Full text: Newspaper volume (1934, Bd. 1)

Auf dem Bahnsteig standen die Chauffeure 
. • Ķ-MĶLķ-ê' 
zwischen den Zähnen: „Maler aus Parma, es 
ist dein bestes. Du hast Wort gehalten. 
^Schnell rollte er die Leinwand von der 
Staffelei und ging damit hinaus. Es war öem 
anderen, als schwanke die hohe Gestalt in der 
Tür. Aber die Kerzen brannten niedriger, 
und man vermochte nicht mehr so gut zu sehen. 
Langsam leerte sich der Saal. Nur Banna 
Gonzaga saß aufrecht im Stuhl, wie das Bild 
sie gezeigt hatte. Und Hinter ihrem Stuhl stand 
die Aebtissin mit fahlem Antlitz: „Meister 
Allegri, hier ist eure Braut!" 
Der faßte ihre Hand, die kalt und leblos 
zurück sank. 
Ein Schrei gellte durch den Saal. Ein irrer 
Schrei. Vor der toten Banna Gonzaga stürzte 
der Maler zusammen. 
Der Schlaf: Bruder des Todes. 
Der Sarg alsBett. - Das Nachtlager aufdem Scheiterhaufen.— Eingemauerte Fakire 
Von Rudolf Langerfelöt. 
Wie aus Hesdin, einem kleinen Ort in der 
Nähe von Boulogne sur Mer berichtet wird, 
starb dort vor wenigen Tagen ein Grundbe 
sitzer im Alter von 70 Jahren. Der Tod die 
ses Mannes erregte deshalb einiges Aufsehen, 
weil er sich schon vor vielen Jahren einen 
großen, reich verzierten Sarg hatte bauen las 
sen, in dem er jede Nacht schlief und in dem er 
jetzt auch gestorben ist. Seine testamentarische 
Bestimmung, daß er auch in diesem Sarge be 
graben werden möchte, konnte nicht erfüllt 
werden, weil sich der Sarg für ein Grab nor 
malen Formats als viel zu groß erwies. Es 
mußte in aller Eile ein kleinerer Sarg mit 
denselben Verzierungen und Ornamenten ge 
baut werden, in dem der Sonderling dann be 
graben wurde. 
Mouche Predigten und Ansprachen an die 
Pilger. Dem Vernehmen nach sollen es manche 
dieser seltsamen Ordensbrüder bis zu 30 Jah 
ren in ihren Höhlen aushalten, bis sie starben 
Ein anderer indischer Mönchsorden auf 
Ceylon verpflichtet seine Mitglieder, auf einem 
kleinen Holzstoß zu schlafen, auf demselben 
Holzstoß, auf dem sie, nachdem sie gestorben 
sind, auch gemäß den religiösen Vorschriften 
verbrannt werden. Sehr bequem ist dieses 
Nachtlager sicher nicht, aber man weiß ja, wel 
ches Maß im Erdulden von Unbequemlichkei 
ten, ja auch Qualen und Schmerzen die indi 
schen Fakire aushalten und wundert sich nicht. 
In diesen Zusammenhang gehört auch das 
seltsame Familiengesetz der Herzöge von 
Burleigh, eines sehr alten, in der Mitte des 
vorigen Jahrhunderts ausgestorbenen engli 
schen Adelsgeschlechtes. Jedesmal, wenn ein 
männliches Familienmitglied gestorben und in 
der alten Familiengruft auf dem Stammsitz 
der Burleighs beigesetzt worden war, mußte 
der nächstfolgende Stammhalter die erste Nacht 
nach der Beisetzung seines Vorfahren in eben 
dieser Familiengruft verbringen. An die Er 
füllung dieser Bedingung war die Erlangung 
gewisser Vermögensvorteile geknüpft und öem 
Vernehmen nach soll sie auch getreu durch die 
Jahrhunderte innegehalten worden sein, bis 
dann nach dem Tode des letzten männlichen 
Burleigh die Gruft völlig zugemauert wor 
den ist. 
Noch viele derartige Dinge ließen sich er 
zählen, alle ein wenig schaurig, ein wenig un 
heimlich und doch irgendwie seltsam ergret- 
feiö. Alle deuten sie auf den alten, weisen 
Sinnspruch hin, nach öem der Schlaf der Bru 
der des Todes sei . . , 
benverzehren auch einwandfrei erreicht ist. Irl 
weitem Abstand folgen dann die Vereinigten 
Staaten mit 14,5 Klg. und Italien mit 10,5 
Klg. In Deutschland hat man es mit 2,2 Klg. 
noch nicht wett gebracht, was aber aus Grün 
den der Einfuhrersparnis durchaus nicht zn 
bemängeln ist. Am wenigsten Trauben ver 
zehrt der Franzose, nämlich 1,9 Klg. auf den 
Kopf der Bevölkerung, in diesem traubenrei 
chen Lande immerhin verwunderlich. 
Die wunderbaren Augen Alvah Masons. 
^Dieser Sonderling erinnert an das seltsame 
Schlaf- und Sterberitual der Trappisten 
mönche. Diese Mönche, die bei ihrem Eintritt 
in diesen strengsten allev katholischen Orden 
ein lebenslängliches Schweigegelöbnis able 
gen, von dem nur in ganz seltenen Fällen ein 
vorübergehender Dispens erteilt wird, schlafen 
bekanntlich ebenfalls in Särgen. Der Sarg 
wird für jeden Mönch bei seinem Eintritt in 
den Orden nach Maß angefertigt und in seine 
Zelle gestellt. Darin schläft dann der Mönch 
jede Nacht bis an sein Lebensende. Wenn er 
tot ist und der Totenschein ausgefertigt, dann 
wird dieser Sarg einfach mit dem danebenlie 
genden Deckel bedeckt und im Klosterfrieöhof 
beigesetzt. Aehnliche Gebräuche hat es in frühe 
ren Jahrhunderten auch bei anderen katholi 
schen Orden gegeben, sie sind aber bei allen bis 
auf den einen Trappistenorden in Fortfall ge 
kommen. 
Eintopf auch bei den Ausländsdeutschen. 
Ueberall, wo heute in der Welt Deutsche eine 
Gemeinschaft bilden, und sei es auch nur die 
kleinste deutsche Kolonie in einer weltentlege 
nen Landschaft, kommt der Eintopf zu Ehren. 
Das Beispiel der Brüder in der Heimat hat 
unsere Ausländsdeutschen veranlaßt, eben 
falls am Ersten des Monats mit dem Eintopf 
gericht fürlieb zu nehmen, um auf diese Weise 
Gelder für die reichsdeutsche Winterhilfe flüs 
sig zu machen. Bezeichnend für diese herrliche 
Solidarität aller derer, die deutschen brutes 
sind, ist ein Aufruf, der dieser Tage in der 
„Türkischen Post" in Istanbul erschien: „Wir 
wollen dem deutschen Beispiel folgen! Ein 
topfgericht am morgigen Sonntag in der 
„Teutonia". Jeder Deutsche läßt sich dazu vor 
merken!" 
Allerlei aus aller Mell. 
Das Land ohne Krebskranke — Aegypten! 
Ein ähnlicher Brauch herrscht bei einem ti 
betanischen Orden, nur noch etwas strenger. 
Die Mönche dieses Ordens lassen sich nach einer 
gewissen Probezeit lebendig einmauern. Nur 
eine kleine Leffnung für Speise und Trank 
bleibt offen. Bleiben Speise und Trank durch 
mehrere Tage unberührt, dann ist das ein Zei 
chen dafür, daß der Mönch gestorben ist und 
die Oeffnung wird zugemauert. An gewissen 
Festtagen halten diese lebendig begrabenen 
Während in fast allen zlvilisierten Staaten 
der Krebs mehr und mehr seine Schrecken ver 
breitet und jetzt weitaus an der Spitze aller 
Volkskrankheiten steht, fehlt in Aegypten — 
eine ganz erstaunliche Erscheinung — die 
Krebskrankheit fast völlig. Mancher Forscher 
hat diese Tatsache darauf zurückgeführt, daß 
das Nilwasser und der Ackerboden einen hohen 
Gehalt an Magnesium besitzen, dem eine an 
regende antisenile Wirkung zuzuschreiben 
wäre. Diese Behauptung würde keine beson 
dere Aufmerksamkeit verdienen, wenn sie nicht 
durch die berühmte Krebskarte Frankreichs 
unterstützt würde. Auf dieser Karte nämlich ist 
zur Häufigkeit, mit der in den verschiedenen 
Gegenden Frankreichs der Krebs auftritt, ver 
gleichsweise der Magnesimngehalt des Bodens 
in diesen Gegenden angegeben. Nach dieser 
Karte würde in der Tat die für Aegypten ge 
gebene Erklärung bestätigt werden. Freilich 
kann die Verteilung der Krebskranken in 
Frankreich auch von ganz anderen Gründen 
bestimmt sein, und es ist vielleicht nur Zufall, 
daß sie sich mit der Verteilung des Magne 
siumgehaltes in Uebereinstimmung befindet. 
Annähernde Sicherheit kann man in solchen 
Fragen nur durch ebenso umfassende wie sorg 
fältige Untersuchungen gewinnen. 
Jedenfalls ist das eine gewiß, daß ein Man 
gel an Magnesium in der Nahrung sowohl 
Mensch wie Tier nachteilig ist. Ob die vom 
Krebs verschonten Aegypter wegen ihrer guten 
Versorgung mit Magnesium glücklich zu prei 
sen sind, oder ob es eine rassische Veranlagung 
ist, die die Anlage zum Krebs so selten bei 
ihnen auftreten läßt, jedenfalls können sie sich 
glücklich preisen, von dieser schweren Volks 
krankheit nicht bedroht zu werden. 
Wo ißt man die meisten Trauben? 
Die Bulgaren sind unheimliche Traubenesser 
vor dem Herrn. Im Jahre 1932 verzehrte man 
in Bulgarien pro Kopf der Bevölkerung 20 
Klg. Trauben, womit der Weltrekord im Trau- 
Der fünfundzwanzigjährige Alvah Mason, 
ein Elektrotechniker aus Newyork, hat so merk 
würdige Augen, daß die Fachgelehrten sich bis 
jetzt vergeblich um die Erklärung dieses Na 
turwunders bemüht haben. Der Mann ist zu 
nächst einmal kurzsichtig und benutzt über eine 
Entfernung von 26 Zentimetern eine Brille, da 
ihm darüber hinaus jeder Gegenstand im Bild 
verschwimmt. Aber innerhalb dieser 25 Zenti 
meter besitzen seine Augen geradezu wunder 
bare Fähigkeiten. So steht er z. B. die Poren 
der Haut außerordentlich stark vergrößert, und, 
wenn man den Newyork Times glauben darf, 
die soeben von diesem Phänomen berichten, un 
terscheidet er auf Grammophonplatten an der 
Beschaffenheit der Laufrillcn, ob es sich um 
einen Walzer oder etwa um ein Lied handelt. 
Der Grammophonstift erscheint ihm so groß 
wie ein menschlicher Daumen. Aus den Ein 
drücken der Platte vermag er sogar den Sän 
ger oder den Komponisten zu bezeichnen, unter 
dessen Mitwirkung die Aufnahme gemacht 
wurde. „Es sind wohl die eigenartigsten Augen, 
die wir jemals beobachtet haben", so schloß ein 
amerikanischer Augenarzt seinen Befund. 
Hàre ļckr. 
Das Versuchskarnickel. 
„Herr Provisor, können Sie mir vielleicht 
sagen, ob dies weiße Pulver Zucker ist?" 
„Zucker ist es nicht, aber es schmeckt so ent 
setzlich bitter." 
„Ich danke auch schön, also war es doch das 
Rattengift!" 
Zufall. 
Baer war beim Pokern gestorben. Ein 
Freund soll die Trauernachricht schonend seiner 
Frau überbringen. 
„Frau Baer, Ihr Mann hat 1000 Mark im 
Pokern verloren!" 
„Der Schlag soll ihn treffen!" 
„Frau Baer! Stellen Sie sich den Zufall vor; 
hat ihn schon getroffen!" 
Evchen darf ihre in der Nacht cingetroffenen 
Zwillingsbrüder besichtigen. Nachdenklich fragt 
sie: „Mutti, sind die zur Auswahl oder behal 
ten wir die alle beide?" 
Der Marşşch irr öie Zukunft 
Otto Hawraneck. 
Originalroman von 
Nachdruck verboten. 
In einer Baracke übte noch einmal die kleine 
Musikkapelle mit Trompeten, Querpfeifen und 
Trommeln. Die Siedler wollten es sich nicht 
nehmen lassen, dem Baron Wolf und seiner 
schönen, jungen Frau einen würdigen Emp 
fang zu bereiten. 
Und so zogen von allen Seiten in den Vor 
mittagsstunden Menschengruppen öem Fran 
kenhof zu. Marschlieder hallten, Scherzworte 
flogen — nirgends gab es mürrische oder höh 
nische Gesichter. Ein froher, schaffensfreudiger 
Geist beherrschte die Männer, die durch dumpfe 
und sorgenvolle Jahre geschritten waren, ehe 
sich ihnen hier neue Heimat erschloß. Und die 
angestammten Frankenhofer wußten nicht ge 
nug zu berichten von ihrem jungen, freund 
lichen Baron und der schönen, gütigen Herrin, 
die heute ihren Einzug halten sollte ... 
So kamen sie aus Toska-Kreuz marschiert 
mit Sträußen an den Hüten. Von Schweden 
schanze wanderte das Gutspersonal herüber 
— die Lehr- und Arbeitsabteilung der Jung 
siedler schwenkte in die Siedlerkolonie ein mit 
schneidigem Exerziermarsch. Der Oberförster 
Hayler kam mit seinem stark vergrößerten 
Personal aus dem neuerbauten Forsthaus, die 
schmucken Uniformen leuchteten . . . 
Als die Marschtritte verklungen und der 
Gesang verrauscht war, breitete sich die traum 
hafte Mittagsstille des Sonntags aus. Vom 
ForsthauS löste sich eine Mädchengestalt und 
schritt in Richtung Toska-Kreuz davon. Sie 
trug Rosen und Jasmin im Arm und ging 
versonnen ihres Weges. Ringsum war Frie 
den ... Stille... 
Leo Harat und Traude kamen Arm in Arm 
durch den Park, als Harms auf Kasimir mit 
zwanzig Reitern den Gutshof verließ. Die 
Pferde waren mit Blumen geschmückt, die 
Männer trugen Sträuße am Hut — in ihren 
blankgewichsten hohen Stiefeln spiegelte sich 
die Sonne. An der Parkmauer, mit der Sicht 
übers Tal, hatte sich die Kapelle aufgestellt, 
die Instrumente des kleinen Trompeterkorps 
blitzten und blinkten .. . 
„Dünner — das ist ja feierlicher, als ich 
dachte", sagte Harat und sah verwundert dem 
Reiterzug nach. Wirklich, ein prächtiges Bild! 
Er betrachtete Schuhe und Bügelfalten und 
meinte: 
„Ja — da muß ich mir wohl von Reinerz 
eine Bürste Sorgen ..," i 
Traude griff in die braunen Locken. 
„Und ich einen Taschenspiegel, Geliebter", 
sagte sie vorwurfsvoll. Da schwor er, nunmehr 
bestimmt einen Taschenspiegel zu kaufen und 
ihn fortan bei sich zu tragen. In der rechten 
oberen Westentasche, — damit sie Bescheid 
wisse. 
„Ach", sagte sie, „sicher wird der Spiegel in 
dieser Tasche stecken, aber immer in öem An 
zug, der im Schrank hängt . . ." 
„So werde ich mehrere Spiegel kaufen", ent 
schied er. 
„So etwas nennt sich Nationalökonom", ent 
rüstete sie sich, „ist es nicht billiger, wenn ich 
vor jedem Ausgehen frage, hast du den Spie 
gel, teurer Leo?" 
„So wollen wir es halten, braves Weib", 
lachte er. — 
Im Gutshos flogen die Hüte, als das Paar 
durch die Reihen ging. Traude trat zu den 
Frauen der Siedler, die sie schon alle mit Na 
men kannte. Wiebusch bat den Doktor, die Be 
grüßung zu übernehmen, er würde für ein 
donnerndes Hoch sorgen. Fröhliches Durchein 
ander füllte den Hof . . . 
An der Treppe wartete Reinerz des Paares. 
„Wir brauchen eine Bürste und einen Ta 
schenspiegel, Reinerz", lachte Harat. Nichts war 
Reinerz willkommener. 
„Bitte sehr — bitte gnädige Frau nach einem 
der Gastzimmer zu folgen. Alles da — prima 
fließendes Wasser, kalt und warm! Bitte hier 
einzutreten, gnädige Frau! Einen Taschen 
spiegel! Der Herr Doktor belieben immer zu 
scherzen ..." 
Traude staunte die Waschtoilette in dunklem 
Marmor mit dem großen Spiegel gebührend 
an. 
„Wie in einem feinen Hotel, Reinerz — ich 
will mir dann alles ansehen und Sie müssen 
mich führen." 
„Gnädige Frau, ich stehe zur Verfügung", 
verneigte sich Reinerz tief und schloß die Tür 
hinter sich. Im Gang traf er den Doktor, der 
den Mund an sein Ohr brachte und flüsterte: 
„Getreuer, wo wasche ich mir die — Pfoten?" 
Da schütterten Reinerz' Schultern in ver 
haltenem Lachen — er öffnete ein anderes 
Gastzimmer und kippte auf die Hähne der 
Toilette. 
„Hier kalt — hier warm, bitte sehr!" 
Göhl und Patschke und warteten des Zuges. 
Der Zug brauste heran. Die beiden zogen 
mit strahlenden Gesichtern die Mützen, als sie 
des Paares ansichtig wurden. Wirklich, es war 
Glück, diesen frohen jungen Menschen zu die 
nen. Wolf Dienhosf schüttelte ihm die Hand — 
Frau Evelyn hatte für jeden ein herzliches 
Wort. Sie war noch schöner geworden, ein 
Lächeln blühte um ihren Mund, die Blauaugen 
leuchteten. 
„Göhl — ich bin so froh, wieder daheim zu 
sein!" 
„Das war ein schönes Wort, Evelyn!" freute 
sich Wolf. 
„Wir dürfen heute nur das Gepäck fahren, 
gnädige Frau", erklärte Göhl lächelnd, „vor 
dem Gebäude hält Herr Fuchs mit den Apfel 
schimmeln . . ." 
„Oh — das ist herrlich!" jubelte Evelyn und 
drückte begeistert Wolfs Arm. — 
In flottem Trab ging es durch Wälder und 
Flur. Fuchs saß gravitätisch auf seinem Bock. 
Dabei hätte er am liebsten mit der Peitsche 
einmal tüchtig geknallt. 
„Wir werden oft zusammen fahren, lieber 
Fuchs", hatte die Frau Baronin gesagt. Fahrn 
will ich — schwor er sich ... a liebs, lichts 
Weiberl, die Frau Baronin! 
Nun ging es im Schritt über die letzte Höhe. 
Fuchs legte die Hand über die Augen. Jetzt — 
was ist denn dös? 
Wo der Asphaltweg zum Draakehaus ab 
bog, standen Reiter zu beiden Seiten der 
Straße Spalier. Fuchs näherte sich in kurzem 
Trab und hielt auf ein Zeichen inmitten der 
Schar. Die geschmückten Hüte flogen von den 
Köpfen. Harms ritt an den Wagenschlag — 
ein froher Schein lag auf seinem mageren, ge 
spannten Gesicht. 
„Die Männer von Frankenhof und Toska- 
Kreuz schicken uns, Sic, gnädige Frau Ba 
ronin, das letzte Stück Weges zu geleiten, der 
Sie endgültig in die deutsche Heimat führt, 
auf den Frankenhof, dem wir alle, wie seinem 
Herrn, treu ergeben sind. Er sei ein Weg ins 
Glück! 
Herr Baron! Der seligen Frau Baronin 
Toska unseren unauslöschlichen Dank — der 
Frau Baronin Evelyn unsere Treue und Er 
gebenheit!" 
Während er sprach, defilierten die Reiter an 
der anderen Seite der Kutsche, lösten Wald- 
und Feldblumensträuße von den Sätteln und 
warfen sie in den Rücksitz des Wagens mit öem 
Gruß „Willkommen". 
Evelyn und Wolf dankten überrascht und 
gerührt. In detz Worten des Mannes und in 
dem Gehaben der Leute lag einfache Herzlich 
keit und schlichte Anmut. 
Da brauste der Ruf übers Tal: 
„Heil und Glück dem Hause Dienhosf! Will 
kommen! Willkommen! Willkommen!" 
Einer der Reiter setzte die Trompete an —« 
ein freudiges Signal schmetterte hinüber nach 
Frankenhof . .. 
Da rauschte durch die Mittagsstille der 
Choral herüber: 
Bis hierher hat mich Gott gebracht 
durch seine große Güte . . . 
Die Reiter formierten sich vor und hinter 
dem Wagen. Vom nahen Draakehaus wehten 
die Fahnen herüber . . . 
Evelyn lehnte den Kopf an Wolfs Schulter 
und fühlte, wie die Heimat mit einem bren 
nenden Glücksgefühl von ihr Besitz nahm. 
Im Tal standen die Kolonisten an der 
Straße, winkten und grüßten, warfen Blumen 
in den Wagen, schwenkten Tücher. Als der 
Wagen durch die Allee dem Gutshof zustrebte, 
setzte die Kapelle mit flottem Marsch ein, die 
Reiter reckten sich im Sattel. Rechts und links 
flogen Hüte in die Luft, schallten unablässig die 
Rufe Willkommen! Willkommen! Heil und 
Glück! Willkommen! 
Im Hof standen die Siedler, die Forstleute, 
die Feuerwehrmänner in „Stillgestanden". 
Traude winkte von der Treppe, Tränen in den 
Augen — neben ihr der lachende Harat. Er 
gab ein Zeichen — sofort trat Stille ein. Mit 
lauter, freudiger Stimme begrüßte er Wolf 
und Evelyn, nannte die Abordnungen, die ge 
kommen waren, die Führer der Abteilungen 
traten jeweils heran ihre Reverenz zu er 
weisen. 
Am Fuße der Treppe aber stand ein kleines 
Sieölermäöchen in weißem Kleidchen und hielt 
mit beiden Händen einen Blumenstrauß um 
klammert. Goldige Locken fielen ihr auf die 
Schultern, ein buntes Kränzchen blühte i« 1 
Haar. Sie war gar nicht ängstlich, sah nur im 
mer mit weitgeöffneten Augen Evelyn an. 
Als Wolf in kurzen herzlichen Worten ge 
dankt hatte und Evelyn, die nach allen Seite« 
herzlich grüßte, aus dem Wagen half, trat die 
Kleine heran und reichte ihr den Strauß. Ä«l 
Zeichen und Gebärden erlosch das Stimme«" 
gewirr — es wurde ganz still. 
(Schluß folgt.) 
Jiipecs Qutec JCaļļee macht 
stets mahii hei Jxig. und TlacfU.
	        
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