Full text: Newspaper volume (1888, Bd. 2)

der Sergeant Wachtverstärkung von der Kaserne 
herbeiholen und durch die mit Gewehr und 
aufgepflanzter Seitenwaffe ange 
tretenen Mannschaften das inzwischen 
fast leer gewordene und abgeriegelte Lokal 
stürmen. Die sehr festen Eingangsthore 
wurden unter Anwendung der Gewehrkolben 
aufgeschlagen, der allein im Hausflur an 
wesende Wirth mil dem Gewehrkolben und 
der Seitenwaffe zu Boden geschlagen, so daß 
er sich noch heute in Lebensgefahr befindet. 
Der neben ihm aufgefundene abgebrochene 
Gewehrkolben bezeugt die Wucht des Hiebes. 
Trotz Ermangelung jeder Gegenwehr wurden 
die sämmtlichen Räume des Hauses noch 
wiederholt durchstürmt, eine verriegelte Thür, 
hinter welche der bewußtlose Wirth von seinen 
Angehörigen geschafft war, mit Bierflaschen 
bvmbardirt, die noch anwesenden vereinzelten 
Gäste mit dem aufgepflanzten Seitengewehr 
bestürmt, so daß sie unter Tischen, Sopha rc. 
Schutz suchend flüchten mußten. Da durch 
aus im Hause kein Widersacher aufzufinden 
war, ließ der Sergeant die Soldaten auf der 
Straße wieder antreten, kommandirte „fertig 
geladen", ließ auf die neugierig herbeige 
eilten Nachbarn anlegen und drohte, die Fenster 
des Eichlerschen Hauses mit ein paar Salven 
zu bedecken. Der Nachtwächter war machtlos, 
die Ruhe wieder herzustellen, und der von den 
Bürgern herbeigeholte Polizeibeamte wurde, 
als er einschreiten wollte, von dem Sergeanten 
höhnend abgewiesen, ja sogar mit Arretirung 
bedroht. Wie verlautet, ist der Thatbestand 
von der Polizeiverwaltung durch umfassende 
Zeugenvernehmungen festgestellt und die Sache 
der königlichen 5. Division zu Frankfurt a.O. 
zur weiteren Verfügung unterbreitet. Der 
Vorgang hat in der Bürgerschaft große Ent 
rüstung hervorgerufen. 
— Der einzige Volksschullehrer, 
welcher bei den diesmaligen Wahlen von einer 
Partei als Kandidat aufgestellt wurde, ist Herr 
Köhler in Breslau. Derselbe wurde von der 
freisinnigen Partei für den Wahlkreis Jauer- 
Landshut-Bolkenhayn in Schlesien aufgestellt. 
Frankenthal, 21. Okt. Auf dem Neubau 
des Bezirksamtsgebäudes wehte heute 
Morgen eine mächtige, 3 Meter lange rothe 
Fahne mit der Inschrift: „Zur Erinnerung 
an den 21. Oktober 1878". Die Fahne 
wurde auf polizeiliche Anordnung entfernt. 
— Im bäurischen Kreise Ansbach (Mittel- 
franken) hat gestern die R ei chs t a gs n a ch - 
wähl stattgefunden, bei der sich vier Parteien 
gegenüberstanden. Bis jetzt sind, wie tele- 
graphirt wird, für den Freikonservativen Ba 
ron Lerchenfeld 3450, für den volksparteili 
chen Kandidaten Kroebcr 3250, für den Frei 
sinnigen Leidig 1650, für den Sozialdemo 
kraten Schönlank 685 Stimmen gezählt. Bei 
der erforderlich werdenden Stichwahl zwischen 
Lerchenfeld und Kroebcr werden die Freisinni 
gen für Letzteren stimmen, indem sie eine Er 
klärung desselben dahin erwarten, daß er sich 
an die freisinnige Fraktion anlehnen wolle. — 
Trotz des gemeinsamen Eintretens der Kartell 
parteien ist somit auf einen Sieg der mit 
den Freisinnigen verbündeten Volkspartei zu 
rechnen. 
Nürnberg, 22. Oct. Das Handelsgericht 
wies die geschäftliche Entschädigungsklage des 
Bleistiftfabrikanten JohannFab e r auf 200,000 
Mark gegen seinen Bruder Reichsrath Lothar 
v. Faber ab. 
Stuttgart, 23. Oct. Großes Aufsehen 
erregt ein Artikel der Münchener „Neuesten 
von Neuem in die Anlagen. Nach wenigen 
Minuten steht er vor einem mit einem 
eisernen Gitter umfriedeten Sandstein-Obe 
lisken. Beide Arme auf das Gitter gestützt, 
liest er die Inschriften, die er als Knabe so 
oft gelesen, bei deren Anblick er sich ge 
schworen, an seinem Theil einst als Mann 
nach Möglichkeit die fränkische Willkür zu 
rächen. 
Da steht es in halbverwitterter Schrift: 
Waffengewalt erkor 
zum Opfer 
den 
Friedlichen Bürger 
Hier sank 
J. P. Prahl. 
den 7. Juli 1813. 
Hatte er seinen Schwur gehalten? 
(Fortsetzung folgt). 
Schwedische 10 Thlr.-Loosc. Die nächste 
Ziehung findet am 1. November statt. Gegen 
den Coursverlüst von ca. 38 Mark pro Stück 
bei der Ausloosung übernimmt das Bankhaus 
Carl Neuburger, Berlin, Französische Straße 
13, die Versicherung für eine Prämie von 
3 Mk. pro Stück. Die Rendsburger Cre 
ditbank vermittelt die Versicherung. 
Nachrichten", der die Verhältnisse vom würt- 
tembergischenHofe bespricht. König Karl 
hätte sich danach im Laufe der letzten Jahre 
mehr und mehr in die Einsamkeit zurückge 
zogen; er fliehe die Hauptstadt seines Landes 
förmlich und wurde dem Volke immer mehr 
entfremdet. Die Gründe dafür lägen zum 
Theil in dem wankenden Gesundheitszustände 
des Königs, zum größeren Theil aber in dem 
peinlichen Einfluß, den einige Amerikaner 
auf den Herrscher ausübten. Seit Jahren 
erfreut sich ein früher der amerikanischen 
Gesandtschaft in Stuttgart angehöriger, junger, 
hübscher und intelligenter Mann der besonderen 
Gunst des Königs, aus der die ältesten und 
erprobtesten Freunde des Monarchen durch ihn 
verdrängt wurden. Trotz der großen Ge 
schenke indeß, welche dieser Günstling davon 
getragen, habe er im Ganzen keinen unheil 
vollen Einfluß ausgeübt, da er eine kluge 
Zurückhaltung übte. Die Sache änderte sick) 
jedoch, als zwei Landsleute dieses Günstlings 
auf bisher noch unbekannte Weise in die Nähe 
des Königs gelangt seien. Dieselben benutzten 
und benutzen noch ihren Einfluß dazu, um sich 
Ehren und Würden und vor Allem Geld 
zu verschaffen. Es wäre ihnen auch gelungen, 
durch ihr stetes Verweilen in der unmittelbaren 
Nähe des Königs Orden und Auszeichnungen 
von allen den Höfen und Ländern zu erreichen, 
mit denen der König in nähere persönliche 
Berührung getreten; nur der preußische Hof 
habe ihnen seither seine Gunst trotz aller 
Mühen hartnäckig versagt. Der eine der 
beiden Abenteurer sei vor Kurzem geadelt 
worden, ohne daß indeß der Staatsanzeiger 
oder ein anderes Stuttgarter Blatt davon 
Notiz genommen hätte, ein demokratisches 
ausgenommen. In Bezug auf die pekuniären 
Vortheile, die sie sich zu sichern wüßten, 
werden geradezu haarsträubende Details kol- 
portirt, und zwar gehe — nach den Neuesten 
Nachrichten — die Sache so weit, daß der 
königliche Hof sich auf's Aeußerste 
einschränken müßte, um nicht in große 
finanzielle Verlegenheiten zu- gerathen. Der 
König habe seinen Günstlingen in Stuttgart 
ein luxuriös ausgestattetes Haus geschenkt, 
dessen Kaufpreis er vorschußweise von einer- 
großen Stuttgarter Verlagshandlung hätte 
entnehmen müssen. In den prachtvollen 
Räumen dieses Hauses würden nun spiritisti 
sche Sitzungen abgehalten, in denen man 
dem Könige die Geister seiner Ahnen 
citirte. Im Volke würden diese Vorgänge 
bei Hofe, welche das Land noch mit schweren 
pekuniären Verwickelungen bedrohten, mit um 
so trüberen Betrachtungen begleitet, weil auch 
der präsumtive Nachfolger des Königs (der 
bekanntlich keinen directen Thronerben hinter 
läßt) mehr und mehr einen Hang zur Ein 
samkeit und Zurückgezogenheit zeigt. Da zu 
dem auch die zweite Ehe dieses Prinzen bis 
jetzt ohne männlickie Nachkommenschaft ge 
blieben sei, so ergebe sick) in Württemberg der 
Anfall des Thrones an die nächstberechtigte 
katholische Seitenlinie. 
Hamburg, 22. Oct. Dem „Hamb. Korr." 
zufolge sagten ihre Theilnahme an der Z o ll- 
anschlußfeier am 29. October zu: Fürst 
Bismarck, Graf Moltke, die Minister Bötticher, 
Goßler, Scholz, Bronsart, Graf Bismarck 
und Herrfurth, sowie Graf Monts und Hassel 
bach. Alle Bundesstaaten senden Vertreter. 
Die Liste der officiellen Theilnehmer umfaßt 
bisher außer dem Gefolge des Kaisers 
194 Personen. 
Die Mitglieder des Bundesraths und des 
Reichstags treffen meist schon am Sonntag 
Abend hier ein. Sie werden im Hotel de 
l'Enrope, Hamburger Hof und Hotel „Zu 
den vier Jahreszeiten" wohnen. Das Ge 
folge des Kaisers fährt, nachdem derselbe auf 
der Lombardsbrücke ausgestiegen ist, sofort 
weiter bis zum Dammthorbahnhof. Der 
Kaiser nimmt im Palais Jenisch auf dem 
Neuen Jungfernstieg Quartier, wo auch ein 
Theil des Gefolges untergebracht wird. Die 
übrigen Herren des Gefolges wohnen im 
Hotel „Zu den vier Jahreszeiten". 
Hamburg, 23. Octbr. Für den hiesigen 
Kaisertag haben sich bereits mehr als 300 
deutsche und fremde B erichtcrstatter 
bei dem Senat angemeldet. Der Senat setzte 
behufs Vermittlung des Verkehrs ein eigenes 
Zeitungsburean ein, das unter Leitung der 
Redacteure Benrath („Correspondent), Grube 
(„Nachrichten") und Dr. Weisst („Fremden 
blatt") steht. 
Hamburg, 24. Oct. Von den Geschäfts 
firmen, welche am meisten Nachsteuer zu be 
zahlen haben und demgemäß auch declarirten, 
werden besonders namhaft gemacht die Inhaber- 
zweier großer Weinläger in der Mühlenstraße 
und am Plan, und eines der größten in 
St.-Georg befindlichen Spiritusläger. Die 
Weinfirmen werden, wie es heißt, eine Nach 
steuer von 50- bis 60 000 Mark und der 
Jnhaber des Spritlagers über 500 000 Mk. -1 
zu erlegen haben. 
Lübeck, 22. Okt. Ueber unser Herbst- 
geschäft und die damit verbundenen Aus 
sichten für die Lübeck-Büchener Eisen 
bahn äußert sich die „Lüb. Ztg." wie folgt: 
„Im Hafen herrscht ein recht reges Geschäft, 
so daß von allen Seiten über den Mangel 
an Eisenbahnwaggons geklagt wird; in den 
Waarenschuppen und den Quais lagern große 
Mengen von Gütern, welche der Weiter 
beförderung nut der Bahn resp. — da auch 
Rollfuhrwerk knapp zu haben ist — deS 
Transportes nach den Stadtspeichern harret 
Außerdem treffen in letzter Zeit fast täglich 
an der Niederlage der deutsch-russischen Naphta- 
Jmport-Gesellschaft Schiffe mit russischem 
Petroleum ein, welches von hier in Tank 
wagen oder in Fässern per Bahn weitergeht. 
— Eine Flotte von ca. 120 Segelschiffen 
mit Holzladungen, welche im Laufe dieses 
Monats aus finnischen und schwedischen Häfen 
Hierselbst erwartet wird, stellt der Eisenbahn 
weitere umfangreiche Transporte in Aussicht." 
Provinzielles. 
Tondern, 21. Okt. Daß es jetzt beschlos 
sene Sache ist, bei Emmerleff einen 
Hafen anzulegen, hat zunächst für das 
ganze westliche Nordschleswig und für Ton 
dern als nächste Stadt große Bedeutung. 
Der genannte Küstenort liegt kaum 2 Meilen 
von Tondern entfernt und wird voraussicht 
lich hier seinen Eisenbahnanschluß erhalten. 
Da der Hafen anscheinend einen namhaften 
Umfang erhalten soll, so daß er allen Be 
dürfnissen genügen kann, so wird die Unter- 
nehmungs- und Baulust gewiß bald rege 
werden. Das Küstenland ist in der genannten 
Gegend für den Ackerbau werthlos und daher 
billig zu erwerben. Der fragliche Punkt läßt 
sich auch vor Entscheidung der Regierung be 
stimmen, da derselbe durch die Wasserverhält 
nisse bedingt ist, die sich auf der Admiralitäts 
karte genau verzeichnet finden. Die Kosten 
der Vorarbeiten sind allein auf mehr als 
10,000 Mk. veranschlagt. 
F. Jahrsdorf, 23. Oct. In der Treib 
jagd, die hier am Sonnabend den 20. d. M- 
in unserer Feldmark abgehalten wurde, sind 
41 Hasen, 2 Rehböcke und 2 Füchse ge 
schossen. 
t Rendsburg, 24. Octbr. In der ver 
flossenen Rocht wurde ein Einbruch in V 
Crgarrenhandlung der Frau Miuw° 
köpf, Kronwerk versucht. Der Einbrecher 
hatte bereits die Fensterluken weggerissen und 
das eine Fenster eingedrückt, als die Inhaberin 
durch das Geräusch geweckt wurde. Durch 
ihr Erscheinen erschreckt, ergriff der Einbrecher 
die Flucht. Höchstwahrscheinlich war es hier 
mehr auf den in der Bude lagernden Taback 
und die Cigarren, als auf die Kasse abgesehen. 
0 Rendsburg, 24. Okt. Zu dem heute 
auf dem Rothenhof abgehaltenen Vieh- und 
Pferdemarkt war die Zutrifft an Vieh recht 
bedeutend; auch Pferde >varen zahlreich aiN 
Platze. Der Handel ging ganz flott. Sehr 
gesucht waren wieder gute schwere Milchkühe 
und war hier die vorhandene Waare rasch zu 
hohen Preisen vergriffen. Preise von 300 
Mark und darüber waren keine Seltenheit. 
Auch Starken, welche bald kalben sollen, wurden 
lebhaft begehrt und variirten die Preise je nach 
der Güte zwischen 150—250 Mk. Mager- 
nnd Fehrvieh war nicht sehr viel vorhanden. 
Für Mastvieh wurde bis zu 54 M. pro Ctnr. 
bezahlt. — An Pferden wurden namentlich 
junge Thiere und Füllen gehandelt und gut 
bezahlt. Alte, noch brauchbare Arbeitspferde 
waren genug für 100—200 Mk. zu kaufen- 
Der Umsatz war im Ganzen ein recht be 
deutender. 
— Ueber eine angeblich im Gange befind 
liche Reorganisation des General 
stabes will der „Hamb. Corr." Folgendes 
erfahren haben: „Schon seit längerer Zeit 
kursiren allerlei Gerüchte über eine Reorgani 
sation des Generalstabes, deren Nothwendig 
keit der Graf Waldersee bereits als General- 
Quartiermeister näher ins Auge gefaßt haben 
soll, jedoch verboten damals mancherlei Um 
stände, mit Refornien hervorzutreten. Wie 
es nun heißt, soll die Angelegenheit bereits 
in das Stadium eines Entwurfs getreten sein, 
welcher dem Kaiser demnächst vorgelegt werden 
soll. Die Reorganisation, wenn man es so 
nennen darf, soll seit der Stellung des General 
majors Grafen Schliessen II. zur Verfügung 
des Chefs des Geueralstabes der Armee ein 
geleitet sein. Einen General-Quartier- 
mcister soll es in der Folge nicht 
mehr geben, Graf Schliessen wird daher 
in der neuen Organisation eine andere Ver 
wendung finden. Weiter, und das möchte 
wohl die Hauptsache sein, soll der Generalstab 
eine gänzlich selbstständige Behörde 
werden. Letztere Maßregel dürfte schon des 
halb eine große Bedeutung haben, weil sich 
daraus für den Generalstab kürzere Wege er 
geben, ein direkterer Geschäftsgang und somit 
schnellere Erledigung mancher Fragen." 
— Man erinnert sich des gegen den Haupt 
mann a. D. v. Ehrenberg erlassenen Steck 
briefs, in welchem alle Behörden ersucht waren, 
den des Landesverraths beschuldigten ehemaligen 
Offizier zu verhaften und an das Militär 
gericht in Karlsruhe abzuliefern. Auch der 
„Rh.'Kur." druckte den Steckbrief ab, Herr 
v. Ehrenbcrg geht aber, wie die „Frkf. Z." 
wissen will, frei in Wiesbaden umher. 
Posen, 22. Okt. In einer Versammlung 
der Deutschfreisinnigen in Posen wurde gestern 
der bisherige Vertreter, Obcrlandesgerichtsrath 
Schneider zu Breslau als Kandidat zum 
Abg. -Hause aufgestellt. 
Kauffung, 21. Okt. Das verabscheuungs- 
werthe Verfahren, in böswilliger Absicht, aus 
Lust am Klatsch und an der Verhetzung mit 
einander verkehrenden Kreise anonyme Briefe 
zu schreiben und zn versenden, hat einer der 
artigen Briefschreiberin, einer Stellenbesitzers 
frau hies. die wohlverdiente Strafe eingebracht; 
sie wurde von der Hirschberger Strafkammer 
zu einer Gefängnißstrafe von 1 Jahr 9 Mo 
naten verurtheilt. Das Gericht stellte fest, 
daß sämmtliche Briefe aus Rachegefühl und 
purer Freude an dem Verhetzten ihrer Mit 
menschen von der Angeklagten geschrieben 
seien. Im Zuhörerraum war die Einwohner 
schaft Kauffungs sehr zahlreich vertreten. Alle 
aber athmeten, wie schlesische Blätter berichten, 
nach Fällung des Urtheils ordentlich erleich 
tert auf und waren froh, auf 21 Monate 
von dieser Frau befreit zu sein. Die Ange 
klagte wurde wegen der Höhe der Strafe 
sofort in Haft genommen. 
Aus der Provinz Brandenburg. Die 
„Frankfurter Oder-Zeitung" schreibt: „Sonn 
tag Nachts 11 Uhr hat in Sonnenburg 
eine höchst bedauerliche Ausschreitung statt 
gefunden. Der bei dem dortigen Wacht- 
kommando Feldwebeldienst verrichtende Sergeant 
hatte sich der Ehefrau des Wirths Eichler 
gegenüber, angeblich wegen Verabfolgung 
schlechten Bieres, ungebührlich benommen. 
Der erwachsene Sohn des Gastwirths Eichler 
trat für seine Mutter ein und stieß den Ser 
geanten hinweg. Um wegen dieser persönlichen 
Beleidigung Genugthuung zu erhalten, ließ 
zu den Anlagen um die Navigationsschule 
emporstieg. Es war ihm durchaus nicht mehr 
leid, daß er die überflüssige Zeit benutzt, um 
seine alten Erinnerungen aus der Schulzeit 
aufzufrischen. Hier in diesen Anlagen hatte 
er hundert Mal Räuber und Soldat ge 
spielt, dort in der alten Kastanienallee, die 
zum Mühlenthor führt, hatte er oft im 
Herbst mit seinen Schulfreunden Kastanien 
gesucht, oder im winterlichen Schneeballgcfecht 
mitgekämpft. 
Heute, wo fast zwei Dezennien verflossen 
sind, seitdem er hier als Knabe im wilden 
Kriegsspiel getollt, ist ihm eigenthümlich freudig 
zu Muth, die Brust wird ihm weit und 
indem er auf einer Bank Platz nimmt und 
über den Mühlenteich hinüber schaut nach 
dem Dom und der neu entstandenen eleganten 
Villenanlage bei der Musterbahn, hat er das 
Gefühl, als seien alle seine Sorgen ge 
schwunden. Mit reiner, fast kindlicher Freude 
sieht er, wie unten der Schwan seinen drei 
täppischen Jungen vom Wasser ans das 
Bruthaus hilft. Aber es zieht ihn weiter, 
er kennt noch einen Platz, der ihn als Knaben 
mit dem dramatischen Zauber seiner Geschichte 
immer von Neuem gefesselt. So schreitet er 
dic Kastanicnallee entlang und kreuzt die be 
lebte Mühlenbrücke. . Jenseit der Straße ver 
tieft er sich auf einem gewundenen Gang 
Kleine Mittheilungen a. d. Provinz rc- 
Zum Prediger in St. Peter ist Herr Dia 
conus Sinn aus Tellingstedt gewählt. Mit- 
präsentirt waren Pastor Müller aus Wind 
bergen und Dr. Stubbe aus Weddingstedt. 
— Die „Huf Nachr." enthalten folgendes 
Inserat: „1 Pfund Seife gratis! erhält jeder 
Käufer bei Waarenabnahme im Betrage von 
2 Mk.! in der Colonial- und Fettwaaren- 
Handlung von C. F. Groskreuz in Husum- 
— Die Gemeinde Tolk hat den Beschluß 
gefaßt, die 2. Lehrerstellc auf 1200 Mk. 3" 
erhöhen und dem anzustellenden Lehrer ein»' 
Familienwohnnng herzurichten. Die 2. Lehrer- 
stelle ist schon längere Zeit vakant und wird- 
wenn obiger Beschluß genehmigt wird, 's 
nächster Zeit zur Bewerbung neu ausgeschrif 
den werden. — Für die Organistenstelle ^ 
Stellau bei Wrist sind präsentirt wordr 
die Herren: Lehrer Holst ans Oldenswort b 
Wüstenbcrg aus Elskop bei Krempe uff 
Brühn aus Tweedt. — Für die 2. Qhre^ 
stelle im benachbarten Kirchdorfe Hohenfel 
sind Präsentirt: Lehrer Dibbern aus '
	        
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