Full text: Newspaper volume (1888, Bd. 2)

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beeinflußte und nach ihrem Sinne leitete. Damit 
verlieren aber die ans diesem System hervor 
gegangenen Wahlen jeden idealen Gesichtspunkt 
und werden auf das Niveau niedriger Specu 
lation herabgewürdigt, deren Resultate für den 
Staatsbürger viel niederdrückender sind, als 
selbst das absolute Regiment es jemals her 
beizuführen vermocht hat. 
Die Conseqnenzen solcher Handlungsweise 
der herrschenden Parteien lassen sich übersehen, 
ja sie liegen ans der Hand. Anstatt wohl 
thätigen Erwägens und idealer Beweggründe 
entwickeln sie bittere Kämpfe, Parteisncht 
und das lediglich materielle Interesse. An 
statt der Duldung und Nächstenliebe er 
heben die Furien des Hasses und der Zwie 
tracht ihr Haupt und von der Oberfläche der 
politischen Meinungen wird der Geist des 
Widerspruches und der Mißgunst in die Herzen 
der Familien getragen. Die Saat, welche 
damit dort gesäet ist, wird a n ch zur Reife 
gelangen und Früchte tragen, sicher nicht zum 
Besten von Volk und Vaterland. 
— Bonlanger ist gestern Nachmittag 
wieder in Paris angekommen. Ob nur aus 
der Nachbarschaft der Hauptstadt, oder aus 
Spanien, oder Ungarn, oder Schweden usw. 
— erfährt man nicht. Wohl aber, daß er 
sich alsbald in die untere Charente und die 
Dordogne begeben und dann erst zur Kammer 
eröffnung zurückkehren werde. In Päri- 
g ueux soll ihm zu Ehren ein Festessen statt 
finden, an dem sich etwa 2000 Personen be 
theiligen. 
Oesterreich. 
Wien, 3. Oct. Der Empfang des Kaisers 
Wilhelm war sehr herzlich. Die gesammte 
Presse bringt warme Willkommenartikel. Eine 
Illumination ist von der Polizei als unstatt 
haft, weil auf Anregung von Unberufenen 
ausgehend erklärt worden. 
Wie», 3. Okt. Bei der Ankunft in der 
Hofburg ward der Deutsche Kaiser von dem 
Oberhofmeister und dem Oberceremonienmeister 
empfangen und über die Treppe geleitet. Un 
mittelbar vor dem Ceremonien-Departement 
fand die Begrüßung durch die Kaiserin, die 
Kronprinzessin, die Erzherzoginnen Maria 
Therese, Maria Josefa, Margaretha Marie 
und Elisabeth statt. Kaiser Wilhelm bot der 
Kaiserin den Arm und begab sich in daö 
Spiegelzimmer, wohin die Erzherzoginnen, 
Kaiser Franz Josef nnd die Erzherzöge folgten. 
Nachdem sie dort einige Zeit geweilt, begaben 
sich beide Kaiser in das Pietradura-Zimmer, 
woselbst vorgestellt wurden: die obersten Hof 
ämter, die Gardecapitäne, die Personen des 
Hofdienstes, die General - Adjutanten, der 
Minister deS Aenßeren und die übrigen Reichs 
minister, der österreichische nnd der ungarische 
Ministerpräsident, die übrigen beiderseitigen 
Minister und der Hofstaat der Kaiserin 
Kaiser Wilhelm geleitete hierauf die Kaiserin 
bis zu ihrem Wohndepartement. Alsbald er 
widerte sodann Kaiser Wilhelm die Besuche 
sämmtlicher Erzherzöge. 
— Sämmtliche Morgenblätter bringen 
durchaus in wärmstem und freundschaftlichstem 
Tone gehaltene Begrüßungsartikel anläßlich 
der Ankunft des deutschen Kaisers. 
Belgien. 
Brüssel, 2. Oct. Wie verlautet, werden 
auch die holländ ischen Katholiken eine 
Kundgebung zu Gunsten der Wiederherstellung 
der weltlichen Macht des Papstthums veran 
stalten. 
Brüssel, 3. Okt. Das französische Dekret, 
durch welches den Fremden der Aufenthalt in 
Frankreich erschwert tvird, erregt in hiesigen 
Regieruugskreisen unliebsames Aufsehen, da 
eine halbe Million Belgier in Frankreich 
wohnen. Sollte jenes Dekret nicht widerrn- 
fen werden, so wird die belgische Regierung 
Retorsionsmaßregeln gegen die hier 
angesiedelten Franzosen ergreifen. 
Rußland. 
Nach einem Petersburger Bericht 
der „Pol. Corr." dürfte die Rückkehr des 
Kaisers aus dem Kaukasus das Signal zu 
umfassenden Veränderungen in den 
höheren russischen Verwaltungskreisen 
werden. Der Rücktritt des Fürsten Dondn- 
kow-Korssakow von seinem Posten als General- 
Gouverneur des Kaukasusgebiets gilt als 
sicher nnd derjenige des Ministers des Innern, 
Grafen Tolstoi als wahrscheinlich. 
England. 
London, 3. Okt. Der „Standart" be 
dauert das französische Dekret betreffs 
der Ausländer, weil dasselbe den Schran 
ken, welche Haß, Argwohn nnd Eifersucht in 
unserer Zeit zwischen den Völken errichten, 
eine neue hinzufüge. 
London, 2. Oct. Am Sonnabend und 
Sonntag haben nicht weniger als fünf Mee 
tings stattgefunden, einige davon von Tau 
senden besucht, in denen heftige Vorwürfe 
gegen die Polizei wegen ihrer Erfolglosigkeit 
gegenüber den Mördern laut wurden. Alle 
diese Meetings nahmen Beschlüsse an, in de 
nen die Amtsentsetzung von Sir Charles 
Warren, des Polizeidirektors, und des Mini 
sters des Innern verlangt tvird. Es erhellt 
aus diesen Forderungen, tvie außerordentlich 
erregt die Bevölkerung Londons über die 
schauerlichen Blutthaten sein muß. 
Unterdeß hat der „Berl. Börs.-Eour." fol 
gendes Telegramm ans London vom 2. Ok 
tober erhalten: Heute Abend tvurde in der 
Nähe des Parlamentsgebäudes abermals 
der Leichnam einer Frau mit abgeschla 
genem Kopf, Händen und Beinen gefunden. 
Die Aufregung in der Stadt ist unbeschreiblich, 
•iie weibliche Bevölkerung bewaffnet sich. 
Die Expedition 
_. w Zn den Wahlen. 
Ab„ r U§ Geschiedenen 'Wahlkreisen für das 
imim t nicht allein Preußens insge- 
verla'ut»?Puch solcher unserer Provinz 
s tue freisinnige Partei sich 
,, wo der nationalliberale Candidat lang- 
jayng den Bezirk vertrat oder persönlich be- 
und bisher eö doch nicht gelang, einen 
sreistnulgen Kandidaten durchzusetzen, Wahl- 
enthalt u n g auserlegen will. 
Kein Einsichtiger wird in diesem Beschlusse 
einen Niedergang der freisinnigen Prinzipien 
erkennen, vielmehr lediglich denselben ans an 
der^ Dinge zurückführen. 
Tie Rücksicht ans die erfahrungsmüßige 
Thatsache, daß dies „beste aller Wahlsysteme" 
dazu benutzt wurde, den! Kleinbürger und 
Handwerker besonders kleiner Städte nnd Ort 
schaften seine Wahlfreiheit durch Ausnutzung 
möglicher Zwangsmaßregeln im Interesse der 
herrschenden Parteien zu verkümmern, wenn 
auch theilweise noch indirect und verschleiert, 
läßt diese an sich traurige Maßregel durchaus 
vernünftig erscheinen. Die Wahlen werden 
heute nicht mehr im Interesse des Staates 
von den Staatsbürgern vollzogen, sondern die 
Partheien, welche sich ihrer Macht materiell 
bewußt sind und diese in Händen haben, be- 
uutzen nnd mißbrauchen dieselbe, um dem ih- 
^" benehmen Candidaten den Sieg zu ver- 
Jx, tt ‘ Angesichts dieser allbekannten That- 
<\ j Urscht selbstredend für den Bürger daS 
Ausland. 
Frankreich. 
Paris, 2. Oct. (H. C.) Einen Erlaß 
über die in Frankreich wohnhaften Fremden 
hat Carnot gestern vom Stapel gelassen. 
Z" dem .begleitenden Bericht Flouquet's an 
en ~ Präsidenten werden die wunderbaren 
Maßregeln folgendermaßen begründet: „Die 
statistischen Erhebungen beweisen, daß sich die 
schon ^ sehr namhafte Zahl her Fremden in 
Frankreich stetig durch Einwanderung ver 
größert. Diese Lage der Dinge hat die be 
sondere Aufmerksamkeit der Regierung ans 
sich gezogen, welche, dem Beispiel der Mehr 
heit der anderen Nationen folgend, der An 
sicht war, daß es rathsam sei, die Verwaltung 
in den Stand zu setzen, die Verhältnisse 
kennen zu lernen, unter welchen sich die 
Niederlassung von Personen oder Familien 
ans. dem Anslande auf französischem Boden 
vollziehe. Diese Maßregel dürfte keinerlei 
Widerspruch begegnen, der sich auf die vor 
handenen vertragsmäßigen Verpflichtungen 
Frankreichs stützen könnte, iveil dieselbe nicht 
Anlaß zur Erhebung von besonderen Steuern 
giebt und nicht mit Kosten verknüpft ist. 
Die neue Vorschrift bezieht sich nur auf Fremde, 
welche sich dauernd in Frankreich niederlassen 
oder daselbst längeren Aufenthalt nehmen 
wollen, betrifft aber nicht diejenigen Fremden, 
welche sich nur vorübergehend, sei es in Ge- 
' -stà' sei es zum Vergnügen in Frankreich 
Jnîrrņd. 
München, 2. Okt. Die Rundfahrt 
des Kaisers mit dem P r i n z r e g e n t e n 
dauerte anderthalb Stunden und erstreckte sich 
ans die äußeren Stadtheile, sowie auf den 
Ausstellnngspark. Ueberall begrüßte das 
Publikum mit Jubel die beiden Herrscher. — 
Der Kaiser verlieh dem ersten Bürgermeister 
W y d e n m a y e r den rothen Adlerorden 
2. Klasse, dem zweiten Bürgermeister denselben 
Orden 3. Klasse. Der Prinzregent verlieh 
an das Gefolge des Kaisers mehrfache Ans. 
[ f .E^es noch zu lernen habe und immer 
so viel an den lieben Vater denken muß,— 
fetu rechtes Verständniß für die — manchen 
Vergnügungen. 
"Aha, siehst Du, das ist es ja, Du dünkst 
Dich mehr als Deine Mutter, weil Du noch 
Deine vom Vater erlernten Gebete hersagst; 
aber glaubst Du, ich solle, nachdem ich Jahre 
lang die gewissenhafte Krankenpflegerin ge 
wesen, hier in klösterlichem Leben Dir Alles 
opfern, nur Deiner Capricen wegen? Darauf 
rechne nicht, meine Tochter, ich erfülle meine 
Pflichten gegen Dich, aber ich verlange nun, 
wo uns reichere Mittel als anderen Erden- 
menschen zur Disposition stehen, auch meinen 
Antheil an den Freuden dieses Lebens, von 
denen ich an der Seite Deines fast pnri- 
tanischkn Vaters so wenig genossen. Wozu 
wrlijt Du Dich auch unnöthiq analen nnd 
-fest' ^Ģllen, denke daran, daß Dir einst 
und hß Vermögen Deines Vaters zufällt 
,,, . hns unsere Lage gestattet, jede Laune 
zcc oesnedlgen." 
habe aber keine Wünsche," erwiderte 
SLÏ şĢuchzend, indem sie ans ein 
? Ş . äst hcn Füßen der Mutter nieder- 
kmete nnd flüsterte: „Ich will mir ja Mühe 
geben nur habe Geduld mit mir!" 
„Nicht wemen, mein Kind, was sollen die 
Leute denken, wenn Du verweint bei Tisch 
erscheinst. Beruhige Dich also und folge mir 
hinunter in das Lesezimmer, ivo ich vor dem 
Diner noch einen Moment zubvingen will." 
Als Miß Ellen Cote eine Viertelstunde 
später,. äußerlich wieder vollkommen gefaßt, 
hmab in das Lesezimmer ging, fand sie die 
Mutter in die Lektüre der Kölnischen Zeitung 
vertieft, während der stattliche Dragoner-Offi 
zier, den die Damen vorhin bei seinem 
Kommen beobachtet, am nahen Fenster stehend 
die Times studirte. Wie lange hatte Mrs. 
Cote^ die. Times nicht gelesen! Welche Auf- 
merksanikeit des liebenswürdigen Wirthes! —- 
Der Offizier, ivelcher sich beim Eintritt 
von Mutter und Tochter jedes Mal grüßend 
verneigt hatte, schien mit seiner Lektüre fertig 
zu sein; denn nachlässig warf er das Welt 
blatt ans das Fenster und begann dann, nach 
dem seine Blicke flüchtig die Amerikanerinnen 
gemustert, die Passanten auf der belebten 
Hauptstraße zu beobachten. 
Mrs. Cote vermochte die Ungeduld, einen 
Blick in die Times zu werfen, nicht länger 
zu zügeln, nnd so wandte sie sich mit der 
Bitte an den Offizier: „mein Herr, Sie 
haben wohl die Times gelesen, darf ich mir 
dieselbe nehmen?" 
„Mit Vergnügen, meine Gnädigste, steht 
Ihnen meine Zeitung zu Diensten, ich habe 
sie auch ans der Fahrt hierher mehr als genug 
studirt, nnd freue mich nun, daß ich sie nicht 
weggeivorfen habe!" 
„O, inein Herr, ich bitte um Entschul 
digung, aber ich glaubte, ■— ich hatte keine 
Ahnung, daß die Zeitung Ihr Eigenthum. 
Ich würde mir andernfalls durchaus nicht 
erlaubt haben —" 
„Aber, meine Gnädigste, es wird mir eine 
besondere Ehre sein, wenn Sie mir gestatten, 
Ihnen das Blatt zu überreichen." 
Mrs. Cote schien durchaus nicht geneigt, 
die Gefälligkeit des ihr freniden Offiziers an 
zunehmen; aber zufällig war eben der Besitzer 
des Hotels, Herr Nicolai, in das Zimmer 
getreten, der die letzten Worte gehört, nnd 
als gewandter Wirth sofort die Situation 
übersah. Mit der Würde, welche ein stets 
voll besetztes Haus auch dem Anfänger ver 
leiht, mischte sich Herr Nicolai, der längst 
als ein geniachter unabhängiger Mann, in 
die Unterredung nnd bat Mrs. Cote, die 
Zeitung doch ruhig zu lesen. Im nächsten 
Augenblick aber wandte er sich mit den Worten 
an die Damen: „Gestatten Sie mir, vom 
Herkommen abweichend, Ihnen den Herrn 
vorzustellen, Rittmeister von Steudten, — 
Mrs. Cote — Miß Cote aus Wisconsin. 
Roman 
weder über Pietätlosigkeit, noch über Mangel 
bn mir beklagen. Aber ich 
L |. u ' Eerdmgs bekennen, daß mir die 
sehr ÏÎ »'eines theuren Vaters noch zu 
Sessel den lem tc f' Als er in seinem 
fühlte nnd Dich^us ^^°sen Anfall nahen 
wecken befahl, da erariņ^ Ul '* en Ruhe zu 
Hände, sah mir lange V s bi V» erae beiden 
mit so engelhaft milder »»^ 
weinen, mein Kind, bald ist e § ff,, ,""ft 
mir, beherzige meine letzen Worte' 
f °ue nicht auf Geld noch Gut, aber lerne' 
io viel Du kannst, mein Kind, denn 
auf oJ^i- Ņleib gut, bleib wahr und baue 
! Gott, droben sehen loir uns wieder." — 
.-f e ' e lestte Mahnung des Verblichenen prägte 
stck ?» 1 ' Mm f° mehr für's Leben ein, als 
Bat entsetzliche Anfall, dem der geliebte 
an., ee erlag, unmittelbar daraus wiederholte. 
nicht ein schlechtes Kind, liebste, 
Ļf àtter, wenn ich heute schon des Vaters 
Wunsche vergessen hätte? Kritisirt habe ich 
2ck r , CtUC Cutter niemals, das weiß Gott 
Uch habe nur, weil ich so wenia JL. e' 
* ' V * I 
ļr . >> Wfl- -% ķ\ . î
	        
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