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155.
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Als Beilage wird dem Blatt monatlich einmal
„Der Landwirth" gratis beigegeben.
9. Wovemöer.
Zum Eisenbahnunfall des Czaren
werden noch immer neue interessante Details
bekannt. „Anfänglich glaubte Alles an der
Anglücksstätte an ein verbrecherisches Attentat.
Die kleine Großfürstin O lg a rief eine ganze
Sßeite: „Schlagt mich nur nicht todt! Schlagt
"üch nicht todt!" Sie beruhigte sich erst all
mählich auf Zureden ihrer Eltern, fürchtete
sich aber noch lange vor dem Weiterfahren.
Dkr zehnjährige Großfürst Michael war
Acht im Speise-Salon, sondern mit dem
dürsten Obolenski in dem im Nebenwaggon
befindlichen Ranchsalon; er wurde vollkommen
"vier den Trümmern begraben, und cs dauerte
längere Zeit, bis er befreit werden konnte.
Die Untersuchung wird in sorgfältigster
Breise fortgesetzt. Die Unglücksstelle ist mili
tärisch cernirt. Man behauptet, jenes Stück
llver verfaulten Schwelle, welches der Kaiser
selbst gefunden, sei in Wirklichkeit Holz vom
^schmetterten, altersschwachen Waggon des
Ministers Poßjet. Den Lokomotivführern
^ jetzt mehrfach vorgeworfen, sie hätten
der stark abwärts neigenden Bahnlinie
Dampf abgestellt, auch sei gar nicht
9 eb «mft worden.
Uebrigens will man wissen, sämmtliche
Grafen würden sehr milde ausfallen. Der
Kaiser wolle Gnade üben, da er und seine
Familie mit dem Leben davonkamen."
Nach der „K. Z." soll der Czar bei dem
Eisenbahnunfall doch Verletzungen da
vongetragen haben, die ihm namentlich
an Brust und Bein empfindliche Schmerzen
verursachen; bei dem Einzug in Petersburg
unVî?^ag sei es aufgefallen, wie ernst
bi- w ihm
jp-x ņ, trat er mit besonderer Freundlich
en.., "v viner sonst an ihm nicht bemerkten
"loe entgegen. Die Kaiserin ist nur leicht
011 oer Hand verletzt.
Der bekannte fcuillitonistische Mitarbeiter
der „Now. Wr.", Herr „Peterbushez", der
bekanntlich die Katastrophe niiterlebt hat, er
zählt: „Es wurde uns gerade Gurjewsche
Ģriltze gereicht; ich sah, wie der Lakai, der
ftu f meiner Seite bediente, mit der Schüssel
^ mich zukam, als er plötzlich eine hastige
ş'mgung vorwärts machte, die Schüssel halb
^ î" ließ und nrir die heiße Grütze über
f a ' schultern und Kniee goß. Ich konnte
- zu mir kommen, als der furchtbar
^chende Stoß erfolgte, oder eigentlich drei
^löße nach der Reihe .... Die gewölbte
Form des herabgestürzten Daches schützte uns;
Alf meiner Seite bemerkte ich eine klaffende
Öffnung in der Wand, ans der ich heraus-
mir folgte die Gräfin Kutusow, hinter
ihr kam der Kaiser; die Kaiserin wurde,
soviel ich weiß, aus einem der Waggonfenster
herausgezogen. Wie durch ein Wunder wur
den wir gerettet; manche trugen aber doch
Verletzungen davon. Ein silbernes Porte-
cigarres, das der Kaiser in der rechten Tasche
trug, war plattgedrückt; General Tscherewin
war durch Spiegelsplitter an der linken Hand
und am Halse verwundet worden. Die Ge
neral-Adjutanten Sinowjew, Poffjet und Mar-
tynow erhielten leichte Verletzungen. Einer
von ihnen steckte, unter dem ersten Eindruck
der Katastrophe, wie bewußtlos einen silbernen
Löffel in die Tasche und hatte vergessen, wie
sein erschlagener Kammerdiener hieß. Am
meisten hatte Flügeladjntant Scheremetjew ge
litten .... Der Lakai Lauter, der den
Kaiser bediente, wurde mit dem Theebrett in's
Buffet geschleudert und war sofort todt, wie
die nieisten dort Anwesenden."
An einer anderen Stelle theilt dann das
Blatt noch Folgendes mit: „Der am Kopf
verwundete Baron Stjernvall saß in halb
besinnungslosem Zustande auf der Böschung
des Dammes, konnte nichts sprechen und
winkte nur mit den Händen. Die Kaiserin
trat auf ihn zu, nahm ihren Baschlyk ab und
band ihm denselben um den Kopf. Die 6jäh-
rige Großfürstin Olga Alexandrowna saß im
Waggon, welcher dem Speise-Salonwaggon
folgte. Dieser Waggon befand sich Plötzlich
vor dem letzteren. Den Kaiser bemerkend,
rief die Großfürstin: „Papa, beruhige Dich,
mir ist nichts geschehen; ich bin unverletzt;
aber weiter fahre ich um nichts in der Welt!"
Der Schlosser der Nicolai-Bahn S. saß
vor der Katastrophe im Küchenwaggon. Er
war ein großer Freund von Speck und kaufte
denselben in Kleinrnßland. Da es für den
Arbcitsmann bereits Mittagszeit war, so setzte
der Schlosser sich an einen Tisch und schnitt
den Speck in Stücke. Plötzlich erfolgte ein
Stoß, und die Speckstücke fielen auf die Diele.
Als der Schlosser sie aufsammeln wollte, er
folgte ein zweiter Stoß; der Waggon zer
splitterte, und S. befand sich am Fuße des
Abhangs. S. war unversehrt geblieben,
rannte aber von einer Seite ans die andere.
„Was läufst Du umher? Du siehst doch, daß
ein Unglück geschehen ist! Hilf uns!" sagte
man ihm. „Warum ich umherlaufe? Ich
suche meinen Speck! Die Stücke desselben sind
ja eben erst heruntergefallen!" antwortete S.
ganz ernst. Erst nach 5 Minuten kam er
vollständig zu sich und begriff das Schreckliche
der Situation. Nach Ansicht des Bericht
erstatters war S. dem Irrsinn nahe, doch
soll er bereits vollständig wiederhergestellt sein.
Ausland.
Schicksal'swege.
in zwei Abtheilungen von 6otl)o von Preffeniin.
Ņ liebst Du ihn, diesen braven, redlichen
. Ņnniann unter dem Einfluß eines für ihn
änlich in Deinem Herzen emporgeschossenen
jpffiihls, oder, Afra, diktirte verletzte Eitelkeit
J Verein mit gekränktem Stolz Dir Dein
^.vbeln allein, und Du fängst Dich in
^Ar eigenen Schlinge?"
^ber diese Frage schien die junge Braut
Nicht î
nJ 1« leicht hinauskommen zu können, denn
Aehr
stov. Nnd mehr nahmen die Angen einen
UtQ tt Ausdruck an, die stolze, für gewöhnlich
bkos^Aviffe Gestalt machte einen keineswegs
siebten Eindruck und fast willenlos ließ
fdj e ļ ) endlich auf den auch bei seinem Er-
innegehabten Ecksitz ihres Svphas
ward sie nach einigen Minuten von
ìsij, ^şiôrt der mit vertraulicher Herzlichkeit
W . Glückwünsche abstattete und berichtete,
ì ftrÖnTptn ïiot sirfi otrtort fltVshfhsn'PW
Fräulein bei sich einen furchtbaren
bemacht und mit heiligen Eiden ge-
W hrtct srtll+A ÏÏDrts
S"’ das wäre sicher das letzte Mal,
A il„."ļ-'âännergebein" unter siebzig Jahren
Als gekommen. —
tosttbin n ^llen Cotc auf einen liebens-
Brief der Frau von Steudten hin,
worin ihr das junge Ehepaar angeboten, die
Pension des Fräulein Nobel aufzugeben und
als liebes Glied ihrer Fauiilie zu ihnen über
zusiedeln, zuni Ausgehen bereit auf den Flur
vor ihrer Wohnung trat, wurde ihr durch
die herumlungernde Zofe zugerufen: „Wissen
Miß Ellen schon, daß sich Doctor Burgsdorf
vorhin mit Fräulein van der Twist verlobt
hat?"
Ellen, die schon die Hausthüre in der
Hand hatte, war überzeugt, nicht recht gehört
zu haben, oder falsch berichtet zu sein. Burgs
dorf war ihr aber ein viel zu treuer Freund
und Rathgeber in der letzten für sie so unendlich
schweren Zeit gewesen, als daß nicht Alles,
was auf ihn Bezug hatte, für sie von höchster
Wichtigkeit erschien. Sie ließ daher die halb
geöffnete Thür wieder zufallen und bat
Martha, ihr zu sagen, wer sich verlobt habe.
^ „Wissen es denn Miß Ellen wirklich noch
nicht und hat Ihnen Doctor Burgsdorf
garnichts vorher gesagt? Vor einer Stunde
hat er sich mit Fräulein van der Twist verlobt
und fuhr jetzt glückstrahlend von dannen."
Also wahr, wahr sollte es sein, was ihr
dieses boshafte Geschöpf mit höhnisch spöttischer
Miene erzählte?
Warnm aber nicht?
Afra van der Twist war eine schöne Er-
1888.
Nach der Katastrophe bemerkte inan den
Diener Korolis zwischen zwei Waggons. Er
stand wie lebend da. Auf seinem nur leicht
zerschrammten Gesicht war ein Lächeln be
merkbar. Es schien als ob er über irgend
etwas lachte. „Was ist hier lächerlich?"
wandten sich seine Collegen an ihn; aber er
antwortete nicht, denn, wie sich später heraus
stellte, war er eine Leiche. Auffallenderweise
ist sein Körper ganz unverletzt geblieben,
während z. B. seine Stiefel vollständig zer
fetzt und die Sohlen von ihnen abgerissen
waren.
Nach dem Kammerkosaken Sfidorow wurde
lange vergeblich gesucht. Endlich, gegen 5
Uhr Nachmittags, bemerkte man unter Eisen-
und Holztrümmern eine entstellte Masse.
Der obere Theil des Schädels war heraus
gerissen und einige Gesichtsknochen zermalmt.
Bart und Haupthaar waren ganz unverletzt.
Ssidorow wurde bekanntlich in Petersburg
beerdigt.
Den Schlosser Oporonnik, den Tapezierer
Lingenfeld und den Diener Lauter fand man
gleichfalls unter Trümmern. Alle Drei sind
schrecklich entstellt. Die Leichen der beiden
erstgenannten befinden sich in der Kapelle des
Preobrashenski-Friedhofes. Lauter wurde von
der St. Annen-Kirche aus auf dem Ssmo-
lenski-Friedhofe beerdigt.
In einer ganz merkwürdigen Lage befand
sich der Waggon, in welchem die Kinder
Ihrer Majestäten fuhren. Derselbe stand
quer über den Schienen, und zwar derart,
daß es nur des geringsten Anstoßes bedurft
hätte, um ihn den Abhang hinabzustoßen.
vermocht. Dieses Wahlergebniß ist um so
verblüffender, als man im Allgemeinen in
den Vereinigten Staaten die Chancen Cleve
lands für die besseren hielt; wenigstens war
das der Fall ehe die Sackville-Posse
dazwischen kam. Es läßt sich, ehe ausführliche
amerikanische Stimmungsberichte vorliegen,
schwer sagen, ob dieser Zwischenfall den Wahl-
ausfall beeinflußt hat.
-— Für die im Eise eingeschlos
senen dreizehn Walfischfänger be
absichtigt die Regierung der Vereinigten
Staaten, wie aus New-York mitgetheilt wird,
einen Kriegsdampfer an die Nordwest
küste von Alaska zu entsenden, um den
fünfhundert PersonenHülfe zu bringen.
Frankreich.
Paris, 8. Nov. Es heißt, der Chef der
öffentlichen Sicherheit hätte in der verflossenen
Nacht etwa 20 Verhaftungen anläßlich der
jüngsten Explosionen, die im Markthallenviertel
stattfanden, vornehmen lassen; unter den Ver
hafteten befinden sich 3 Mitglieder des Ko-
mites der Kellner. Der Polizeipräfekt erließ
einen Befehl, wonach alle diejenigen Bürger
verhaftet wurden, die in den letzten öffentli
chen Versammlungen durch Reden zu Mord
und Plünderung aufreizten.
Außereuropäische Reiche.
— Der „Times" wird aus Sansibar
gemeldet, daß die Anwerbung von 700 San-
sibaritcn für den Dienst in der Kongoregion
durch den belgischen Generalkonsul den Arbeits
markt entvölkere und den Sklavenhandel
stimulire. Der Sultan wagt nicht, das
Anwerben zu verbieten; die Lebensmittel
steigen.
Newyork, 8. Nov. Clevelands Nieder
lage ist eine entscheidende, die Majorität für
Harrison scheint noch höher ausgefallen zu
sein, als gestern angenommen wurde; nach
einer offiziellen Newyorker Depesche dürfte
Harrison 233, Cleveland nur 168 Stimmen
erhalten. Die demokratische Partei, welche
nach jahrzehntelangem Ringen endlich an das
Ruder kam, hat sich nur vier Jahre im
Weißen Hanse zu Washington zu behaupten
Oesterreich.
Wien, 8. Nov. Ein Berliner Brief der
„Polst. Korresp." lenkt die Aufmerksamkeit
auf die immer wachsende Intimität zwischen
Spanien und Frankreich seit der Uebernahme
des Portefeuilles des Aeußern durch Marquis
Kgaarmyo, welche in verschiedenen Anzeichen,
im Besonderen in der gegen die anderen
Mittelmeer - Mächte gerichteten Kooperation
beider Staaten in der marokkanischen Frage
zu Tage trat. Die Abberufung des Grafen
Benomar von Berlin und des Grafen Rascon
von Rom, die auf ihren Posten große Be
liebtheit und Vertrauen gcnoffen haben, ist
geeignet, die französischerseits lebhaft gewünschte
Entfrenidung herbeizuführen.
Italien.
Rom, 7. Nov. Die „Riforma" veröffent
licht heute Alarmartikel über die euro
päische Lage, um die neuen Forderungen
für das Landhcer und die Marine zu recht
fertigen. Italien, sagt das Blatt, habe von
Westen her nichts Gutes zu hoffen; die Pflicht
gegen das Land gebiete der Regierung, die
ganze Wahrheit zu sagen und die europäische
Lage als gefahrvoll zu bezeichnen. Italien
sei der eigenen Sicherheit neue Opfer schuldig
und die Kammer werde jedenfalls den Dar-
scheinung, eine vielseitige, lustige Gesellschafterin,
— warum sollte er nicht daran gedacht
haben, sie zur Lebensgefährtin zu wählen.
So unwahrscheinlich wäre die Sache also an
sich nicht, wenn sie, Ellen, ihn nicht gestern
noch gesprochen und er ihr — seiner Freundin
— auch nicht die leiseste Mittheilung odcr
Andeutung gemacht.
Das Ausgehen schien Ellen leid geworden.
Sie konnte Frau von Steudten ja auch
schreiben. Ihr fröstelte plötzlich; sie fühlte
sich nicht wohl und trat in ihr Zimmer-
zurück, wo sie mit Hut und Spitzenshwal auf
ihrem Lieblingsplatz am Fenster vor dem
Bilde ihres Vaters sich niederließ. Eine
Stunde saß sie wohl hier, kein Zug änderte
sich in ihrem Gesicht, kein Zucken einer
Muskel verrieth eine tiefere innere Beivegung;
da fuhr, von Emil herbeigeholt, eine Droschke
vor das Haus; einsteigend empfing Afra hier
— wie Ellen bei dem geöffneten Fenstcr
dcutlich vernahm — die Glückwünsche der
von Fräulein Nobel kommenden munteren
Französin!
Ein Zweifel bestand nicht mehr!
„Gebe der Allmächtige, daß ihm durch sie
ein volles Glück erwachsen möge. Meine
Gebete werden immerdar mit Euch sein,
wenn mir — das Herz auch bricht!"
Fünf Minuten später saß Ellen vor ihrem
Schreibtisch, um Frau von Steudten auf ihr
Anerbieten zu antworten. Ohne jedes Be
sinnen schrieb sie:
Beste Frau von Steudten!
„Ihr ebenso großmüthiges, wie freund
schaftliches Anerbieten, meine Pension auf
zugeben und zu Ihnen in Ihr vom Geist
der Liebe erfülltes Heim überzusiedeln,
nehme ich mit freudigem Herzen an. Das
Zimmer, welches Sie mir einräumen
»vollen, kenne ich ja und finde cs reizend.
Aber das ist ja Nebensache, die Haupt
sache ist für mich, daß Sie und Ihr ver
ehrter Herr Gemahl mir verlassenenem,
einsamen Kinde bei sich eine Heimath
geben wollen. Gott segne Sie tausend
Mal für diesen Gedanken, der allein mir
dic Welt noch nicht ganz grau gemalt er
scheinen läßt. Morgen Nachmittag bin ich
bei Ihnen, um meiner neuen Schwester
mit innigem Kuß für ihre in niir entgegen
gebrachte Liebe zu danken.
Inzwischen verbleibe ich mit vielen Em
pfehlungen an Ihren Gatten (heute noch)
Ihre Sie recht herzlich liebende
Ellen Cote."
(Fortsetzung folgt.)
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