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Woniag,
1. October.
1888.
Ausland.
Außereuropäische Reiche.
Sansibar. Neue afrikanische Hiobs-
ş ? ? vwlgt das offiziöse Wolff'sche Bureau
folgender Fassung. Nach den neuesten
f„J-.-Ì m9e î/ über den Aufstand an die ostafri-
„îşchen Küste sind die Beamten der dentsch-
Iranischen Gesellschaft in den
. äsen t.lndi und Mikindi zur Räumung
Stationen gezwungen und haben sich
ŗşihrt nach Sansibar gerettet. — In
sifirfrrf <^r aWt uni) Ņagamoyo herrscht augen-
bUckl'ch Ruhe. - ^5angani und Kilwa be-
ffi“ »och m den Händen der Aufstän-
I )en. welche die Autorität des Sultans nicht
ner ennen und den nach dort entsandten
arabischen Gouverneur desselben den Gehor-
rsws. öcrt ® et S er «- Den Insurgenten soll jedoch
dil»« !?^.ànnition ausgehen, sodaß ein bal-
dP-s Ende der Unruhen erwartet wird.
s^Şuakin. 27. Sept. Gestern Abend be-
sķs, u i le Aufständischen unter dem
. ^ îtz der Dunkelheit eine neue Stellung
"0 ,jards rechts von dem vorderen Wasser-
sorh und es gelang ihnen, sich ungeachtet eines
heftigen Feuers von den Forts und der
britischen Schaluppe „Gannet" dort zu ver
schanzen. Cavallerie nahm heute eine Re-
kognoscirung der neuen feindlichen Stellung
vor und meldete, daß dieselbe sehr stark sei
und von einer Kanone vertheidigt werde. Da
der Feind die Telephondrähte zerschnitten hat,
war die Verbindung zwischen den Wasscrforts
und dem Hauptquartier bis zur Ausbesserung
der Leitung unter dem Feuer des Feindes
zeitweilig unterbrochen.
— Die Vorgänge in Afghanistan be
schäftigen ernstlich die Aufmerksamkeit der
Aktionspartei in Rußland. In dem
Glauben, daß der Aufstand Jshak Khan's
einen ungünstigen Einfluß auf die Unter
thanen des Zaren in Mittelasien ausüben
und gleichzeitig Rußland beträchtliche militä
rische Ausgaben verursachen werde, um für-
alle Eventualitäten bereit zu sein, wünscht
diese Partei, daß die russische Regierung sich
schlüssig machen sollte zu interveniren, im
8"ll die aufständische Belvegnng größere Ver
hältnisse annehmen sollte. Eine solche Jnter-
vcntion, behauptet sie, würde hinsichtlich des
britischen Vorgehens völlig legitim sein. Die
halte ihre vorgeschobenen
Strertkraftc m großer Nähe ihrer afghanischen
mrd"völl?Ä^"^ bat,Cr 9Uten Grund
mit) völlig Recht, eme Truppenmacht in der
Nahe der Provmz Herat auf den Beinen zu
halten, um materielle Schadloshaltnng zu er-
Schicksakswege.
RoiiilUl in zwei Abtheilungen von Letho von pressentin.
® raiE ist Wittwe, Herr Graf?"
«O nein, wo denken Sie hin, bester Com
merz, enrath, nichts weniger als Wittwe.
Mau Professor Bieberstein ist glückliche Mutter
von vier prächtigen Kindern, und ihr Gatte,
lS»,S,rj'S
SÄ Ä“k
Hypothek gekündigt ist und wi d ° sÄ
werden soll. Da Professor Bieberstein w!
natürlich, nicht von Hause weg kann, sá
ks die schöne Fran übernommen, die Ange-
legenheit hier zu ordnen. Ich habe die Frau
Professor an Sie gewiesen, Verehrtester Coni-
werzienrath, und bitte Sie, ihr soweit es
möglich, mit Rath und That zur Hand zu
gehen. Jede ihr von Ihnen erwiesene Ge-
sälligkeit werde ich als mir geleistet betrachten
"ud sollte six in vorübergehende Verlegenheiten
gerathen, so garantire ich bis zur Höhe von
tausend Thalern mit meinem Guthaben für
"waigc ihr gewährte Credite." —
rcht das leiseste Zucken um die Lippen
langen, im Falle England eine Bewegung
auf der anderen Seite machen sollte. In
Regierungskreisen herrschen jedoch viel fried
lichere Anschauungen hinsichtlich der Ereignisse
in Afghanistan vor, deren Wichtigkeit von der
russischen Presse, wie man glaubt, übertrieben
wird.
England.
London, 29. Sept. Eine Friedensrede
hat der englische Unterstaatssecretair des
Auswärtigen, Fergusson, am Freitag in
M a n ch e st e r gehalten. Derselbe äußerte
sich über die politische Weltlage dahin, c s
habe innerkalb der letzten dreiJahre
keinen Zeitpunkt gegeben, in wel
chem die auswärtigen Angelegen
heiten einen so friedlichen Anstrich
gehabt hätten, wie gegenwärtig,
und in welchem so wenig Besorgniß wegen
Unterbrechung des Weltfriedens und demzu
folge so wenig Furcht vor einer Störung des
friedlichen Fortschritts von Handel und Indu
strie geherrscht habe wie jetzt.
Rußland.
Kasan, 24. Sept. Von 43 Bauern aus
den, Kreise Ciwilsk, welche wegen Wider
standes gegen die Polizeibehörde und wegen
Ermordung von drei in amtlichem Charakter
auftretenden Bauern vor das dortige Kriegs-
gericht gestellt ivnrden, sind der „Post" zu-
folge l? zum Tode durch den Strang ver-
urtheilt, die übrigen freigesprochen worden.
Den Anlaß znm Widerstande gegen die Polizei
behörde hatten Differenzen agrarischer Natur
zwischen zwei angrenzenden Dorfgemeinden
gegeben.
Oesterreich.
Wien, 29. Sept. Der Kaiser von
Oesterreich wohnte am Freitag Artillerie
übungen bei Felixdorf bei. Bei dieser Ge
legenheit hat sich dem offiziösen Wiener
„Fremdenblatt" zufolge nachstehender Vorfall
ereignet: Gegen 2 Uhr Nachmittags ließ der
Kaiser das Signal zum Abblasen
geben, welches jedoch von dem widrigen Winde
vertragen wurde, sodaß eine ca. 1000 Meter
rückwärts aufgestellte Batterie dasselbe über
hörte und noch einen Schuß abgab,
obgleich der Kaiser mit seinem Gefolge, aller
dings in einer Mulde gedeckt, zu der Besich
tigung des Angriffsobjekts vorritt. Der
Schuß traf die Schanze, hätte aber keines
falls den Kaiser und sein Gefolge erreichen
können, da sich dieselben nicht in der Schuß
linie befanden. Der weitere Verlauf der
Uebung wurde nicht gestört, nachdem die be
treffende Batterie durch das wiederholte
Signal und durch eine Ordonnanz avisirt,
alsbald außer Aktion trat.
Wien, 28. Sept. Die strafrechtliche
Verfolgung der Publikation des
Tagebuchs Kaiser Friedrichs hat auch
hier großes Aufsehen gemacht, die diplo
matischen Kreise, sowie die Presse und das
Publikum stehen unter dem Eindruck des Er
eignisses. Die ersteren beobachten offiziell
volle Reserve, nur privatini äußern sie, Bis
marcks Vorgehen erscheine durch politische
Rücksichten geboten. In den Blättern liegen
zunächst nur wenige knappe Bemerkungen vor,
die meisten erinnern an den Arnimprozeß.
Der „Neuen Freien Presse" erscheint es frag
lich, inwieweit dem Andenken Kaiser Friedrichs
durch die Verfolgung gedient werde; im Ver
laufe des Prozesses könnten manche Ueber-
raschungen eintreten, daher habe man mit
dem Urtheil über dies Vorgehen zurück
zuhalten.
Frankreich.
Paris, 26. Sept. Die Weinernte
kündigt sich in der Gegend von Bordcaux
als überaus günstig an. Die unverhofft
warnie Temparatur hat während dieses
Monats noch Wunder gewirkt; nachdem man
noch vor wenigen Wochen eine Mißernte er
wartet hatte. Wie die Trauben jetzt stehen,
verspricht die Weinlese quantitativ und
qualitativ das Beste. In Burgund sind
die Aussichten minder ausgezeichnet, aber noch
immer mehr verheißend, als man gehofft hatte,
und in Südfrankreich, in der Gegend
von Cette, wo ebenfalls viel Wein gewonnen
wird, verspricht man sich Entschädigung für
manches böse Jahr. Nach dem regnerischen
Sommer brachte der September eine Sonnen
fülle, die noch Alles, was schon verdorben
schien, gut machte.
Italien.
Aus Rom wird gemeldet: Bei Vellctrie
wurde der reiche Grubenbesitzer Cam Pi,
als er niit einem Freunde in einem Wagen
fuhr, von fünf unbekannten Strolchen in
räuberischer Absicht angefallen und erschossen.
Campi's Begleiter wurde lebensgefährlich ver
wundet. Campi war s. Z. Leiter der
„Agenzia Stcfani".
Inland.
München, 1. Oct. Nach einer offiziellen
Mittheilung kommt der Kaiser hier heute
Abend 9 Uhr an. Das Festprogramm be
schränkt sich auf den Empfang durch den Hof
und die Stadtvertretung und auf Jllurni-
nation. Dienstag macht der Kaiser am Tage
Besuche. Abends 6 Uhr findet das Diner-
statt und um 10 Uhr die Abfahrt. Die
bisherige Geheimhaltung des Termins wurde
angeblich von der Berliner Polizei veranlaßt
— Nunmehr ist der Urheber der Ver
öffentlichung des Tagebuches Kaiser-
Friedrichs in der „Deutschen Rundschau"
in der Person des Herrn Professors Dr.
Geffcken in Hamburg gefunden. Da der
genannte der conservativeu Parthci
angehört, werden voraussichtlich die maßlosen
Angriffe auf die freisinnige Parthei mit diescr
Entdeckung ihr Ende erreichen und wir sind
dadurch in die glückliche Lage gebracht, wieder
in eine rein sachliche Discussion über diesen
Gegenstand treten zu können. Auch der Wahl-
puff" der Freisinnigen ist damit ins Wasser
gefällen.
Prof. Dr. Geffcken ivar früher in der
Diplomatie seiner Vaterstadt Hamburg in
verschiedenen Stellungen, auch als hanseatischer
Gesandter in Berlin, thätig, in den siebziger
Jahren aber Professor der Rechte in Straß-
burg.^ ^ Seit 1881 lebt Herr Dr. Geffcken
als Privatmann in Hamburg.
Herr Geffcken ist, wie die „Voss. Ztg."
hervorhebt, konservativ. Er gehört außerdem
mit einigen anderen Konservativen zu den
Begründern einer „Sammlung v on
christlichen Jugcndschriften", das ist
also nicht wohl der Mann, der, wie es in
dem Bericht des Fürsten Bismarck heißt,
„Umsturz und inneren Unfrieden"
anstrebt. — Geffcken hat aus Gesundheits
rücksichten seine Professur in Straßburg nieder
gelegt. Er hat sich durch eine große Reihe
von Schriften beispielsweise über den Staats
streich von 1851 und seine Rückwirkung ans
Europa, über die Alabamafrage, über die
orientalische Frage, über die Donaufrage
weithin bekannt gemacht. Neuerdings hat
Geffcken Hefftcrs bekanntes Lehrbuch des
Völkerrechts neu herausgegeben und mit An
merkungen versehen, ferner Martens bekannten
„Guide diplomatique“ neu bearbeitet und in
von Holtzendorffs „Handbuch des Völkerrechts"
eine Reihe von Aufsätzen veröffentlicht, so
über die völkerrechtliche Stellung des Papstes
und über Neutralität. Die meisten Arbeiten
Gesfckcns sind von solcher Bedeutung, daß sie
in fast alle Kultursprachen übersetzt sind.
Das „Hamb. Fremdenbl." meldet, am
Freitag habe sich der Untcrsnchunsrichtcr in
die Wohnung Geffckens begeben, den
selben aber nicht angetroffen, da Geffcken seit
Sonntag nach Helgoland abgereist sei.
des sonst so reservirten stattlichen Aristokraten
war Herrn Hausmann unter seiner aoldnen
Brille entgangen- Mit der Comdinationsgade,
die neben einem weiten Gewissen sein Em
porkommen aus kleinen Verhältnissen bis zum
Chef eines großen Bankhauses in erster Linie
ermöglicht hatte, durchschaute er Alles und
dementsprechend unterbrach er den Grafen.
„Sehr schön, Herr Graf, bitte bemühen
Sie sich nur nwrgen zu mir auf mein
Comptoir, um die betreffende Bürgschafts
erklärung ausznstellen, und >vir iverdcn uns
bemühen, die Dame mit Rath und That zu
unterstützen — so weit uns dies möglich. —"
„Bahn — frei", ertönten in diesem Moment
verschiedene Rufe, und die beiden Herren
wurden, dadurch zur Seite geschreckt, nicht
nur aus dem Gespräch gerissen, sondern auch
rm Gedränge getrennt.
Die Unterredung hatte länger gewährt, als
.'-"l Ļoebenthal es erwartet, und da ihm
, " Eg°'"àes „ab" sagte, daß das Hürden-
t, ' .™ begonnen, so beeilte er sich, nach-
nta müJvr” 6 ”. Begleiter verloren, so schnell
fc stf!' 1 /we Empore zu erreichen, um
dem Rennen besser folgen zu können.
. DA'» stürmte von „Knights-Fee" geführt,
das Pferd auf die Hürde zu, als der Graf
oben erschien und mit der nicht erloschenen
Leidenschaft des alten Kavallerie-Offiziers im
Kreise bekannter Sportsmen und Offiziere
erregt die Chancen der einzelnen Pferde erwog.
Obgleich hier ans dicscin bevorzugten Platz
die nlcisten Fachmänner und diesen zu Ehren
Gestalten zu finden waren, die in der Regel
überall da zu treffen, wo ein Pferd über den
Boden. geht — im Tattersall, im Cirkus,
im Thiergarten —, so schien doch bei dem
heutigen Massenandrang des Publikums die
Kaute ^ finance auch hier durch zahlreiches
Erscheinen ihr Interesse für die noblen Passio
nen beweisen zu wollen.
Die. hohe Gestalt eines noch recht wohl
konservirten Generals, welcher sich durch die
einem hohen Herrn bewährte dauernde Hin
gabe cm unbestrittenes Verdienst erworben,
ragte hier ebenfalls ans der buntgemischten
Menge empor, und als Graf Loebcnthal
einen Augenblick nach jener Richtung sah, da
ging etwas wie Verwunderung über seine
Züge, daß jener fiel Komme, der bei ähn
lichen Gelegenheiten einst nur im Kreise der
stolzestcn Schönheiten zu finden, heute mit
einem bekannten Vertreter der Plutokratie,
der neuesten Großmacht, konversirte.
„Wie die Liebe den Menschen verändert,"
murmelte der schlesische Graf und wandte,
seine ungetheiltc Aufmerksamkeit von Neuem
dem Rennen zu, während die Aufregung ii
der Menge stieg, da — Dorothea, die Fa
voritin des Feldes, noch immer auf den
dritten Platz verharrte und Knights-Fe
führend vorausfcgtc.
„Sehen Sie, Fräulein Afra, ich habe Si
vor dem Wetten gewarnt, habe Ihnen gan
offen gesagt, daß ich nichts davon verstünde
aber Sie beliebten zu befehlen, mir mit ihrem
Zorn zu drohen. Nun habe ich Ihren Wunsck
erfüllt, fürchte aber, Ihr schönes Geld ist weg.'
„Ach, lassen Sie das doch, Herr Com
merzienrath, sehen Sie lieber, da° schießt bti
eben von Ihnen verketzerte Dorothea vor unk
gewinnt mächtig Raum."
Graf Loebenthal drehte sich unwillkürlich
um; denn er hatte die Stimme des Com-
merzienraths Hausmann erkannt.
Fast pikirt flüsterte er nach einem prüfender
Blick auf die Damen dem etwas rückwärts
Stehenden über die Schulter zu: „Beruhigen
Sie sich doch, Ihre schöne Begleiterin wird
ihre Wette sicher nicht verlieren, ich kenne das
Pferd. Dorothea läßt uns nicht im Stich."
■ In der That belohnte schon in der nächsten
Minute ein brausendes Zujubeln des Publikums
die Leistungen der vortreflich gerittenen Stute,
die vier Pferdelängen vor Knights-Fee nngc-
trieben als Siegerin dutch's Ziel ging.