es gab Vorstellungen und Erklärungen, 
hranen von der sanften Lady Belfield, 
mürrischen Trotz von Valentin, großmüthige 
Dazwischenkunft Adrians, und schließlich 
wurden die Forderungen der Cambridger 
Kaufleute mit nur wenigen exorbitanten Aus 
nahmen auf Heller und Pfennig beglichen, 
was unendlich viel mehr war als ein einziger 
unter ihnen verdiente. Lady Belfield bestritt 
die Hälfte der Summe aus ihrem Privat 
vermögen und Adrian bestand darauf, die 
andere Hälfte zu decken. 
Seine eigene Laufbahn zu Trinity war 
seltsam verschieden von der seines glänzenden, 
unverbesserlichen Bruders gewesen. Seine 
schwächere Gesundheit hatt? ihn von sämmt 
lichen Vergnügungen der Athletik ausgeschlossen. 
Er war weder als Jäger noch als Ruderer 
bekannt gewesen. Zu Newmarket hatte man 
nie von ihm gehört. Er hatte emsig studirt 
und das Staatsexamen bestanden. Er hatte 
einige Freunde cultivirt, aber eS waren junge 
Leute von strebsamen Geiste wie er selber 
gewesen. 
Er hatte ein so abgeschlossenes Leben 
geführt, daß seine Anwesenheit auf der Hoch 
schule nur den Bewohnern seines Viereck« und 
Bibliothekars bekannt gewesen, der ihn an 
manchem Morgen, wo die Andern bei dem 
Rudern oder beim Jagen waren, auf seinem 
gewohnten Platze neben Byrons Standbild 
sitzen sah. 
Für Adrian hatte Trinity Abgeschlossenheit 
und ernste Arbeit bedeutet; für Valentin war 
das Universitätsleben ein langer Feiertag, ein 
schwelgerisches, leichtsinniges Aufgehen in 
jugendlichen Vergnügungen und jugendlichen 
Leidenschaften gewesen; ein schlechter Anfang 
für ein wie immer geartetes Leben; und den 
noch hatte er eS bei all feiner Zügellosigkeit 
fertig gebracht, Cambridge mit dem Rufe 
eines der beliebtesten Nichtgraduirten an jener 
großen Hochschule zu verlassen. Er hatte sein 
Geld mit königlicher Freigebigkeit verschleudert, 
wohl wissend, daß eS nicht sein Eigenthum 
war. Er war nach seiner Weise gutmüthig 
gewesen; er sprach gut, besaß ein schönes 
Gesicht und einnehmendes Aeußere, hielt für 
alle jungen Lebemänner seiner Zeit ein offenes 
HauS, lieh seine Pferde bis sie lahm gingen 
und hatte stets ein Kistchen tadelloser Cigarren 
auf seinem Tische. Für einen Menschen, der 
Adrian kannte und liebte, gab es zwanzig, 
die warme Anhänglichkeit für Adrian zur 
Schau trugen. Was die Freundschaft werth 
war, mußten spätere Zeiten lehren. Einst 
weilen war er leidlich unabhängig von aller 
Freundschaft. 
Valentin zählte sechsundzwanzig Jahre und 
hatte sich mindestens zwanzigmal verliebt oder 
«» Beilage wird dem Blatt monatlich einmal 
„Der Landwirth" gratts beigegeben. 
dabei die italienische Flagge sowie den italieni 
schen Konsul beleidigt hätte. Der Zwischenfall 
soll bereits Gegenstand diplomatischer Ver 
handlungen sein. 
Serbien. 
Ueber Belgrad wird aus Obrenovac ge 
meldet: Eine 20 Mann starke Räuber 
bande erbrach Nachts die Wirthschaft Jak- 
scha in dem nahegelegenen Dorfe Umka, miß 
handelte Mann und Frau und raubte 600 
Dinars, sowie die greifbaren Schmuckgegen- 
stände. — Auch in Baritsch wurde einem 
Einwohner 130 Dukaten geraubt. Das 
Räuberunwesen nimmt bedrohlich 
überhand. 
Oesterreich. 
In Brünn ist unter den Arbeitern der 
Tuchfabriken ein allgemeiner Streik 
unvermeidlich. Die Arbeiter stellten gestern 
den Fabrikbesitzern ein Ultimatum, worin eine 
Lohnerhöhung um 25 pCt. verlangt wurde. 
Die Fabrikanten lehnten diese Forderung ab, 
und morgen beginnt der Streik. Die Brünner 
Garnison wurde verstärkt. 
Inland. 
Berlin. 29. Juni. (H. C.) Die „Kreuz- 
Ztg." schreibt heute: Sehr erklärlicher Weise 
ist gerade neuerdings die Frage vielfach er 
örtert worden, ob der Kaiser von Rußland 
schon in diesem Jahre seinen Gegenbesuch am 
hiesigen Hofe ausführen werde. Wir glauben 
gut unterrichtet zu sein, wenn wir bemerken, 
daß endgültige Bestimmungen bisher noch 
nicht getroffen sind. Nach den zur Stunde 
bekannten Dispositionen scheint ein diesjähriger 
Besuch des Zaren in unserer Hauptstadt jedoch 
nicht in Aussicht genommen zu sein. Gleich 
zeitig bringt das Blatt eine Zuschrift aus 
London, welche sich mit den über den P r i n z e n 
boit Wales umlaufenden Gerüchten be 
schäftigt und den englischen Thronfolger be 
schuldigt, die Bestrebungen des Herzogs 
von Cumberland zu fördern. 
— Die Kaiserin Friedrich wird sich, 
wie das „Berl. Tagebl." erfährt, im August 
nach England begeben, aber erst nach Be 
endigung der Festveranstaltungen zu Ehren 
Kaiser Wilhelm's, um sich mit ihrer Mutter 
zu strengem Stillleben zurückzuziehen. Die 
Prinzessinnen Töchter Victoria, Sophie und 
Margarethe bleiben bei ihrer Mutter, die zu 
kurzem Aufenthalt wieder nach Berlin zurück 
kehren wird, sobald die letzten Vorbereitungen 
für die Vermählungsfeierlichkeiten zu treffen 
sind. Ein Besuch der Kaiserin Friedrich und 
verliebt zu haben geglaubt. In der That 
behauptete er, über die Fähigkeit des Lieben« 
hinaus zu sein. 
„Die Weiber sind so eintönig," sagte er 
bei einem jener Vertrauensergüsse, mit denen 
er seinen Bruder zuweilen beehrte. Er sprach 
unendlich gern von sich selber; und Adrian, 
war solch ein mitfühlender Zuhörer. „Die 
Weiber sind alle gleich. Bei meiner Seele, 
Adrian, wenn Du wüßtest, wie gering der 
Unterschied zwischen den Idiosynkrasien einer 
Pairsfrau und eines Schänkmädchens ist, 
so würde es Dir Wunder nehmen, daß ein. 
Mensch, der ein paar Abenteuer mitgemacht 
hat, bald zu fühlen beginnt, daß das Leben 
ausgespielt ist. 
„Mein lieber Val, ich glaube, daß Du nicht 
viel von den Pairsfrauen weißt, und ich hoffe. 
Du weißt recht wenig von Schänkmädchen," 
erwiderte Adrian. 
Es war an dem Abend nach Valentin's 
wohlbehaltener Rückkehr auf dem Fuchse. Di« 
beiden Brüder hatten sich nach dem Diner in 
das Billardzimmer zurückgezogen und faßen 
zu beiden Seiten des breiten alten Kamins, 
zu träge zum Spielen, die Gluth der Buchen 
scheite und jene nachlässige Art von Konver 
sation genießend, die weder Anfang, Mitte 
noch Ende hat.
	        
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