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Bewerbungsgebräuche der Grönländer.
Von Egcde Sandby.
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§)er Anstand gemietet bei den Grönländern, daß
ein Mädchen sich nicht verheirachen will, und die
Aeltern nicht'm ihre Verheiralhuiig willigen; da,
her bemächtigen sich die jungen Lenke ihrer Geliebr
len mit Gewalt Einige Leute folgen dem Freier,
dringen in das Haus oder Zelt, und ergreifen
das Mädchen ohne Umstände, selbst in Gegenwart
der Aeltern. Ost weiß sie nichrs von der Liebe des
Freiers; wenn dies aber auch der Fall ist, so muß
sie doch allen möglichen Widerstand leisten, welches
oft so weit geht, daß sie sich bei den Haadm fort,
schleppen läßt, nnd wbnn sie bei ihrer. Gegenwehr
beharret, bisweilen tüchtige Schläge ins Gesicht
erhält. Ist sie endlich in das Haus des Freiers
gelangt, so sitzt sie betrübt da mir fließenden Haa,
ren, und paßt die erste Gelegenheit ab, um zu ent,
laufen; sie wstd eingeholt, laust wieder weg, und
wird aufs neue eingefangen. Ist ihr Unwille nur
verstellt, so trauert sie wohl ein paar Tage, aber
ergiebt sich dann; kann sie aber den Freier nicht
leiden, so laust sie immer wieder fort, bis er end,
lich das Einsangen unterläßt, oder so rasend per,
liebt ist, daß er Gewalt braucht. J„ älteren Zei,
ten schnitt er ihr ohne Umstände die Fußsohlen ent,
zwei, und war ziemlich gewiß, daß sie capilulirte,
ehe sie wieder gehen konnte. Nun braucht man zwar
nicht mehr diele plumpe Art, um ein Mädchen zu
gewinnen, doch ist dem Verfasser noch ein Beispiel
besannt, wo das Mädchen mit dieser Strafe dedror
hec ward. Hat das Mädchen wirklichen Abscheu
vor der Ehe, so schneidet es in dieser Noth sein
langes Haar ab rmd flüchtet sich in die Felsen,