128. Jahrgang.
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Nr. 38
d’mtim, den 5. Februar
1835
Es ist ein langer Weg bis zum Schlußakt.
Die Londoner Ouvertüre.
Das Londoner Kommunique erinnert uns in
vieler Hinsicht an die Ouvertüren alten Stils.
In einer gedrängten Form klingen die Mo
tive der späteren Oper zusammen. Schon merk
ten wir allerdings auch die dramatischen Zu
spitzungen, die Kvnsliktsmöglichkciten... Es
gibt berühmte Ouvertüren, denen niemals die
Oper folgte.
Die Leitmotive kannten wir. Sie sind in sel
tener Präzision und Klarheit herausgeschält
worden: Ostpakt, Donaupakt, Wiedereintritt in
den Völkerbund, Abschaffung des Teiles 8 des
Versailler Vertrages als Gegenleistung und
der sofortige Abschluß eines gegenseitigen Ab
kommens gegen Luftangriffe. Ohne Uebertrei
bung kann zunächst die erfreuliche Tatsache
einer wirklich kollegialen Behandlung Deutsch
lands bei diesen Verhandlungen festgestellt
werden. Die Schnelligkeit, mit der man
Deutschland unterrichtete, der Takt, den die
englische Regierung vor allem in diesen Tagen
wahrte, berechtigen zu einigen Hoffnungen für
die Zukunft. Es hat an dramatischen Zu
spitzungen schon in dieser Ouvertüre nicht ge
fehlt, und die rasche Zusammenberufung des
englischen Kabinetts am Sonnabendnachmittag
zu ungewohnter Zeit bildete unzweifelhaft den
dramatischen Höhepunkt. Simon und Baldwin
drückten in dieser denkwürdigen Sitzung den
Kabinettsbeschluß für das Luftabkommen
durch. Vorsichtshalber hielt der Außenminister
eine betont eindringliche Rede durch den
Rundfunk an das englische Volk im vollen Be
wußtsein der zu erwartenden schweren An
griffe jener Presse, die von einer weitergehen
den Bindung Englands an den Kontinent
nichts wissen will. Aber auch die französische
Geschichte kann das ungewöhnliche Ereignis
verzeichnen, daß ein Außenminister von Lon
don aus das französische Volk durch den Rund
funk mit dem Ergebnis von London vertraut
machte..
Der englische Außenminister selbst gab sich
in einem kurzen Gespräch mit ausländischen
Journalisten keinen Illusionen über die fol
genden Verhandlungen hin. Er rechnet mit
vielen Monaten. Die Geschichte wird ihm
wahrscheinlich recht geben. Wie steht es aber
mit dem Luftabkommen, dessen sofortiger Ab
schluß gefordert wird? Nun, Deutschland kann
vielleicht mit einiger Befriedigung feststellen,
daß man hier mit einer deutschen Luftflotte
als einer Selbstverständlichkeit rechnet. Ein
immerhin bedeutsamer Fortschritt gegenüber
dem Macdonald-Abrüstungsplan, der von
einer deutschen Luftflotte nichts wissen wollte.
Uebrigens soll Italien diesem Defenstvbünd-
nis nicht beitreten. Eine erste Lücke, die nicht
leicht zu schließen sein wird. Wie steht es übri
gens mit dem Einfluß Rußlands? Was nutzt
im Grunde genommen eine Verständigung der
westeuropäischen Luftmächte, wenn im Osten
eine so riesenhafte Kriegsluftflotte von 3000
bis 4000 Flugzeugen außerhalb eines Abkom
mens bleibt, obgleich diese Flotte heute ohne
Hindernisse London genau so leicht erreichen
kann wie irgendeine andere mitteleuropäische
Hauptstadt. Um bei Rußland zu bleiben und
auch gleich auf das Projekt des Ostpaktes ein
zugehen: Die alten deutschen Bedenken gegen
über einem Ostpakt sind nicht gemindert wor
den. Wie soll eine Bürgschaft für die Grenzen
eines so ungeheuer ausgedehnten Reiches wie
Rußland aussehen? Grenzen von über 10 000
Kilometer Länge, die zum großen Teil noch
umstritten sind und sich in ständiger Bewegung
befinden? Da sieht man doch wenigstens in
dem angedeuteten Pakt mit Oesterreich erheb
lich klarer.
Der englische Außenminister hat vier Tage
vor dem sonntäglichen Beschluß in London im
Unterhaus auf eine offenbar bestellte Anfrage
geantwortet. England beabsichtige nicht, ir
gendwelche weiteren Sicherheiten materieller
oder anderer Art für die österreichische Un-
Von Dr. Rudolf Hansel.
abhängigkeit zu geben. Mit einigem Erstaunen
hört man infolgedessen jetzt auf London und
der englischen Zustimmung zu den Beschlüssen
von Rom und dem Wirrwarr von Paktvor
schlägen, die nur schwer in das Wort Donau
pakt hineingebracht werden können. Hier klaf
fen doch offensichtliche Widersprüche! Wieweit
gehen die englischen Verpflichtungen für die
österreichische Unabhängigkeit? In wieweit ist
überhaupt für das Selbstbestimmungsrecht
Oesterreichs Sorge getragen? Welche Staaten
sollen fernerhin diesem Pakt bcitreten? Eine
Fülle von Fragen, die sich hier sofort aufdrän
gen.
Ueberhaupt, wer vermag aus dem Kommu
nique oder aus der erläuternden Rundfunk-
Ter Abschluß in London.
Die englischen Unterhänd
ler verlassen nach den ab
schließenden Besprechungen
das Haus Downing Street
10, in dem sich der größte
Teil der englisch-französi
schen Verhandlungen abge
spielt hat. Von links nach
rechts: Neville Chamber-
lain, Walter Runciman,
Lordsiegelbewahrer Eden u.
Außenminister Sir John
Simon.
rede des englischen Außenministers herauszu
lesen, in welcher Form man werter vorzugehen
gedenkt, und wie England sich eigentlich kon
kret die generelle Sicherung Europas vorstellt,
von der im Kommunique die Rede ist. Wird es
sich hier um einen Generalpakt handeln, in
dem alle übrigen bisher abgeschlossenen Ab
machungen, das ganze kunstvolle Netz Bar-
thous und Laoals münden sollen wie die Ne
benflüsse in einem Hauptstrom? Oder taucht
etwa wieder eine neue Idee auf, deren Umrisse
noch gar nicht recht klar sind?
Es wird nicht leicht werden, aus der Fülle
all dieser Gesichtspunkte ein klares Bild zu
gestalten. Es dürfte noch schwerer werden, all
diese Vorschläge so auf eine praktisch ausführ
bare Formel zu bringen, daß die berechtigten
Interessen Deutschlands auch entsprechend mit
berücksichtigt werden. England hat unzweifel
haft erhebliche Anstrengungen unternommen,
um in Europa wiederum zu einer Abrüstungs
konvention zu gelangen. Der Teil 5 des Ver
sailler Vertrages ist erledigt. Man denkt auch
augenscheinlich nicht daran, etwa von Deutsch
land als Voraussetzung den Eintritt in den
Völkerbund zu verlangen. Nach welchem Sy
stem überhaupt bei dem Abschluß dieser vielen
Einzelpakte rein zeitlich vorgegangen werden
soll, ist völlig unbestimmt.
Warten wir in Ruhe und Gelassenheit ab,
wie das Motivprvgramm dieser Ouvertüre von
London in den ersten Akten der nun beginnen
den Oper, dem Konzert der großen Mächte,
seine Auflösung und Durchführung finden
wird. Der Vorhang hat sich gehoben, ein großes
Spiel um den Weltfrieden hat von neuem be
gonnen
Grundlegende Ausführungen von Dr. Goebbels.
Der deutsche Rlin im Entstehen.
Der Führer und Dr Goebbels zusammen mit der FUmwelt bei der Eröffnung des Reichsfilmarchivs.
Berlin, 6. Febr. Durch die Schaffung des
Reichs-Filmarchivs, des größten Filmarchivs
der Welt, hat der Nationalsozialismus auch
auf dem Gebiet des Films bewiesen, daß er
wegweisend der ganzen Welt ist.
Es wurde am Montagabend im feierlichen
Rahmen von Reichsminister Dr. Goebbels
im Harnack-Haus eingeweiht. Die Bedeutung
des Tages erhellt aus der Tatsache, daß wäh
rend der Vorführung der Filme auch der
Führer und Reichskanzler erschien.
Unter den Anwesenden sah man neben
Staatssekretär Funk den persönlichen Referen
ten des Propagandaministers, Ministerialrat
Hanke, den Präsidenten der Kaiser-Wilhelm-
Äkademie, Geheimrat Planck, und den „gan
zen Film.".
Das Fehse-Ouartett gab mit dem Quartett
satz c-moll von Franz Schubert den stim
mungsvollen Auftakt zu der Begrüßungsan
sprache des Präsidenten der Reichs-Filmkam-
mer, Dr. S ch e u e r m a n n, in der dieser auf
die Entstehungsgeschichte des Reichs-Filmar
chivs einging, dessen Aufbau der Initiative des
Reichsministers für Volksaufklärung und
Propaganda vor einem Jahre zu verdanken sei.
Dann sprach
Neichsminister Dr. Goebbels.
Er betonte einleitend, er wolle lediglich ein
paar Grundgedanken skizzieren, die seiner An
sicht nach erkannt werden müßten, um das
Problem des Films im modernen Leben über
haupt zu charakterisieren.
Die Mängel, die der Filmproduktion bei Be
ginn der Machtübernahme besonders anhaf
teten, waren: der Konjunkturfilm, gegen den
man sich schließlich nicht anders als durch Ver
bote helfen konnte,' der Serienfilm, der in
einer Vielzahl nach dem Schema eines erfolg
reichen Films gedreht, dessen künstlerische Höhe
vollständig verwässerte,' der Film ohne Lebens-
Hintergrund, in dem ein Leben dargestellt
wurde, das es in Wirklichkeit gar nicht gab,
der nicht aus künstlerischen, sondern nur aus
geschäftlichen Rücksichten Illusionen vorzau
berte,' der Film, der unter der Maske einer
witzigen und ironisch-satirischen Darstellung
allgemeine Verblödung verzapft; und schließ
lich der Film, der nur auf billigste Effekte, auf
bloße Mache ausging, der allein von den Ge
sichtspunkten der gefüllten Kassen aus gedreht
ivurde.
Geiviß könne bei einer Produktion von 160
bis 180 Spielfilmen im Jahr nicht jeder ein
zelne ein Kunstwerk sein, wie ja auch nicht
jedes der auf den tausenden von Provinz- und
Laientheatern aufgeführten Bühnenwerke ein
Kunstwerk sei. Man dürfe auch an die Film
kunst, diese jüngste Kunst, keine ungerechten
Ansprüche stellen und von ihr nicht verlangen,
daß sie Erfolge zu verzeichnen habe, die auf
anderen Kunstgebieten niemals zu verzeichnen
gewesen sind.
Aber was uns bisher gefehlt habe, sei der
künstlerisch und weltanschaulich gesittete Film,
ein Film, der auf einem festen geistigen Bo
den stehe und der damit eine souveräne Hal
tung gegenüber den modernen Zeitproblemen
übernehmen könnte. Es fehlte aber auch der
gute, gekonnte, mit Witz und Laune oder über
legener Satire gedrehte deutsche Unterhal
tungsfilm. Es fehlte eben der künstlerische
Film.
In den vergangenen beiden Jahren habe er
keineswegs untätig der Entwicklung des deut
schen Films gegenübergestanden. Er habe viel
mehr die mannigfachsten Reformversuche un
ternommen, um den Film künstlerisch und gei
stig auf ein anderes Niveau zu heben. Ihm
habe die Erkenntnis niemals gefehlt, daß man
mit Reden allein nie Kunst produzieren könne.
Darum habe die Regierung ihre ersten Be
strebungen darauf abgestellt, dem Film für
seine Existenzfühigkeit einige materielle
Grundlagen durch die Schaffung der Filmbank,/
durch eine gewisse Auflockerung der Zensur
und durch die Einrichtung einer Reichsfilm-
Dramaturgie zu geben.
So richtig diese Reformversuche auch waren,
fuhr der Minister fort, so hätten sie doch keinen
überragenden Erfolg auf dem Gebiete des
Films vermuten lassen. Dies sei auch ganz na
türlich, umso mehr, als gerade das Gebiet des
Films vor der Machtübernahme der Tummel
platz der geistig anarchistischen Elemente ge
wesen sei, die dem deutschen Kulturleben da
mals den Stempel aufdrückten.
Der Minister verkannte nicht, daß in den
letzten Monaten eine Reihe von sehr guten und
qualitativ hochstehenden Filmen gedreht
wurde. Das dürfe aber nicht dazu verleiten,
die Ansprüche niedriger zu schrauben. Er sei
der Ueberzeugung, daß bei den wirtschaftlichen
und technischen Möglichkeiten, über die die
deutsche Filmwirtschaft verfüge, und bei den
künstlerischen Potenzen, die für den deutschen
Film bereits tätig seien, oder die wir veran
lassen könnten, sich ihm zur Verfügung zu
stellen, um bei der ungeheuren Förderung, die
der Film heute von amtlicher Seite erfahre,
es möglich sein müsse, ihn auf der Welt wieder
vorbildlich zu machen. Bisher sei der deutsche
Zum Gedenken Karls L
Noch immer wird von gewissen englischen
Kreisen das Andenken an den „Märtyrer
könig" Karl I. gefeiert. Karl I. wurde 1649
hingerichtet, nachdem sein Versuch, die Parla
mentsherrschaft in London zu brechen, schei
terte und er im Kampf gegen das Parla
mentsheer und später gegen den Lordprotektor
Cromwell unterlegen war. Auch in diesem Jahr
fand eine Gedenkfeier statt, an der sich alle
jakobitischen Organisationen beteiligten. An
der Statue Karls I. wurden Kränze nieder
gelegt von der Liga der Weißen Rose, der Kir
chenunion des königlichen Märtyrers, der Ge
sellschaft „Karl der Märtyrer", des Royalisten
klubs und der monarchistischen Liga. Die
Kränze trugen zum Teil Inschriften, die nicht
nur den Märtyrerkönig priesen, sondern auch
die späteren Stuarts bis hinauf zu „Jakob
VIII", dem sogenannten alten Prätendenten.
Merkwürdigerweise wurde „Karl III.", der
letzte Prätendent aus dem Hause Stuart ver
gessen. Nach der Beteiligung an der Gedenk
feier gemessen können die Kreise, die heute
noch „jakobitisch" sind, nicht sehr groß sein.