Full text: Newspaper volume (1888, Bd. 2)

Das Schreiben läßt einen tiefen Blick in die 
Seelenqual der unglücklichen Frau thun. Nicht 
ohne Mitgefühl konnte der Kaiser diesen er 
schütternden Brief lesen, aber verfassungsmäßig 
konnte er nicht eher Gnade walten lassen, als 
bis das zuständige Gericht im Namen des 
Kaisers Recht gesprochen. So ward das 
Schreiben der Frau vom Herrn Justizminister 
an die Staatsanwaltschaft gesandt, diese erhob 
Anklage wegen Meineids und die Sache kam 
vor dem Schwurgericht zur Verhandlung. Die 
Frau ward nicht verhaftet. Sie kam frei 
willig nach Kiel, sie verzichtete auf ihr Recht, 
Vertagung zu verlangen, weil sie erst am 
14. November, also nicht früh genug geladen 
war, und bekannte sich schuldig. Die Tochter 
des Webers bestätigte die Aussage der Frau. 
Ans Befragen eines Candidate» der Theologie, 
ob sie der Frau vergeben wollten, hatten der 
Weber und seine Tochter Ja gesagt. Die 
Frau kam zu ihnen, bat um Verzeihung und 
erhielt sie auch, bot ihnen die 40 Mark an, 
zu welchen die Tochter deS Webers damals 
verurtheilt war, aber die Leute wollten das 
Geld nicht nehmen, sie meinten, sie dürften 
es nicht. Herr Staatsanwalt Muhle bean 
tragte das Schuldig unter den mildernden 
Umständen, welche das Strafgesetzbuch § 157,1 
für den falschen Eid eines Zeugen zuläßt. 
Die Geschworenen sprachen sie schuldig, be 
jahten auch die Zusatzfrage und befürworteten 
die Begnadigung der Frau. Das Gericht 
verurtheilte die Frau darauf wegen Meineids 
zu 4 '/ 2 Monaten Gefängniß, dem geringsten 
Strafmaß, worauf das Gericht erkennen mußte. 
An Allerhöchster Stelle wird, das wird wohl 
als zweifellos gelten, die Staatsanwaltschaft 
nunmehr die Begnadigung der unglücklichen 
Frau, die wohl mehr gelitten hat, als man 
cher, der wegen Meineids vom Gericht zu 
Zuchthausstrafe verurtheilt ist, empfehlen. 
—»i>. Vom Kanal, 24. Nov. Sowohl 
die Königl._ Kirchspielvogtei in Kiel, als auch 
die Gutsobrigkeit für Marutendorf und Hohen- 
schulen machen bekannt, daß wegen Ausbau 
auf der Kiel-Rendsburger Landstraße die Strecke 
von Achterwehr bis Russee vom 21. d. M. 
an für schweres Fuhrwerk gesperrt ist. Das 
selbe wird verwiesen von Achterwehr über 
Flemhude, Quarmbek, Ottendorf, Kronshagen, 
oder über Fegefeuer, Melsdorf, Hasseldieks 
damm nach Kiel, resp. über Flemhude, Quarm 
bek, Fegefeuer, Melsdorf, Mettenhof nach 
Russee. — Leichteres Fuhrwerk kann die 
Strecke passircn, cs «rirb aber baraas a.ş 
merksam gemacht, daß die Fahrt nicht ohne 
Gefahr ist. — Die Masernkrankheit ist in 
hiesiger Gegend so ziemlich als erloschen zu 
betrachten. — Der Landmann ist dies Jahr 
mehr als sonst genöthigt künstliche Futterstoffe 
zu verwenden, da Korn, Heu und Stroh wegen 
der Nässe viel an Nährstoff verloren haben. 
< Hohenwestedt, 24. Nov. Am Mitt 
woch hielt der hiesige landwirthschaftliche Verein 
seine 2. Winterversammlung ab und wurden 
zunächst einige geschäftliche Angelegenheiten des 
Vereins erledigt. Au Stelle des ausscheiden 
den bisherigen Vorstandsmitgliedes, des Herrn 
R o h w e d e r wurde fast einstimmig auf Vor 
schlag des Vereinsvorstandes Herr Hufner 
Hans Thun in Glüsing gewählt. AlsRech- 
nungsrevisoren wurden für dieses Jahr die 
bisherigen Revisoren, die Herren Vierthund 
R o h w e d e r in Remmels wieder gewählt und 
gleichfalls vereinigten sich bei der Wahl von 
2 Delegirtcn für den Generalverein sämmtliche 
Stimmen auf die bisherigen Delegirten, Herrn 
Director Conradi und Radbruch in 
Remmels. 
#_* Hohncr Harde, 24. Nov. Die be 
stellte Wintersaat ist auf den meisten Feldern 
recht gut aufgegangen, zufolge der anhaltenden 
Nässe der letzten Tage bilden sich jedoch leider 
auf den tiefer gelegenen Feldern vielfach klei 
nere und größere Seeen, so daß die vielleicht 
eben erst gekeimte Saat vom Wasser bedeckt 
wird. Nichts könnte für uns schlimmer wer 
den, als wenn auf diese Nässe plötzlicher Frost 
folgte, da dann die Saat vielfach in Eis stehen 
und ausfrieren würde. Das Vieh ist natür 
lich alles aufgestaut, doch muß mit dem Futter 
in mancher Wirthschaft recht sparsam umge 
gangen werden, da gegen das Vorjahr nur 
wenig Heu und Stroh geborgen ist. Das 
Brotkorn wie überhaupt das Getreide steig* 
beständig im Preise, während die Preise für' 
Schweine heruntergegangen sind. 
Kleine Mittheilungen a. d. Provinz rc. 
Ein Landmann im Kirchspiele Büsum 
gedenkt im kommenden Frühjahr auf seinem 
Besitz eine Ziegelei einzurichten, da has 
Lchmmaterial sich dazu eignet und in dortiger 
Gegend Ziegeleien überhaupt nicht vorhanden 
sind, vielmehr die Bausteine per Schiff vo« 
der Ostsee herbeigeholt werden müsse"- 
Die Campagne der WesselburenerZucker- 
sabrik endigt in diesem Jahre schon am 2o, 
Die „Riforma" hofft, das Marineministerium 
werde Vorkehrungen treffen, daß derartiges 
nicht mehr stattfindet. — Die Insel Maddalena 
liegt am Eingänge der Bonifaciostraße zwischen 
Korsika und Sardinien. 
Dänemark. 
Kopenhagen, 24. Nov. In einer Erwi 
derung auf Auslassungen der „Kieler Ztg." 
behauptet die offiziöse „Nationaltidende", daß 
die Ausweisungen dänischer Unter 
thanen aus Nordschleswig beschränkt 
werden sollen. Nach direkten Verhandlungen 
zwischen dem Kaiser und dem Reichskanzler 
seien bestimmte Befehle darüber gegeben. Dem 
Geiste nach, fügt jedoch das citirte dänische 
Blatt hinzu, scheint man trotzdem den Befeh 
len nicht gefolgt zu haben. 
Inland. 
Berlin, 24. Novbr. Das Gesetz vom 
27. Februar 1880 gegen Wanderlager ist, 
wie es scheint, nicht durchgreifend genug ge 
wesen und soll nun, nach offiziösen An 
deutungen, auf dem Polizeiwege fortgesetzt 
werden. Es habe sich herausgestellt, daß ge 
rade diejenigen Inhaber eines Wanderlagers, 
welche es auf eine Benachteiligung des Publi 
kums durch Feilbieten und Verkauf gering- 
werthigerer Waaren abgesehen hätten, entweder 
die ihnen durch die neue Steuer auferlegte 
Last nicht scheuten, oder aber sich dieser Ab 
gabe dadurch zu entziehen suchten, daß sie ihre 
Waarenbestände nicht selbst in vorübergehend 
errichteten Verkaufsstellen feilböten, sondern 
Inhabern ortsansässiger Firmen oder- 
gewerbsmäßigen Versteigerern zum vorüber 
gehenden Betriebe oder zum Verkaufe im 
Wege der Versteigerung übergäben. Deshalb 
soll zufolge Anordnung der Minister des Han 
dels und des Innern auf Grund des § 35 
der Gewerbeordnung durch Konzession- 
entziehung gegen hie.gewerbsmäßigen Ver 
steigerer, welche bei dem Betriebe von Wander- 
tagern in der gedachten Weise Beihilfe leisten, 
seitens der Behörden eingeschritten werden. 
— Gegen den Gesetzentwurf über die Al 
ters-und Invalidenversorgung machen 
sich in wesentlichen Abschnitten innerhalb der na 
tionalliberalen Partei sehr ungünstige Stimmen 
geltend. Schon spricht man davon, daß der 
Gesetzentwurf in dieser Session nicht zu Stande 
kommen könne. Bon anderer Seite wird her 
vorgehoben, daß die Regierung Werth darauf 
lege, den Gesetzentwurf bis zum Februar an 
genommen zu sehen. — Wir zweifeln nicht, 
daß der Gesetzentwurf, wenn nicht im Februar, 
so doch im März in allen wesentlichen Theilen 
von der Kartellmehrheit so angenommen werden 
wird, wie er jetzt vorliegt. 
— Von der Persönlichkeit des Professors 
Rudolph von Gneist, des bekannten 
Parlamentariers, giebt der „Hlst. C." folgende 
Schilderung: Rudolph von Gneist, der ge 
borene Spree-Athener, feierte am Dienstag 
sein fünfzigjähriges Doctor-Jnbiläum. Wer 
Gneist zum ersten Male sieht, ist enttäuscht 
und hätte eine andere Persönlichkeit erwartet. 
In dem unscheinbaren Körper steckt aber ein 
gewaltiger organisatorischer Geist; der be 
rühmte Jurist schielt, aber nicht störend, obwohl 
er Niemanden ganz gerade anzusehen vermag. 
Das Haar hängt in Form von spärlichen 
Skalplocken herab, wie bei Heinrich Düntzer, 
dem Bibliothekar der Jesuitenbibliothek zu 
Cöln, und seinem schnarrenden Vortrage ist 
schwer zu folgen. Gneist ist ein fröhliches 
war es nicht feige, ihm auch in meinen 
Briefen nicht einzugestehen, daß ich mir den 
kostbaren Scherz gemacht, mich für ein allein 
stehendes vermögensloses Mädchen auszugeben? 
Nein! — Wieso? — Er kann froh sein, 
eine reiche Frau zu bekommen, die ihm die 
Mittel zu gewähren vermag, all' seinen lei 
sesten Wünschen Rechnung zu tragen.^ Wenn 
er am Sonntag nicht eine so abscheuliche 
pedantische Mime aufgesteckt, so hätte ich ihm 
wohl die kleine Komödie eingestanden, um 
mich an seinem Erstaunen zu weiden; so aber 
verdient er es nicht besser für sein lang 
weiliges Quälen, wieder zur Mutter hinaus 
zukommen. Ich soll mit ihr die Beschaffung 
der Aussteuer besprechen? — Köstlicher 
Gedanke! — Nein, mein lieber Andreas, die 
beiden mächtigen Strickstrümpfe schweben mir 
noch wie eine Warnungstafel vor Angen und 
ich denke dieses Eldordo spießbürgerlicher Glück 
seligkeit erst einer gründlichen Wandelung zu 
unterziehen, ehe ich meine Schritte öfter dahin 
lenke. Wie freue ich mich, den Seinen das 
Leben von einer ganz andern, nie gekannten 
Seite zeigen zu können! Wenn er nur käme, 
daß ich die Maske fallen lassen könnte und 
ihm mit einer Gardinenpredigt über sein 
langes Fortbleiben zu sagen vermöchte, daß 
seine Braut, — entgegen seinem ausgesproche 
nen Grundsätze, nun doch — eine „Erbin" 
Hans und sieht nur von außen wie ein alter 
Spießer aus; sein Herz ist jung geblieben 
wie das Moltke's, seine Schüler zählen nach 
Tausenden, er ist der „Juristenvater", wie 
der greise, der „große Schweiger" der 
„Soldatenvater" ist. 
Berlin» 25. Nov. Zn dem angekündigten 
Erscheinen eines französischen Buches, welches 
die Falschheit der Politik Bismarcks 
nachweisen will, bemerkt die „Norddeutsche": 
„Wir gratuliren den Franzosen zu dieser Be 
reicherung ihres politisch-literarischen Schatzes, 
die ähnlichen Albernheiten der letzten 17 
Jahre ebenbütig zur Seite stehen wird. Vom 
Standpunkt der Psychologie, oder richtiger: 
der Psychiatrie, ist der Vorgang von Interesse, 
weil er zeigt, bis zu welchem Grade von 
Verworfenheit der Haß gegen Deutschland 
große französische Kreise gebracht hat. Sie 
erscheinen einsach unzurechnungsfähig, man darf 
von ihnen jeder, auch der unvernünftigsten 
Handlung gewärtig und muß dagegen auf 
der Hut sein. 
Oldenburg, 23. Nov. Der Erbgroß- 
herzog und die Erbgroßherzogin von 
Oldenburg haben heute Abend von hier aus 
ihre Reise nach Ostindien angetreten. Die 
selben begeben sich zunächst nach Genua, um 
von dort am 26. d. zu Schiff zu gehen. 
— Starke Schneestürme haben in den 
letzten Nächten auf dem Harze gewüthet, so 
daß der Schnee bereits '/? Fuß hoch liegt. 
Die Posten verkehren bereits auf Schlitten. 
— Ein Raubmordversuch ist am 
Dienstag Abend gegen den 70 Jahre alten 
Kanonikus und Stadtpfarrer Bannerth in 
Tost versucht worden. Ein fremder Mann, 
der sich einmal für einen Russen, das andere 
Mal für einen Krenzburger ausgiebt, kam 
Abends 6 Uhr auf die Pfarrei, n.m aügevnch 
eine BkÄigung zu bestellen. Zum Kanonikus 
Bannerth vorgelassen, berichtete er über den 
Todesfall, sprang auf einmal auf den Geist 
lichen zu und würgte ihn so lange, bis der 
selbe besinnungslos wurde. Als sich der 
Räuber hierauf an die Durchsuchung der Kasten 
machte, kam der Kanonikus zu sich. Sobald 
jener dies bemerkte, fing er ihn von neuem 
auf dem Sopha, auf das Herr Bannerth hin 
gesunken war, zu würgen an. In der Todes 
angst fing der Geistliche an, mit den Füßen 
auf den Boden zu stoßen, was der unter der 
selben Stube wohnende Kaplan Schiewitz 
hörte. Wegen der ungewohnten Geräusche 
lief er hinauf und fand den Mann über den 
Herrn Kanonikus gebeugt. Der Mordgeselle, 
Lapinsky nennt er sich, ergriff hierauf die 
Flucht, wurde aber auf dem Ringe gefangen. 
Bei ihm fand man drei Dietriche verschiedener 
Größen. Ein scharfes Küchenmesser ließ der 
Mann, wie dem „Oberschlesischen Anzeiger" 
geschrieben wird, auf dem Flur zurück. 
Auklam, 24. Nov. Bei der Reichstags 
neuwahl am 20. d. wurde der bisherige Ab 
geordnete, Frhr. von Maltzahn-Banselow 
(deutsch-Conservativ), mit 6934 von 11430 
Stimmen gewählt. Der Gegencandidat 
Ruge-Steglitz (freis.) erhielt 4472 Stimmen. 
Es hat eine wesentliche Zunahme der frei 
sinnigen Stimmen gegen die letzte Reichstags 
wahl auch in diesem Wahlkreise stattgefunden. 
Bremen, 24. Novbr. Das Schiff 
„Friedrich" mit 700 Barrel Naphtha für 
Bremen beladen, ist auf der Rhede von 
Brake total ausgebrannt. Der Steuermann 
Tubbe und ein Matrose sind in den Flammen 
umgekommen. 
ist. Aber er kommt nicht, auch heute nicht, 
er denkt nicht daran, daß, wer sich mit Afra 
verlobte, auch die Pflicht hat, sich ihr zu 
widmen! Soll ich nun, weil er es nicht für 
der Mühe werth hält, sich eine Stunde frei 
zu machen, um nach seiner Braut zu sehen, 
heute von dem Hausmann'schen Gartenfest, 
— zu dem ich schon vor Wochen die Ein 
ladung angenommen, wegbleiben? Daß ich 
eine Thörin wäre! Was heute der Bräu 
tigam für einen Liebesbeweis ansehen wird, 
könnte am Ende später der Herr Gemahl als 
selbstverständlich fordern, und dazu verspürte 
Afra van der Twist, welche zu lange un 
beschränkte Herrin aller ihrer Wünsche und 
Neigungen war, durchaus keine Lust. Mag 
er schmollen — ich gehe zu Hausmann's; 
denn es drängt mich, den Triumph auszukosten, 
Waldstedt als Braut entgegenzutreten und ihn 
mit seinen Ahnen zu necken." — 
(Fortsetzung folgt). 
W. Hamburg, 26. Nov. 
WetterAussichten 
für den 27. November. 
Stark wolkig und vielfach trübe, bedeckt mit 
Niederschlägen (Regen oder Schnee), zeitweise 
Sonnenblicke, naßkalt, böige, frische bis starke und 
stürmische Winde (meist SW bis NW) bei wenig 
veränderter oder abnehmender Temperatur. — 
Sturmwarnung für die Seegebiete. 
Hamburg, 24. Nov. Ein grausiger 
Mord hat die Hamburger Bevölkerung in 
Aufregung versetzt. Heute Mittag bemerkte 
ein Dienstmann, welcher einen großen 
Holzkoffer nach dem Strandquai trans- 
portirte, daß aus dem Koffer Blut hervor 
sickerte. Er benachrichtigte die Polizei, welche 
in dem Koffer die zusammengedrückte 
Leiche eines Mannes mit gräßlich 
verstümmeltem Kopf fand. Nach den 
vorgefundenen Papieren ist der Todte ein 
Spediteur Namens H. L. Hülseberg, 
Hafenstraße 41 wohnhaft gewesen. Wahr 
scheinlich liegt ein Raubmord vor; sämmt 
liche Wcrthsachen fehlten an der Leiche. 
Provinzielles. 
Altona, 24. Nov. Die Leiter der hiesigen 
Kartellpartei beabsichtigen die Gründung eines 
„Vereins regierungsfreundlicher Arbeiter". 
Auch Ottensener Arbeiter sollen zu diesem 
Verein herangezogen werden und wird diese 
Gründung mit großem Eifer betrieben. Als 
Zweck des Vereins wird in erster Reihe Be 
kämpfung des Socialismus genannt. 
Ģ Pinneberg» 25. Nov. Die heute hier 
orts stattgehabte Versammlung des land- 
wirth sch aftlichen V ereins fürPinne- 
berg und Umgegend war sehr stark be 
sucht. Die Mitgliederzahl betrügt z. Z. 211. 
— In der heutigen Versammlung hielt Herr 
Dr. Giersberg einen sehr interessanten Vor 
trag über: „Rationelle Fütterung des Viehes 
unter Berücksichtigung des theilweise fehlenden 
guten Rauhfutters und der hohen Kornpreise." 
Es wurde ferner bestimmt, daß in diesem 
Jahre das Stiftungsfest nicht am 9. März 
(Todestag Kaiser Wilhelms I.), sondern vor 
stàirfinoen. Der Verein, welcher 
sich seit mehreren Jahren mit der Prämierung 
von Dienstboten beschäftigt, beschloß, daß die 
Anmeldungen zu solchen vor dem 1. Januar 
eingegeben werden müßten. 
Krei- Stormar», 23. Novbr. Die Ge 
meinde Mönkhagen hat bei der Nagel'schen 
Maschinenfabrik in Schleswig eine vier 
rädrige Fahrspritze neuester Construction in 
Bestellung gegeben; dieselbe soll mit 10 Mann 
Bedienung in der Minute 235 Liter Wasser- 
auf 30 Meter Wurfweite liefern und wird 
einschließlich des vorgeschriebenen Zubehörs 
1100 Mk. kosten. 
In Hader-leben ist ein Komitee für die 
Errichtung einer Antheils-Schweineschlachtcrei 
in Thätigkeit. Nach der aufgestellten Be 
rechnung würde man an jedem Schweine 
6 Mk. 25 Pf. verdienen können. Da nun 
angenommen wird, daß jährlich 16,000 
Schweine geliefert werden, so stellt sich die 
Bruttoeinnahme auf 100,000 Mark. Die 
Ausgaben sind auf 80,000 Mk. veranschlagt, 
so daß der jährliche Ueberschuß 20,000 Mark 
betragen würde. — Die Herren N. de Wolff- 
Hadersleben und Gutsbesitzer Thaysen-Wild- 
fang wurden beauftragt, eine Reise in die 
Rheingegenden zu unternehmen, um sich dort 
über die Absatzverhältnisse zu orientiren. 
Breklum, 24. Nov. Der Dirigent des 
Martineums in Breklum, Herr Dr. Gräber, 
wird zu Ostern 1889 seine jetzige Stellung 
verlassen und als Alumnatsinspector und 
Oberlehrer am Plöner Gymnasium eintreten. 
Vom Kuratorium des Martineums ist der 
zweite Lehrer dieser Anstalt, Herr Eduard 
Wende, zum Dirigenten an Stelle des aus 
scheidenden Dr. Gräber ausersehen worden. 
Kiel, 23. Nov. Von erschütternder Tragik 
war ein Fall, der gestern vor deni Kieler- 
Schwurgericht zur Verhandlung kain. Die 
Frau eines Schmieds in Weddingstedt, Marie 
Dorothea P., hatte am 7. Sept. d. I. an 
Se. Majestät den Kaiser die Bitte gerichtet, 
ihr die Strafe eines Meineides zu erlassen, 
den sie vor mehr als drei Jahren in einer 
Strafsache gegen die Tochter des Webers H. 
in Weddingstedt, von welcher sie mit einer 
Blechkanne ans dem Fußsteige nach Heide am 
16. Mai 1885 ins Gesicht geschlagen war, 
geschworen statte. Als Zeugin vereidigt, hatte 
sie vor dem Heider Schöffengericht am 25. 
Juni 1885 verschwiegen, daß sie zuerst die 
Tochter des Webers in den Graben gestoßen 
hatte. Das Mädchen hatte sie nämlich am 
Himmelfahrtstage mit schmutzigem Wasser 
übergössen. Die Frau fürchtete sich vor 
Strafe wegen thätlicher Beleidigung, wenn sie 
zugab, daß sie sich auch strafbar gemacht habe. 
Nun war ihre Ruhe dahin. 3 Jahre hatte 
sic die Qualen des Gewissens getragen. Ihrem 
Mann hatte sie es nicht sagen mögen, daß sie 
falsch geschworen, sie dachte an ihre Kinder 
und wollte nicht mit einem Meineid auf der 
Seele hinübcrgehen in die Ewigkeit. So ent 
schloß sie sich, heimlich an Se. Majestät den 
Kaiser zu schreiben, klagte sich des Meineids 
an und bat um Gnade und Vergebung, im 
Himmel sei ja mehr Freude über einen Sün 
der, der Buße thue, als über 99 Gerechte.
	        
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