Full text: Newspaper volume (1888, Bd. 2)

London, 25. Septbr. Das „Reuter'sche 
Bureau" meldet aus Simla: Oberst Gra 
ham hat die Tibetaner im Jelaplapaß an 
gegriffen und geschlagen, die Tibetaner- 
verloren an 400 Todte und Verwundete, der 
englische Oberst Bromhead verlor den rechten 
Arm, außerdem wurden noch neun Sepoy- 
soldaten verwundet. Oberst Graham ist jetzt 
im Vormarsch auf Rinchigong im Chumbi- 
thale. 
Oesterreich. 
Wien, 23. Sept. Der Fürst Johann 
Adolf Schwarzenberg ist im Alter von 
89 Jahren kürzlich auf Schloß Trauenberg 
gestorben, einer jener „Grandseigneurs" der 
alten Schule, wie sie heutzutage fast nur noch 
unter dem hohen österreichischen Adel hier und 
da vorkommen. Die „Köln. Ztg." bemerkt 
über ihn: „Fürst Schwarzenberg war be 
kanntlich einer der reichsten Grundbesitzer- 
Europas ; der Umfang seiner Güter im Böhmer 
Walde beträgt 40 Quadratmeilen, außerdem 
hatte er ausgedehnte Besitzungen in Nord 
böhmen, Ober- und Niederösterreich, Salzburg, 
Steiermark und Ungarn. Diesen riesigen 
Grundbesitz verwaltete er mit kluger Auswahl 
tüchtiger Oberbeamter musterhaft und zugleich 
mit Gerechtigkeit und väterlicher Fürsorge für 
seine Angestellten und deren Familien. Nach 
Art der alten Grandseigneurs nannte er alle 
seine Beamten, vom Hofrath angefangen, 
„du", unterhielt auch noch auf Schloß Krumau, 
gemäß besonderer Vorrechte eine eigene „Leib 
garde" von etlichen dreißig Gewehren und 
drei oder vier Kanonen, zugleich aber unter 
hielt er in Wien freie Wohnungen für die 
Söhne seiner Angestellten, welche studiren 
wollten, und, wenn Platz war, für andere 
brave Jünglinge des „Königreichs Schwarzen 
berg". Doch konnte er auch recht streng 
sein in der Behandlung seiner Pächter und 
Eintreibung der Schuldforderungen. Die 
Beliebtheit des alten Herrn wurde im Ganzen 
weder hierdurch, noch durch die tschechisirende 
Richtung seines einzigen Sohnes, Prinzen 
Adolf Joseph Schwarzenberg, wesentlich be 
einträchtigt. Um Politik hat er sich nicht 
eingehender gekümmert und zwischen Deutsch 
und Tschechenthum in der Mitte gestanden." 
Das von dem Fürsten hinterlassene Vermögen 
wird auf 120 Millionen Gulden angegeben. 
Budapest, 22. Sept. Die brutale Schreckens 
herrschaft, welche die magyarische Minderheit 
über die magyarische Mehrheit in Ungarn 
ausübt, hat kürzlich wieder einmal eine be- 
merkenswerthc Probe abgelegt, an welcher 
sogar die sonst noch leistungsfähigere bul 
garische Wirthschaft bewundernd hinaufzusehen 
allen Grund hat. Diesmal galt es einem 
ungarischen Rumänen und zwar dem k. k. 
General a. D. Trojan Doda, den seine 
Stammesgenossen in das ungarische Abge 
ordnetenhaus gewählt hatten, was gerade 
genügte, um den wilden Zorn der „Söhne 
Arpads" zu erregen. Doda mußte deshalb 
unschädlich gemacht werden, um so mehr, als 
derselbe 1848 und 49 als treuer kaiserlicher 
Offizier rumänische Freischaaren gegen die 
damaligen magyarischen Rebellen und jetzigen 
Beherrscher Ungarns befehligt hatte, was 
ihm dieselben nicht vergessen haben. Nun 
hatte Doda in einem offenen Schreiben an 
seine rumänischen Wähler der vollen Wahrheit 
gemäß gesagt: „Das rumänische Volk (in 
Oesterreich-Ungarn) wird durch allerlei magy 
arische Kunstgriffe und Gewaltthätigkeiten aus 
allen Positionen des constitutionellen Lebens 
wärts in Trab. 
„So, nun gestatten Sie mir, Miß — 
Cote, mich zu überzeugen, ob Sie sich in der 
That einen Nagel in den Fuß getreten 
haben?" 
„O, Herr Doctor, ich ertrage es schon 
noch, wollen Sie nicht erst nach Mrs. Cote 
sehen?" 
„Wie Sie wünschen, SD?tp; ich halte es 
jedoch für wichtiger, daß ich erst nach Ihnen 
sehe, da Ihre Frau Mutter augenscheinlich 
nur in Folge der erklärlichen Nervenaufregung 
von einer leichten Ohnmacht befallen war." 
Fast ängstlich schob Miß Cote den zier 
lichen, schmalen Fuß aus ihren Kleidern ein 
wenig vor. 
Doctor Burgsdorf erkannte, nachdem er 
den leichten Zengschuh entfernt, zu seinem 
Schrecken, daß der zarte Seidenstrumpf wie 
in Blut getränkt war. Ohne Zögern kniete 
er nieder, und wenige energische Schnitte mit 
einer aus seinem Versteck entnommenen Ver- 
bandscheere entfernten den hindernden Theil 
des Strumpfes. 
„O, Miß Cote, bei Ihnen für unsere 
Wälder nicht eingerichteten Chaupure haben 
Sie sich den Dorn einer Akazie in den 
Ballen des Fußes getreten. Schließen Sie, 
wenn ich bitten darf, einen Moment die 
Augen daniit ich — —" 
verdrängt. Heute handelt es sich nicht mehr 
um einen Platz und eine Stimme im un 
garischen Parlament, sondern die nationale 
Ehre des rumänischen Volkes steht auf dem 
Spiel." Auf diesen Satz hin wurde der 
Mann jetzt der „Aufreizung gegen die 
ungarische Nation" angeklagt und vor das 
Schwurgericht in Arad gestellt. Hier erschien 
der kranke General, der unlängst vom Schlage 
gerührt worden, nicht, wol aber sein Ver 
theidiger, der Abgeordnete Eötyös. Der 
General konnte nicht reden, weil er abwesend 
und krank war, sein Vertheitiger durfte nicht 
reden „aus formellen Gründen", und das 
Gericht verurtheilte den Angeklagten, der ein- 
stimmig schuldig erkannt wurde, — zu zwei 
Jahren Gefängniß und 1000 fl. Geld 
strafe. Angesichts einer solchen „Justiz" muß 
man sich doch fragen, wie lange das künstliche 
System der magyarischen Minoritätsherrschaft 
noch vor dem gerechten Zorn seiner immer 
empfindlicher gereizten Opfer Bestand haben 
kann. Bei der Gemüthlichkeit, mit der man 
in Wien der magyarischen Unverschämtheit 
zuschaut, ihr wol auch gar noch, wie in der 
Stroßmayerschen Affaire, directe Unterstützung 
von allerhöchster Stelle ans leiht, sieht es 
fast so aus, als ob die Magyaren-Tyrannei 
mit Gewalt der ausgleichenden Gerechtigkeit 
des — russischen Kantschu entgegen 
strebe. Verdient hatte sie denselben sammt 
der Knute heute schon doppelt und dreifach. 
Griechenland. 
Athen, 26. Sept. (H. C.) Die hiesigen 
Blätter theilen offiziell die Verlobung des 
Prinzen Georg mit der zweiten Tochter des 
Herzogs von Chartres mit. 
Frankreich. 
Paris, 26. Sept. Heute Vormittag fand 
bei den Kohlengruben von St. Etienne zwischen 
Strikenden und Arbeitern, welche weiterarbeiten 
wollten, ein ernsterer Zusammenstoß statt, bei 
welchem es zahlreiche Verwundete gab. Die 
Gensdarmen schritten ein und nahmen meh 
rere Verhaftungen vor. Als die Strikenden 
die Verhafteten zu befreien versuchten, mußten 
die Gensdarmen von den Waffen Gebranch 
machen. 
Inland. 
Berlin, 26. Sept. Von dem Stadtver 
ordneten Justizrath Meyer und 46 anderen 
Mitgliedern der Berliner Stadtverordnetcn- 
Bersammlnng ist der Antrag eingebracht worden: 
1) Die Stadtverordneten-Versammlung be 
willigt 500,000 Mark zur Errichtung einer 
die Förderung der Volkswohlfährt bezweckenden 
K a i s e r F r i e d r i ch - S t i f t n n g. Die Be 
stimmung des speciellen Zweckes bleibt Jhrer 
Majestät der Kaiserin Friedrich vorbehalten. 
Der Betrag von 500,000 Mk. ist ans den 
Ueberschüssen des Etatsjahres 1887 — 88 zu 
entnehmen. 2) Die Versammlung ersucht 
den Magistrat, mit ihr gemeinschaftlich zur 
Errichtung eines Denkmals für Kaiser- 
Friedrich in der Reichs h auptstadt 
eine Sammlung zu veranstalten. Die Fest 
setzung, in welcher Weise und in welchem Um 
fange die Sammlung auszuführen sei, ist von 
einer zu wählenden gemischten Deputation zu 
treffen. Der von der Stadtgemeinde zu lei 
stende Beitrag zur Errichtung des Denkmals 
bleibt besonderem Gemeinde-Beschluß vorbe 
halten. 3) Die Versammlung ersucht den 
Magistrat ihren Beschlüssen zu 1 und 2 bei- 
Ein leichter Aufschrei, ein jähes Erröthen, 
dem eben so schnell eine Todtenblässe folgte, 
und Doctor Burgsdorf konnte mit einer Pin 
zette Mrs. Cote, die sich plötzlich aufgerafft 
und jetzt niit mehr exaltirten, wie angstvollen 
Blicken neben ihm stand, den Dorn überreichen, 
welcher beim Treten oberhalb der Sohle durch 
den leichten Atlasschuh gedrungen und das 
Unglück angerichtet. Vorläufig jede Vorstellung 
der Mutter gegenüber unterlassend, war mit 
den: von Mrs. Cote erbetenen Taschentuch 
und unter Beihülfe eines Stückchens Heft- 
flaster, die er in seinem Besteck führte, in 
wenigen Minuten ein Nothverband hergestellt. 
Als Doctor Burgsdorf nun den Puls der 
jungen Dame fühlte, schlug diese zum ersten 
Male die blauen Augen zu ihm auf. Er 
glaubte, auf den klaren Grund ihrer Seele 
zu sehen, und sagte sich selbst, daß diesem 
holden Wesen, welches heute ein halbes 
Kind noch, Jedermann einst tverde getrost 
sein Geschick anvertrauen können. 
Mit gewinnendem Lächeln reichte Miß 
Cote dem Arzt die Rechte und ihr einfach 
herzliches: „Ich danke Ihnen, Herr Doktor," 
war diesem ein schönerer Lohn, als die vielen 
und überschwenglichen Dankesworte der Mutter, 
welcher er nunmehr mit einer formellen Ver 
beugung unter Nennung seines Namens seine 
Karte überreicht hatte. (Forts, f.) 
zutreten und seinen Beschluß der Versamm- 
so zeitig mitzutheilen, daß Ihrer Maj. der 
Kaiserin Friedrich am 18. Oktober d. I. die 
Entschließung der Gemeindebehörden in einer- 
gemeinsamen Adresse unterbreitet werden kann. 
— Die plötzliche Reise des Fürsten Bis 
marck nach Berlin und der gestern vom 
Kaiser einpfangen wurde, wird mit der Ver 
öffentlichung des Kaiser Friedrich-Ta 
gebuches in Verbindung gebracht. Während 
die Offiziösen den Schein zu erwecken suchen, 
als ob es sich um das Machwerk eines obsku 
ren Fälschers handle, nimmt man in Re 
gierungskreisen die Sache sehr ernst und fahn 
det eifrig nach dem Herausgeber der Tagebuch 
blätter, an deren voller Echtheit man in jenen 
Kreisen gewiß nicht den geringsten Zweifel 
hegt. Konservative Blätter stellen eine um 
fassende Untersuchung in Aussicht, und 
das „D. Tagebl." versteigt sich in seiner ■ 
ohnmächtigen Wuth bis zur Aufwerfung der 
Fragc: „ob die Staatsregierung nicht das 
Recht habe und sogar die Verpflichtung, einem 
Mißbrauch Einhalt zu thun, der mit 
Niederschriften des verstorbenen Kaisers ge 
trieben wird, die nun und nimmer für die 
große Oeffentlichkeit bestimmt gewesen sein 
können." Abgesehen davon, daß hier das an 
geblich gefälschte Tagebuch auf einmal 
wieder für echt genommen wird, 
muß doch das Verlangen des Kartellblattes 
überaus naiv erscheinen. Wo ist die gesetz 
liche Bestimmung, auf Grund deren man 
solche Veröffentlichungen verbieten könnte? 
Will man die Manen Kaiser Friedrichs vor 
Gericht zitiren? oder will man sie auf Grund 
des Sozialistengesetzes in Acht und 
Bann erklären? Nur durch einen gesetzwi 
drigen Gewaltakt, der Deutschlands Ehre be 
flecken würde, könnte man ein derartiges Ver 
bot durchführen. An eine Verwirklichung 
solcher Drohungen ist natürlich im Ernst nicht 
zu denken; aber sie sind darum doch be- 
achtenswerth. Sie beweisen, wie sehr man 
in gewissen Kreisen den Geist des ver 
storbenen Kaisers fürchtet, nachdem 
man sich über die „traurige Episode" seiner- 
kurzen Regierung schon geringschätzig hinweg 
gesetzt hatte. 
— Einem Special-Telegramm aus Berlin 
zufolge, erklärt der Verleger der „Deutschen 
Rundschau", die weitere Ausgabe des Tage 
buches Kaiser Friedrichs sei sistirt. 
— Conservative Blätter berichten, daß eine 
Veröffentlichung der Tagebücher 
Kaiser Friedrichs aus dem Jahre 
18 6 6 bevorstehen soll. Jedenfalls will man 
dadurch die Aufmerksamkeit von den Publi 
kationen der 1870er Tagebücher ablenken. 
— Derjenige hat Recht, welcher bei Ver 
öffentlichung des illustren Tagebuches des 
Kaisers Friedrich in der „Deutschen Rund 
schau" und seiner Behandlung durch die ab 
hängige Rcgierungspresse voraussah, daß zum 
Schluffe wieder — die bösen Freisinnigen 
die Schuld tragen würden, welche „noch 
keine einzige schöpferische That, keinen einzigen 
fruchtbaren Gedanken aufzuweisen hätten" 
(unter diesen Attributen versteht diese Presse, 
allen voran natürlich die „Köln. Ztg.", wahr 
scheinlich Vermehrung der Steuern und Volks 
lasten, Deuteleien, Rechtsverdrehungen und 
Anbetung des Grundsatzes: „Macht geht vor 
Recht"). Sie meint, daß diese Partei kein 
Verständniß dafür habe, „die Aufgaben eines 
mächtig aufstrebenden Volkes zu erfüllen" 
(darunter sind die theilweise verunglückten 
Expeditionen in ferne Welttheile gemeint). 
Kurzum, die ganze Staatsweisheit dieser Presse 
beruht darauf: dem Größenwahn huldigen, 
dem Moloch der Gewalt opfern und im 
übrigen den Mund halten. 
— Als Gottes Fügung im Interesse 
der konservativen Sache angesichts der Ent 
hüllungen durch das Tagebuch wird jetzt die 
Krankheit und der Tod Kaiser Friedrichs ge 
priesen. So erörtert die „Konservative Kor 
respondenz" die Frage, ob Kaiser Friedrich, 
weil den Tod vor Augen sehend, auf eine 
volle Ausgestaltung seiner Ueberzeugung wäh 
rend der kurzen Zeit seiner Regierung ver 
zichtet hätte. Es heißt dann wörtlich in dieser 
Korrespondenz: „Sollen wir das annehmen, 
so wollen wir uns aber auch das ebenfalls 
in dem Tagebuch niedergelegte fromme und 
gewisse Gefühl des damaligen Kronprinzen 
gegenwärtig halten, daß alles in seinem Leben 
„sich nicht umsonst gefügt habe." In dieser 
zuversichtlichen Ueberzeugung, daß Gott in 
Seiner Weisheit alles zum Besten für den 
Einzelnen wie für die Völker wiegt, dem Ein 
zigen, was wir gewiß wissen, lösen sich alle 
die Fragen, die wir oben durchgesprochen 
haben, mit ihren Zweifeln, und vor dieser 
Wahrhcit sollte auch der Freisinn, wenn er 
wirklich eines Geistes mit Kaiser Friedrich 
sein will, sich beugen."— Das ist ebenso deut 
lich wie lästerlich, denn vor dem Geiste Gottes, 
dem heiligen Geiste, hat nur die Wahrheit 
selbst, nicht der Schein der Wahrheit eine 
Stätte. An und für sich ist es richtig, was 
die „Cons. Corr." besagt, allein sie ver 
schleiert die Thatsache, daß sie selbst nicht ’ 
aus Liebe zu Gott, sondern aus Liebe für 
ihre eigenen egoistischen Interessen 
den Namen Gottes anruft und damit Gott 
nicht ehrt. 
— Gegen Frankreich bringt die „Köln. 
Ztg." einen hochoffiziösen Berliner Artikel 
anläßlich des bekannten Mordanfalls auf ber 
deutschen Botschaft in Paris. Der Artikel 
klagt darüber, daß über das Ergebniß der 
ärztlichen Untersuchung des Thäters Garnier, 
welcher geisteskrank sein soll, noch immer nichts 
bekannt gegeben worden ist und knüpft hieran 
folgende Bemerkungen: „Die Langsamkeit oder 
Nachlässigkeit, mit der diese Angelegenheit 
seitens der französischen Regierung betrieben 
wird, entspricht vollkommen dem geringen 
Grade von gutem Willen, den die französische 
Regierung von Anfang an in diesem Falle 
gezeigt hat und der namentlich darin seinen 
Ausdruck fand, daß Herr Goblet es zuerst 
unterließ, sein Bedauern über das Geschehene 
auszusprechen. Wenn aber mit der jetzigen 
Hinzögerung eine Versumpfung dieser Ange 
legenheit bezweckt wird, so wird die französische 
Regierung ihren Zweck nicht erreichen." — 
Graf Münster soll sich ferner beklagt haben 
über die Haltung, welche die chauvinistische 
Pariser Presse gegenüber Kaiser Wilhelm II. 
einnimmt. Graf Münster war vor seiner 
Rückkehr nach Paris beim Reichskanzler in 
Friedrichsruh. 
Detmold, 25. Sept. (H. C.) Kaiser 
Wilhelm ist heute Abend 8 Uhr hier ein 
getroffen. Der Fürst ist dem Kaiser bis Salz 
uflen entgegengefahren. Auf dem Bahnhöfe 
waren die Spitzen der Behörden, sowie ein 
zahlreiches Publikum versammelt, welches den 
Kaiser mit lebhaftem Enthusiasmus begrüßte. 
Die Stadt ist festlich geschmückt. Der Weg 
zum Bahnhöfe war durch Lampions erleuchtet, 
und auf den Bergen brannten mächtige Feuer. 
Um 9 Uhr fand ein Festmahl von 63 Ge 
decken im Schlosse statt. Der Fürst brachte 
einen Toast auf den Kaiser aus, dem alle 
deutschen Herzen entgegenschlügen. DerKaiscr 
dankte für den Trinkspruch; er erinnerte da 
ran, daß er nicht das erste Mal hier weile; 
schon als Knabe habe er vor dem damals 
noch leeren Postament des Hermanndenkmals 
gestanden, zu einer Zeit, wo Deutschlands 
Einigkeit noch zu erkämpfen lvar. Später 
habe sein Großvater das Denkmal als das 
Monument der erstrittenen Einigkeit einge 
weiht. Der Kaiser dankte für den festlichen 
Empfang und gab der Ueberzeugung Aus 
druck, daß die Landessöhne, welche unter der 
Führung des Fürsten für die Einigkeit des 
Vaterlandes geblutet haben, auch stets in sol 
cher Gesinnung verharren würden. Er (der 
Kaiser) trinke auf das Wohl des Fürsten 
und des fürstlichen Hauses. 
In Friedrichsruh hatte der Oberpräsident 
Steinmann eine Unterredung mit dem Fürsten 
Bismarck über die Ausweisung mißliebiger 
Dänen aus Schleswig-Holstein. Anläßlich 
dringender Vorstellungen der dänischen Re 
gierung sollen, wie die „C. Z." hört, die 
Ausweisungen künftig möglichst vermieden 
werden. 
München, 26. Sept. Nach der heute ver 
öffentlichten officiellen Anordnung über den 
Empfang des Kaisers enlpfangen der Prinz- 
Regent und sämmtliche Prinzen des könig 
lichen und herzoglichen Hauses den Kaiser am 
Ccntralbahnhof, woselbst sämmtliche Staats 
minister und höchsten Generäle zum Ehren 
dienst befohlen sind. Kämmerer v. Hermann 
und Regierungspräsident v. Kopp empfangen 
den Kaiser au der Landesgrenze. Vom Bahn 
hof bis zur Residenz ist eine Eskadron des 
ersten schweren Reiterregiments als Ehren- 
Eskorte aufgestellt. 
Augsburg, 25. Sept. Der Kaufmann Karl 
Söldner wurde heute wegen Unterschla 
gung von 46,000 Mark verhaftet. 
Mannheim, 26. Sept. Heute früh um 
2 Uhr sind bei Rastatt zwei Güterzügc 
in Folge falscher Weichenstellung zusammen- 
gestoßen. Der Materialschaden ist bedeu 
tend, der Verkehr gesperrt. 
Hamburg, 24. Sept. Ein Selbstmord 
so entsetzlich wie grauenhaft wurde am Freitag- 
Abend an der Eimsbüttcler Chaussee ausge 
führt. Ein dort an einem Neubau beschäftigter, 
56 Jahre alter, in Langenfelde wohnender 
Maurerarbeitsmann war seit einiger Zeit 
schwermüthig. Als am Freitag-Abend sein 
Arbeitgeber nach der Ursache seiner Traurig 
keit fragte, brach der Mann in Thränen aus, 
lief die Bodentreppe hinauf und aufs Dach 
hinaus. Der Arbeitgeber versuchte den Schwcr- 
müthigen festzuhalten, mußte denselben jedoch 
frei lassen, da er ihn mit den Füßen in's
	        
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