Full text: Newspaper volume (1888, Bd. 2)

jedoch das Weite gesucht und ist bis heute 
nicht wieder in das elterliche Haus zurück 
gekehrt. 
Aus Schwerin wird dem „Hamb. Courier" 
geschrieben: Bekanntlich kaufte der Baron v. 
Schroll aus Wien, der in Folge seiner Ver 
lobung mit Frl. Bertha Rother in 
letzter Zeit in den Blättern viel genannt 
wurde, das in der Nähe von Schwerin bele- 
gene Rittergut Flesscnow. Nachdem die Ver 
lobung rückgängig gemacht war, ward von 
dem Gutsverkauf das Gleiche erwartet. Neuer 
dings hat sich aber Frl. Rother als Besitzerin 
des genannten Gutes legitimirt und hat auch 
den Besitz seit Sonnabend thatsächlich ange 
treten. Bertha Rother ist also Ritter 
gutsbesitzerin ! 
— Auf dem InselSierg (Thüringen) ist 
am letzten Montag der erste Schnee gefallen; 
der letzte Schnee war dort oben am 11. Juli 
gefallen. 
Hamburg, 8. Oct. Der Besuch des 
Kaisers ist nunmehr bestimmt für den 29. 
d. Mts. erwartbar. Der Kaiser wird an 
diesem Tage der Einladung des Senats ent 
sprechend an der Einweihung und Besichtigung 
der Zollanschlußbauten theilnehmen, dem daran 
sich anschließenden Festmahle beiwohnen und 
Abends nach Berlin zurückkehren. 
Hamburg, 9. Oct. Herr Geheim rath 
Dr. Gcffcken ist nach dem „H. C." gestern 
Abend in aller Stille unter- dem Geleit eines 
höheren Beamten, der aus Berlin zu diesem 
Zweck hier eingetroffen war, nach dem Unter 
suchungsgefängniß in Moabit (Berlin) über 
führt worden. Dort hat Dr. Geffckcn bereits 
ein mehrstündiges Verhör vor dem vom Reichs 
gericht zum Untersuchungsrichter bestellten 
Berliner Landrichter Herrn Hirschfeld zu be 
stehen gehabt. 
— Die Beschlagnahme des October- 
heftes der „Deutschen Rundschau" ist in Berlin 
am Montag Abend erfolgt in der Expedition 
der „Rundschau". — Nach § 27 des Paß 
gesetzes sind bei der Beschlagnahme die die- 
selbeveranlassendenStellender Schrift 
unter Anführung der verletzten Gesetze zu 
bezeichnen. Nur wenn die die Beschlag 
nahme veranlassenden Stellen bekannt gemacht 
werden, ist nach § 28 auch der Wiederabdruck 
der betr. Stellen strafbar. — Dr. Gcffcken 
hat, wie die „Hamburger Nachrichten" und 
der „Hamburger Correspondent" erfahren, 
seinen Anwalt Dr. Wvlffson beauftragt, gegen 
das Entmündigungsverfahren energischen Ein 
spruch zu erheben. 
Provinzielles. 
Schleswig-Holstein. Der Reichsanzeiger 
veröffentlicht die Konzessions-Urkunde, betreffend 
den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von 
Wilster, Station der Eisenbahn von Itzehoe 
nach Heide, nach der westlichen Mündung 
des Nord-Ostsee-Kanals durch die 
Schleswig-Holsteinische Marschbahngesellschaft. 
Nkumünster, 9. Oct. In dem hier abge 
haltenen Kreistag für den Landkreis Kiel 
wurde mitgetheilt, daß der Ausbau der Kiel- 
Schönberger Nebenlandstraße fertig gestellt sei 
und der Bau demnächst zur Abnahme seitens 
des Kreises gelangen werde. Auch die Neben 
landstraße Kiel-Rendsburg wird ausgebaut 
und wurde beschlossen, die bisher Wegepflich 
tigen im Voraus zu belasten in folgender 
Weise: Gemeinde Haffen mit einem Sechstel, 
mit dem gleichen Betrage die in Betracht 
kommenden adeligen Güter und mit einem 
Fünftel die Gemeinde Russee. Zu verhan 
deln war dann über einen Antrag des Vor 
mundes des Eigenthümers der adeligen Güter 
Annenhof, Schierensee (beide Kreis Rends 
burg) und Blockshagen (Landkreis Kiel), das 
letztere Gut dem Kreise Rendsburg zugelcgen. 
Der Antrag ist abgelehnt, dagegen beschlossen, 
Schritte zu unternehmen, um die beiden erst 
genannten Güter dem Landkreis Kiel einzu 
verleiben, da hierdurch die Kreisgrenze eine 
bessere Abrundung erhalten würde. Die Kreis- 
kaffenrechnung füe 1887—88 wurde in Ein 
nahme mit 161 000 M., in Ausgabe mit 
108000 M., demnach einen Ucberschuß von 
53 000 M. festgestellt und der Rechnungs 
führer entlastet. Endlich wurde noch dem Haide- 
cultur-Berein für Schleswig-Holstein eine 
Unterstützung für 1888 im Betrage von 100M. 
bewilligt. 
Tontzern, 8. Okt. HerrW. A. Schwert 
feger, der letzte Sohn einer der größten 
nichtadeligen Gutsbesitzerfamilien Holsteins, 
wurde gestern hier zur letzten Ruhe bestattet. 
Sein Vater war der in weiten Kreisen in 
hohem Ansehen stehende Besitzer des Gutes 
Löhrsdorf im östlichen Holstein. Der Ver 
storbene, der im 63. Lebensjahre stand, hatte 
sich, wie seine Brüder, der Landwirthschaft 
gewidmet und war seiner Zeit Pächter des 
Gutes Rundhof in Angeln. Im schleswig 
holsteinischen Kriege stand er mit seinen 
Brüdern beim 1. schleswig - holsteinischen 
Jägerkorps, das mehrere blutige Schlachten 
mitgemacht hat. Er hatte sich während seines 
fünfjährigen Hierseins allgenieine Achtung er 
worben. An seinem Sarge trauern drei 
Kinder und die Wittwe, mit welcher der Ver 
storbene im November vorigen Jahres unter 
vielseitiger Bezeugung der Theilnahme seine 
silberne Hochzeit feierte. 
Stapclholm, 8. Oct. Eine beträcht 
liche Einbuße hat während der Herbstmarkt 
tage in S über st ape l der Fährpächter 
Cor nils daselbst erlitten. In früheren 
Jahren nämlich brachten diese Tage dem 
Fährmann die Haupteinnahme, indem an 
denselben nicht allein der Prahmen, sondern 
auch mehrere Fährboote bis in die Nacht in 
steter Thätigkeit waren; dahingegen sollen 
des heftigen Sturmes und des hohen Wasser 
standes wegen diesen Herbst daselbst nur 3 
Wagen über die Eider befördert worden sein. 
Einen um so größeren Verdienst haben die 
Fährpächter in Friedrichstadt und Bargen ge 
habt, weil daselbst die Beförderung über die 
Eider bei schlechtem Wetter leichter thunlich ist. 
—nn Bom Kanal, 8. Oct. Heute hat 
man den Anfang bei den Erdarbeiten des 
Nord-Ostsee-Kanals am Flemhudersee 
gemacht. Vorläufig bohren 10 Mann auf 
dem sogenannten Holmkamp, zum Hofe Groß- 
Nordsee gehörig, ein großes Loch, von dem 
aus die Erweiterung stattfinden soll. Sämmt 
liches Material soll in den nächsten Tagen 
ankommen und werden sodann auch mehr 
Arbeitskräfte eintreffen. — Wenn in der letzten 
Nr. des Rendsburger Wochenblattes rühmend 
anerkannt wurde; daß der Fuhrunternehmer 
Herr Göllner ans Bovenau, welcher die Post- 
gegenstände zwischen Rendsburg und Bovenau 
befördert, sich einen so schönen Wagen hat 
bauen lassen, so ist dies richtig und wird dies 
lebhaft vom Publikum begrüßt. Das Fuhr 
werk wird auch gewiß häufig benutzt» da der 
Preis einer Tour 70 Pfg. und die doppelte 
1 Mk. 20 Pf., ein moderater genannt wer 
den kann. Dazu kommt noch die recht schnelle 
Beförderung; man kommt in l'/r Stunden 
von Bovenau nach Rendsburg, und eben so 
schnell retour. 
schien für ihn erledigt, und begab sich hinüber 
zu seiner Gemahlin. 
Gräfin Hertha Loebenthal, geborene Gräfin 
Brunn, einst eine dunkeläugige Schönheit 
ersten Ranges, welche ebenso durch Geist und 
Humor die Kreise der großen Welt entzückt, 
wie sie früher auf ihrer englischen Fuchsstute 
mit den weißen Strümpfen manchen Reiter 
im rothen Rock beschämt, war seit Jahren 
von einem ernsten Herzleiden befallen. Doch 
bemühte sie sich sichtlich dagegen anzukämpfen. 
Beim Eintritt ihres Gatten lag Gräfin 
Hertha in sichtbarer Erschöpfung auf einem 
Fauteuil in ihrem Bijou, wie sie einen kleinen 
Salon zu nennen beliebte. Die Empfangs 
räume, welche für eine beschränkte Anzahl 
von Gästen bereit standen, strahlten schon im 
sanften Lichte der durch farbige Glocken ge 
dämpften Gasflammen. Die zartblauen, sei 
denen, mit silbernen Phantasieblumen durch 
wirkten Tapeten der kleinen Bijou erschienen 
fast märchenhaft in der mondscheinähnlichen 
Beleuchtung. Dieselben Muster wie die Ta 
peten zeigten auch die zu bequemer Ruhe 
einladenden Halbseffel und eine Chaiselongue. 
Damit nichts die zarte Uebereinstimmung der 
Töne störe, war der Schreibtisch der Gräfin, 
sowie einige der Räumlichkeit angepaßte oder 
neben die Ruhesitze gestellte Tische und Tisch 
chen von grauem Holz gefertigt und mit 
silberfarbigen Drapirungen versehen. 
Tödtlich blaß, aber edel erschienen die Züge 
der Gräfin, als sie mit zurückgelegtem Kopfe 
in apathischer Ruhe die Anrede ihres ein 
tretenden Gatten erwartete. Ein unendlich 
mitleidiger Blick siel aus den Augen desselben 
auf die matten Züge seiner Lebensgefährtin. 
„Liebe Hertha, Du siehst heute nach dem 
abscheulich qualvollen Anfall etwas angegriffen 
aus, willst Du nicht ein wenig rouge auf 
legen, darf ich Louise dazu Auftrag geben? 
Unsere Gäste kommen wohl vor einer Viertel 
stunde kaum, und so brauchst Du Dich nicht 
weiter zu erheben, Louise kann hier ihre Kunst 
beweisen!" 
„Du kommst meinem Wunsche zuvor, Fritz, 
auch ich fühlte die Nothwendigkeit, unsere 
Gäste durch etwas aufgelegte Nöthe über 
meinen Zustand zu täuschen und dem steten 
Bedauern über mein krankhaftes Aussehen zu 
entgehen, — aber ich war zu matt, zu matt, 
um selbst bis an jene Klingel zu gelangen." 
(Fortsetzung folgt.) 
Kleine Gedankensplitter. 
In Siegesglanz und Herrlichkeit 
Jst's leicht bei einem Volk zu steh'n. 
Bist Du zu leiden auch bereit 
Mit Deinem Volk in trüber Zeit? 
Mit ihm, roenn’ä sein muß, unterzugehn? 
Die Probe laß mich seh'n! 
Earl Wertbrecht. 
Kleine Mittheilungen a. d. Provinz re. 
Ein merkwürdiger Handel ist zwischen dem 
Hufner Hollesen und dem Uhrmacher Petersen 
in Wees by abgeschlossen worden. Ersterer 
verkaufte ein fehlerfreies Pferd an den Letzteren 
für 20 silberne Uhren. Petersen verkaufte 
dann auf dem Schafflunder Markt das Pferd 
wieder für 150 Mk. — Von einem entsetz 
lichen Unglücksfall wurde die Frau eines 
Schießbudenbesitzers Löpsien aus Neumün 
ster betroffen. In Eutin siel Frau Löpsien 
in ihrer Bude nieder, und zwar mit dem Ge 
sicht so unglücklich in einen Nagel, daß der 
letztere ein Auge völlig durchbohrte. Das 
Auge ist total verloren. Die beklagcnswerthe 
Frau befindet sich zur Zeit im Eutiner Kran 
kenhause. — Ein junger, in Meggerdorf 
gebürtiger Landmann, Namens Friedrichsen, 
welcher als 15jähriger Knabe nach Amerika 
auswanderte und vor etlichen Wochen nach 
seinem Geburtsorte zurückkehrte, hat von der 
Kgl. Regierung die Weisung erhalten, inner 
halb 8 Tagen das preußische Staatsgebiet 
zu verlassen. 
0 Rendsburg» 9. Oct. (Provinzial- 
Gewerbeverband. Fortsetzung aus gestriger 
Nummer d. Bl.) Am Schluffe der ersten 
Hauptversammlung des Provinzial-Gewerbe- 
verbandes forderte der Vorstand die Delegirten 
auf, sich darüber auszulassen, wie weit in den 
Einzelvereinen die Neigung vorhanden sei einer 
ev. zu gründenden Alters- und Wittwenver- 
sorgungskasse beizutreten. Bei einem wöchent 
lichen Beitrag von 20 Pf. würde mit dem 
60. Lebensjahre eine Rente von 70 M. zur 
Auszahlung gelangen können. Der Delcgirte 
für Altona glaubte nicht, daß diese Sache 
leicht durchführbar sei und gab Namens des 
dortigen Gewerbevereins die Erklärung ab, 
daß die Mitglieder desselben dieser Kaffe nicht 
beitreten würden. Damit war die Angelegen 
heit erledigt. Eine längere Auseinandersetzung 
fand darauf statt über das Recht der Nicht- 
Jnnungsmeister, Lehrlinge zu halten; an der 
selben betheiligte sich auch mehrfach der Re 
gierungskommissar. Wesentlich Neues wurde 
indeß nicht zu Tage gefördert. Nach Schluß 
der Versammlung fand ein gemeinschaftliches 
Mittagseffen und darauf eine von dem Ge 
werbeverein in Nortorf veranstaltete Ballfest 
lichkeit statt. Heute wird die zweite Haupt 
versammlung abgehalten. 
0 Rendsburg, 10. Oct. Wie verlautet, 
wird die nächste Gesanimtsynode, welche nach 
der bisher beobachteten Regel im nächsten 
Monat hier zusammentreten müßte, erst nach 
Neujahr, vielleicht erst im März oder April, abge 
halten werden. Anzunehmen ist wohl, daß zu er 
wartende kirchliche Vorlagen im Landtage Grund 
dieser Aufschiebung sind. 
4-Rendsburg, 8.Oct. (Schwurgericht). 
Unter dem Vorsitz des Landgerichts-Präsidenten 
Jsenbarth wurde heute die Loosziehung für die 
Spruchliste der Geschworenen, welche zu der 
am 12. November beginnenden 3. Schwurge 
richtsdiät in Kiel einzuberufen sind, vorgenom 
men; es wurden gezogen: 1. Müller Joh. Brock 
mann in Lutterbeck. 2. Rentier E. F. Möller 
in Kiel. 3. Kaufmann I. Jwerscn in Olden 
burg i. H. 4. Hufner Heinr. Kühler in 
Alt-Heikendorf. 5. -Kaufmann I. H. Th. 
Nebendahl in Kiel. 6. Kornmakler I. F. 
Martens in Kiel. 7. Landmann Reimer Nikol. 
Schlömer in Tellingstedt. 8. Großkäthner 
Wilh. Hansen in Grube. 9. Gutsbesitzer 
Will), von Gyldenfeldt in Hohenlinde. 10. 
Hofpächier Theophile in Haffelburg. 11. Hof 
besitzer Peter Kröger in Südcrdeich. 12. Kauf 
mann Karl Petersen in Preetz. 13. Eisen- 
bahnbetriebs-Kontroleur a. D. Heinrich Georg 
Kühler in Kiel. 14. Schiffsmakler Ernst 
Friedr. Ohrt in Kiel. 15. Gutspächter Johs. 
Rathgen in Birkenmoor. 16. Hufner Christ. 
Hingst in Negenharrie. 17. Landmann Martin 
Möller in Karolincnkoog. 18. Bankdirector 
Christ. Ad. Hermannsen in Kiel. 19. Fabrikant 
Ed. Bartram in Ncumünstcr 20. Hofpächter 
Karl Drenkhahn in Sterndorf. 21. Buch 
druckereibesitzer I. Schwensen in Eckernförde. 
22. Hofbesitzer C. Müller in Louiscnberg bei 
Eckernförde. 23. Fabrikant Harry Friedrichsen 
in Kiel. 24. Schlächtermeister Franz 
Albrecht in Rendsburg. 25. Eism- 
gicßereibesitzer Franz Rohwer in Neumünster. 
26. Gutsbesitzer Schmidt in Friedrichsthal bei 
Eckernförde. 27. Gutsbesitzer Johs. Friedr. 
Aug. Bockmann iu Hohenholm. 28. Land 
mann August Thomsen in Oesterfeld. 29. 
Fabrikant Ernst Kracht in Neumünster. 30. 
Kaufmann .Anton Mahr in Kiel. — Zum 
Vorsitzenden des Schwurgerichts ist der Land- 
gerichts-Director Geheime Justizrath Sommer- 
werck ernannt. 
Mittheilungen aus dem Publikum. 
Die Redaction stellt die Benutz»»» dieser Rubrik, soweit 
eS der Raum gestattet, dem Publikum zur Besprechung 
von Angelegenheiten allgemeinen Interesses zur Versü- 
aung. verwahrt sich aber ausdrücklich dagegen, mit dein 
Inhalt ldentistcirt zu werden und übernimmt dafür 
leincrlet Verantwortung. 
Eingesandt. 
Wichtiger, als alle politischen und commu« 
nalen Fragen ist zur Zeit für manchen Haus 
vater und manche Hausmutter die — Kar- 
t of felfrage. Es ist nicht Jedermanns 
Sache, für eine Tonne resp. 200 % Kar 
toffeln 8 bis 10 Jl zu zahlen. Manches 
Familienhaupt in den nicht wohlhabenden 
Ständen denkt mit Sorge an den bevor 
stehenden Winter, zumal auch noch andere 
unentbehrliche Lebensmittel im Preise gestiegen 
sind. Einsender dieser Zeilen las kürzlich in 
Schleswig'fchen Blättern, daß hie und da 
Händler Kartoffeln in großen Quanti 
täten von auswärts hatten kommen lassen 
und im Stande seien, dieselben in guter Waare 
tonnenweise für 6 Reichsmark zu verkaufen. 
Sollten sich nicht auch hierorts solche Unter 
nehmer resp. Wohlthäter finden? 
W. Hamburg, 10. Oct. 
WetterAussichten*) 
für den 11. Oktober. 
Auf Grund der Berichte der Hamburger Seewarte. 
(Von unserem meteorologischen Mitarbeiter.) 
Veränderlich, wolkig, zum Theil bedeckt und 
trübe, mit strichweisen Niederschlägen, zum Theil 
klar oder halbbedeckt; in den Mittagsstunden 
mäßig warm, dann sehr kühl. Nachts empfind 
lich kalt. Schwache und müßige, öfters auf 
frischende und lebhafte böige Winde imcist west 
lich bis nordwestlich). Nachts und früh vieler- 
wärts Nebelbildung. 
*) Nachdruck Verbote». 
Neueste Nachrichten. 
Wien, 9. Okt. Graf Herbert B iSm arck, 
welcher gestern Abend aus Ungarn nach Wien 
zurückkehrte» verabschiedete sich heute Vor 
mittag vom Grasen Kalnoky und begab sich 
Mittags '/»2 Uhr mit Separatzug nach 
Neuberg, wohin er vom Kaiser Wilhelm 
telegraphisch berufen wurde. Diese Be 
rufung soll ausschließlich den Zweck haben, 
die lausenden Dienstgeschäste vor der Abreise 
»ach Rom zu erledigen. 
Breslau, 9. Okt. Die Sozialdemo 
kraten stellen für Kräcker den im letzten 
Sozialistcnprozeß verurtheilten, gegenwärtig 
im Gesäugnih fitzenden Studios»» der Mathe 
matik Lux aus. 
Ansbach, 9. Okt. Seit heute Morgen 
herrscht hier ein außerordentlich starker 
Schneefall. 
Der Prozeß des Bankiers Herrmann. 
(Aus den Flensburger Nachrichten.) 
Die vor reichlich 9 Monaten erfolgte Verhaftung 
des Bankiers Karl H errmann aus Husum 
erregte in weiten Kreisen das größte Aufsehen, 
zumal mit dem Zusammenbruch der Firma dieses 
über Schleswig-Holstein hinaus bekannten Mannes 
viele Menschen in Mitleidenschaft gezogen wurden. 
Gestern ward nun in der Strafkammer des hiesigen 
Königl. Landgerichts wider den seit December 1887 
hier in Untersuchungshaft gewesenen Angeklagten 
verhandelt, dein die Anklage 8 Fälle der Untreue, 
5 Fälle der einfachen Unterschlagung, einfachen 
Bankerotts, verbunden mit unterlaffener Bilanz 
ziehung und Verletzung _ seiner Pflichten als Vor 
standsmitglied der Husumer Actienbrauerei zur 
Last legt. H., im 40. Lebensjahr stehend und aus 
Bredstedt gebürtig, etablirte sich am 1. August 
1875 als Kaufmann und Bankier in Husum, wozu 
ihm elterlicherseits ca. 70,000 Mark überwiesen 
wurden. Als sich sein Geschäft von Jahr zu Jahr 
günstiger gestaltete, erwarb er auch noch die Flens 
burger Glashütte käuflich. Im December 1887 
qerieth er in Konkurs, zu dein er nach seiner An 
gabe durch Börsendifferenzgeschafte getrieben ward. 
Hierbei habe er bei dem Kaufmann Luesmann in 
Husum 180,000 Mark emgebußt, sowie bei der 
Hamburger Firma Wilh. Schulz 235.000 Mark, 
welche Firmen gleichfalls m Konkurs kamen. Seit 
1882 hat Herrmann eine Bilanzziehung nicht mehr 
zu ermöglichen vermocht. Aus dem Sündenregister 
des Angeklagten entnehmen wir folgendes: Im 
Mai 1887 erhielt Herrmami von der Rentiere 
Bendiren 50,000 Mark in Werthpapieren, deren 
Regulirung, weil Erbmasse, er übernehmen sollte. 
Diese Papiere wanderten jedoch zu des Angeklagten 
eigener Entlastung an die Altonaer Vereinsbank. 
Behufs Umtausch gegen andere Werthpapiere er 
hielt H. ferner vom Bahnhofsinspector Jasker fünf 
Stück 5-prozentiae Hamb. - Amerik. Packetfahrt- 
Actien ü 1000 Mark; diese gingen gleichfalls nach 
Hamburg. Die von einem Fräul. Feddersen in 
Drelsdorf zur Konventirung übergebenen 7000 
Kronen in Werthpapieren sandte er als eigenes 
Depot an die Norddeutsche Bank in Hamburg. 
Aehnlich machte er es mit einer Summe von 
2000 Mark in Werthpapieren, welche ihm die 
Lehrerwittwe Bandholz anvn'traute. Die Spar- 
kafie in Mildstedt wandte sich an H. mit dem Er 
suchen, ihr für 200 Stück 5-procentige 200 öster 
reichische Guldenpapiere zu verschaffen. H. sandte 
die Papiere an die Veremsbank in Altona, und 
war verpflichtet, die betr. Suinme 40,000 Mark, 
im Dezember 1887 zu zahlen. 
Kaufmann Lorenzen von Pellworm zahlte an 
H. 8950 Jt ein behufs Absendung nach Nord 
amerika, was indeß unterblieb, wie dies auch mit 
der Summe von 8000 Mk. geschah, welche ihni 
der Gerichtsdiener Fries aus Nordstrand auch zur 
Absendung nach Amerika übergeben hatte. Vom 
Landmann Hamkens aus Rödemis erhielt jH. zur
	        
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