Full text: Newspaper volume (1935, Bd. 1)

Stint LEW B ihre fftntmtt à 
Wenn englische Politiker Deutschland besuchen. 
Berlin, Ende Januar. 
Der Marqueß of Lothian hat in Berlin seine 
Visitenkarte abgegeben und seinen kurzen Auf 
enthalt in der Reichshauptstadt benutzt, um 
mit den führenden Persönlichkeiten des neuen 
Deutschlands Fühlung zu nehmen. Lord Lo 
thian hatte schon in England erklärt, daß ihm 
viel daran liegen würde, auch vom Führer 
und Reichskanzler empfangen zu werden. Die 
ser Wunsch ist ihm erfüllt worden, der Führer 
hat den schottischen Marqueß (Lothian ist eine 
Grafschaft in Schottland) empfangen. 
Wenn die Besuche prominenter Engländer 
wir denken außer an Lord Lothian dabei 
auch an Lord Hurtwood, an Lloyd Georges 
Sekretär und manche andere — auch nicht von 
solcher Bedeutung sind, daß die Zeitungen 
schon wochenlang vorher davon berichten, so 
darf man sie doch auch nicht unterschätzen. Noch 
ist kein führender Engländer aus Deutschland 
in seine Heimat zurückgekehrt, ohne dort in 
aller Oeffentlichkeit für das Dritte Reich und 
dessen Lebensrechte einzutreten. Dem neuen 
Deutschland fällt es offensichtlich leicht, einen 
denkenden und gebildeten Engländer von dem 
in manchen Kreisen noch herrschenden konven 
tionellen Urteil über das „Hitler-Deutschland" 
zu einer objektiven Ansicht und nicht selten 
sogar zu heller Begeisterung für uns zu bekeh 
ren. 
Lord Lothians Einfluß aus die britische Po 
litik ist augenblicklich nicht allzu bedeutend, 
wie ja überhaupt die Mitglieder des britischen 
Oberhauses — Lord Lothian vertritt im Ober 
haus die liberale Partei — nur indirekt an der 
Gestaltung der britischen Politik mitwirken 
können. Dafür ist der persönliche Einfluß des 
schottischen Lords auf die Oeffentlichkeit und 
namentlich auf die sogenannte „herrschende 
Klasse" recht groß, zumal er bis vor ganz 
kurzer Zeit der nationalen Regierung ange 
hörte. Heute darf man annehmen, daß Lord 
Lothian sich in einem gewissen Gegensatz zur 
Regierung befrndet, weil er, soviel hier be 
kannt ist, mit dem neuen Jndiengesetz wenig 
einverstanden ist. 
Mit welchen Gedanken über das neue 
Deutschland der liberale Politiker Lord Lo 
thian zurückgekehrt ist, können wir natürlich 
noch nicht wissen. Aber vielleicht dürfen wir 
daran erinnern, daß Lloyd George, mit dem 
der Marqueß Lothian gut befreundet ist, kürz 
lich einem deutschen Journalisten gegenüber 
Worte über das Dritte Reich gesunden hat, die 
den Lloyd George von heute sehr vorteilhaft 
von dem von 1918 und 1919 unterscheiden. 
Was wir uns und schließlich auch den Bri 
ten selbst wünschen, ist, daß sich die persönli 
chen Urteile der führenden Engländer von 
dem General Sir Jan Hamilton angefangen 
bis zu Lord Lothian — über das neue Deutsch 
land auch einmal praktisch in der Politik Eng 
lands äußern. Jetzt, bei dem Besuch der fran 
zösischen Minister in London, hätten Eng 
lands führende Politiker die beste Gelegenheit 
dazu. 
* 
DNB. London, 30. Jan. Lord Lothian, der, 
wie gemeldet, einige Tage in Berlin anwesend 
war, wo er vom Führer und Reichskanzler 
Hitler empfangen wurde, faßte in einer Un 
terhaltung mit einem Neutervertreter seine 
Eindrücke von seinem Besuch im neuen 
Deutschland wie folgt zusammen: 
„Deutschland konsolidiert sich nach der Re 
volution. Es will bestimmt keinen Krieg." 
Die „Times" veröffentlichen einen langen 
Aufsatz des am Mittwoch von Berlin nach 
London zurückgekehrten Lord Lothian, in dem 
das Verhältnis Deutschlands znr Friedeus- 
frage erörtert wird. Nach seinen langen 
Unterredungen, so sagt er u. a., mit Herrn 
Hitler und einigen führenden Mitgliedern 
der Nationalsozialistischen Partei sowie mit 
den leitenden Männern des Auswärtigen 
Amtes und der Reichswehr glaube er, daß die 
Aussichten für den Frieden viel besser seien 
als viele Leute glaubten, wen« nur die briti 
sche Regierung die Lage mit Festigkeit behan 
deln würde. Der Verfasser würdigt vor 
urteilslos den französischen und den deutschen 
Standpunkt. Er sagt in diesem Zusammen 
hang, der Nationalsozialismus sei u. a. eine 
Bewegung persönlicher und nationaler Selbst 
achtung. Er sei zum großen Teil ins Leben 
getreten, um der Erniedrigung Deutschlands 
ein Ende zu machen. Schließlich verweist der 
Verfasser auf die Gefahren des jetzigen Zu 
standes. Deutschland rüste in vertrags 
widriger Weise auf, und Frankreich suche ein 
Gegengewicht durch neue eigene Rüstungen 
und durch militärische Bündnisse und Ver 
ständigungen zu schaffen. Die jetzt drohende 
Gefahr, so sagt Lord Lothian, sei viel größer 
als 1914, denn infolge der Entwicklung der 
Luftwaffe würden die Staatsleiter genötigt 
sein, ihre Entscheidungen nicht mehr wie 
früher binnen einiger Tage, sondern binnen 
einiger Minuten zu treffen, falls sie nicht ihre 
eigenen Hauptstädte verwüstet sehen wollten. 
In einem für Freitag angekündigten zweiten 
Aufsatz will Lord Lothian seine Schlußfolge 
rungen ziehen, auf die bereits in dem gemel 
deten heutigen Leitaufsatz der „Times" Bezug 
genommen wird. 
Kabinettsrat in London. 
DNB. London, 30. Jan. Am Vorabend des 
französischen Ministerbesuches in London fand 
in Dvwningstreet 10 unter dem Vorsitz des 
Ministerpräsidenten Macdonald ein Kabinetts 
rat statt. Es ist anzunehmen, baß sich das Ka 
binett mit der gesamten Lage befaßte, wie sie 
sich nach den ausgiebigen Erörterungen des 
britischen Botschafters in Paris mit den Wort 
führern der französischen Regierung ergibt, 
und daß die Richtlinien festgelegt wurden, die 
von den britischen Ministern bei den Verhand 
lungen mit Flandin und Laval befolgt werden 
sollen. 
Der Havas-Vertreter in London will in zu 
ständigen englischen Kreisen erfahren haben, 
daß die französisch-englischen Vorverhandlun 
gen zu einer Verständigungsgrundlage ge 
führt haben, die sowohl dem französischen Si 
cherheitsbedürfnis als auch dem englischen 
Wunsch Rechnung tragen, Deutschland eine 
Gleichberechtigungsformel vorzuschlagen. Die 
Verständiguugsgrundlage werde streng geheim 
gehalten. Sie werde erst veröffentlicht, wenn 
die Besprechungen zwischen den französischen 
und englischen Staatsmännern die Festlegung 
von Einzelheiten gestattet. 
Die „Times" wollen bereits den wesentli 
chen Inhalt der Einigungsformel, die in den 
englisch-französischen Verhandlungen zustande 
gekommen ist, kennen. Danach findet der Teil 
des französisch-italienischen Protokolls von 
Rom, in dem ein einseitiges Vorgehen Deutsch 
lands hinsichtlich der Richtungen für unzuläs 
sig erklärt wird, die volle Unterstützung Grotz- 
Britanniens. Ferner wird die Notwendigkeit 
der praktischen Verwirklichung des Gleichbe 
rechtigungsgrundsatzes gemäß der Erklärung 
vom 11. Dezember 1932 bekräftigt. Als Lösung 
wird vorgeschlagen, daß gewisse Bestimmungen 
des Teiles V des Versailler Vertrages durch 
eine gemeinsame Erklärung außer Kraft ge 
setzt werden, wenn in Genf eine allgemeine 
Abrüstungsvereinbarung zustande kommt, die 
Ausführungsbürgschaften einschließt. 
Aus den Veröffentlichungen des „Oeuvre" 
über die englisch-französische Verständigungs 
grundlage ist zu erwähnen, daß sich diese auf 
die Eingliederung des Ostpaktes sowie aller 
Abkommen und sonstiger Sicherheitsabkom 
men ln ein Kollektivabkommen beziehe. Aus 
einer Stellungnahme des diplomatischen Mit 
arbeiters des „Daily Telegraph" geht hervor, 
daß England einen fairen Vorschlag an 
Deutschland wünsche. 
* * * 
Dehnbare Erklärungen Simons 
W Mmelfrage. 
London, 30. Jan. Im Unterhaus wurde am 
Mittwochnachmittag die Memelfrage zur 
Sprache gebracht. Der Abgeordnete Wedgewood 
fragte den Außenminister Sir John Simon, 
ob er eine Erklärung über die gegenwärtige 
Lage in Memel abgeben könne, welches die 
englischen Verpflichtungen seien und welche 
Schritte die englische Negierung unternehmen 
wolle, „um einen Angriff von Seiten Deutsch 
lands oder von Seiten Litauens zu verhin 
dern" (!). 
Sir John Simon erwiderte: „Der Mangel 
an genügenden Abgeordnetenstimmen hat er 
neut eine Versammlung des memelländischen 
Landtages verhindert. Deshalb wurden keine 
Geschäfte erledigt. Es finden immer noch Ver 
handlungen zwischen den Parteien statt. Die 
englische Regierung hat keine Bemühungen ge 
spart, um dem für die augenblickliche Lage 
verantwortlichen Teil nahezulegen, daß die 
Erzieluug einer Bereinbaruug erwünscht sei, 
durch die die normale Verwaltungsgrundlage 
im Memelgebiet wiederhergestellt werden 
könnte." 
Der konservative Abgeordnete Moore fragte: 
„Ist der Außenminister überzeugt, daß die 
litauischen Behörden bemüht sind, ein richtiges 
Arbeiten des memelländischen Landtages zu 
unterstützen?" 
Simon erwiderte: „Ich bin dahin unterrich 
tet, daß der Gouverneur von Memel eine 
versöhnliche Auffassung (?) an den Tag gelegt 
und daß er der deutschen Partei bereits drei 
Sitze im Direktorium angeboten hat. (?)" 
-i- -i- * 
Englands Geschichte im Freilicht-Theater. 
Eines der größten Ereignisse während der 
Feiern zum Silber-Jubiläum des britischen 
Königs wird die Aufführung eines gigantischen 
Schauspiels in einem Freilicht-Theater sein. 
Das Stück, das den Titel „England" hat, soll 
durch die ganze Geschichte der britischen Insel, 
von den keltischen Einwohnern an bis zum 
Jahre 1935 führen. Mit der Zahl von 4000 
Schauspielern wird in England ein Rekord auf 
gestellt. Das Stück ist von Marjorie Bowen, 
einer der bekanntesten historischen Schriftstelle 
rinnen Englands, geschrieben worden. Vermut 
lich wird das Stück im Park von Langley in 
Slough aufgeführt werden. 
* * * 
Mtzenhgàlswimschê kt ŞZŞs. 
Auf dem Sowjetkongreß sprach der Volks 
kommissar für Außenhandel, Rosengolz, über 
Industrialisierung und Außenhandel. Rosen 
golz nannte dabei Deutschland einen Pionier 
in der Anbahnung der Handelsbeziehungen 
der Sowjetunion mit dem Auslande. Er 
sprach die Hoffnung aus, daß Deutschland auch 
weiterhin vorangehen werde in der Findung 
neuer, den gegenwärtigen Verhältnissen an 
gepaßter Handelsformen. Um die hohen 
Zinsen zu sparen, werde die Sowjetunion in 
vielen Fällen zu Barzahlungen übergehen. 
-î- * * 
Japanischer Mm in Ardchma 
erschossen. 
DNB. Mukden, 30. Jan. Im Hafen von 
Tschinwangtau wurde Dienstagabend ein ja 
panischer Offizier erschossen. Trotz aller Nach 
forschungen ist es bis jetzt nicht gelungen, des 
Mörders habhaft zu werden. Von japanischer 
amtlicher Stelle wird mitgeteilt, daß dieser 
Mord eine Folge der japanseindlicheu Hetze 
sei, die zurzeit in Nordchina betrieben werde. 
Auf Veranlassung des japanischen Oberkom 
mandos sind am Mittwoch mehrere Kanonen 
boote in Tschinwangtau eingetroffen. Im Falle 
die japanseindliche Stimmung nicht zurück 
gehen sollte, beabsichtigen die Japaner, aus 
Schanhaikwan Truppen nach Tschinwangtau zu 
senden. 
DK schMöische Messe zum ZŞ. Imrnt. 
Der zweite Jahrestag der nationalsozialisti 
schen Revolution ist auch in der schwedischen 
Presse beachtet und vermerkt worden. So 
bringt das „Svenska Morgenbladet" eine Un- 
teredung mit Graf Erik von Rosen. Graf 
Rosen ist der Ueberzeugung, daß die national 
sozialistische Staatsführung für alle Zukunft 
gefestigt ist, daß das große Mißtrauen, welches 
ches die schwedische Oeffentlichkeit dem neuen 
Deutschland gegenüber gezeigt habe, jetzt, 
nach der Saarabstimmung, langsam zu 
weichen beginne. Diese Abstimmung stehe 
nämlich in einem allzu krassen Gegensatz zu 
allen Behauptungen der Weltpresse. Hitler 
sei Deutschlands starker Mann und wirklicher 
Herrscher. 
* * * 
Professor Grimm beim Führer. 
DNB. Berlin, 30. Jan. Der Führer und 
Reichskanzler empfing heute den bekannten 
deutschen Verteidiger in internationalen po 
litischen Prozessen, Rechtsanwalt Professor Dr. 
Friedrich Grimm, MdR., der bekanntlich im 
Kampf um die Saar eine hervorragende Rolle 
gespielt hat. Der Führer sprach Professor 
Grimm seinen Dank für die hingebende und 
erfolgreiche Arbeit in dem Saarbefreiungs 
kampf aus. Professor Grimm hatte Gelegen 
heit , dem Führer ausführlich über seine 15- 
jährige Tätigkeit als Verteidiger des deutschen 
Rechtsstandpunktes bei internationalen Pro 
zessen und über seine von dem Kampf gegen 
Versailles ausgehende Arbeit auf dem Gebiete 
der internationalen Rechtsprechung und Rechts- 
forschilng eingehend zu berichten. 
kopmhagener Brief. 
(Bon unserem vI88.-Korrespondenten). 
Kopenhagen, Ende Januar 1936. 
NG. Die Haltung der dänischen Presse 
Deutschland gegenüber, die im Laufe des Jah 
res 1934 oft zu wünschen übrig ließ, hat sich in 
mancher Hinsicht gebessert. Wenn auch immer 
hin in einzelnen Organen die Tendenz 
Deutschland gegenüber ausgeprägt unfreund 
lich ist, so ist doch im allgemeinen das Streben 
zu erkennen, die Entwicklung in Deutschland 
nüchtern und richtig zu sehen,- daß es für einen 
im liberalistischen und demokratischen Denken 
aufgewachsenen Menschen nicht leicht ist, das 
neue Deutschland zu verstehen, das im Natio 
nalsozialismus eine eigene Lebensanschauung 
entwickelt hat, ist selbstverständlich. 
Auf dem Gebiet des religiösen Lebens zei 
gen sich gegenwärtig in Dänemark eigenartige 
Erscheinungen. Nachdem vor einiger Zeit die 
Oxford-Bewegung in Norwegen Eingang ge 
funden hatte und auch die dänische Presse hier 
über zahlreiche Berichte und Aufsätze brachte, 
hat nunmehr Oxford auch in Dänemark Fuß 
gefaßt. Die Oxford-Bewegung ist eine Art re 
ligiöser Erweckung, die eine Belebung des 
neutestamentlichen Christentums anstrebt. 
Ihre Anhänger behaupten, daß ein neuer Geist 
das Kirchenleben durchwehen und reinigen 
müsse, während die Gegner die Bewegung als 
unklare künstliche Stimmungsmache bezeichnen. 
Der Gründer der sogenannten „Oxford- 
Bewegung" ist ein amerikanischer Pastor, 
Frank B u ch m a n n aus Philadelphia, der ge 
legentlich eines Besuches in England tief 
gehende seelisch-religiöse Erlebnisse hatte, durch 
die er zu einer Umstellung in seiner Auffas 
sung zum Christentum gelangte. In der Folge 
zeit wirkte Buchmann in dieser neuen Rich 
tung, die im wesentlichen vier charakteristische 
Punkte enthält: 1. Gruppen von gläubigen 
Christen bekennen offen untereinander ihre 
Sünden und sprechen sich über die schwachen 
Punkte ihres Lebens aus. Oxford nennt dies 
„Sharing" — Mitteilung. Dem Bekenntnis 
und der Sündenerkenntnis soll die praktische 
Tat folgen, die Abkehr von der Sünde soll zur 
Handlung werden,' 2. Oxford fordert bedin 
gungslose Aufrichtigkeit, Reinheit, Selbstlosig 
keit, Liebe,' 3. „Guidance" — Führung. Der 
Oxford-Christ sucht durch stille und innere Ver 
senkung seelische Kräfte zu wecken und sich auf 
seine Tagesarbeit durch eine Art Meditation 
vorzubereiten, um für sein Tun eine Art in 
nere Führung zu erhalten,' 4. der Oxford-Christ 
soll für seine Ueberzeugung werben und durch 
seine Lebensführung den Mitmenschen bewei 
sen, daß er auf dem richtigen Wege ist. 
An sich bringt somit die Oxford-Bewegung 
nichts Neues. Sie ist vielmehr eine Art innere 
Mission, wie sie in Dänemark, besonders in 
Jütland, schon immer üblich war, und die dort 
zu sonderbaren Erscheinungen Anlaß bot. 
Naturgemäß hat diese Erweckuugs-Be- 
wegung in der Presse und besonders in kirch 
lichen Kreisen eine lebhafte Diskussion aus 
gelöst und von vielen Seiten wird sie als 
schwärmerisch und überflüssig abgelehnt. 
Auch in anderen kirchlichen Fragen haben sich 
wiederholt lebhafte Diskussionen bemerkbar 
gemacht, die sich zum Teil scharf gegen das 
Alte Testament gewendet haben. Aus allem 
geht hervor, daß auf dem Gebiet des religiösen 
Lebens Gärungen vorhanden sind, deren Ent 
wicklung früher oder später sich klären wird. 
Ein weiterer Punkt lebhaften Interesses war 
die Diskussion um die Wiedereinführung der 
Todesstrafe, die durch die in den letzten Mo 
naten häufig vorgekommenen Morde und 
Sexualverbrechen hervorgerufen wurde. Be 
kanntlich ist in Dänemark die Todesstrafe ab 
geschafft, und weite Kreise der Bevölkerung 
sind überzeugt, daß hierdurch eine Zunahme der 
schweren Verbrechen verursacht worden ist. Die 
Erörterungen um das Für und Wider der 
Todesstrafe sind außerordentlich leidenschaft 
lich. Sie werden zum Teil auf Gebiete über 
tragen, die mit dem Problem selbst nichts zu 
tun haben.So haben kirchliche und auch pazi 
fistische Kreise wie gewöhnlich sich in schärfster 
Form gegen die Wiedereinführung der Todes 
strafe ausgesprochen, während andere sagen, 
daß es Sache des Staates und nicht der Re 
ligion ist, für die Sicherung des Lebens zu 
sorgen und alle Maßregeln zu treffen, Ver 
brecher unschädlich zu machen. Man ist sich aber 
auch klar darüber geworden, daß der Hang zum 
Verbrechen eine Krankheit der Volksgemein 
schaft ist, daß der Staat nicht nur in Notwehr 
handeln muß, sondern auch dahin zu wirken 
hat, den Ansteckungsstoff dieser Gemeinschafts 
krankheit in seiner Wurzel zu vernichten. 
Die Presse wird nachdrücklich darauf hin 
gewiesen, daß sie bei der Berichterstattung über 
Morde und andere schwere Verbrechen die ge 
botenen Grenzen innezuhalten hat, damit nicht 
durch eingehende Schilderungen Ansteckungs 
stoff verbreitet wird. 
Nach Lage der Dinge ist jedoch vorläufig nicht 
zuerwarten, daß die Todesstrafe wieder ein 
geführt wird und daß auch die Sensationslust 
mancher Presseorgane in der erforderlichen 
Weise gezügelt werden kann, wie es von eini 
gen Kreisen verlangt wird. 
leitet werden - schwer gewacht. 
Das deutsche Handwerk hat einen großen 
Sieg errungen. Es hat erreicht, daß die hand 
werkliche Wertarbeit den Schutz des Staates 
erhält, Schutz gegen die Pfuscher, die durch 
billige und minderwertige Arbeit den soliden 
Handwerker zu ruinieren drohten. Das Wort 
vom „goldenen Boden" des Handwerks soll 
wieder wahr werden. Aber aus neuen Rechten 
erwachsen neue Pflichten. Ein wahrer Meister 
muß sein, wer sich in Zukunft „Meister" nen 
nen will. In der Neuordnung des Meister 
prüfungswesens wird ausdrücklich bestimmt, 
daß die Anforderungen bei der Meister 
prüfung zu erhöhen sind. Aus mehr als 
einem Grund ist die Erschwerung der Zu 
lassungsbedingungen berechtigt. Es ist nicht 
zu verkennen, daß manche Handwerkszweige 
heute noch übersetzt sind. Verschärfte Auslese 
ist das gebotene Mittel, um einen un 
erwünschten Zustrom abzudämmen. Nur der 
wirklich Befähigte soll Handwerksmeister 
werden — das Handwerk selbst wird den Vor 
teil haben. Das Wort „Meister" muß ein 
Ehrentitel sein, den jeder Volksgenosse mit 
Respekt ausspricht.
	        
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