Full text: Newspaper volume (1888, Bd. 2)

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1888. 
Die Neuordnung der Feld-Artillerie. 
Der Entwurf über die Neuordnung der 
Mld-Artillerie hat vor einiger Zeit der Aller 
höchsten Entscheidung unterlegen. Darnach 
Ģ eine Aufbesserung der Cadres der 
Feld-Artillerie vorläufig nicht in Aussicht ge 
kommen, so daß von erhöhten Forderungen 
mr die Feld-Artillerie im Etat 1889/90 nicht 
^ìe Rede sein kann. Ebenso ist die Frage 
°Er Neuordnung der reitenden Artillerie nicht 
^rührt worden. Im Ganzen werden sich 
^Mvach dic Veränderungen erstrecken: 1. auf 
Aufhebung der General-Inspektion der 
Feld-Artillerie und der Inspektionen der Feld- 
artillerie. 2. Im Kriegsministerinm bleibt 
ļjk „Artillerie-Abtheilung" derart bestehen, 
°»ß Feld- und Fuß-Artillerie in derselben 
technische Vertrerung behalten. 3. Die 
mld-Artillerie-Regimenter werden den einzelnen 
Armeekorps unterstellt. 4. Diese erhalten, 
^ das bei der Infanterie und Kavallerie 
A .leher besteht, einen Adjutanten der Feld- 
artillerie. Sonach wird es für die Feld- 
^rtìllerie keinen höheren Grad geben, als den 
m,^ìrks-Kommandeur. Offiziere dieser 
^ ş, die sich für höhere Stellen eignen, 
vanciren wie die Generäle aus der Infanterie 
. Kavallerie und gelangen somit häufiger 
Ş die Stellen der Divisions- und Korps- 
Kommandeure, als es bisher der Fall war, 
ìvo die Inspektionen und die General-In 
spektion besetzt werden mußten. 
Die Fachpresse hat außerdem die Abschaf 
fung des Hauptmanns-Examens und den Be 
such der Artillerieschule lebhaft erörtert; ob 
optr,NK eW,e Entscheidung in dieser Beziehung 
Es -'"ìrd, sei dahingestellt. Wir würden 
lvelckie di'??» ìņ dieser Frage anschließen, 
^ die Beseitigung des Hauptmanns-Exa- 
dofürworten, dagegen den Besuch der 
.^Eorieschule für die Offiziere der Feld-Ar- 
ullerie als unbedingt nothwendig erklären,'als 
das Fundament der artilleristisch-technischen 
Heranbildung der Offiziere. Zu wünschen 
'"are hinsichtlich der Gesammtheit dieser Fra 
gen die Errichtung einer besonderen Abtheilung 
sUt Kriegsministerium für die Feld-Artillerie, 
înn die Feld- und Fuß-Artillerie müssen bei 
,^m heutigen Stande der Technik so ver- 
„^dme Ziele verfolgen, daß eine ersprießliche, 
^ ^usame Thätigkeit kaum erhofft werden 
r • n - _ Diese Trennung hätte eigentlich be- 
eintreten müssen, als unter Podbielski 
und Fuß-Artillerie als Waffen getrennt 
Urdeu. Es wäre doch ein Widerspruch, wenn, 
.Kuchem die Trennung in Waffen schon so 
besteht, dieselben in der Artillerie-Ab- 
Jets ong vereinigt bleiben sollen. 
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Schicksalswege. 
""'an in zwei Abtl,cilungcn von So»,a von Presse,,»». 
à^ûhrend Herr von Bresca in den Salon 
ş' beendeten Alma und Ellen Arm in 
à. bie Besichtigung der Bildergallerie und 
„ņ, "en denn gerade rechtzeitig im Salon, 
^ock Baronin von Fels mit ihrer 
^ie ì Euphrosyne vorgestellt zu werden. 
^^wnin, eine große Gestalt, hatte seit 
sie"" Umfang derart zugcnoinmen, daß 
ļich^^'.das Prädikat „gewichtig", wie statt- 
kesm.^ì>iente. Aus dieser körperlichen Fülle 
^oo ^tc wohl in erster Linie ein gewisses zu 
sie? betendes Ausharrungsvermögen, welches 
so Platz, den sie einmal eingenommen, 
fiìcht wieder aufgeben ließ, — und 
wissen o ^^r ihrer Behauptungen einen ge 
iz; o ì'ten, unfehlbaren Stempel aufdrückte. 
Ņnfap ^?şì)»e von Fels, eine Dame im 
^Akelg. dreißig, mit hübschen Zügen und 
botst Faunen, schwer ergründbaren Augen, 
sichtz der übergroßen Fülle ihrer Mutter 
^Üeit ?. en ^- Allein sie erschien Alma und 
^ bst?" Anfang ebenso steif und gemessen 
* Man ", Bewegungen wie die Baronin, 
b^'uien „nì^?ķ bcn Kaffeetisch Platz ge- 
^ " wo Bresca vom Fenster 
Ein anderer vielfach erörterter Wunsch geht 
dahin, die Feld-Artillerie möchte auch unter 
den Flügel-Adjutanten eine im Verhältniß zu 
der heutigen Würde und Bedeutung dieser 
Waffe entsprechende Vertretung finden. Bisher 
giebt es nur einen Flügel-Adjutanten der 
Feld-Artillerie, Oberst Villaume; dieser befindet 
sich aber nicht in der Allerhöchsten Umgebung, 
sondern in Petersburg. Man braucht kein 
Waffcnfanatiker zu sein, um die moralische 
und organisatorisch-taktische Tragweite einer 
solchen Gestaltung sehr zeitgemäß zu finden. 
Wird doch die Stelle, welche die Feld-Artillerie 
in Zukunft auszufüllen berufen sein muß, ihr 
noch weit mehr die Rolle anweisen, das 
Gerüst in der Schlacht zu bilden, an welches 
sich die anderen Waffen anlehnen, als bisher. 
Wir hatten davon bereits 1870/71 unwider 
legliche Beispiele, und in Zukunft müssen 
sich dieselben naturgemäß vermehren." (H.C.) 
Ausland. 
Dänemark. 
Kopenhagen, 17. Novbr. Zum Re 
gier ungsjubilä um des Königs hat nach 
Mittheilungen aus Kopenhagen die deutsche 
Kaiserin einen besonderen Curier mit kost 
baren Geschenken gesandt. 
Kopenhagen, 17. Nov. Prinz Heinrich 
von Preußen hat vor seiner Abreise heute 
Morgen den dänischen Ministerpräsidenten 
Estrup in längerer Audienz empfangen. 
Frankreich. 
Paris, 16. Nov. Der Pariser Stadtrath 
beschloß, von dein ihm zustehenden Rechte auf 
Festsetzung einer Brottaxe vorläufig Abstand 
zu nehmen und statt dessen vielmehr 
st ä d t i s ch e Bäckereien zu errichten, welche 
das Brot an die Bevölkerung zum Selbst 
kostenpreise liefern sollen. 
Paris, 17. Novbr. Die Großfürsten 
Wladimir und A l e x i s jagten gestern mit 
Carnot im Park von Rambouillet. Ram 
bouillet war mit russischen und französischen 
Fahnen geschmückt. 
Paris, 17. Novbr. Der Papst äußerte 
zum Herzog von Broglie wörtlich Folgendes': 
Boulanger ist das Idol des allgemeinen 
Stimmrechts, vielleicht gelingt cs ihm, sein 
Ziel zu erreichen, es wäre das aber nicht sehr- 
beruhigend für Frankreich. 
Paris, 17. Nov. Köchlin-Schwartz 
kündigte Goblet an, daß er an ihn eine 
Frage über die Angelegenheit von Sansibar- 
richten werde. Goblet ersuchte ihn, die 
Frage zu vertagen, bis die Verhandlungen 
abgeschlossen seien. 
NimeS, 17. Nov. (B. T.) Der Prozeß 
Num a Gil ly ist schon jetzt entschieden. Der 
Angeklagte Gilly erklärt, daß er nicht An- 
drieux, sondern die 20 Mitglieder der Bud 
getkommission angegriffen habe, lehnt es ab, 
sich zu vertheidigen und überläßt die Entschei 
dung dem Gericht. Andrieux setzte ausein 
ander, daß er die gerichtliche Verfolgung 
Gillys eingeleitet habe, um seine Ehre zu ver 
theidigen und versichert, daß er niemals bei 
einem Spekulationssyndikat in Panamawer 
then betheiligt gewesen sei. Er ziehe deßhalb 
seine Klage zurück. Hiernach erfolgte die 
Freisprechung Numa Gillys. 
Italien. 
Rom, 16. Nov. Der „Italia" zufolge 
ließ der Papst dem Abgeordneten Windthorst 
seine Freude über den Ausfall der Wahlen 
zum preußischen Landtag ausdrücken. Windt 
horst werde übrigens mit noch niehrercn an 
deren Häuptern der Centrumspartei binnen 
Kurzem in Rom erwartet; der Vatikan be 
reite denselben einen festlichen Empfang vor. 
— Ein Leitartikel des „Moniteur de Rome" 
deutet die Wahrscheinlichkeit eines baldigen 
Einvernehmens zwischen Rußland und dem 
Vatikan an, indem er ausführt, die beider 
seitigen Interessen seien solidarisch oder er 
gänzten sich harmonisch. 
Rom, 17. November. Zu den russisch- 
vatikanischen Verhandlungen wird 
der „Germania" aus Rom gemeldet, Ruß 
land habe dem Vatikan wichtige Vorschläge 
geniacht. Worin die letzteren bestehen, wird 
nicht gesagt. 
Der „Italic" zufolge, so wird dem „Ber 
liner Tageblatt" aus Rom gemeldet, ließ der 
Papst dem Abgeordneten Windthorst seine 
Freude über den Ausfall der Wahlen zum 
preußischen Landtag ausdrücken. Windthorst 
werde übrigens mit noch mehreren anderen 
Häuptern der Centrumspartei binnen Kurzem 
in Rom erwartet; der Vatikan bereite den 
selben einen festlichen Empfang vor. 
Rom, 17. Nov. In der Kammer ent 
wickelte hente Crispi sein Programm für 
die innere und äußere Politik und wehrte die 
darauf gerichteten Angriffe der Opposition ab. 
„Im Innern", sagte er, „erstrebe ich die 
Freiheit des Bürgers und die Achtung des 
Gesetzes. Bezüglich der äußeren Politik habe 
ich nur einen Gedanken: den Frieden. Wir 
werden Niemanden provoziren, wir werden 
klug sein, soweit unsere Zurückhaltung mit 
der nationalen Würde vereinbar ist. Nie aber 
werde ich dulden, daß Jemand Italien belei 
dige oder ihm diejenige Achtung versage, die 
man Anderen zugesteht." Crispis Rede fand 
die stürmische Zustimmung der Deputirten. 
Rom, 17. Nov. Die hiesige Presse be 
grüßt die glänzende Annahme des Straf 
gesetzbuchs im Senat — mit 101 gegen 
33 Stimmen — als einen großen Triumph 
des Liberalismus. Das neue Strafgesetzbuch 
schafft die Todesstrafe ab und bringt die ju 
ridischen Fortschrittsideen überall zur Geltung. 
England. 
Nach einer Londoner Meldung der „Post" 
bereiten sich innerhalb des Kabinets Salis 
bury Schwierigkeiten wegen der Militär 
frage vor. 
Oesterreich. 
Aus Oesterreich kommt die Nachricht, daß 
der derzeitige Vicepräsident der galizischen 
Statthalterei Ritter v. Löbl zum Statt 
halter von Mähren ernannt worden ist. 
Löbl ist nach der „Köln. Ztg." der Sohn 
eines einfachen Bürgers in Drohobycz in 
Galizien, der sich mit eisernem Fleiße hinauf 
gearbeitet hat. Er war langjähriger Beamter 
der centralistischen Aera in Galizien, beherrscht 
das Deutsche, versteht jedoch nicht Polnisch. 
Löbl erscheint als Verlegenheitskandidat, da 
mehrere für den Posten Ausersehene abgelehnt 
haben, auch wollte man ihn von Lemberg 
entfernen, da er früher Vorgesetzter des jetzigen 
Statthalters Grafen Badini gewesen ist. 
Budapest, 18. Nov. (B. T.) Der „Pester 
Lloyd" veröffentlicht ein hochoffiziöfes Com 
munique aus Wien, welches lautet: „Gegen 
über den aufgeregten Erörterungen einiger- 
deutschen Blätter über die jüngsten Maß 
nahmen Rußlands empfiehlt es sich, ruhig 
Blut zu bewahren. Niemand verkennt die 
Tragweite jener Maßnahmen, dieselben bilden 
jedoch kein Novum und involviren keinerlei 
wesentliche Aenderung der bisherigen 
Situation." 
Wien, 17. Nov. Der „Polit. Korresp." 
wird aus Bukarest gemeldet, die Königin 
Natalie beabsichtige an alle Souveräne und 
Höfe einen Protest gegen die Ehe 
scheidung zu richten. 
Rumänien. 
Bukarest, 18. Nov. (B. T.) Eine heute 
früh 4 Uhr in den Stallungen des königlichen 
Palais ausgebrochene Feuersbrunst vernichtete 
einen Theil derselben. Das Palais selbst 
blieb unbeschädigt, Menschenleben sind nicht 
zu beklagen. Der König und die Königin 
befinden sich augenblicklich noch in Sinaja, 
er einem heranrollendeu Wagen 
entgegen sah — „Liebchen" rief, da sprang 
die eben noch so wunderbar altjüngferlich 
Aussehende wie vertvandelt auf und eilte — 
förmlich verschönt — gleich einem jungen 
Mädchen, zu Herrn von Bresca. Er bat 
sie, ihm einen kleinen Verband am Zeige 
finger in Ordnung zu bringen. 
Bei den, eigenthümlichen Zuruf hatten sich 
Alma und Ellen angesehen, als ob sie sich 
fragten: „Was ist denn das?" und da diese 
Blicke von Baronin von Fels bemerkt und 
richtig gedeutet waren, so gab sie die Er 
klärung für jene aus den, Munde eines alten 
Freundes eigenthümlich kling,nde Anrede: 
„Mein verstorbener Mann hatte meiner 
Tochter den Rufnamen Euphrosyne gegeben; 
als aber die Kleine zu laufen und zu reden 
begann und des Vaters ganzes Herz ge 
wonnen, da nannte er sie nur noch „Liebchen". 
Bald nannte sie das ganze Haus so und als 
mein Mann starb, war sie für mich und alle 
Verwandten nur „Liebchen" — und ist cs 
auch geblieben für uns und so für so alte 
Freunde wie Herr von Bresca." 
Ellen, der Baronin zunächst fitzend, fand 
es reizend, den Schmeichelnamen, welchen der 
verstorbene Vater dem Kinde beigelegt, für- 
alle Zeiten festzuhalten. Sie hatte eben die 
Absicht, sich Frau von Bresca zuzuwenden, 
deren Augen mit unverkennbarem Wohlwollen 
an ihr hingen. Aber Frau Baronin von 
Fels betrachtete es als eine Pflicht ihres 
Standes, sich, sobald sie eine neue Bekannt 
schaft machte, bis in's Detail über alle 
Verhältnisse des Betreffenden zu informiren. 
— Die Zeit mit ihren destruktiven Tendenzen 
macht heute ja im Salon so Vieles möglich! 
Wollte man es ihr, einer geborenen von 
Baarnitsch verdenken, wenn sie als Mutter- 
einer unverheiratheten Tochter zu wissen 
wünschte, mit wem sie im Begriff stände, in 
Verkehr zu treten? 
Ellen berührte es sehr peinlich, als sie ge 
fragt wurde, ob sie allein in Berlin lebe und 
ob sie. keine Eltern habe. In ihrer offenen 
Art jedoch, die keine eigenen Geheimnisse 
kennt, fand sie mit vollendetem Takt die 
richtigen Antworten. — — Das war ja 
höchst interessant, — sagte sich wahrscheinlich 
die Baronin, faßte den Entschluß, mehr zu 
erfahren und verblüffte Ellen geradezu, indem 
sie fragte: „Haben Sie sich nach Ihrer 
Mutter Wiedcrvcrheirathung mit ihr aus 
einandergesetzt, oder hat Ihre Mama den 
unbeschränkten Nießgebrauch?" 
Frau von Bresca, welche dem Quetsch- 
systcin der Baronin Wort für Wort folgte, 
hatte sich geräuschlos erhoben, war hinter 
Ellens Stuhl getreten und hatte statt ihrer, 
die vor innerer Empörung über die undelikate 
Frage erglühte, geantwortet: „Sie haben 
Beide zu leben." — Sie bat ihren jungen 
Schützling, sie zu begleiten und führte sie in 
das Nebenzimmer, um ihr als besondere 
Gunst ihr Skizzenbuch zu zeigen. Zu Ellen's 
Bedauern kam es jedoch nicht dazu, weil 
soeben ein älteres Ehepaar eintrat, welches 
mit auffallender Herzlichkeit von der Frau 
des Hauses begrüßt, Ellen als Herr und 
Frau von Tischanowitz aus Warschau vor 
gestellt wurde. 
Das Erscheinen dieser unerwarteten Gäste, 
deren Bekanntschaft das Bresca'sche Ehepaar 
vor längeren Jahren in Karlsbad gemacht 
und die dann während eines mehrjährigen 
Aufenthaltes in Berlin werthe Freunde ihres 
Hauses geworden, brachte neue Bewegung 
und neues Leben in die Gesellschaft und da 
nach und nach mehrere Familien, sowie 
einige Offiziere aus Berlin und dem Lichter- 
felder Cadettencorps eintrafen, so begann sich 
auch — wie dies in der Regel zu geschehen 
Pflegt, die Jugend von den älteren Herr 
schaften zu sondern. 
Alma hatte zwar die Absicht gehabt, im 
Kreise der älteren Damen höchst ehrbar und 
anständig sitzen zu bleiben, allein daran war
	        
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