Es war nicht der Dante'sche Adler, nicht Pe⸗
trarchas Nachtigall im Haine, und nicht der ge⸗
schwaͤtzige Bocaccische Staar, der in den Weiber⸗
stuben umherlief und naseweis die Heimlichkeiten
erzaͤhlte, die er gesehn. In einem Zeitraum von
zehn Jahren dichtete er ruhig und zufrieden seinen
rasenden Roland.
Aber hier scheitert vielleicht unser System,
und man wird sagen: konnte ein ruhiger, stiller
Dichter mit leichtem Sinn, mit Gluͤck erhabene
und tragische Gegenstaͤnde behandeln, so ist das
ja der beste Beweis, die Guͤltigkeit jener Mey⸗
nung, von der nothwendigen Uebereinstimmung
des Verfassers und seiner Werke, umzustoßen.
Ich erwiedere aber darauf: Man— untersuche
Ariosts Werke, und gewiß wird man finden, daß
der Vorzug dieses meisterhaften Gedichts nicht in
Aeußerungen großer Gemuͤthsbewegung, nicht in
der Durchschauung der Charactere der Handeln⸗
den, sondern in dem Wohlklang der Sprache, in
den lebendigen schoͤngemahlten Bildern, und in
der sinnreichen und unterhaltenden Darstellung der
Begebenheiten besteht; in Dingen also, die auf
keine Weise im Gegensatz zum Wesen des Dich⸗