Der Tag in Wort rmö Vilö
Die Königskrone im Schneestern.
Es sind nicht nur die großen Wunder der
Welt, die gewaltigen Berggipfel, das ewig
wogende, unendlich erscheinendeMeer, die Mil
lionen glitzernder Sterne, die uns die Größe
der Natur offenbaren, die wunderreiche Fülle
und das Geheimnis des natürlichen Lebens
erschließt sich uns erst recht, wenn wir mit dem
Mikroskop in die unserem unbewaffneten
Auge verschlossene Welt der kleinsten Gebilde
vordringen.
Jeder kennt einen Schneestern, in den der
Rauhreif den erstarrenden Wasserdampf
glitzernd verwandelt. Was ist er schon, wenn
wir ihn mit unserem unvollkommenen Seh
organ betrachten, und in welcher märchen
haften Fülle offenbart er uns tausend Wun
der der Natur, wenn wir das Vergrößerungs
glas vor das Auge nehmen Tie Meisterhand
eines unnachahmlichen Künstlers verschwen
dete an diesem winzigen Kristall die unend
liche Fülle ihres schöpferischen Reichtums, sie
gab ihm die herrlichsten, seltsamsten Gestal
tungen.
In 200 Jahren haben die Gelehrten mehr
als tausend verschiedene Formen gezählt.
Sie sahen Quadrate, Fünfecke, Kreise, Sterne
mit reichstem ornamentalem Schmuck. Sie
fanden die Wunder der ägyptischen Pyrami
den, die Säulen der griechischen Tempel, die
Formen der lieblichen bunten Blumen und
der benadelten Tannenzweige in dem glitzern
den Schneestern. Sie fanden auch mit Stau
nen in ihm alle Vorbilder für die von Men
schenhand geformten Gegenstände. Es gibt
keine Kunstform, die sich nicht schon in diesem
winzigen Kristall findet. Nehmen wir eine
kunstvolle Handarbeit oder ein bauschiges
Trinkgefüß, selbst die Grundform eines
„Manschettenknöpfchens", ja, die Form der
stolzen Krone, die sich die Könige von Künst
lern schmieden lassen, hat die Natur im Rauh
reif einer Winternacht millionenfach verwirk
licht.
Und wie mit dieser fälschlich als „leb- und
seelenlos" bezeichneten Naturform, ist es mit
den primitivsten einzelligen Lebewesen, in
denen alle Formen, Flächen, Linien, Farben,
alle Grundformen unseres mathematischen
Denkens und höchster künstlerischer Schöpfung
enthalten sind. In wirkungsvollen Groß
modellen bringt die vom 23. März bis zum
6. Mai dauernde große Ausstellung dieses
Jahres am Kaiserdamm in Berlin „Das
Wunder des Lebens", diese einzelligen Gebilde
und Lebewesen, zur Schau und zeigt, wie diese
Zellen sich durch Teilung immer wieder ver
mehren und bei jeder Neuzeugung die glei
chen Kunstformen hervorbringen.
Diese Schau ist eine der interessantesten und
wundervollsten der großen Ausstellung,' denn
sie führt vor Augen, daß der Mensch als Tech
niker, Künstler oder Gelehrter nicht eine ein
zige Form erfunden hat, daß vielmehr alle
Grundformen durch ein unbekanntes Natur
gesetz gegeben sind: der Kreis, das Dreieck, das
Sechseck, die Pyramide. Ter Mensch kann
diese Formen nur immer wieder nachahmen
und bleibt selbst in den erhabensten Schöpfun
gen seiner Architektur und Plastik weit hin
ter den Wundern des kleinen, im Rauhreif
kleid einer Fichte glänzenden Schneesterns
zurück.
Der „drille Grad" in Amerika.
Amerika ist eine andere Welt wie Europa,
anders in seinen Anschauungen, Gefühlen und
Sitten. Ein krasser Unterschied zeigt sich auch
im amerikanischen Polizeiwesen, das bei sei
nem Bestreben, die gefaßten Verbrecher unter
allen Umständen und mit jedem Mittel zum
Geständnis zu bringen, kaum Grenzen kennt.
Gefürchtet ist vor allem die Anwendung des
sogenannten „dritten Grades", den die Poli
zei benutzt, um hartnäckige Leugner zu zer
mürben. Wird der dritte Grad auch amtlich
abgeleugnet, er besteht, wie aus vielem un
widerlegbar zu entnehmen ist. Es sind dort
wohl andere Maßnahmen nötig als in Eu
ropa.
Man will den Verbrecher seelisch „klein
kriegen", dadurch etwa, daß vor seinen Augen
ein Polizist mit finsterer Miene unter Gum
mischläuchen die Auswahl trifft, um scheinbar
im nächsten Augenblick damit über den Ein
gelieferten herzufallen. Oder aus dem Neben
raum sind furchtbare Schreie vernehmbar,
man hört schwere Schläge klatschen, jemand
stöhnt entsetzlich. In Wirklichkeit handelt es
sich um Tricks, die jedoch selten ihren Ein
druck auf den Verbrecher verfehlen. Führen
die Tricks nicht zum Ziel, dann läßt man den
hartnäckigen Leugner hungern, er wird, wenn
er einschlafen will, immer wieder geweckt,' es
treten auch Gummischläuche und Peitschen in
Funktion, Tränengas wird benutzt usw.
Man darf bei diesen Methoden nicht über
sehen, daß bei den Verbrechern der USA. die
Pistole ganz besonders lose in der Tasche sitzt
und jährlich eine große Zahl Polizisten in
dem von beiden Seiten mit äußerster Erbit
terung geführten Kampf ihr Leben einbüßt.
Todfeinde stehen sich gegenüber, die keinen
Pardon geben, aber auch keinen erwarten.
*
verhör in der Hypnose.
Der Staatsanwalt Philip I. Johnston der
Stadt Bellefonte in Pennsylvanien griff in
einem verwickelten Mordverfahren zu einem
originellen Hilfsmittel. Von zwei tatverdäch
tigen Gefangenen ließ er dem einen eine
Spritze geben, durch die der des Mordes Be
schuldigte in einen hypnotischen Schlaf verfiel.
In diesem Zustand wurde das Verhör fort
gesetzt. Es ergab sich, daß der Hypnotisierte
genau die gleichen Aussagen wie im Wach
zustand machte und seine Unschuld beteuerte.
Der Staatsanwalt verfügte daraufhin die
Freilassung des mit dem „Wahrheitsserum"
behandelten Häftlings und seines Freundes.
Das Verfahren gegen die beiden wurde ein
gestellt.
Verurteilung iu Chikago.
Ein Mitglied einer Gangsterbande namens
John Pauk Chase wurde vom Gericht in
Chikago zu lebenslänglicher Gefängnisstrafe
verurteilt. Der Bandit hat einen Polizisten,
der den Anführer der Bande verhaften wollte,
erschossen.
Dieder Dinker im Viesengebirge.
DNB. Hirschberg, 29. März. Seit Freitag-
nachmittag herrscht in den höheren Lagen des
bei
türm
Riesengebirges heftiger Schneesturm
Windstärke 11. Tie Sportler, die vom l
überrascht wurden, bleiben in den Bauden.
Die Temperatur sank im Hochgebirge auf 7
Grad Kälte. Auch im Tal herrscht lebhafter
Schneefall, der den Verkehr auf den Landstra
ßen erschwert. Ueberall liegt eine geschlossene
Schneedecke.
* * *
ZMseMWhen NHMschZr Ssöflet;
Verhaftung von Lrdensangehörigen.
DNB. Berlin, 29. März. Entgegen um
laufenden falschen Gerüchten wird von der
Zollfahndungsstelle Berlin folgendes mit
geteilt: Mitte März d. I. fanden wegen drin
genden Verdachtes schwerer Devisen- und
Effektenschiebungen durch die zuständigen Zoll
fahndungsstellen Untersuchungen bei zahl
reichen katholischen Klöstern im ganzen Reich
statt, mit dem Ergebnis, daß große Vergehen
in devisenrechtlicher Hinsicht festgestellt wur
den. Soweit sich bislang übersehen läßt, han
delt es sich um Werte von mindestens zwei
einhalb Millionen Reichsmark. Eine Reihe
Geistlicher, Ordensschwestern und Ordens
brüdern befindet sich in Haft. Einzelheiten
können im Interesse der schwebenden Ermitt
lungen vorerst nicht bekanntgegeben werden.
Weitere Berichte bleiben jedoch vorbehalten.
* * *
Der Fail Iaeod.
DNB. Berlin, 29. März. Zu den in der aus
ländischen Presse erschienenen irreführenden
Meldungen über die Verhaftung eines Jour
nalisten namens Verthold Jacob erfährt das
DNB.:
Der wegen Landesverrats, Hehlerei usw.
vorbestrafte und deshalb bereits 1932 in das
Ausland geflüchtete Berthold Salomon, ge
nannt Jacob, wurde 1933 ausgebürgert und
ist seitdem staatenlos. Er lebte in Straßburg
und gab dort eine Hetzkorrespondenz heraus
in den Kreisen der Emigranten spielte er eine
gewisse, aber selbst dort stark umstrittene Rolle.
Salomon, genannt Jacob, hatte nach den
bisherigen Feststellungen die französisch-
schweizerische Grenze illegal überschritten und
beabsichtigte, sich ebenfall auf illegalem Wege
in das Reichsgebiet zu begeben, um sich dort
mit Vertrauensleuten zu treffen. Es gelang
den deutschen Grenzbeamten, ihn beim Grenz-
übertritt anzuhalten, wobei er sich lediglich
durch einen längst abgelaufenen und daher un
gültigen deutschen Reisepaß ausweisen konnte.
Wegen des Fehlens gültiger Ausweispapie^e
wurde er zunächst vorläufig festgenommen.
Als sich herausgestellt hatte, um wen es sich bei
dem Festgenommenen handelte, erfolgte seine
Verhaftung.
Gegen Berthold Salomo», genannt Jacob,
schwebt ein Verfahren wegen verschiedener
schwerer Straftaten.
Im Interesse der Untersuchung und Feststel
lung der Hintermänner in Deutschland konnte
bisher über den Vorfall nichts bekanntgegeben
werden.
Kilshkn verslhmWhen in 3M!en(mrg und Brindeàrz.
LŞlEiche Warnung.
Trotz eifriger Nachforschungen der Schwe
riner und anderer mecklenburgischer Landes
behörden ist es noch nicht gelungen, das Ver
schwinden des Schülers Hans Joachim Neu
mann, der seit dem 1ö. Februar, und des
Schülers Heinz Zimmermann, der seit dem
23. Februar vermißt wird, aufzuklären. Es
ist festgestellt, daß im Lause der letzten beiden
Jahre Kinder, vorwiegend Knaben im Alter
von 8 bis 12 Jahren, verschwanden und später
tot ausgefunden wurden. Tie Fälle ereigneten
sich sowohl in Mecklenburg als auch iu der
Mark Brandenburg, der letzte in Wittenberge.
Tort war es der achtjährige Schüler Gustav
Thomas, der am Freitag voriger Woche zuerst
vermißt und am Sonnabend im Stadtpark tot
aufgefunden wurde. Auch Thomas war zuletzt
in Begleitung eines unbekannten Mannes
gesehen worden. Aeußere Spuren von Gewalt
sind in keinem der Fälle festgestellt. Im Laufe
der Nachforschungen ist in Ludwigslust ein
Mann verhaftet worden, dem die Vornahme
unzüchtiger Handlungen an Knaben nach
gewiesen werden konnte. Ter Täter hat sich
bereits in der Nacht, die seiner Verhaftung
folgte, dem irdischen Richter durch Selbstmord
entzogen; anscheinend steht der Selbstmörder
mit dem Verschwinden der zwei Schweriner
Knaben nicht in Verbindung.
Es ist erklärlich, daß sich der Eltern in den
betroffenen Orten erhebliche Unruhe bemäch
tigt hat. In den Schulen sind die Kinder
gewarnt worden, in fremde Kraftwagen ein
zusteigen, sich Wanderburschen anzuschließen
oder sich durch Geschenke und Näschereien, zum
Mitgehen bewegen zu lassen. Jetzt greift auch
die Ländesstelle Mecklenburg des Neichs-
ministeriums für Volksaufklärung ein und
warnt die Kinder in einem Aufruf.
Begnadigung durch den Führer.
Ter Führer und Reichskanzler hat die vom
Schwurgericht Torgau gegen den 1904 gebore
nen Wilhelm Völkel und dessen 27jährige
Frau erkannten Todesstrafen in Zuchthaus-
strafen von 15 Jahren umgewandelt. Völkel
und Frau hatten im September 1934 ihr «en-
geborenes Kind getötet. Ter Gnadenerweis
für beide trat ein, weil sie sich in wirtschaft
licher Notlage befänden und aus Sorge um die
Ernährung der drei lebenden unmündigen
Kinder das sittlich Verwerfliche ihrer Tat nicht
in vollem Umfange erkannt haben.
* * *
Filmverbok in Dien.
DNB. Wren, 29. Mürz. Der große Beifall,
den der Janutngsfilm „Ter alte und der jun
ge König" bei seiner gestrigen Wiener Urauf
führung gefunden hat, wird von der Wiener-
Presse als „nationalsozialistische Demonstra
tion" ausgelegt. Die Polizei hat daraufhin die
weitere Vorführung des Films Verboten. Auf
entsprechende Vorstellungen bei der Polizei
wurde der hiesigen Ufadirektion gesagt, der
Befehl sei vom Bundeskanzleramt ausgegan
gen,' man möge sich dorthin wenden.
* . *
Katapultflngdienst 1933.
TNB. Bremen, 29. März. Ter bisher mit
Erfolg gemeinsam von der Teutschen Reichs
post, der Teutschen Lufthansa und dem Nord
deutschen Lloyd von Bord der Schnelldampfer
„Bremen" und „Europa" betriebene Katapult
flugpostdienst wird auch im Jahre 1935 regel
mäßig durchgeführt. Er wird in Richtung
Newyork mit der Ausreise des Schnell
dampfers „Bremen" am 3. Mai eröffnet.
Die Berliner Radfahrer
haben dieser Tage einen traurigen Rekord
aufgestellt. Im Verlauf einer großen ver
schärften Verkehrsrazzia, die sich über zwei
Tage erstreckte, wurden nämlich nicht weniger
als 8125 radfahrende Verkehrssünder festge
stellt. In 1552 Füllen mußten Strafanzeigen,
in 1694 Füllen gebührenpflichtige Verwar
nungen und in 4013 Füllen mündliche Ver
warnungen erteilt werden. Bei 866 Rädern
wurden so erhebliche Mängel festgestellt, daß
die Polizei die Fahrzeuge sicherstellte.
Kurze Post.
Im Osten Berlins gelangten Einbrecher
nach Durchstoßen einer Kellerdecke in ein
Rundfunkgeschäft, aus dem sie für 16 000 Mark
Waren entivcndeten. Es muß ihnen ein Last
wagen zur Verfügung gestanden haben.
An den Umversitäten Lille und Paris fan
den Kundgebungen der Studenten gegen die
Zunahme der Ausländer im Aerztestanö in
Frankreich statt. •• ch Z .
An der belgisch-französischen Grenze, bei
Lille, durchbrachen zwei mit Schmuggelware
beladene Kraftwagen in voller Fahrt die Zoll
sperre. Beamte und Schmuggler lieferten sich
auf der Verfolgung ein Feuergefecht. Die
Schmugglerwagen rannten gegen eine Mauer
bzw. einen Leitungsmast. Drei Schmuggler,
Belgier, wurden festgenommen, einer in ver
letztem Zustande. Ein Zollbeamter ist ange
schossen.
funk.
Danzig.
Hier erlebte der R e i ch s p a r t e i t a g -
film „Triumph des Willens" die erste Aus
führung außerhalb Berlins. Mit Begeisterung
wurde er ausgenommen.
London.
30 Angehörige der H i t l e r j u g e n d trafen
in Southampton ein. Sie werden für drei
Wochen gemeinsam mit 30 englischen Jungen
in der Grafschaft'Dorset ein Lager beziehen.
Die englische Gruppe besteht aus fünf jungen
Bergleuten aus Süd-Wales, sechs jungen
Leuten aus einer Fabrik in Nottingham, so
wie aus Schülern.
Die Uraufführung von „Triumph -es Willens".
Die Loge des Führers während der Festaufführung. Von links nach rechts: Neichs-
minister Dr. Goebbels, Chef des Stabes Lutze, der Führer, Reichsminister Heß,
Reichs minister Seldte.
Der Führer beglückwünscht die Künstlerin
Leni Riefenstahl, deren Werk der Reichspartei
tagfilm ist.
. .. ; Dr. Sell«.Ly»l«.