Full text: Newspaper volume (1888, Bd. 2)

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Vierteljährlich 2 JL — frei ins Haus geliefert 
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für Auswärtige, die das Blatt durch die Post 
beziehen 2 Ji 25 4 
inet. Postprovision rc., jedoch ohne Bestellgeld. 
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à. m. 
Deutscher Reichstag. 
3. Plenarsitzung den 27. November 1888. 
Ta ge sordnung: 1. Berathung des Etats. 
Haus und Tribünen sind gut besetzt. Am Bun 
desrathstische: Frhr. v. Maltz ahn- Gültz, Dr. 
v. Bötticher, Dr. v. Schelling, Dr. v. 
Scholz, Graf Monts. 
Der Präsident v. Levetzow eröffnete die 
Sitzung IV., Uhr und theilte mit, daß das Prä- 
- sidium gestern 12 s / 4 Uhr von dem Kaiser in be 
sonderer Audienz enipsangen worden sei. Derselbe 
habe die Zuversicht geäußert, daß die Verhand 
lungen des Harffes einen schnellen und einträchti 
gen Verlauf nehmen möchten. 
Abg. Graf Landsberg-Steinfurt (Ctr.) 
zeigt seine Ernennung zum Landrath an. 
Das Schreiben geht an die Geschäftsordnungs- 
Commission. 
Das Haus tritt in die Tagesordnung ein. 
Staatssekretär von Maltzahn-Gültz macht 
aus die formelle Unterscheidung des vorliegenden 
Entwurfs gegenüber den früheren aufmerksam, 
womit einer vom Hause angenoinmene Resolution 
Folge gegeben worden sei unb hofft, daß die neue 
sorm die Billigung des Hauses finden werde. 
Redner erörtert sodann eingehend die verschiedenen 
Aenderungen, wodurch viele früher bemängelte 
Unübersichtlichkeiten vermieden würden. Der Etat 
"ringe in der vorliegenden Form das historisch 
gewordene finanzielle Verhältniß der Einzelstaaten 
gegenüber dem Reiche zur Anschauung. Das De- 
M von 22. Millionen übersteige nicht die frühere 
Schätzung. An die Einzelstaaten würden 27'/2 
JJmi. mehr als im Vorjahre überwiesen werden 
rönnen. Auch der Etat pro 1888/89 werde mit 
einem Defizit und zwar mit 13'/- Mill. abschließen 
Und zwar in Folge der Mehrbedürfnisse des Aus 
wärtigen Amts, der Armee und der Marine. 
Erhöht seien die Ausgaben für Manöverkosten, 
Remonten. Die Zuckersteuer lasse eine Minder 
einnahme von 15 Mill, erwarten, die Maischbottig- 
rc. Steuer 4 Mill, andere Steuern 3—4 Mill. 
|n Mehreinnahmen seien aus Malz-, Salz- und 
^ensteuer ca. 10 '/ 2 Mill, zu erwarten. Die Nach- 
erwart^"ì^^" Zollanschlüssen, werden nicht die 
Aussagt Höhe erreichen. Ueberraschend hoch sei der 
öbrVerbrauchsabgabe sürBraimtwein; wahr- 
habe man bei der Aufstellung den Con- 
ş " Überschätzt. Die größte Mehrausgabe weise 
"on den einzelnen Refforts die Militärverwaltung 
tsgch und zwar wegen der gesteigerten 
preise von Korn und Mehl. Der Mehr 
bedarf beziffere sich auf 16 Millionen. 
Die folgenschwersten Beschlüsse würden sich an den 
Marine-Etat knüpfen, wenn dieselben auch im näch 
sten Jahre nicht zu sehr in Erscheinung treten 
würden, denn hier betrügen die Mehrforderungen 
für Mehrausgaben für Schiffsbauten nur etwa 
Î Millionen, aber die Mehrforderungcn würden 
M.bis 1895 fortsetzen. Einen weiteren Ausfall 
^ °er Zuckersteuer erwarte man nicht, dagegen 
schlechten Kartoffelernte einen solchen 
Rei^^ Maischbottigsteuer. Die Finanzlage des 
dip <r Scftatte sich von Jahr zu Jahr günstiger, 
" ffrage der Amortisation der Anleihe, weil nicht 
ks s stun, könne jetzt noch nicht erörtert werden; 
g J ei aber zu erwägen, ob die jetzt durch Anleihen 
Wr n Aufwendungen nicht besser auf den or- 
"suchen Etat zu übernehmen seien. (Beiß rechts.) 
j Abg. Richter (d. f.): Die Thronrede betone 
î" erfreulicher Weise die feierliche Lage, im Wider- 
'şiUch mit ihr stehe das Gebühren der beeinfluß- 
Mtlwoch, 
J«sertio»Sprei»; 
Für die Petitzeile oder deren Raum 15 4. 
Jahrg. 
28. Aovemöer. 
ten offiziösen Presse. Die jetzige Denkschrift der 
Admiralität stehe im Widerspruch mit den früheren 
Denkschriften der Admiralität. Die ersten Zei 
tungsnachrichten über eine Erhöhung des Marine 
etats wurden von der Regierung als nicht inspi- 
rirt bezeichnet. Jetzt zeige sich, daß diese Nach 
richten das Richtige getroffen, früher habe man 
gesagt, Deutschland könne sich nicht den Luxus 
kostspieliger Experimente mit seiner Flotte erlauben 
und jetzt verlange man plötzlich eine Verdopplung 
der Marine. Das sei aber die bedenkliche Folge 
der Colonialpolitik, die jetzt schon weit über den 
früher vom Regierungstisch aus selbst gesteckteu 
Rahmen hinausgehe und so die liberalen Befürch 
tungen erfülle. Man solle sich in Ostafrika nicht 
eine Lage schaffen, wie die Franzosen in Tonkin, 
die Italiener in Maffauah, die Engländer im 
Sudan, man solle lieber den Osten Deutschlands 
colonisiren. Wenn man für Unterdrückung der 
Sklaverei agitire, so solle man zuerst darauf hin 
wirken, daß die Unternehmer auf den deutschen 
Plantagen die Sklaven abschaffen. Man solle aber 
lieber erst in Deutschland in vielen Angelegenheiten 
menschenwürdige Verhältnisse schaffen. Seit lOJah- 
ren seien die Reichssteuern um 290 Mill, gewachsen 
und doch zeige sich ein Defizit, während Preußen 
einen Ueberschuß habe, der bei einer besseren Ver 
waltung der Staatseisenbahncn noch größer sein 
würde. (Oho! rechts.) Nun, einen solchen stören 
den Wagenmangel, wie er sich jetzt zeigt, hat man 
unter den Privatverwaltungen nicht gekannt. 
Charakteristisch für den neuen Etat sei das Be 
dürfniß nach größerer Repräsentation. Das komme 
daher, daß man für die erhöhten Einnahmen er 
höhte Ausgaben suche. Diese erforderten dann 
wieder Erhöhung der Einnahmen. Es sei Zeit 
daß inan aus diescnr Zirkel herauskoinmc. Sollten 
die Herren rechts nicht ernstlich daran denken, den 
Kaffeezoll aufzuheben und vielleicht die Maisch- 
raumsteuer zu Gunsten der kleinen Brenner zu 
reforiniren? auch die Händler mit Branntwein 
find noch ohne Entschädigung. Das sind ja 
freilich nur kleine Leute! Redner weist sodann auf 
die Folgen der Getreidezölle hin. Die Thronrede 
sagt, daß durch die gesetzgeberischen Maßnahmen 
„die Noth der Zeit und das menschliche Elend 
sich nicht aus der Welt schaffen lassen." Sehr 
richtig; aber darum sollen auch gesetzgeberische 
Maßnahmen nicht so angelegt werdeii, daß sie die 
Noth der Zeit noch verschärfen und die ungünstige 
Ernte in der Wirkung auf die Brotpreise noch 
schroffer hervortreten lassen. Man soll es den 
Elenden in der Welt nicht noch mehr erschweren, 
ernähren. Die Thronreoe spricht von der 
Bethätigung der auf dem Boden des Christen 
thums erivachsenden Nächstenliebe. Die Kornzoll 
gesetzgebung ist nicht auf den, Boden der Liebe, 
sondern des Sonderinteresses besitzender Klassen 
erwachsen, rücksichtslos gegen die Nächsten. Was 
aber das Christenthum betrifft, so beten die 
Christen: Unser tägliches Brot gieb uns heute. 
Wer aber jetzt in Deutschland das tägliche Brot 
so haben will, wie es der Himmel wachsen läßt, 
muß es sich jenseits der deutschen Grenzpfähle 
holen. Fürwahr man sollte mit den Bezugnahmen 
auf das Christenthum angesichts solcher Gesetz 
gebung etwas sparsamer umgehen als bisher. 
Die Signatur unserer Tage ist eine steigende 
Zunahme der Sozialdeniokratie, das heißt der 
jenigen Partei, welche überhaupt daran zweifelt, 
auf der Grundlage der bestehenden gesellschaftlichen 
Ordnung zu einer Besserung der Verhältnisse zu 
gelangen. Man kann nur darüber zweifelhaft sein, 
ob die gegenwärtige Regierung mehr durch solche 
positive Gesetze als durch fälsche Repressivmaß 
regeln dazu beiträgt, die Gefahren der Sozial 
demokratie zu erhöhen. 
Und in solcher Situation giebt es Leute, welche 
es als eine besondere Staatsweisheit erachten, die 
freisinnige Partei mit allen Mitteln staatlicher 
Autorität niederzuhalten, zu ächten, zu verfehmen. 
Ja, es wird sogar als Großthat, als vortrefflich 
gerühmt, wenn irgendwo selbst durch das ver 
werfliche Mittel der Judenhetze der freisinnigen 
Partei Mandate abgenommen wordeil sind. (Leb 
hafte Unruhe rechts.) Auch die einfachste Grund 
lage des konstitutionellen Rechts erscheint in Frage 
gestellt, in dem Maße, wie es gelingt, das 
Königthum in den Parteikampf hinabzuziehen, das 
Gefallen oder Mißfallen der Krone bei einzelnen 
Wahlen als Richtschnur für das politische Ver 
halten hinzustellen. Wohin das Ansehen der Krone 
dabei gelangt, dazu brauchen wir nicht erst auf 
die napolconischeu Plebiszite hinzuweisen. Es 
genügt, an dasjenige zu erinnern, was wir in 
Preußen unter König Friedrich Wilhelm IV. er 
fahren haben. Wie damals eine kleine Schaar 
von Altliberalen, so werden auch wir uns durch 
nichts beirren lassen, unsere Ueberzeugungen 
rückhaltlos frank und frei gegen Jedermann ent 
schieden vertreten, auch in dieser neuen Session 
ebenso wie loir cs uns in früheren Zeiten zur 
Ehre angerechnet haben. (Lebhafter Beifall Iinks.1 
Abg. v. Wedelt-Malchow (cons.) findet in 
den Forderungen für die Marine nur die Conse- 
quenz unserer maritimen Entwicklung. Redner be- 
mängelt sodann die einzelnen Theile der Richter'- 
schen Rede und versichert seine Partei sehe mit 
Ruhe den nächsten Reichstagswahlen entgegen. 
Abg. Frhr. v. Huene (Centr.): Der Abg. 
Richter hat gemeint, das Branntweinsteuer-gesetz 
habe lediglich zuin Nutzen der Brenner gewirkt) 
Damit befindet er sich vollkomnrcn iin Irrthum. 
(Beifall im Centruin.) Die Erfahrungen in Schle 
sien sprechen durchaus dagegen. Es wäre sehr zu 
hoffen, daß mit der Zeit das Brennereigewerbe 
ivieder mit einem entsprechenden Nutzen betrieben 
ivcrdeu könnte, den es jetzt nicht abwirft. Auch 
die Atlsführungen gegen die Koruzölle sind hin 
fällig. Bei den bisherigen Kornpreisen war die 
Landwirthschaft nicht iin Stande, zu bestehen. Ich 
niöchte dem Abg. Richter lieber empfehlen, immer 
nachzuforschen, ob nicht die Hilfe, die der Mülle'r 
und der Bäcker bei Herstellnng des Brotes leistet 
etwas zu theuer bezahltwird. (Beif.rechts. 
Die Preise, die der Landwirth für sein Getreide 
erhält, sind noch lange nicht so hoch, als sie früher 
gewesen sind, sie haben jetzt erst einen Stand wie 
der erreicht, bei dem der Landivirth eben wirth 
schaften kann. 
Nächste Sitzung Mittwoch, 28. Nov. 1 Uhr 
Fortberathung des Etats. Schluß 4H, Uhr. 
Aus der Denkschrift 
zur Altcrsvcrsorgungsvorlnge. 
Der Gesetzentwurf mit seinen 150 Para 
graphen ist nunmehr im Reichstage zur Ver- 
theilung gelangt. Beigefügt ist eine ausführ 
liche Begründung von 104 Ouartseiten. 
Daran schließt sich eine Denkschrift über die 
Höhe der finanziellen Belastung, welche der 
Gesetzentwurf voraussichtlich hervorrufen wird. 
Ņus der heimischen Uneligion. 
Von F. Höft- 
(Fortsetzung). 
Auch andere Schriftsteller bezeugen, daß 
3 e , heutzutage, Schieferfels, liegender flacher 
, llin bedeute und in einer Menge von Fcls- 
?"^ņnnngen an der Mosel und dem Rhein 
^kommen. Wolfgang Menzel jedoch hat 
y , Ļorelcisage zu retten gesucht. Er und 
ihm andere erklären die Lorelei als den 
to,® der Lore und soll Lore der Name der 
ittnnixe sein. 
Stütze dieser Deutung wird angeführt, 
U" den ehemals von Kalten bewohnten 
Landen, (Hessen-Nassau), eine Flnßgottheit 
isicr e - ^ehrt worden sei. — Wir können 
^or r • e Untersuchung über die Echtheit der 
es s ìsage führen, nur das sei bemerkt, daß 
hat v"öere Götter für Flüsse nicht gegeben 
n, e j '"udcrn, daß die Gottheiten viel allge- 
sks^ere Bedeutung hatten und eine und die- 
(L Gottheit in Hügeln und Gesteinen des 
der und wiederum auch in den Tiefen 
süsser, wie überhaupt in allen 4 
iß °>>ten alter Zeit wohnend gedacht worden 
.-® enn von der Rheinnixe gesagt 
die '0, daß sie sich vom Lurleifelscn in 
U hm deö Rheins stürzte, so ist das 
Als Beilage wird dem Blatt monatlich einmal 
„Der Landwirth« gratts beigegeben. 
In der letzteren Denkschrift ist der interessan 
teste Abschnitt derjenige über die Ergebnisse 
der Rcchnungsausführungen. Danach wird 
der Gesetzentwurf Anwendung finden auf 
11018 000 Versicherte. Nach dem 80. 
Versicherungsjahre wird der Jnvalidenbestand 
seinen Höhepunkt erreichen mit einem Inva- 
lidenhcer von 1 251 000 Köpfen. Es 
entfallen dann auf je tausend active Arbeiter 
113,5 Invaliden. In diesem 80. Jahr 
wird der Reichszuschuß sich berechnen auf 
79 230 000 Mk. Aus den Versicherungs 
beiträgen der Arbeitgeber und Arbeiter, welche 
bekanntlich vom 1. Jahr der Begründung an 
in gleicher Höhe erhoben werden, soll bis 
dahin ein Kapitalbestand von 2314 Mill. 
Mark angehäuft sein. Die Jahresrenten, 
welche alsdann die Anstalt zu entrichten 
haben wird, belaufen sich auf 158 Mill. Mk. 
— Für die ersten 7 Jahre nach Errichtung 
der Anstalt berechnet sich der Reichszuschuß 
in runden Summen aus 4, 5, 7, 8'/, 10 
13, 16 Mill. Mk. Im 30. Versicherungs 
jahr erreicht der Reichszuschuß bereits die 
Summe von 53 Mill. Mk. Die zu zahlende 
Jahresrente der Reichsversicherungsanstalt be 
rechnet sich für die ersten sieben Jahre auf 
rund 8, 10, 14, 17, 20, 25, 32 Mill. Mk. 
Ausland. 
Frankreich. 
Paris, 16. Nov. Inder französischen 
D eputirtenkammer kam es am Montag 
zu peinlichen Auftriten. Wilson, der 
Schwiegersohn des früheren Präsidenten Grevy, 
erschien zum ersten Male seit seiner Frei 
sprechung im Saale und nahm seinen ge 
wohnten Platz ungefähr in der Mitte ein. 
Große Aufregung unter den Opportunisten. 
Sie lassen Wilsons Bank und die vier Bänke 
dahinter leer. . Andrieux allein geht auf 
Wilson zu, reicht ihm die Hand und setzt 
sich mit dem Ausrufe: „Ich liebe die Feigheit 
nicht!" neben ihn. Allgemeines Gemurmel. 
Der Abgeordnete Mesureur stellte, auf 
die Anwesenheit Wilson's anspielend, den 
Antrag, die Sitzung auf eine Stunde zu 
vertagen, aus Gründen, die jedermann be 
greifen werde. Der Bonapartist Cuneo 
d'Ornano sagte, die Kammer würde wohl 
thun, sich überhaupt aufzulösen. Miller and: 
Man scheint nicht verstehen zu wollen; so 
wollen wir denn ausdrücklich sagen, daß die 
republikanische Mehrheit sich zwar achtungs 
voll vor einem richterlichen Urtheil, das sie 
bedauerte, verneigte, daß sie auch ein Kammer- 
nntgüed nicht ausschließen kann, daß sie aber- 
ein echt mythischer Zug. Sic geht znr 
Unterwelt, gelangt in ihre Behausung in 
der Höllenrcgion, wie die griechische Perse 
phone in den Tartaros, nur mit dem Unter 
schiede, daß letztere dorthin durch Pluto ge 
raubt worden sein soll. — Im Rheine hat 
dieselbe Göttin ihren Aufenthalt in derselben 
Weise wie im Rhein des Nordens, in der 
Eider bei Rendsburg. Der Mittelrhein, 
eingeengt von romantischen Felsparthien, ist 
reich an melancholischen Sagen. — Zu 
Oberwcscl stehen die Ruinen der Burg Schön 
berg, welche sich hoch über die Stadt, dicht 
über der Liebfranenkirche erheben. Auf 
dieser Burg hauseten einst sieben herrliche 
Töchter eines Burggrafen, die durch 
ihren Geist und ihre körperlichen Reize die 
ganze Ritterschaft bezauberten und den jungen 
Männern Herz und Kopf verdrehten. Ritter 
von ausgczezeichncter Schönheit, Reichthum 
und altem Geschlecht brachten ihnen ihre 
Huldigungen dar, aber kein einziger konnte 
sich auch nur im Geringsten ihrer Huld 
rühmen. Bon den fortwährenden Bewerbungen 
stolz gemacht, wollten sie keinen erhören und 
wiesen alle in stolzer Sprödigkeit ab. Wegen 
dieser grausamen Härte wurden sie in die 
7 Felsen im Rheine verzaubert, die 7 Jung 
frauen genannt. Hier könnten sie den 
Schiffern gefährlich werden, wenn sie vom 
Wasser bedeckt und nicht zu bekannt ivären. 
Die 7 steinernen Jungfrauen können erlöst 
werden, sobald ein Fürst sie ans ihrer Lage 
heben und zum Bau einer Kapelle verwenden 
läßt. Diese 7 Prinzessinen harren ebenso 
ans Erlösung, wie unsere Nobiskrugcr Prin- 
zesiin und lind von ihr nicht wesentlich ver 
schieden. Letztere ist Mondgöttin und sind 
cs die Mondphasen, welche zur Eintheilnng 
der Zeit in liebentägige Wochen Veranlassung 
gegeben haben. Wie die Lorelei sind auch 
die sieben Jungfrauen in die Tiefe des Rheins 
versenkt, d. h. in die Unterwelt versetzt. — 
®er Mittelrhein ist so recht geeignet ein 
Bild der Verzauberung zu bieten Auf die 
rebcnbekränzten Ufergcländcr des Rheinstromes 
folgen hinter . den sieben Jungfrauen die 
düsteren Parthien der Schieferfelsen und bieten 
diese einen schauerlichen Anblick. Keine 
Reben krönen und keine Obstbäume bekränzen 
das eingeengte Bette, in welchem brausend 
der Rhein dahinströmt. In dieser wilden, 
romantischen Gegend steht der Loreleifelsen, 
dessen Sage uns beschäftigt. — Zum 
kffern Verständniß mag noch eine Sage des 
lieblichen Rheinganes herangezogen werden. 
Am schönen Rhein, da wo der Rheingau 
beginnt, wo die Berge ans beiden Seiten bis 
an die Ufer des herrlichen Stromes gehen 
und sein Bette einengen, da liegt Rüdesheim, 
allbekannt durch sein schönes, imposantes 
Germanradcnkmal. — Zur Zeit der Kreuz- 
züge stand in Rüdesheim am Rhein die Burg 
der Brömser. Hans Brömser war ein statt 
licher, streitbarer Ritter, der sich dem dritten 
Kreuzzuge zur Befreiung des gelobten Landes 
anschloß. Im heiligen Lande tödtete cr 
einen gierigen Drachen, welcher schon tausende 
von Pilger und Krieger verschlungen hatte. 
Im Kampfe gegen die Saracenen wagte er 
şia) eines Tages zu weit vor. Er wurde 
gefangen genommen, in Eisen geschmiedet und 
ins Gefängniß geworfen. Tage und Wochen 
schmachtete er im einsamen Kerker, da gelobte 
er, sein einziges Kind, seine Gisela, dem 
Kloster zu weihen, wenn es ihm vergönnt 
sein werde, seine heimathliche Burg wieder 
zu sehen. — Kaum hatte er sein Gelübde 
mit heiligen Eiden besiegelt, da öffnete sich 
sein Kerker und vor ihm standen seine Freunde 
und Befreier. Als der Kampf beendet war 
zog Brömser der Heimath zu — Der 
Abend dunkelte bereits, da sah er die Zinne 
seiner Burg sich ,m Rheine spiegeln. Plötzlich 
verlangsamen seme Schritte: Er gedenkt 
CWC «> re°5^ ei Gisela und seines Schwures. 
— Rasselnd fällt das Thor herab. Er steht 
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