Full text: Newspaper volume (1935, Bd. 1)

à-. - 
128. Jahrgang. 
128. Jahrgang. 
Rendsburger Sägeblatt 
Anzeigenpreise: Im Anzeigenteil Grundpreis fiic die 48 mm breite Millimeterzelle 14 
im Textteil Grundpreis für die 77 mm breite Millimeterzeile 34 Xrf. Ermäßigte Grundpreise. 
Aufschläge sowie Nachlässe laut Preisliste Nr. 5. Nachlaßstaffel A. Geschäftsbedingungen nach Maß. 
gäbe der Bestimmungen des Werbere.ts. Keine Ersatzansprüche bei Nichterscheinen der Zeitung wegen 
höherer Gewalt. Für unverlangt eingehende Beiträge übernimmt die Schciftleitung keine Gewähr. 
Dezugspreks: Ausgabe A Reichsmark 1.75 monatlich; Ausgabe 6 elnfchl. Illustrierte Wochenbeilage 
Reichsmark 2.00, zuzügl. Bestellgeld. Einzelnummer 10 Rpfg., auswärts 15 Rpfg.. Sonnabends 15 Rpfg. 
Schriftleitung und Geschäftsstelle; Rendsburg. Haus der Landeszeitung. Fernsprecher Nr. 2551. 
Telegramm-Adr.; „Landeszeitung". Postscheck: Hmnburg 16278. Banken: Reichsbank; Westholsteinisch« 
Dank: Spar» und Leib,-Kasse: Schleswig-Holsteinische Bank: Landkreditbank: sämtlich In Rendsburg 
England geht allein vor 
Englands Politik im Licht größerer weltpolitischer Zusammenhänge. 
und warum sich eine europäische Wendung 
vorzubereiten beginnt, die allerdings die 
politische und militärische Gleichstellung 
Deutschlands zur ersten Voraussetzung hat: 
gramm des Quai d'Orsay übergangen hat, ist 
nicht nur ein außerordentlich schwerer Schlag 
für die Selbstsicherheit der französischen Außen 
politik, sondern es wird dadurch auch die Stel 
lung der Regierung, insbesondere die Lavals, 
im eigenen Lande geschwächt. Die französische 
Regierung hat sich von diesem Schlag noch 
nicht erholt. 
Wie die Pariser Oppositionsblätter feststellen, 
herrscht „vollkommene Verwirrung". Der mor 
gige Ministerrat sieht sich vor eine schwere 
Ausgabe gestellt. Einerseits verlangt die fran 
zösische Rechte einen zumindest nachträglich 
scharfen Protest, und zwar mit der ausdrück 
lichen Forderung, daß die französische Politik 
„selbständig und ohne Rücksicht auf das eng 
lisch-deutsche Verhältnis" in Aktion trete, an 
derseits bestehen maßgebende Mitglieder des 
Kabinetts darauf, die Verbindung mit London 
und Rom aus keinen Fall aufzugeben. 
Die größte Angst in Paris ist augenblicklich, 
daß Deutschland nach der Erledigung seiner 
Gleichberechtigungsfrage nach Genf zurückkeh 
ren könnte. 
Der dritte Versuch, die französische Stellung 
zu stärken, besteht darin, einen Druck ans Eng 
land auszuüben, indem man erklärt: Wenn 
ihr uns nicht zu Willen seid, dann müssen mir 
uns allerdings endgültig Rußland in die 
Arme werfen. Man erwartet, daß der franzö 
sische Ministerrat morgen über die Reise La 
vals nach Moskau beschließen wird. 
Der „Paris Midi" schreibt: „Die englisch- 
französische Zusammenarbeit hat in den letzten 
48 Stunden versagt. Infolgedessen ergibt sich 
eine französisch-russische Zusammenarbeit." Ein 
Teil der Pariser Abendpresse glaubt mitteilen 
zu können, daß Laval immer noch Hoffnung 
hat, die abgerissene Verbindung mit England 
noch vor dem Berliner Besuch wieder herzu 
stellen und möglicherweise Simon noch vor 
seiner Berlin-Fahrt zu einer Aussprache in 
Paris zu bewegen. 
Die englische Note siehe nächste Seite. 
reden will. „Je weniger Geschwätz im Unter 
haus, desto mehr praktische Arbeit in Berlin!" 
Diese Ansicht des „Evening News" wird auch 
in anderen Londoner Kreisen geteilt. 
Die britischen Delegationen für Berlin und 
Moskau sind bereits zusammengestellt. Sir 
John Simon wird von dem stellvertretenden 
Unterstaatssekretär Sargent (dem Leiter der 
Mitteleuropäischen Abteilung) und drei an 
deren höheren Beamten des Foreign Office 
begleitet sein. Der Stab des Lordsiegelbewah 
rers Eden für seine Fahrten nach Moskau und 
Warschau besteht ans sechs Personen. Auch der 
deutsche Botschafter in London, Dr. von Hoesch. 
nimmt an den Berliner Beratungen teil. 
©♦ Die Lage der europäischen Mächte noch 
der Erklärung der Wiedereinführung der 
Wehrpflicht in Deutschland ist 48 Stunden nach 
diesem Ereignis schon weitgehend geklärt wor 
den. England hat sich diesmal nicht von Paris 
aus seine Marschroute vorschreiben lassen, die 
frankophilen Kreise Englands haben ihren 
Willen nicht durchgesetzt. Der englische Außen 
minister hat sowohl einen gemeinsamen Pro 
testschritt der Versailler Garanten als auch 
eine vorherige gemeinsame englisch-französisch- 
italienische Aussprache abgelehnt. Sie war von 
Rom und Paris aus in Nordfrankreich oder 
Norditalien vorgeschlagen worden. Dem Ver 
nehmen nach sollen Italien und Frankreich 
sogar sehr dringlich die vorherige Aussprache 
verlangt haben. Trotzdem geht aus den neue 
ren Nachrichten hervor, daß man mit dieser 
vorherigen Aussprache nicht wird rechnen 
können. England wird seine Politik erst «ach 
dem Berliner und Moskauer Besuch festlegen. 
Daß man über diese Haltung in Paris und 
Rom enttäuscht ist, läßt sich Senken. 
Inzwischen ist ja auch entgegen den aus 
drücklichen Wünschen in Paris eine besondere 
englische „Protestnote" in Berlin überreicht 
worden. Wer aber genauer liest, wird merken, 
daß der Protest das Unwesentliche, die Klärung 
über das deutsch-englische Verhandlungsthema 
in der nächsten Woche die Hauptsache ist. Eng 
lands Politik wird zweifellos damit stärker als 
bisher darauf abgestellt sein, in den europäi 
schen kontinentalen Verhältnissen einen Aus 
gleich zu schaffen. Dieser Ausgleich wird auch 
den gerechten deutschen Ansprüchen Genüge 
tun. England wird sich ebenso sehr vom „Geiste 
von Versailles" lösen, wie aus einer falschen 
pazifistischen Ideologie sich befreien. England 
ist viel zu klug, als sich auf die Dauer von 
Frankreich auf die These festlegen zu lassen, 
daß seine Interessen am Rhein verankert 
seien. Die Interessen des englischen Weltimpe 
riums verbinden sich vielmehr mit den asiati 
schen Grotzräumen, in Indien und im nahen 
Orient und mit anderen Stellen der großen 
Welt. Man weiß in England genau genug, daß 
man sich in diesen Großräumen mit Rußland 
und den gelben Völkern auseinanderzusetzen 
hat. Diese Sachlage läßt aber in England den 
Gedanken reifen, daß der pommersche oder 
schleswig-holsteinische Rekrut und ein neuer 
deutscher Generalstab für die Interessen Eng 
lands viel wichtiger sind als ein in Bindung 
au Frankreich niedergehaltenes Deutschland, 
ein Frankreich, das durch seine Moskauer Po 
litik in London deutlich hat zu verstehen ge 
geben, daß es auch anders kann, nämlich zu 
rückkehren zu einem neuen Bündnissystem, bei 
dem England nur zu wählen hat, im Schlepp 
tau der französisch-russischen Politik in weiter 
Zukunft der zwangsläufig Gefesselte zu wer 
den oder durch eine Neuordnung der europäi 
schen Kontinentalverhältnisse mit Deutschland 
seine volle Freiheit in der Weltpolitik wieder 
zu gewinnen. Um diese Fragen handelt es sich 
heute, und man versteht die Mißstimmung in 
Paris und Nom, daß England durch seinen 
jetzigen Entschluß bewußt eine Politik auf der 
Englands nrns Haltung 
Eine Niederlage der frankophilen Kreise 
in London. 
Die englische Befriedigung über den Ent 
schluß des Kabinetts, den Berliner Besuch pro 
grammgemäß durchzuführen, hält trotz des un 
freundlichen Echos aus Paris und Nom an. 
Die Londoner City hat mit einer Kurssteige 
rung der Regierungswerte um 2K bis 5 Schil 
ling geantwortet. Auch die deutschen Anleihen 
zogen an. Die Abendblätter verzeichnen zwar 
ausführlich die verärgerten französischen Kom 
mentare, halten aber in ihren Leitartikeln 
daran fest, daß der Entschluß des britischen 
Kabinetts richtig war. Der „Star" meint, „daß 
Europa niemals nach einem großen Krieg in 
einer günstigeren Lage gewesen ist, einem ge 
rechten und allgemeinen Frieden näher zu 
kommen als heute." An anderer Stelle schreibt 
das Blatt: „Die britische Note an Deutschland 
ist ein Sieg des gesunden Menschenverstandes 
über die Hailsham-Grnpxe im Kabinett und 
im Foreign Office. Die Regierung hat unge 
wöhnlichen Mut gezeigt, indem sie einen Stand 
punkt einnahm, der von Frankreich unabhän 
gig ist und von ihm sogar bekämpft wurde. 
Seit den Tagen Lloyd Georges hat keine bri 
tische Regierung mehr eine derartige Unab 
hängigkeit von Paris an den Tag gelegt." Der 
„Star" fügt hinzu, die englische Entscheidung 
werde von Belgien und Polen begrüßt, da 
diese beiden Mächte eine Teilung Europas in 
zwei Lager nicht wünschten. 
„Evening News" meint, Sir John Simons 
Berliner Aufgabe sei nun leichter als sie vorher 
war. Das Blatt bedauert aber, daß das Parla 
ment am Donnerstag noch einmal des Langen 
und Breiten über die deutschen Rüstungen 
Frankreich droht nnļ dem 
rnMchzn Bündnis. 
Paris, 19. März. Um die Enttäuschung zu 
ermessen, die Frankreich durch die ruhige Hal 
tung Englands, insbesondere durch die Fest 
legung der Reise Simons nach Berlin, erfah 
ren hat, und die, wie der „Paris Midi" sich 
ausdrückt, „die grausamste ist, die Frankreich 
seit Kriegsende erlebt hat," genügt es festzu 
halten, daß die in der ersten Pariser Aufregung 
vom Ouai d'Orsay nach London übermittelten 
Forderungen Schiffbruch erlitten haben. Wie 
man jetzt erfährt, hat Laval drei „Anregun 
gen" gekabelt: 
1. Gemeinsame scharfe Protestdemarchen der 
drei Großmächte England, Frankreich und 
Italien in Berlin. 
2. Sofortiges Inkrafttreten der im Londoner 
und römischen Protokoll vorgesehenen Bera 
tungen derselben Mächte. 
3. Einberufung einer außerordentlichen Ta 
gung des Völkerbundes zur Festlegung der 
„Sanktionen". 
Daß die englische Regierung dieses Pro- 
Von Reichswehrminister Generaloberst von Blomberg. 
ler am 16. des ganzen Volkes, der bald nicht mehr zu I entspricht so dem innersten Wesen des deut 
schen Ehre überhören war. Ein neues Deutschland ent- scheu Menschen, der sich stets als der geborene 
!der in die stand und brach sich Bahn durch Schwäche und Verteidiger seines Volkes und Landes gefühlt 
gte, geschah Verzicht hindurch. Im Reich Adolf Hitlers ge- hat. Für ihn war es auf die Dauer ein uner- 
ig, die sich wann es lebendige Gestalt. trüglicher Zustand, dieses vornehmste Recht des 
und Aus- Es wäre falsch, die Einführung der allge- freien Mannes einer Minderheit überlassen zu 
lauf voll- meinen Wehrpflicht, in der dieses Streben jetzt müssen, mochte sie durch Uebung und Auslese 
:ine Ueber- seine Erfüllung gefunden hat, für ein Ereig- dazu noch so berufen sein. 
nis zu halten, das in erster Linie die Wehr- Im Zeitalter der sich immer noch steigern- 
ei verschie- macht und ihre Interessen berührt. In keinem den technischen Entwicklung und der zuneh- 
mmt: Ein- anderen der großen Länder ist der Gedanke mendcn Verfeinerung der Waffe und ihrer 
r gesunden Scharnhorsts, daß alle Bewohner des Staates Bedienung bedeutet die Rückkehr zum kürzer- 
nd Zusam- sàe geborenen Verteidiger sind, in einer jähr- dienenden Soldaten der allgemeinen Wehr- 
rngebroche- hundertelangen Geschichte so im Herzen und 
as die freie Bewußtsein des ganzen Volkes verwurzelt wie 
zu nerzich- in Deutschland. Das hat seinen besonderen 
n der wür- Grund. Man kann ein Volk nur aus seinem 
tatfriedens, geschichtlichen Werden und den Gegebenheiten 
en der ver- seiner Grenzen und Landschaft begreifen. Die 
zu Jahr Wehrverfassung eines Staates ist letzten Endes 
mer herab- ņicht das Ergebnis eines freien Entschlusses, 
Ein Volk, der willkürlich so oder so gefaßt oder abgeün- 
ie Ehre be- öert werden kann. Sondern sie muß im in- 
nwachsende ueren Einklang stehen mit den nationalen und 
dienst ver- sozialen Voraussetzungen, sie wächst heraus 
sin, die das aus den Kräften der Rasse und des Blutes, die 
zwungenen in ihr zur lebendigen Wirksamkeit gelangen. 
Wunsch der Der Uebergang von dem im Wafsenhand- 
zur politi- werk vollendet ausgebildeten Bernfskämpfer 
letzteren Grundlage zu führen bereit ist. Im 
übrigen geht auch aus den öffentlichen Stim 
men in Amerika und England hervor, daß 
auch die öffentliche Meinung in England sich 
nicht mehr wie früher durch die von Frank 
reich und den Frankophilen in England ins 
Volk gerufene „deutsche Gefahr" so sehr wie 
bisher beeindrucken läßt. 
Z85 M LeMch. 
Tokio, 19. Mürz. Der bekannte Geschichts 
forscher und Mitglied des Oberhauses Toku- 
tomi schreibt in der Zeitung „Nitschi-Nitschi", 
daß Japan die durch Len Beschluß des Reichs- 
kabinetts geschaffene Lage ohne Vorurteile an 
sehen müsse. Man dürfe nicht mit englischen 
Augen sehen oder mit französischen Ohren hö 
ren oder mit amerikanischen Nasen riechen. 
Wenn Japan bei der Beurteilung der Lage 
seine eigenen Sinne gebrauche, so müsse es für 
Deutschland volles Verständnis haben. 
Wir fügen zunächst zwei Meldungen aus 
Frankreich und England an, die sehr deutlich 
abzeichnen, daß die englisch-französische Politik 
nickt mehr im Fahrwasser der alten Entente- 
freundlichkeit geht, sondern es sich zeigt, daß
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.