Ausland.
Oesterreich.
4. Okt. (B. T.) Der prachtvolle
3wße R e d o u t e n s a a l der Hofburg,
weiße goldschimmernde Wände durch
Eberühmtcn Brüsseler Gobelins, sowie
urch zahlreich angebrachte Topfgewächse reich
ges imückt und durch 5000 Wachskerzen in
Vgoldeten, pyramidenartig aufgebauten
. uudleuchtern taghell erleuchtet sind, gewährt
nnen überaus fesselnden Anblick. In der
ate der Tafel erheben sich über vierzig
goldene . Tafelaufsätze von Meterhöhe, alle
ragen einen Kranz von Kerzen, zwischen den
l.rZenkranzen befinden sich Bouquets seltener
lņlcher Blumen. Das Speiseservice ist das
e annte große silberne Service des Kaiser-
, Bei jedem Teller stehen eine Flasche
eine Flasche Weißwein und eine
Bra^^^ Nasser, sechs Gläser und ein Römer,
deck ^Wiener „Salzstangl". Das Ge-
e ; np I Kaiser Wilhelm enthielt außerdem
d„. Nasche Mineralwasser, das Gedeck
£ltn Elisabeth ein großes Glas mit
. rch, mit einem Glasdeckel zugedeckt,
außerdem tragen die Tische Bonbonniören,
lene vor den Majestäten Dütcn mit dem
Bilde Kaiser Wilhelms. Im Hintergrund
des Saales befindet sich die Hofkapelle,
Dirigent derselben ist Eduard Strauß. Die
ganze Kapelle ist in scharlachrothe, goldgestickte
Fracks gekleidet. Groß ist die Schaar der
Diener in Prunklivreen, für jeden der 163
geladenen Gäste ist ein Diener anwesend.
, ì^rEşĢlle trägt das zumeist aus
speztftsch wienerischer Musik bestehende Pro
gramm vor.
Nach dem vierten Gang tritt auf ein leises
Zeichen tiefe Stille ein, Kaiser Franz Joseph
erhebt sich, alle Anwesenden ebenfalls. Kaiser
Franz Joseph erhebt sein Glas und spricht
frei mit lauter Stinime, einzelne Sätze be
sonders betonend, folgenden Toast:
„Ich gebe der innigen Freude und dem
Danke Ausdruck, daß es Mir gegönnt ist,
Leine Majestät den Kaiser Wilhelm in
unserer Mitte zu begrüßen. Mit den Ge
fühlen jener herzlichen, treuen und unauf
löslichen Freundschaft und Bundcsgenossen-
schaft, welche uns zum Besten unserer
Volker vereint, trinke Ich auf das Wohl
unseres kaiserlichen Gastes. Der Allmäch-
tlge geleite ihn auf der Bahn, die er n,it
jugcnbttd)er Kraft, mit männlicher Weisheit
und Entschiedenheit betreten hat. Seine
Majestät, der deutsche Kaiser und König
von Preußen, Ihre Majestät die Kaiserin
und Königin und das königliche Haus
leben hoch!"
Mit dreifachem Hoch antworteten alle An
wesenden, die Kapelle intonirte: „Heil Dir
im Siegerkranz!" Eine mächtige Bewegung
war im ganzen Saal bemerkbar, ein unge
heurer Eindruck blieb von Kaiser Franz
Josephs Trinkspruch.
Kaiser Wilhelm erhob sein Glas und er
widerte :
„Ew. kaiserlichen und königlichen Majestät
spreche Ich für die huldvollen Worte aus
gerührtem Herzen Meinen innigsten Dank
aus und freue Mich besonders, dies an
Ew. Majestät Namenstag thun zu können.
Nicht als Fremder bin Ich hierhergekommen,
sondern schon seit Jahren durch Ew.
Majestät Güte ausgezeichnet, führe Ich ein
heiliges Bermächtniß Meines in Gott
ruhenden Großvaters aus. In dem Ge
fühle bewährter, unverbrüchlicher Freund
schaft erhebe Ich Mein Glas und trinke
auf das Wohl Meines hochverehrten Bundes
genossen, Sr. Majestät des Kaisers von
Oesterreich und Königs von Ungarn, Ihrer
Majestät der Kaiserin und des gesammten
kaiserlichen königlichen Hauses."
Unter ungeheurer Spannung ergreift gleich
darauf Kaiser Franz Joseph nochmals das
Wort, um mit hörbar aus dem Herzen kom
menden Worten Folgendes zu sagen:
„Ich erhebe das Glas auf das Wohl
Eurer Majestät Armee, dieses leuchtendsten
Musters aller militärischen Tugenden.
Unsere preußischen und deutschen Kameraden
sie leben hoch, hoch, hoch!"
Unbeschreiblicher Jubel folgte diesen Worten.
Wohl niemals ist bei einem Galadiner ein
so stürmischer Gefühlsausbrnch dagewesen;
Alles stand unter dem Banne dieser hin
reißenden Kundgebung des österreichischen
Kaisers.
Sichtlich ergriffen antwortete KaiserWilhelm,
kaum daß die brausenden Hochs und Hurrahs
nachgelassen hatten, Folgendes:
, „Ich trinke auf das Wohl der öster
reichisch-ungarischen Armee, unsere Kame
raden leben hoch, dreimal hoch!"
Der übrige Theil des Galadiners verlief fast
formlos unter dem mächtigen Eindruck der
erlebten Scenen. Als nach dem Galadiner,
welches 7'/ 4 Uhr beendet war, Cercle ge
halten wurde, stand Alles noch unter dem
Eindruck des soeben Erlebten. Ueberall bil
deten die Trinksprüche der beiden Kaiser den
ausschließlichen Gesprächsstoff.
, Wien. 5. Oct. Sämmtliche Wiener Blätter
lettartikeln über die vier Trinksprüche beim
gestrigen Galadiner in der Hofburg und be
tonen den mächtigen Eindruck und die welt
geschichtliche Bedeutung dieses Ereignisses.
Mündlich und feierlich erneuerten die beiden
Monarchen ihren Bund, den sie für einen
unverbrüchlichen erklärten. Die Wiener Blätter
glauben, die gestrigen Trinksprüche werden ein
vielfaches lautes Echo finden. Beim Gala
diner hat Kaiser Wilhelm wiederholt den:
Kronprinzen Rudolf besonders zugetrunken.
Die Stimmung beider Kaiser wird von deren
Umgebung als eine ausgezeichnete geschildert.
Nachträglich wird viel bemerkt, daß Kaiser
Wilhelm vorgestern den Nuntius Galim-
berti besonders ausgezeichnet hat.
England.
London, 3. Oct. Die in Berner Street
ermordete Fra uenspcrsvn ist von ihrer
Schwester als Elizabeth Watis identifizirt
worden. Sie ist die geschiedene Gattin eines
wohlhabenden Weinkaufmanns in Bath und
war im Ostende unter dem Spitznamen „Long
Liz" (die lange Life) bekannt. Ihr Gatte
hatte sie wegen ihrer Untreue und Trunksucht
vor acht Jahren verstoßen und in London
sank sie allmälig von Stufe zu Stufe. Sie
war 39 Jahre alt. Die in Mitre Square
ermordete Frauensperson ist bis jetzt noch nicht
identifizirt. Gestern und vorgestern verhaftete
die Polizei mehrere Personen als der That
verdächtig, doch mußten dieselben bald wieder
entlassen werden, da ihre Schuld nicht nach
gewiesen werden konnte. Ein deutscher Barbier
gehilfe, Namens Karl Ludtvig, welcher eine
Prostituirte und einen jungen Mann mit einem
Messer bedroht haben soll, wurde ebenfalls
freigegeben, nachdem die Polizei ermittelt hatte,
daß er mit den jüngsten Morden in White
chapel in keiner Verbindung stehe. Die Polizei
im Stadttheile Whitechapel ist wesentlich ver
stärkt worden und alle Straßen und Gassen
werden während der Nacht scharf bewacht, um
dem Mörder eine Wiederholung seiner Un
thaten zu erschweren. Nach Mitternacht läßt
sich kein weibliches Wesen mehr in den Straßen
der berüchtigten Quartiere blicken.
London, 5. Octbr. Zu den Londoner
Gräuel th a ten meldeten am Donnerstag
herausgegebene Extrablätter: Heute Morgen
4'/2 Uhr wurde bemerkt, daß ein Mann sich
mit einer Frauensperson hinter eine Umzäu
nung in High Street, Shadwell, im Ostende
von London, begab. Ein Wächter, dessen
Argwohn rege wurde, folgte ihnen und rief
Polizei herbei. Der Mann erstach den
Wächter mit einem Messer, wurde aber von
ztvei Schutzleuten festgenommen. Man glaubt,
»-»KĢŞsn-ege.
äron Abtheilungen von Loth« »ott prrss-ntm.
wußi?°d?? »?îeses Kind nur die selbstbe-
vollkomineu f U,e . f va 9 te şich Steudten
schloß à und entzückt zugleich, be
ißen blauen' Ņngenblick, als die
îraucnsvvll Ķmderaugen wieder so ver
sterben ns« ļ n îhm hinübersahen, lieber zu
Lesens î Ņertraucn dieses entzückenden
Was
kaum, immer er wußte es
ihre Worte dmm nnb luicber gingen ihn,
nn redlicher Meà" ® inn: "® ie f inb 9 elui P
1t nb 1 Mensch und treuer Freund."
lüße Geickmak^ hierhergekommen, um dieses
Zarte Un J ^ /"'gllstig zu bethören, sie, die
räuberisxs, . ""berührte Blume mit listiger,
vor be» ß. anb 3 U brechen, nur um sich
dachte^ r Konsequenzen seiner eigenen unbe-
das da.?""biungen zu retten, pfui Steudten,
Zu bau? "ichs sein. Dieses Mädchen steht
t«ti 0n " "jn ein Objekt erbärmlicher Speku-
5118 .. en!
er „im, nian stch von der Tafel erhob, glaubte
Urtheil "'"»er Miß Ellen's schnieichelhaftes
barer on"e »nd war ihm jetzt sonder
nder f*nn C r “ * f s enne er f cin schönes Gegen-
n 'chon lange, lange Zeit.
er sei der Mörder von Whitechapel.
Nach einem späteren Telegramm der „Voss.
Ztg." soll sich das letztere allerdings nicht
bestätigen.
Schweiz.
Bern, 4. Oct. Rhein und Aar sind im
Laufe des heutigen Tages nicht mehr gestiegen.
Auch konnte die Bahnverbindung von Bern
nach Lausanne bereits lvieder hergestellt iverden.
Frankreich.
— In Frankreich werden die ersten Maß
nahmen zur Ausführung der Bestimmungen
des soeben erlassenen Fremd endekrets ge
troffen. In Paris ist dem „B. T." zufolge
von heute an auf der Polizeipräfektur ein be
sonderes Fremden-Mcldebureau geöffnet. Nach
dem „Temps" haben die Fremden ihren Paß
und Geburtsschein nebst vom Konsulat be
glaubigten Zeugnissen vorzulegen. — Man
darf gespannt darauf sein, wie die Pariser
Behörden ihrer Aufgabe den deutschen Ange
hörigen gegenüber gerecht zu werden suchen.
Paris, 4. Oct. Der Erlaß des gestern
gemeldeten Frcmdengesetzes machte zuerst in
Paris ziemlich allgemein einen ungünstigen
Eindruck. Man betrachtete es als die Ant
wort auf dic deutsche Paßvorschrift,
und die Börse wurde beunruhigt durch die
Besorgniß, Deutschland möge durch neue Maß
regeln antworten. Gestern suchten nun die
Blätter vielfach den Eindruck abzuschwächen,
indem sie erklärten, daß das Gesetz bereits seit
Jahren in Vorbereitung und nur dazu be
stimmt sei, der Regierung die Auslveisung
ausländischer Landstreicher und Uebelthäter zu
erleichtern, wogegen anständige Fremde von
den Wirkungen des Gesetzes unberührt bleiben
würden. Die Boulangistische „Presse" spricht
dagegen offen aus, das Gesetz sei gegen Deutsch
land erlassen; sie bedauert seine Ausdehnung
auf Nichtdeutsche und behauptet zudem, gegen
Deutsche. seien noch weitere Paßvorschriften
nothwendig. Wenn Floquet hoffte, durch das
Gesetz die Chauvinisten von Boulanger abzu
ziehen, so ist diese Hoffnung trügerisch gewesen.
Der „Matin" ist merkwürdiger Weise in der
Lage, die öffentliche Meinung über den Erlaß
dieses Fremdcngesetzes zu beruhigen. Es sei
bereits seit drei Jahren in Vorbereitung und
richte sich nur gegen fremdländische Landstreicher
und Verbrecher, deren Zahl in der letzten Zeit
bedenklich zugenommen habe.
Rußland.
St. Petersburg, 5. Oct. Durch ein heute
veröffentlichtes Gesetz wird die Getreide-
und Mehlausfuhr aus den Häfen des
Als sie ihm nach Tisch die kleine, schmale
Hand wie einem alten Bekannten reichte, da
hielt cr die Fingerspitzen eine Sekunde fest
und sagte bewegt: „Sie haben recht, Miß
Ellen, ich bin ein treuer Freund, zählen Sie
auf mich!"
„Sehen Sie, Herr von Steudten, das
klang aufrichtig, und so will auch ich Ihnen
sagen, daß Sie mir volles Vertrauen ein
flößen, obgleich ich erst vor Stunden Ihre
Bekanntschaft gemacht habe. Aber dort kommt
Hofrath Lindow mit seiner schönen Tochter.
Wenn diese in Sicht sind, so können wir
sicher darauf rechnen, auch Herrn von Potcn
demnächst zu begrüßen."
In der That bewährte sich diese Voraus
setzung sehr bald und als Mrs. Cote Herrn
von Steudten eben den Lübecker Herrschaften
vorgestellt, bat auch schon Miß Ellen den
Rittmeister mit neckischen: Gesicht, ihm den
Freiherrn von Poten vorstellen zu dürfen.
Freiherrn von Poten, der mit dem heitersten
Gesicht von der Welt eingetreten war, verlor
augenscheinlich etwas von seiner guten Laune,
als er den Rittnicister wie einen alten guten
Freund mit Miß Ellen plaudern, der schönen
Tochter der freien Hansastadt Lübeck aber
mit bewundernden Blicken folgen sah, da
diese zum Fenster schritt, um am Barometer
die Wetter-Aussichten für den Nachmittag zu
prüfen.
„Ein Hecht in meinem ^Karpfenteich,"
murmelte Erwin Poten, faßte sich dann aber
kurz, da ihm das Sprichwort einfiel, wer die
Tochter haben will, der muß es mit der
Mutter halten, trat auf Mrs. Cote zu und
sagte ihr einige ziemlich kräftige Schmeicheleien,
über die Art, wie er sie auf ihrem heutigen
Morgen-Spaziergang so rüstig habe den
Burgberg besteigen sehen.
„Wie in aller Welt haben Sic uns auf
unserer Morgenpromenade beobachten können,
Herr Baron? Ich kenne ja Ihren Wahlspruch:
„nur nicht sentimental", und kann mir daher
nicht denken, daß Sie so frühzeitig auf ein
samen ^ Wegen Grillen gefangen; oder sollte
Sie ein besonders frühzeitiger Durst nach
der Wartburg-Restauration getrieben haben?"
„Ihr Scharfblick, meine verehrte gnädige
Frau, hat das Rechte getroffen," meinte mit
siegesgcwissen Lächeln, den nach den: Wies
badener Recept gepflegten Schnurrbart streichend,
Herr von Poten; „nur handelte es sich nicht
dieses Mal um den profanen Durst nach
einem kühlen Trunk dort oben, sondern es
galt für mich, einen Wissensdurst zu stillen,
der nach Ansicht der verknöcherten Exami
natoren in Berlin vielleicht immer noch nicht
groß genug ist. Ich glaube, Burgsdorf, der
dort in seiner sich stets gleich bleibenden
höflichen Pedanterie eben eintritt und die
jungen Damen begrüßt, schließt sich jener
Ansicht durchaus an; denn täglich predigt er
mir ins Gewissen, mich endlich mit mehr
Ernst dem Studium zu widmen!"
„Ja, warum thun Sie es denn nicht?"
fragte Mrs. Cote, dem Sprecher in die
Augen schauend, als wollte sie die Wahrheit
auf dem Grunde seiner Seele lesen.
„Als offener Mensch muß ich Ihnen sagen,
gnädige Frau, dies Hocken hinter den Büchern
ist mir in tiefster Seele verhaßt, besonders
aber, seitdem mir ein wunderbares Geschick
die schönste Frau an mein Herz legte und
mich der gemüthliche Umgang mit Ihnen und
Miß Ellen immer zauberhafter umspann."
Als Mrs. Cote bei seiner Anspielung auf
die Scene im Walde sich, halb schmollend,
mindestens vor Fremden derartige leicht miß-
zuverstehende Reden verbat, verneigte sich
Poten ceremoniell und flüsterte in einem
Tone, der wohl geeignet war, die wohl con-
servirte, sich nach Zerstreuungen sehnende
Dame noch lange seelisch zu erregen: „Ihr
Wille ist mein Gesetz!"
„Nun, Doctor," wandte er sich im nächsten
Augenblick an den herantretenden Doctor
Elster
Jahrg.
MoanemeotSpreiS:
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ZasertionSpreiS;
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Sonnabends
6. October.
1888.