Full text: Newspaper volume (1934, Bd. 1)

5m Unterhaltung 
Rr. 26 
Beilage der Schleswiq-Hotsteintzchen LandsSzeikuuq (Rendsburgsr Taqeblattl 
Mittwoch, den 31 Januar 1934 
Ein tapferes deutsches Möbel. 
Emr Geschichte aus dem Hererokeisßs. 
Von Erich K. Mielke. 
(Nachdruck verboten!) 
So ein ganz richtiges deutsches Mädel hat 
eine gediegene freie Seele, hat ein hübsches 
Gesicht und ist kerngesund. Ihre Brüder sind 
Soldaten, wie es der Vater war, oder Land 
wirt, die die ererbte Scholle beackern. 
Von einem solchen Mädel mutz erzählt wer 
den. Sie war die jüngste von vier Schwestern, 
die alle von einer schmalen Oberstenpension 
unterhalten werden mußten. So mancher 
junge Leutnant wurde eingeladen, und es traf 
sich dann auch, daß Christine, Charlotte und 
Victoria unter die Haube kamen. Sie wur 
den Offiziersfrauen, gewohnt „schon einem 
rauhen Gatten zu gehorchen", wie Goethe 
ebenso richtig wie ernst sagt. 
So blieb denn nur Eva übrig, das Nest 
häkchen. Und der Kleinen wurde die Welt ein 
wenig eng, zumal sie in den Fähnrich von 
Merkentin bis über beide Ohren verliebt war, 
der Fähnrich aber nur einen geringen Zuschuß 
bekam und an Heiraten überhaupt nicht zu 
denken war. 
Eines Tages trafen sie sich unter den 
Linden. 
„Du", sagte der Fähnrich, „ich habe eine 
fabelhaste Idee, wirklich, ganz famos." 
„Na was denn, Otto? Willst Du in der 
Lotterie das nötige Kommißvermögen gewin 
nen, damit Du die wundersüße Braut heim 
führen kannst?" 
„Mach keine blöden Witze, bitte, Evi, es 
handelt sich um etwas ganz Anderes. Ich habe 
mich nach Afrika zur Schutztruppe gemeldet." 
„Warum, Otto?" 
„Du Dummes, weil die Jahre doppelt rech 
nen und wir dann viel früher heiraten 
können." 
Das war richtig. Aber Evi war in den 
Fähnrich von Merkentin so verschossen, daß ihr 
eine Trennung von ihm einfach unerträglich 
vorkam. 
Lange überlegte sie, was denn zu tun sei, 
Sis sie endlich zu einem Entschluß kam. Und 
sechs Wochen, nachdem der große Truppen 
transport abgegangen war, fuhr Evi als 
Schwester vom Roten Kreuz nach einer kleinen 
afrikanischen Station . .. 
* 
Eisern hielt der kleine Fähnrich von Mer 
kentin seinen Platz gegen die Hereros. Die 
Schwarzen, aufgehetzt durch Saboteure und 
elende Aufwiegler, wurden heimtückisch, grif 
fen mit den uralten Waffen ihrer Väter und 
mit alten Flinten an. Hundert zu eins stand 
das Stärkeverhältnis. 
Der Fähnrich lag mit einem halben Zug in 
einer unbefestigten Ansiedlung, die aus 
einigen Blockhäusern und einer Anzahl von 
Hütten bestand. Die Hereros hatten die Sied 
lung umstellt. Sie wollten alle Soldaten er 
morden. Aber sowie sie einen Angriff wagten, 
pfiffen ihnen die Kugeln entgegen, trafen — 
und immer wieder mußten sie trotz der 
Uebermacht zurück. In wenigen Tagen war 
Hilfe für diese vorgeschobene Station zu er 
warten. Solange mußte man sich halten, 
denn zwischen der Station und der Haupt 
macht lagen acht Tagemärsche. 
In der Hauptstation wirkte die Schwester 
Evi als Pflegerin im Lazarett. 
„Wir werden schwere Tage bekommen," sagt 
der leitende Oberarzt. „Wie ich höre, ist da so 
ein junger Fähnrich auf der vorgeschobenen 
Station mit 'nem halben Zug mächtig in der 
Brenne. 
Evi horchte auf. 
„Ja, 'n junger Kerl noch. Merkentin heißt 
er. Wer weiß, ob wir den armen Kerl wieder 
sehen." 
Evi mußte sich an der Tischkante halten.... 
Acht Tage später war die Station entsetzt. 
Die Entsatzmannschaften kamen einen Tag zu 
spät. Die Hereros hatten, nachdem die Be- 
Allerlei aus aller Welt. 
Polygamist von feinen Frauen gelyncht. 
Ein Drama, das sich schaurig und blut- 
rünstig wie eine auf dem Jahrmarkt vorge 
tragene Moritat anhört, hat sich in der Nähe 
von Warschau ereignet, ein Mann wurde von 
fünf Frauen aus Rache zu Tode mißhandelt. 
Der Versicherungsagent I. Ruskewyat lebte 
mit seiner Frau in Malewski, einem kleinen 
Ort in der Umgebung von Warschau. Sie be 
saß dort eine gut gehende Wäscherei. Und da 
Ruskewyat auch Stellung und Verdienst hatte, 
führten die beiden ein recht auskömmliches 
Leben. Die Ehe war durchaus harmonisch. Aber 
Ruskewyat hatte einen Fehler begangen, er 
hatte seiner Frau verheimlicht, daß er vor ihr 
schon vier andere Ehefrauen besessen habe. Zu 
fällig bekam sie nun dieser Tage davon Kennt 
nis, und mit dem Spürsinn einer Hintergan 
genen Frau machte sie die vier „Verflossenen" 
ausfindig. Dabei stellte es sich heraus, daß 
ihr Mann wohl mit allen vieren rechtmäßig 
verheiratet, aber von keiner einzigen geschie 
den war. Ihrem Mann machte sie von ihren 
Feststellungen keine Mitteilung. Ganz im Ge 
heimen setzte sie sich mit den vier anderen be 
trogenen Ehefrauen in Verbindung und er 
fuhr, daß er sich von jeder einzigen in Un 
frieden getrennt hatte. 
Durch ihr gemeinsames Schicksal kamen sich 
die Frauen näher, und sie beschlossen, sich ge 
meinsam an dem Versicherungsagenten zu 
rächen. Seine jetzige Frau lockte den Ahnungs 
losen eines Tages an einen Ort, wo sich seine 
sämtlichen Frauen versammelt hatten. Rus 
kewyat mag wohl bei den Anblick der haß 
erfüllten Frauen ein kalter Schauer über den 
Rücken gelaufen sein. Aber er ahnte nicht, 
was ihm bevorstand. Nach einem vorangehen 
den heftigen Wortwechsel stürzten sich die 
Frauen auf ihn, schlugen ihn zu Boden, miß 
handelten ihn mit Fäusten und allerlei Gegen 
ständen, bis er blutüberströmt und leblos 
dalag. 
Der Mann, der viele klaffende Wunden und 
schwere innere Verletzungen davongetragen 
hatte, wurde in ein Krankenhaus gebracht. Er 
hat das Bewußtsein nicht wiedererlangt und 
ist kurze Zeit darauf gestorben. 
Vorteil bei Dicke«. 
Friedrich der Große hatte beim Umspannen 
in einem kleinen Orte viele Jahre hinterein 
ander einen großen fetten Beamten gesehen 
und auch gewöhnlich einige Worte mit ihm 
gesprochen. Als er einmal dort wieder um 
spannen ließ, vermißte er denselben und sah 
einen anderen langen, äußerst hageren Mann, 
der sich mit dem Vorspann zu schaffen machte. 
„Wer seid Ihr?" fragte er diesen. — „Ich bin 
der Amtmann hier aus dem Orte." — „Ei, 
nicht doch, das ist ja ein alter, dicker Mann." — 
„Der ist gestorben, Jhro Majestät, und ich bin 
an seine Stelle gekommen." Der König wandte 
sich ganz ernsthaft zum General, der mit ihm 
im Wagen saß, und sagte: „Der wird mir noch 
viel kosten, eye ich ihn so fett habe wie seinen 
Vorfahren." 
Hsttere Eckt. 
Gute Mischung. 
Freund: „Wem ähnelt eigentlich dein kleiner 
Junge?" 
Der glückliche Vater: „Die Augen hat er von 
mir, die Nase von meiner Frau und die 
Stimme — — ich glaube, die hat er von unserer 
Autohupe." 
Entschuldigungsvrief. 
„Ich bitte zu entschuldigen, daß mein Sohn 
Werner die Schule nicht besuchen konnte. Er 
hatte sich auf seiner Bank in der Klasse einen 
Splitter eingerissen! Könnte dieses Uebel nicht 
durch Abhobeln beseitigt werden?" 
satzung ihre ganze Munition verschossen hatte, 
gestürmt, und von den Leuten waren nur 
einige Schwerverwundete übrig geblieben. 
Diese Verwundeten berichteten, daß die 
Hereros den Fähnrich Merkentin verschleppt 
hätten. 
„Verdammte Hunde," sagte der Oberarzt 
zwischen den Zähnen hindurch, „sie werden ihn 
in ihrem Lager massakrieren." In diesem 
Augenblick schrie Schwester Evi auf. 
„Was ist denn mit Ihnen?" 
„Ich bin mit dem Fähnrich Merkenttn ver 
lobt."' 
* 
Den Leuten ist das Herz schwer, denn der 
Fähnrich war überall beliebt und noch so jung. 
Der alte Feldwebel Marzan steht plötzlich auf. 
„Wenn wir zwanzig Mann mit gesunden 
Knochen zusammenbekommen, können wir von 
hier aus einen Versuch machen, den Fähnrich 
zurückzuholen. Wenn er noch am Leben ist." 
In wenigen Stunden sind zwanzig Mann 
zusammen. Evi will mit. 
„Nein, Fräulein," sagt der Feldwebel, „das 
geht ja nun wohl doch nicht. Aber beten kön 
nen Sie für uns." 
Und Evi betet tagelang inbrünstig. Zum 
erstenmale erscheint ihr das Gebet Notwendig 
keit. Sie fühlt, daß ihr Leben sinnlos ist, wenn 
sie Merkentin verliert. Um seinetwillen kam 
sie hierher — er weiß nichts davon. Und ehe 
er es nicht weiß, darf er nicht sterben. Evi 
betet, ohne zu sprechen. 
Feldwebel Marzan hat seine Leute aus 
Schleichwegen nach dem Hauptquartier der 
Schwarzen geführt. Er ist ein alter Afrikaner 
und kennt Afrika, kennt die Hereros. 
„Man muß die Brüder mit ihren eigenen 
Waffen schlagen," sagt er, „und einen Hand 
streich machen. Wir schleichen uns an das Dorf, 
erheben ein furchtbares Gebrüll, und ehe sie 
sich fassen können, müssen wir mit dem Fähn 
rich schon fort sein. Damit wir wissen, wo er 
steckt, müssen wir uns einen der schwarzen 
Posten fassen." Eine Stunde später haben sie 
den Fähnrich . . . 
* 
Merkentin liegt im Lazarett. Er ist schwach 
und ohne Besinnung, denn die Strapazen gin 
gen über seine Kraft. Schwester Evi weicht 
nicht von seinem Bett. ' 
Und dann, nach Wochen, kann er zum ersten 
Male aufstehen. 
„Eigentlich," sagt er, „ist es wie ein Wunder, 
daß Du hier bist, ebenso, wie es ein Wunder 
ist, „daß ich lebe. Und alle diese Wunder sind 
so groß, daß ich auch hoffe, eine Heiratserlaub 
nis zu bekommen..." 
In der Ecke sinkt das preußische Fräulein 
auf einen Stuhl und weint vor Glück. 
Der Marsch its bk Ankunft. 
Origînalroman von Otto Hawraneck. 
16) Nachdruck verboten. 
Auch Sie werden es einmal so sehen kön 
nen. Wenn Sie der Spektakel vor Ihren Fen 
stern mißmutig machen tvill, denken Sie auch 
daran: Wo sollen denn die deutschen Menschen 
alle hin, die in kümmerlichen Großstadtquar 
tieren schlecht und bitter werden müssen! Her 
aus mit ihnen, so schnell wie möglich ...", wie 
der lächelt Nauroth dem jungen Baron zu, 
„Sie haben ja dieses Hilfswerk selbst schon be 
gonnen und wenn es Inen Freude v-.acht, selbst 
mir, der ich aus wirtschaftlich besseren Ver 
hältnissen komme, haben Sie das Leben wieder 
wert gemacht — wie viel mehr noch wird es 
unseren Leuten sein, in Licht, Luft und Sonne 
ihre Heimat bauen zu dürfen . . ." 
Wolf nahm die Hand Nauroths mit festem 
Druck. 
„Nauroth, ich danke Ihnen, Ihre Worte sol 
len nicht umsonst gesprochen sein!" 
„Bravo", fiel Harat ein, „darauf wollen wir 
anstoßen." 
Freudig gab Wolf Bescheid, ließ von Reinerz 
neue Flaschen bringen. 
„Morgen ist Sonntag, da können wir aus- 
schlasen." 
Reinerz schloß die Vorhänge, ließ sich von 
den Jägern necken. Ja — das war eher etwas 
für den jungen Herrn, als die grüblerischen 
Abende am Schreibtisch! Befriedigt tappte er 
zur Küche. — 
„Lieber Dienhoff", nahm Harat das Gespräch 
wieder auf, „bitte gehen Sie noch einen Schritt 
weiter. Geben Sie mir Vollmachten, mit den 
Draakes eine Art Frieden zu schließen. Es 
wäre eine Sünde, wollten wir nicht um unserer 
Pläne willen Anschluß suchen. Wir haben Holz 
und Steine, können auch Schwellen liefern, 
vor allem bin ich auf den Talsperrenbau aus, 
dicht an Ihre Wälder grenzt das Areal! Wir 
müssen Verträge mit den Leitten bekommen, 
uns billig den Strom sichern. Ich lege Ihnen 
alle Pläne und Möglichkeiten morgen vor. 
Durch diese Verträge (für Arbeit und Liefe 
rungen) gewinnt unsere ganze Siedlung ein 
anderes Gesicht. Wir dürfen unter keinen Um 
ständen an dieser Chance vorbeigehen — soll 
der Volkswirtschaftler in mir nicht explodie 
ren . . .!" und er setzte dem Freund zu mit 
Zahlen und Worten, bls letzter Widerstand 
erlosch. 
„Gut, — wir wollen es machen, Harat. Sie 
haben auch tausendmal recht — ich muß meine 
persönlichen Gefühle zurückstellen. Damit wol 
len wir für heute alles Geschäftliche abtun — 
ich möchte gern von Ihnen hören, wie sich 
außerhalb Frankenhofs die Welt in Ihren 
Augen darstellt..." 
„Nein", widersprach Harat lachend, „das 
lohnt nicht, behalten Sie bitte einstweilen noch 
Ihre Augen. Die sind gut. Sie haben ,chon vor 
vielen Jahren gesehen, daß Fräulein Evelyn 
Draake ein sehr schönes Mädchen ist! Sie haben 
sich nämlich nicht getäuscht — die Dame in der 
Hotelhalle war Ihre — Jugendliebe, um bei 
Ihrem Ausdruck zu bleiben! Ja — und die 
Dame hat Sie zweifellos erkannt . . .", er er 
zählte sein kleines Abenteuer mit der hüb 
schen Traude Rüland. Wolf bezwang mit aller 
Mühe seine Erregung. Seine Stimme war 
etwas kleinlaut. 
„Ja — außerdem ist sie in meiner Abwesen 
heit hier gewesen, um persönlich mit mir über 
alles zu sprechen . . .", er fügte hinzu, daß er 
am Nachmittag eine Antwort für richtig ge 
halten hatte, die ein Treffen ausschloß. 
„Oh, das hätten Sie nicht tun sollen!" wi- 
dersprach Harat mit tiefem Bedauern. 
„Man soll jeden Menschen anhören", er 
gänzte Nauroth sachlich. 
„Es ist nun nicht mehr zu ändern", schnitt 
Wolf ab — Schmerz wühlte in ihm, er setzte 
mühsam hinzu, „das hat ja mit der geschäft 
lichen Seite nichts zu tun . 
„Gewiß nicht", sprang ihm Harat bei. Wolf 
faßte sich rasch, fand ein Lächeln und fragte um 
abzulenken: 
„Warum wollen Sie mich nicht einmal durch 
die Brille Ihrer Weltanschauung sehen lassen, 
Freund — Sie haben vorhin geschickt das The 
ma verbogen..." 
Harat wehrte ab und trank Nauroth zu, der 
ihm mit drohender Geste Bescheid tat — dabei 
lachten sie sich an. 
„Sie müssen wissen, Dienhoff, daß Neuroth 
und ich Gegensätze sind. Er ist Lebensvernei 
ner und ich Bejaher. Was er zu ergründen 
sucht, nehme ich absichtlich leicht. Lassen Sie sich 
nie mit ihm ein — er steigt bei jeder Sache in 
die tiefsten Keller seines Nauroth-Hauses hin 
ab, sucht in den Ecken und Winkeln herum und 
vergißt dabei, daß darüber ein recht ordentli 
ches Haus steht. Ich ziehe es vor, oben zu 
bleiben. . ." 
Wolf sah überrascht auf und wurde nach 
denklich. 
„Ich glaube, ich suche auch zuviel in den 
Kellern herum . .." sagte er. 
„Ist ja auch das Fundament jeden Hauses", 
sekundierte Nauroth und wandte sich spöttisch 
an Hgrat, „Baracken haben natürlich keine 
Keller . . ." 
„Sehen Sie, Baron — Baracke schimpft er 
mich", empörte sich Harat, lächelte dabei den 
Spötter an, „und warum? Weil ich nicht mehr 
mit suchen will! Ich betrachte das Leben als 
ein Geschenk meiner nächsten Verwandten, 
also darf ich ihm nicht ins Maul schauen oder 
gar in die Keller!" Er trank sein Glas aus und 
zog herausfordernd an seiner Zigarre. Wolf 
sah den Schalk in seinen Augen und schenkte 
ihm rasch wieder zu. 
„Er sagt, er will nicht mehr suchen", warf 
Nauroth ein, „ich will rrchtig stellen: er braucht 
nicht mehr zu suchen. Er ist mit sich und seiner 
Wahrheit im reinen — und damit ist ex uns 
weit voraus! Ich möchte wohl seine Formel 
wissen . . ." 
Gebe Gott, daß ich zufrieden bleibe", wehrte 
Harat lachend, „und jetzt Schluß davon — 
Dienhoff, haben Sie eine Laute? Nauroth war 
der Spielmann des Bataillons *== er muß 
heute singen und spielen!" 
„Oh — das ist schön, ich habe ein feines In 
strument, nur bin ich selbst ein Stümper . . ." 
Wolf ging in ein Nebenzimmer, brachte In 
strument und Saiten. — 
Nauroth brachte die Laute in Ordnung, seine 
Hand streifte prüfend den Hals, die Griff- 
lage. Während er die Saiten einstimmte, be 
kam sein Gesicht andere Züge, fremdes Licht 
trat in seine Augen, die Schatten zwischen den 
Brauen verwehten. 
Und seltsam — mit dem ersten Ton wurde 
die Stimme weich und biegsam. Er begann 
mit einem alten Volkslied, das zu Urgroß 
vaters Zeiten in den Spinnstuben gesungen 
wurde. 
Der Mensch soll nicht hassen, so kurz ist das 
Leben 
Er soll, wenn er kränkt wird, von Herzen ver 
geben, > 
Wieviel haben hienieden den Krieg sich erklärt, 
Und jetzt machens Frieden — tief unter der 
Erd 
<—> — tief unter der Erd ... 
Der Mensch soll nicht stolz sein auf Glück und 
* auf Geld, 
Es lenkt halt verschieden das Schicksal der 
Welt. 
S' hat einen die Gaben, die goldenen beschert, 
Der andere muß sie graben — tief unter der 
Erd 
• tief unter der Erd ... 
Jetzt trat ein grübelnder Zug in des Spiel 
manns Gesicht. Es war, als prüfe er sich und 
sein Recht, Kränkungen einmal nicht mehr 
vergeben zu haben . . . Wolf hatte die Lider 
gesenkt, gerührt von der schlichten Wahrheit 
des Liedes. Er empfand bittere Reue über 
seinen Brief an Evelyn. 
„Was Flottes!" verlangte Harat. 
Die Laute begann zu kichern und zu lachen. 
• Der Kuckuck auf dem Zaune saß, 
Der Kuckuck auf dem Zaune saß, 
Es regnet sehr, und er wird naß, 
Es regnet sehr, und er wird naß, 
Kuckuck — Kuckuck! 
(Fortsetzung folgt.)
	        
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