Full text: Newspaper volume (1935, Bd. 1)

Şchleswîg-HolşieinischeL Wirtschaşļsdienst 
Auktionen auf den Shorthorn- 
Bullenschauen? 
„Der Shorthornzüchter" gibt in seiner letzten 
Nummer bekannt, öaß die nächste Verbands-Bullen- 
schau (Frühjahrsbullenschau) am Freitag, dem 18. 
Febrnar 1935, in Husum stattfindet. Die Aufstal 
lung der angemeldeten Bullen erfolgt von 8—15 
Uhr in den Stallungen in der Neustadt. Die 
Körung und Prämiierung findet statt in der städti 
schen Reithalle. 140 Tiere sind insgesamt zu den 
fünf Klassen angemeldet, und zwar in Klasse 1 l9 
bis 12 Monate 89 Tiere, Klasse 2 (12—16 Monate) 
29 Tiere, Klasse 3 (16—20 Monate) 7 Tiere, Klasse 4 
(20—24 Monate) 5 Tiere, Klasse 5 (außer Konkur 
renz) 10 Tiere, für die insgesamt etwa 40 Preise 
zur Verfügung stehen mit einem Gesamtbetrag 
von annähernd 1000 MM. Im Anschluß findet nach 
mittags eine Mitgliederversammlung statt. — Be 
merkenswert ist ein Antrag aus Abhaltung von 
Auktionen auf den Frühjahrs- und Herbstbullen 
schauen seitens eines namhaften Shorthornzüchters, 
der wörtlich zur Kenntnis gebracht wird: „Im 
Interesse der Shorthornzucht sowie zur Hebung der 
Preise für Stiere, halte ich es für notwendig, baß 
die Bullen auf den Frühjahrs- und Herbstschanen 
nur durch eine öffentliche Versteigerung verkauft 
werden dürfen. Bei fast allen anderen Zuchtvieh 
verbänden werden die Versteigerungen mit bestem 
Erfolg durchgeführt. Meines Erachtens werden wir 
höhere Spitzenpreise erzielen. Der Verkauf würde 
sich rascher abspielen und es wäre endgültig Schluß 
mit einem Vullenhanbel, wo, wie man öfters hört, 
in den Nachmittagsstunden die letzten 8 MM noch 
einmal geteilt werden sollen." 
Der Verbandsleiter N. C. Reeder bemerkt dazu: 
„Ich persönlich bin sehr damit einverstanden und 
mache darauf aufmerksam, baß schon in den Jahren 
1918 bis 1923 Auktionen auf den Vullenschauen 
stattgefunden haben. Der Erfolg war allerdings 
nicht bedeutend. So sind z. B. 1921 von 40 ange 
meldeten männlichen und 10 weiblichen Tieren nur 
9 verkauft. Einige Züchter hatten schon vorher 
freihändig verkauft und die angesetzte Konventional 
strafe gerne bezahlt. Ferner litten die Auktionen 
auch unter den zu hoch angesetzten Mindestpreisen. 
Es muß also eine viel straffere Ordnung einge 
führt und ein Termin vor und nach der Bullen 
schau festgelegt werden, innerhalb dieser überhaupt 
kein Bulle verkauft werden darf. Die Angelegen 
heit wird der großen Wichtigkeit halber auf der 
nächsten Züchterversammlung zur Aussprache 
kommen." 
Tagung der Geflügelzüchter 
(es.) In einer Mitglierversammlung des Ge 
flügelzuchtvereins für Bordesholm und Umgebung 
wurde bekanntgegeben, daß Berbands-Wanderred- 
ner Muhs, Voorde, im April in Boröesholm einen 
Aufklärungsvortrag auf dem Gebiet der Geflügel- 
wirtschaft halten wird. — Die Mitglieder erhalten 
durch den Verein zwanzig Zentner verbilligten 
Mais. — Es besteht die Aussicht, daß auch ver 
billigter Weizen geliefert werden kann. — Bezirks 
leiter Hub aus Neumünster hielt einen Vortrag 
über „Geflügelhaltung und Geflügelzucht". 
Uebcrfüllnng des dänischen Schweinemarktes 
Der Schweine- und Baconregulierungsausschub 
des dänischen Landwirtschaftsministeriums hat fest 
gestellt, daß die dänischen Landwirte trotz der war 
nenden Aufrufe viel zu viele Zuchtsauen angesetzt 
haben, was eine Gefahr der Ueberfüllung des 
Baconmarktes in England und damit eine Verrin 
gerung der Preise mit sich führen kann. Man hat 
ausgerechnet, daß die letzte Schweinezählung rund 
50 000 trächtige Sauen über den Maximalbedarf 
Zum Ausbau des Reichsnährstandes: 
ergeben hat, d. h. eine Ueberproduktion von 20 vH. 
Wenn dieser Bestand aufrecht erhalten bleibt, wer 
den die Ferkelpreise zu stark sinken und die Schlach 
tungen nach 5 bis 6 Monaten ein Unglück auf dem 
dänischen Schwcinemarkt hervorrufen. Man hofft, 
daß die dänischen Bauern die hierin liegende War 
nung verstehen und in nächster Zeit eine große 
Anzahl der Sauen den Schlachtereien zuführen 
werden: sonst müssen sie den Schaden selbst tragen. 
Erst im äußersten Notfall wird man zu direkten 
Eingriffen gegenüber der Ueberproduktion schreiten. 
Aus der Arbeit des Versnchsringes 
(es.) Versuchsringleiter Dr. Schlotfeldt berichtete 
in einer Versammlung des Versuchsrings von 
„Der Markt" — die neue Hauptabteilung III 
Der Reichsbauernführer hat eine Anordnung 
über die Zusammenlegung der bisherigen Haupt 
abteilungen III und IV und den Aufbau der neuen 
Hauptabteilung III im Reichsnährstand erlassen. Die 
bisherigen Hauptabteilungen III und IV des Verwal 
tungsamtes des Reichsbauernführers, der Landes 
bauernschaften und der Kreisbauernschaften werden 
zu einer neuen Hauptabteilung HI („Der Markt") 
zusammengelegt. Die neue Hauptabteilung III glie 
dert sich in die Oberabteilungen A und B; in der 
Oberabteilung A (Marktordnung) werden die zum 
Zwecke der Marktordnung gebildeten und noch zu 
bildenden Zusammenschlüsse zusammengefaßt, in der 
Oberabteilung B (Marktföröerung) das Revisions 
wesen, das Kreditwesen sowie die allgemeinen 
Fragen des Genossenschaftswesens und des Land 
handels. Die Reichshauptabteilung III umfaßt fer 
ner die allgemeinen Abteilungen A; Verwaltung u. 
B; Recht (einschl. Rechts- und Steuerfragen der 
Genossenschaften und des Landhandels). In der 
Oberabteilung A werden zusammengefaßt: 
1. die Hauptvereinigung der Deutschen Getreide 
wirtschaft einschließlich der Wirtschaftlichen Ver 
einigung der Roggen- und Weizenmühlen, 
2. die Deutsche Milchwirtschaftliche Vereinigung 
(Hauptvereinigung) einschließlich der Wirtschaft 
lichen Vereinigung der Dauermilcherzeuger und der 
Wirtschaftlichen Vereinigung der Schmelzkäseher 
steller, 
3. die Hauptvereinigung für Schlachtviehverwer 
tung, 
4. die Hauptvereinigung der Deutschen Eierwirt 
schaft, 
6. die Hauptvereinigung der deutschen Zucker- 
wirtschaft, 
6. die Wirtschaftliche Vereinigung der Deutschen 
Obst- und Gemüse-Verwaltungsindustrie, 
7. die Wirtschaftliche Vereinigung Deutscher 
Stärkeinöustrien, > , • 
8. die Wirtschaftliche Vereinigung der Kartoffel 
slockenhersteller, 
9. die Wirtschaftliche Vereinigung der Margarine- 
und Kunstspeisefett-Jndustrie, 
10. die Wirtschaftliche Vereinigung der Deutschen 
Fischindustrie, 
11. die Wirtschaftliche Vereinigung der Misch 
futtermittelhersteller Deutschlands. 
Ferner gehören der Oberabteilung A an: 
1. der Rcichsbeauftragte für den Absatz von Gar 
tenbauerzeugnissen, 
2. der Reichsbeauftragte für Kartoffelabsatz, 
8. der Reichsbeauftragte für den Absatz von Hül 
senfrüchten, 
4. der Beauftragte des Reichsnährstandes für den 
Absatz von Weinbauerzengnissen, 
6. der Beauftragte des Reichsnährstandes für die 
Regelung des Hopfenmarktes, 
6. der Beauftragte des Reichsnährstandes für die 
Erzeugung und Absatz von Grünkern, 
7. der Treuhänder für die Rohkakao verarbeiten 
den Betriebe. 
8. der Beauftragte des Reichsnährstandes für den 
Absatz von Wolle. 
Außerdem wird bei der Oberabteilung A eine 
Abteilung Holzwirtschaft und eine weitere Abtei 
lung für die sonstigen Gebiete der Marktordnung 
gebildet. 
Die Oberabteilung B gliedert sich in folgende 
Abteilungen: 
la) Marktrevision, 
lb) genossenschaftliche Revision, 
2. Kredit, 
3. Versicherung, 
4. Allgemeine genossenschaftliche Fragen, 
5. Allgemeine Fragen des Landhandels. 
Die Sachbearbeiter und Angestellten der bisheri 
gen Reichshauptabteilungen III und IV treten mit 
Wirkung vom 1. Februar 1935 zur neuen Reichs- 
Hauptabteilung III bezw. ihren Untergliederungen 
über. Die für den 31. März 1935 ausgesprochenen 
Kündigungen bleiben hiervon unberührt. 
Bordesholm und Umgegend, die von Hofbesitzer 
Wilhelm Blöcker, Hosfeld, geleitet wurde, über die 
Ergebnisse der Versuchsanstellung aus dem Jahre 
1934. Als Vergleich dienten zum Teil auch die Er 
gebnisse aus dem nördlichen Teil des früheren 
Kreises Bordesholm. Sortenanbauversuche wurden 
mannigfach durchgeführt. Das Ertragsergcbnis 
war nicht ganz einheitlich. Interesse fanden auch 
einige durchgeführte Düngungsversuche. Alsdann 
folgten Ausführungen über betriebswirtschaftliche 
Betrachtungen an Hand der Buchführung aus ver 
schiedenen Betrieben. Diplomlandmirt Eallsen, Kiel, 
sprach über „Futterbau und Konservierung" an 
Hand von Lichtbildern. 
(es.) Die Mitglieder des Vordesholmer Pferde 
zuchtvereins für die Zucht des Holsteiner Marsch 
pferdes tagten im VahnhofShotel. ES ist ein Kassen 
überschuß zu verzeichnen. Es wurde der Beschluß 
gefaßt, den Verein auf Grund der Neuorganisation 
der Pferdezucht aufzulösen. Die Mitglieder sollen 
den jeweiligen Kreisvereinen angeschlossen werden: 
es wird jedoch erwartet, daß der Bezirk nach wie 
vor ein eigener Körbezirk bleiben wird. Eine Ent 
scheidung in der Frage der Besetzung der Hengst 
station Vordesholm, ob der bewährte Hengst „Net 
telbeck" der Station erhalten bleibt oder nicht, 
könnte noch nicht herbeigeführt werden. In dieser 
Angelegenheit soll eine Kommission die erforder 
lichen Schritte unternehmen, um eine Klärung 
herbeizuführen. . 
Die Zahl der Angestellten 
in Hans, Garten und Landwirtschaft 
beträgt z. Z., soweit sie in der DAF. zusammenge 
schlossen sind, 7660. Ihnen stehen außer den in den 
20 Landesbauernschaften abgehaltenen Sonderkur 
sen reichlich 170 Ausbildungsanstalten zur Verfü 
gung. 
Der Ständige Siedlnngsbeirat 
In einem Erlaß des Reichsarbeitsministers vom 
26. Januar 1935 werden als Aufgaben für den 
Ständigen Siedlungsbeirat bezeichnet die Beratung 
allgemeiner und grundsätzlicher Angelegenheiten des 
Siedlungs- und Wohnungswesens, sowie die Ein 
bringung von Anregungen und Vorschlägen auf 
diesem Gebiet. Der Beirat soll ferner die Förde 
rung des Verständnisses für die Maßnahmen des 
Reiches im Wohnungs- und Siedlungswesen als 
seine Aufgabe betrachten. Der Reichsarbeitsminister 
kann den Siedlungsbeirat mit der Erstattung von 
Gutachten auf seinem Arbeitsgebiet beauftragen. 
Ausstückung in Nordschleswig 1885 
Bei dem staatlichen Bodenausschuß sind für die 
Ausstückung staatlichen Bodens zum 1. April 1935 
214 Bewerbungen eingelaufen. Davon wünschen 173 
Bewerber Hauptparzcllen zu erhalten, während 
36 Zulageparzellen wünschen. Aus dem Kreise 
Hadersleben liegen 87 Bewerbungen vor, die sich 
auf 80 bzw. 6 verteilen. 
»ķ g welche an Gallenstein, Gicht, Rhaurna 
Bf Arterienverkalkung, Magen-,Darm- 
Oll8irW%fl» und anderen Beschweiden leiden, sollten 
unbedingt einen Versuch mit dem von 
al.ersh.r bekannten W 3 3 II \l\ $"T 11 I V~ O ß I 
machen, das in vielen Fällen half, wo andere Mittel versagten. Viele 
Anerkennungsschreiben. Flasche Mk. 0.94, Kapseln Mk. 1.- und 2.25. 
Nur in Apotheken. Bestandteile: Ol. terebinth, sulf. comp. 
„Sie finden nichts Lächerliches an einer 
Frau mit 652 Bräutigamen und 50 Ehemän 
nern," 
„Ich dachte an etwas anderes. An etwas, 
das Sie wohl vergessen haben werden." 
„Ach, wie ernst Sie wieder sind! Nein, das 
war doch eine köstliche Geschichte mit dieser 
Vielmännerin. Sie müssen nämlich wissen", 
wandte sich Jenny an Herrn v. Herm, „Sie 
müssen wissen, daß Doktor Thorsen, ja, par 
don, die Herren gestatten: Doktor Thorsen — 
Geheimrat v. Herm." 
Knappe, höfliche Verbeugung Thorsens. 
Der Geheimrat, nicht mehr sehr nüchtern, 
prustete plötzlich mit einem ungeheuren, schal 
lenden Gelächter heraus, in das Jenny sofort 
einstimmte, ohne jedenfalls zu wissen, worum 
es ging, bloß aus unbezähmbarer Lachlust, wie 
sie bei angeheiterten Frauen ja häufig zu fin 
den ist. 
Mit unbeweglichem Gesicht stand Thorsen 
vor ihnen und sog geduldig an seiner Zigarre, 
bis sich das donnernde Gelächter des Geheim 
rates und das hohe, silberne Frau Jennys 
etwas verflachte. 
„Ich weiß wirklich nicht, was den Herr 
schaften so furchtbar komisch vorkommt," sagte 
Thorsen gelassen und schnippte die Asche seiner 
Zigarre vorsichtig in den am Tische stehenden 
Aschenbecher. „Oder sollte ich vielleicht einen 
schwarzen Fleck im Gesicht haben?" 
„Aber Thorsen, na," grinste der Geheimrat 
gutgelaut, von Lachanfällen unterbrochen und 
schon mit etwas schwerer Zunge sprechend, 
„das müssen Sie doch zugeben, daß das sehr 
komisch ist, daß Frau Jenny, unsere liebe 
Frau Jenny, Sie — und mich, da, machen Sie 
bloß kein so todtrauriges Gesicht, sonst bekom 
me ich einen Lachkrampf. Sie drücken mir ja 
geradezu die Pistole in die Hand mit Ihrem 
blutigen Ernst, wie soll sich sonst ein deutscher 
Mann über sechzig — pardon fünfzig! vorm 
Schlagfluß bewahren?" 
„Trinken Sie weniger," antwortete Thorsen 
mit einem kalten, drohenden Blick. 
(Fortsetzung folgt.) 
ļîèàê ûîîş -ôàîîŗîêè / Roman von Lyonel Insterberg. 
Copyright by Prometheus-Verlag Dr.Eichacker, 
Gröbenzell bei München. 
11) Nachdruck verboten. 
Unruhig sah der Geheimrat Ursula an. „Ich 
verstehe nicht..." Was ging hier vor? Was 
für ein Band entstand zwischen Ursula und 
diesem fremden Naturmenschen? Sein Blick 
glitt von Ursulas unbeweglichem Gesicht zu 
Frau Mahrholm, da diese jedoch seine fragen 
den Augen nicht zu bemerken schien, wandte 
er sich an Eckmann. 
„Das gnädige Fräulein hat Kopfschmerzen", 
sagte Eckmann gepreßt, und öffnete und schloß 
in einem fort die rechte Hand, was gleich 
zeitig komisch und erregend aussah. — „Ja?" 
fragte der Geheimrat. Er verstand immer 
weniger und wurde nachgerade trotz der blen 
denden Stimmung, in die ihn Frau Jennys 
gute Laune gebracht hatte, ungeduldig, da ihm 
die ganze Situation lächerlich steif und mario- 
nettenhaft erschien. Am liebsten hätte er auf 
den Tisch geschlagen und gefragt: Also, was 
geht hier vor? Aber bevor der Geheimrat 
dazu kam, ein Wort zu sprechen, verbeugte sich 
Dr. Eckmann und ging. 
Frau Mahrholm nahm Ursula beim Arm 
und zog sie auf einen Stuhl nieder. „Nun?" 
„Ach", sagte Ursula ruhig, „ich habe wirklich 
Kopfschmerzen.. 
„Was war denn das für eine Autobio 
graphie?" fragte Herr von Herm. 
Ursula stand auf. „Ich vertrage es nicht, 
wenn ein Mensch zu viel von sich spricht..." 
Erstaunt sah Frau Mahrholm sie an. 
„Tat er denn das?" — „Ja." Ursulas Stim 
me klang ganz hart, und in ihren Augen 
glomm ein böses, kleines Feuer... 
„Sonderbar." 
„Sie schätzen ihn sehr, gnädige Frau?" . 
„Erstens finde ich ihn entzückend als Mann 
und zweitens bewundernswert als Sportler. 
Er ist eine so scharmante Mischung: Dem 
Empfinden nach ein Knabe, der Tat nach ein 
Mann. Er würde die geliebte Frau vom Gal 
gen schneiden und sich für den Freund vier 
teilen lassen." 
„Mir scheint er nahezu etwas dumm", warf 
der Geheimrat, von seiner Eifersucht gesta 
chelt, und trank einen mächtigen Schluck. -- 
„Er ist nicht dumm, Herr von Herm. Jedoch 
ist etwas Wahres an Ihrer Feststellung inso 
fern, als ich glaube, daß Doktor Eckmann der 
Antipode zum Typ des großstädtischen Intel 
lektuellen ist. Er ist heldische Persönlichkeit, 
opferfähig, ohne viel verstandesmäßige Hem 
mungen, ein Mensch ohne Pathos, aber auch 
ohne kritische Schärfe." 
„Produkt überwiegend körperhafter Ein 
stellung..." meinte der Geheimrat bedächtig. 
„Vielleicht, aber ihm gehört die Zukunft. 
Ursula strich sich über die Schläfen mit der 
schmalen Hand. „Ich habe Kopfschmerzen, ich 
werde schlafen gehen. Du verzeihst, Papa..." 
„Aber ich bitte dich, mein Kind, ich sehe ja, 
wie müde du bist." — Ursula verabschiedete 
sich. Ihr Vater wollte sie hinausbringen, aber 
sie duldete es nicht. Sie wollte allein sein. — 
Langsam schritt sie dem Ausgang zu. Der Boy 
riß die Flügeltür auf. Vor dem Spiegel blieb 
Ursula stehen und strich sich mit beiden Hän 
den einige Male massierend über die bleichen 
Schläfen, an denen die blauen Aederchcn 
lautlos pulsten. Sie hatte wirklich Kopf 
schmerzen. — Als sie gesenkten Kopfes die 
Halle durchschritt, schoß plötzlich aus einem 
der tiefen Ledersessel, die neben dem Eingang 
zum Lift standen, eine lange Gestalt hoch und 
vertrat ihr den Weg. „Ich habe hier auf Sie 
gewartet, gnädiges Fräulein", sagte Alf Eck 
mann mit etwas heiserer Stimme, und seine 
Augen funkelten. 
„Auf mich?" fragte Ursula mit flatternden 
Lidern, unter denen die Augen blinzelnd nach 
oben sahen, um nicht in das braune Gesicht 
vor ihr sehen zu müssen. 
„Ja. Ich mnßte Sie sprechen. Sie müssen 
mir verzeihen." 
„Wofür, Herr Doktor?" 
„Für meine Ungezogenheit." 
„Wir wollen nicht mehr von dem unange 
nehmen Intermezzo sprechen, Herr Doktor, 
nicht wahr? Und morgen kommen Sie also 
mit?" 
Alf. grenzenlos glücklich, mit strahlendem 
Gesicht: „Ja, morgen schon?" — „Aber natür 
lich morgen!" — „Sie müssen doch erst ein 
kaufen!" — „Aber ich meine ja einkaufen." — 
„Da darf ich also auch..." Er konnte sich nicht 
fassen vor Entzücken. 
„Also um zwei Uhr am Hoteleingang. Und 
nun gute Nacht." — Sie reichte ihm sehr 
freundlich, mit einem warmen Blick die Hand, 
die er langsam, glücklich an die Lippen 
führte, und eilte rasch zum List. 
Der Lift hielt, Ursula stieg aus, ein Herr 
begegnete ihr im Gang und verbeugte sich. 
Wer war das? Ach ja, der Mitpassagier 
vom Flugzeug. Komischer Kerl, bringt Kak 
tusfeigen aus, aus... ich weiß nicht mehr... 
nach Bozen und wirft sie mit einem Fallschirm 
aus dem Flugzeug. Komisch. — Sie betrat ihr 
Zimmer und trat trällernd vor den Spiegel. 
Die Aederchen an der Stirne pulsten noch im 
mer, aber der Kopfschmerz war verschwunden. 
* 
Thorsen schlenderte eine Stunde später mit 
der Zigarre in der Hand durch die Halle. Sein 
Gesicht hatte einen außerordentlich zufriedenen 
Ausdruck. 
Als er den Tanzsaal betrat, herrschte dort 
bereits eine der fortgeschrittenen Stunde ent 
sprechende, animierte Stimmung. Der Sekt 
perlte. Der Geiger legte die Violine weg und 
ergriff das Saxophon. Die Musik wurde 
springlebendig und prickelnd. Die Ventilato 
ren summten. Der Scheinwerfer an der Decke 
flammte farbig. Das Rauschen der Stimmen 
klang wie ein ferner Strom. 
Langsam durchschnitt Thorsen den Saal, 
lächelnd. Ihm bedeuteten diese Art von Ver 
gnügungsstätten Fundgruben psychologischer 
Erkenntnisse. 
„Oh, Thorsen, Doktor Thorsen, nun, welche 
Ueberraschung! Seit wann sind Sie hier?" 
Thorsen drehte sich blitzschnell um. Seine 
Brauen hatten sich bedrohlich zusammenge 
zogen, aber sein Gesichtsausdruck wurde sofort 
wieder liebenswürdig, galant, als er Frau 
Mahrholm erblickte, die ihn angerufen hatte. 
— „Welche Freude, gnädige Frau", sagte Thor 
sen, und küßte ihr die Hand. „Ich bin heute 
früh angekommen, und nun habe ich schon das 
Vergnügen, Sie hier zu begrüßen. Sie trei 
ben Wintersport?" 
Frau Jenny, ein wenig beschwipst und von 
ausgelassener Lustigkeit, lachte sprudelnd. 
„Doktor, ich muß so lachen! Jedesmal, wenn 
ich Sie sehe, denke ich an Heluan. Wissen Sie 
noch?" 
„Ich weiß. Aber ich finde nichts Lächerliches 
daran."
	        
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