128. Jahrgang.
128. Jahrgang.
AchlLSwig-HolsternLsche
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Renösburgee Sägeblatt
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dßtwmtm, den 3. Januar
1835
Aus unserem Nachbarland Dänemark.
Kopenhagens Brief von unserem DES.-Korrespondenten.
Kopenhagen, Anfang Januar 1935.
NG. Seit Ende des vergangenen Jahres ist
Kopenhagen in einer ständigen Feststimmung,
öie nun langsam verrauscht. Vor Weihnachten
waren die Hauptgeschäftsstraßen mit Tannen
girlanden, Weihnachtsglocken und Sternen ge
schmückt, und eine eilig frohbewegte Menge
füllte Straßen und Läden. Zahlreiche Wohl
tätigkeitsveranstaltungen. Einsammlungen
von Gaben aller Art bewiesen, welch großes
Maß von Mitgefühl und Güte in dem oft so
materialistisch eingestellten dänischen Menschen
vorhanden ist.
Auch in der Presse macht sich eine ganz be
sondere Stimmung bemerkbar. Die übliche
Sensation zeigt weniger Schärfe, sie ist milder
nnö friedlicher und paßt gut zu den Weih
nachtspreisausschreiben, mil denen fast jedes
Blatt seine Leser beglückt.
Das dänische Volk hat letzten Endes ja auch
Ursache, glücklich zu sein,' sind doch seine Le-
bensverhältnisse, Wirtschaft wie Kultur, zu
friedenstellend, wenn ihnen auch vielfach
Schwierigkeiten der verschiedensten Art nicht
fehlen. Vielleicht sind es gerade diese Schatten
seiten, die das Gute besonders hervortreten
und genießen lassen.
Trotz aller Schwierigkeiten hat sich der dä
nische Export, der ja vorwiegend landwirt
schaftliche Erzeugnisse umfaßt, gut gehalten
und Einnahmen gebracht, die das Wirtschafts
leben des Landes befruchten. Nach dem alten
Spruch: „Hat der Bauer Geld, so hat's die
ganze Welt", hat die Leistungsfähigkeit der
Landwirtschaft auch Handel und Wandel selbst
in Gang gehalten.
Der Däne ist anspruchsvoll, er kaust gern
und viel, will gut leben und läßt auch leben.
Dadurch rollt das Geld, und zahllose Händler
sind beschäftigt, den vorhandenen Bedarf, der
ungeheuer vielseitig ist, zu decken.
Als durch die Balutaschwierigkeiten der ge
wohnte Import mancher ausländischen Er
zeugnisse erschwert wurde, entwickelte sich die
bereits vorhandene einheimische Industrie
mehr und mehr. Und doch stieg die Arbeits
losenzahl, die heute über 119 000 beträgt, zu
dieser ansehnlichen Höhe. Man hat sich vielfach
den Kopf zerbrochen, woher diese eigenartige
Erscheinung komme, die sich ja in steigenden
sozialen Lasten fühlbar macht. Aber dieses
Problem, das letzten Eudes gebieterisch eine
Lösung fordert, ist in seiner ganzen Tiefe noch
nicht erfaßt worden und steht dauernd als eine
drohende Wolke an dem sonst meist hellen Le
benshimmel des Dänenvolkes.
Der Theater- und Vortragsbetrieb war in
der letzten Zeit vom Namen Ludwig Holberg
beherrscht, dessen Kunst eine ausgezeichnete
Wiedergabe hier in Kopenhagen gefunden hat.
Verfügt doch das dänische Theater über Kräfte,
die in ganz hervorragender Weise befähigt sind,
ihre kulturellen Aufgaben zu meistern. Es gibt
allerdings auch Kreise, die die stark in den
Vordergrund gestellte Bedeutung Holbergs
nur bedingt anerkennen und mehr geneigt
sind, Holberg als einen Schilderer seiner Zeit
zu sehen, der Licht und Schatten der damaligen
Menschen in der ihm eigenen Art herauszustel
len vermochte. Aber gerade diese Art ist für den
Dänen von heute eine Form der Milieuschilde
rung, die wohl interessant ist, deren breite und
allzu häufige Wiederholung ihn jedoch er
müdet.
Auf der politischen Bühne hat das Spiel
ebenfalls einen friedlichen Verlauf genommen.
Liegen auch schwer zu lösende Fragen der in
neren Politik vor, so bewegen sich die Ausein
andersetzungen um diese nur ausnahmsweise
in gesteigerten leidenschaftlichen Formen, sei
es im Reichstag oder auch in der Presse,- und
wenn einmal die Wogen der Erregung hoch
gehen, dann weiß doch jeder, daß sie über kurz
oder lang wieder abebben, und am Ende auch
des größten Sturmes der übliche Kompromiß
zu finden sein wird.
Die außenpolitische Haltung Dänemarks ist
sich in der Hauptlinie immer gleich geblieben.
Das Land ist entschlossen, in jeder Hinsicht seine
Neutralität zu wahren, und allen großen strit
tigen europäischen Problemen fernzubleiben.
Man möchte auch den leisesten Schein meiden
und nicht durch irgendeine Form von Bünd
nis oder Abkommen in politische Verwicklun
gen mit hineingezogen werden.
Deutschland gegenüber ist die Haltung der
dänischen Presse gemäßigter geworden, als sie
es im Laufe des Sommers und Herbstes war.
Daß die Regierung selbst sich dem Ausland
gegenüber korrekt verhalten will, zeigte die
kürzliche Rede des Staatsministers Stauning
im „Journalistenverband". Der Staatsmini
ster betonte, daß Dänemark seine inneren An
gelegenheiten selbst ordnen wolle und auch die
ses Recht andern Nationen zubillige. Er er
mahnte die einheimische Presse, dieser Notwen
digkeit Rechnung zu tragen und nicht, wie es
oft der Fall gewesen war, in unzulässiger
Form eine beleidigende Kritik an den Lebens
vorgängen anderer Nationen zu üben, da hier
durch die Beziehungen Dänemarks zu diesen
Völkern geschädigt werden würden. Die Presse
hat diese Feststellung und Aufforderung mit
bemerkenswertem Verständnis aufgenommen
und offen zugegeben, daß man in vielen Fällen
früher eine den eigenen Interessen zuwider
laufende Haltung eingenommen habe. Es ist
zu hoffen, daß diese Erkenntnisse vertieft wer
den und an Stelle einer negativen Kritik posi
tive und dem Aufbau dienende Erörterungen
zwischenstaatlicher Beziehungen und Probleme
treten werden.
Die dänische Oeffentlichkeit beginnt zu ver
stehen, daß das neue Deutschland'eigene Schick
salsfragen zu lösen hat und diese Lösung auf
seine Art sucht. Man beginnt weiter zu ahnen,
daß die weltanschauliche und politische Wen
dung im Leben des deutschen Vlokes ein Ereig
nis ist, das auch über die Grenzen des Lan
des hinausstrahlt, daß hier ein neues Denken
von Volk, Staat, Religion, Kultur sich ent
wickelt, dessen tiefere Bedeutung erst die Zu
kunft zeigen wird.
StaatMimster EtMiîîiig
M 3shk«»tW.
KNS. Der dänische Ministerpräsident Stau
ning hat sich in einem Artikel in dem dänischen
Regierungsblatt „Socialdemokraten" und in
einem Interview in „Politiken" zur außen-
und innenpolitischen Lage beim Jahreswechsel
geäußert.
Einen Ueberblick über die europäische Ent
wicklung des Jahres 1934 schließt er mit fol
genden Sätzen: „Wir können mit Verwunde
rung manche Begebenheiten und die ganze
Entwicklung, die vor sich gegangen ist, betrach
ten. Wir können nichts ändern und haben
fein Recht, uns in die Angelegenheiten anderer
zu mischen. Jedes Volk mutz ferne Sachen
selbst ordnen, und wir wollen gerade ans
diesem Gedankengang heraus auch suchen, un
sere Verhältnisse zu ordnen, ohne Einmischung
anderer, in einer Weise, die mit dem Charakter
und dem geistigen Zustand des Volkes über
einstimmt."
In einem Rückblick auf die dänische Innen
politik deS abgeschlossenen Jahres betont er
zunächst, daß er mit seiner Behauptung recht
behalten habe, daß die Krise kein vorüber
gehendes Phänomen sei, und daß man daher
noch auf lange Zeit mit einer Planwirtschaft
in weitestem Uw fange rechnen müsse. Er wen
det sich mit scharfen Worten gegen die Venstre
(Bauernlinke) und behauptet, daß diese in
Auslösung befindliche Partei schuld daran sei,
daß noch keine Ordnung bezüglich eines n-eö-
rigeren Zinsfußes und einer Sanierung der
Landwirtschaft geschaffen sei. Die Mentalität
dieser Partei sei staats- und volksfeindlich.
Wenn man der Politik dieser Partei folgen
würde, würde dies die gefährlichsten Folgen
für die Landwirtschaft selbst haben, die die
Venstre zu repräsentieren vorgebe. Die Kon
servativen seien erheblich anständiger aufgetre
ten und Hütten eine Kursänderung fort von
der negativen Opposition vorgenommen.
Auf die Frage, ob die Regierung Stauning-
Munch, die jetzt schon seit 6 Jahren am Ruder
ist, weiterhin Bestand habe, sagt Stauning, daß
er keine Zeichen für eine Aenderung sehe. Das
Ministerium habe seine Mehrheit in Ordnung
und habe eine Politik geführt, die der Zeit und
den Interessen des ganzen Landes angepaßt
sei, und da alle vernünftigen Menschen dies
erkennen, so sei nicht das geringste Wackeln
vorhanden. Die Zukunft werde sich als eine
Fortsetzung der bisherigen Linie formen.
Große neue gesetzgeberische Aufgaben seien
nicht zu erwarten. Der Minister bedauert, daß
sich die Opposition nicht zu den Vorschlägen
der Regierung über eine Bekämpfung der Ar
beitslosigkeit verstehen könne, und an eine
Durchführung des Planes einer Verfassungs-
ändernng zur Abschaffung des Landstinges,
in welcher Kammer die Opposition die Mehr
heit und dadurch die Fähigkeit hat, die Gesetz
entwürfe der Regierung zu Fall zu bringen,
scheint der Minister ebenfalls nicht zu glauben,
da fickt die Oppositionsparteien völlig ableh
nend gestellt haben und selbst den Flügel der
Konservativen, der für eine Lösung dieser Frage
gestimmt war, voll der Arbeit mit der Ber
fassungsfrage ausgeschlossen haben. Mit einer
Reichstagsauflvsnng zur Lösung dieser Ver
fassungsfrage droht der Minister auch bei die
ser Gelegenheit nicht, woraus zu entnehmen
ist, daß die Regierung die Sache nicht auf die
Spitze stellen will, — wenn sie überhaupt ernst
gemeint gewesen ist.
Die Marksteine in der Geschichte eines deutschen Landes.
Bier Schickfalsstunden an der Saar.
I.
Ein Tatsachen-Bericht von Stein-Knehler.
.!"
„Wie schön ist dies Land.
Ein schmucker Mercedes-Wagen fuhr von
Kaiserslautern in der Pfalz aus über die
Grenze des Saargebietes. Seinen Insassen war
es darum zu tun, mit eigenen Augen das
Stückchen Erde kennenzulernen, dieses heiß-
umkämpste Saargebiet.
Je weiter der Wagen auf den guten Straßen
dahinrollt, durch liebliche, fruchtbare Auen,
durch freundliche Täler und romantisches
Rergland mit herrlichem Buchenwald, umso
überraschter wird das Gesicht meiner Mitfah-
rcrin, die schließlich zu dem einen Begleiter,
einem Saarländer, der den Führer spielt, be
merkt:
„Aber dieses Saarland ist ja herrlich,- so
schön habe ich es mir längst nicht vorgestellt!"
„Wie haben Sie es sich denn vorgestellt?"
fragte der Saarländer.
„Wenn ich offen sein soll: traurig und lang
weilig ..." antwortete seine Begleiterin.
„lind wer hat Ihnen denn diesen Bären
aufgebunden?" meinte der Saarländer.
„Ein Bekannter schilderte es uns so."
„Woher, wenn es nicht indiskret ist, zu
fragen?"
„Ein Monsieur Dufrennes aus Saar
gemünd."
„Dachte ich es mir doch gleich. So etivas kann
nur ein Franzose in Deutschland erzählen!"
erwiderte der Saarländer. „Daß aber Saar
gemünd gar nicht im Saargebiet liegt, daß
Saargemünd französischer Besitz ist und größ
tenteils von Franzosen bewohnt wird, das
vergaß er wohl zu berichten."
Nun war das Erstaunen bei meiner Beglei
terin, umso mehr, als die Landschaft schon bei
Homburg genau das Gegenteil von dem war,
was mau ihr geschildert hatte. Denn hier sprach
nicht nur landschaftliche Schönheit zu dem Be
sucher, hier mischten sich die stummen Zeugen
einer reichen geschichtlichen Vergangenheit mit
den ragenden Monumenten einer modernen
industriellen Entwicklung, hier vereinigt sich
die Ursprünglichkeit einer rein erhaltenen Na
tur mit den Wunderwerken des Lebens von
heute. Und daraus ergibt sich im ganzen Saar
land eine Symphonie, die dieses Gebiet den fes
selndsten deutschen Landschaften zur Seite
stellt.
Fast alle Epochen unserer
deutschen geschichtlichen Entwicklung
haben im Saarland reiche Spuren hinterlassen.
Non vorgeschichtlicher Zeit kündet der Mono
lith in Martinshöhe, ein Genosse des Chriem-
hilden Spills zu Rentrich und des Gollsteins
bei Blieskastel, sowie die Gräberfelder der jün
geren Eisenzeit im Kirrberger Tal und im
Kleinottweiler Wald. Die vor kurzem frei
gelegten Trümmer der Merburg im Kirrber
ger Tal, die Ruinen der mittelalterlichen Ho
henburg und der späteren französischen Zita
delle auf dem Hamburger Schloßberg, das
Schloß am Jägersburger Weiher und nicht zu
letzt die bis auf wenige Ucberreste verwischten
Spuren der gewaltigen Schloß- und Parkanla
gen des Herzogs Karl August auf dem Karls
berg legen Zeugnis ab von dem wechselvolleu
Schicksal dieses Gebietes. Ein Juwel ist das
alte Dorfkirchlein in Bundenbach mit seinen
frühmittelalterlichen Fresken. Die Grund
mauern eines Jupitertempels aus Römerzei
ten und in seiner Nachbarschaft die Ruine der
alten Zisterzienserabtei Wörschweiler grüßen
von den Kirkeler Höhen hinab zu dem Hom-
burger Kraftwerk, das nach den Plänen eines
Oscar von Miller erbaut wurde, das einzige
Kraftwerk des Saargebietes, das die ganze
und ihren Produkten, dem elektrischen Strom
und dem Kokereigas, basiert die ganze weit
verzweigte Industrie dieses Landes. Bilder
von industrieller Kraft und Schönheit, von den
vorm. Stummschen Eisenwerken mit ihren
majestätischen Hochöfen angefangen bis zur
letzten Kohlengrube, mischen sich mit landschaft
lichen Idyllen, weit schöner, als wir sie im
Ruhrgebiet finden. Es ist gerade der Reichtum
an Gegensätzen, der dieser Landschaft ihr Ge
präge verleiht. Rauschende Buchenwälder
über einem Buntsandsteinmassiv, dunkle Tan
nenwälder in der Bruchlandschaft und überall
dazwischen die ehrwürdigen Zeugen einer-
großen Vergangenheit neben den lebensbeja
henden Monumenten einer lebendigen Gegen
wart: das ist das Saargebiet, das jetzt im letz
ten Entscheidungskampfe um die Rückkehr zum
Vaterlande steht.
Auf einer Fläche von 1912 Quadratkilometer
wohnen hier 800 000 Menschen, die um ihre
Freiheit kämpfen. Es dreht sich nicht nur um
wirtschaftliche Werte, obgleich dem Saarkoh
lenbergbau und der Eisenindustrie auch im
Rahmen der deutschen Wirtschaft eine beacht
liche Stelle zukommen. Auch die Glas- und die
Keramikindustrie sind bedeutend, die Indu
strie der Steine und Erden und die Tabak
industrie nicht minder. Aber dies alles tritt
zurück in diesem Kampfe hinter der Tatsache,
daß hier von gewissen Drahtziehern ein schrei
endes Unrecht im Schilde geführt wird, diese
urdeutsche Bevölkerung — sei es auch auf dem
Umweg über den „status quo" — zu Fran
zosen zu machen, um so nebenbei die großen
wirtschaftlichen Gewinne des Saargebietes in
die eigene Tasche fließen zu lassen.
*
Als nach einer unendlich eindrucksvollen
Pfalz mit Strom versorgt. Auf der Saarkohle ' und abwechslungsreichen Fahrt über Homburg