Full text: Newspaper volume (1932, Bd. 1)

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Landsszsîlung 
6d)leswig-BoIfteinifd)e 
125. Jahrgang. 
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Steuerpläne irr Äaàôterr 
û&eäiacc 3ciai 
TJladame SgÌaia empļängt 
In der Reichshauptstadt, die sich nicht ungern 
Zentrale der deutschen Intelligenz nennen 
hört, lebt eine „Prophetin" mit dem schönen 
Namen Madame Sylvia. Sie hat ihre „Vor 
aussagen", namentlich auf politischem Gebiet, 
so wirkungsvoll zu inszenieren verstanden, 
daß sie es wagen durfte, zu Beginn des neuen 
Jahres einen richtigen Prcsseempfang zu ver 
anstalten. Und siehe da, die Vertreter der 
angesehensten Blätter erschienen tatsächlich. 
Madame Sylvia, mit ihrem richtigcil Namen 
eine Gräfin Beck aus Oesterreich, berief 
sich vor ihren Gästen auf ihre Prophezeiungen 
vom vorigen Jahr, die wenigstens zum Teil 
richtig eingetroffen sein sollen. Z. B. habe sie 
vor einem Jahr angekündigt: „Flammcn- 
zeichcn und eine neue Flagge im Süöwestcn 
Europas". Na, und haben denn nicht tatsäch 
lich in Spanien die Klöster gebrannt, hat 
nicht tatsächlich die südwestliche Halbinsel mit 
der spanischen Republik eine neue Flagge er 
halten? 
Also bitte, vielleicht trifft auch das eine oder 
andere von dem ein, was Madame Sylvia für 
1932 prophezeit — genauer, für das Sonnen 
jahr 1932, das erst am 1. April beginnt. Zu 
nächst erwartet sie „einen großen Skandal in 
führenden Kreisen", worauf aber die meisten 
von uns ohnedies gefaßt sein dürften. Eine, 
große Industrie werde aus Deutschland weg 
verlegt werden, und statt einer neuen Regie 
rung prophezeit Madame Sylvia gleich deren 
zwei. Die erste werde „ans dem Innersten des 
Landes heraus" kommen, die zweite von außen 
her aufgezwnngen werden. (Das sieht aller 
dings mehr nach den Kombinationen des klei 
nen Moritz als den Visionen einer großen 
Seherin aus.) Ein kleiner Staat werde sich 
in die Angelegenheiten Deutschlands mischen 
und große Angelegenheiten bereiten. Tie 
Eins ch r ä n k u n g e n würden noch viel 
ärgere Formen annehmen, aber aus der 
strengsten Genügsamkeit heraus komme der 
Wiederaufstieg. Für die anderen werde 
Deutschland zuerst ein Bild der Erniedrigung, 
dann des Entsetzens, schließlich der Bewun 
derung werden. Schließlich werde der Auf- 
stieg, Hand in Hand mit Rußland und Ame 
rika, viel schneller gehen als anderswo. 
Eine Anzahl Prophezeiungen vorn vorigen 
abgelehnt. Der Senatspräsident Dr. Petersen 
begründete die Stellungnahme des Senates 
dahin, daß dieser nicht gewillt sei, um politi 
scher Demonstrationen willen Schritte bei der 
Reichsregierung zu unternehmen. Im übrigen 
verspreche er sich von der Aufhebung der Not 
verordnung keine Besserung der Lage des 
deutschen Volkes. 
Die Ausführungen des Senatspräsidenten 
Petersen wurden von den Kommunisten mit 
großen Lärmszenen begleitet, tue sich erst leg 
ten, nachdem ein Mitglied der kommunistischen 
Fraktion von der Sitzung ausgeschlossen wor 
den war. 
Zum Schluß der Sitzung kam cs bei Besprechung 
einer kommunistischen Interpellation zu einer wei 
teren stürmischen Auseinandersetzung. Die Natio 
nalsozialisten, Kommunisten und Sozialdemokraten 
warfen sich gegenseitig Arbeitermord vor, und es 
drohte zu Tätlichkeiten zu kommen, so daß sich der 
Präsident veranlaßt sah, die Sitzung zu unter 
brechen. Nach Wiederaufnahme der Sitzung wurden 
zwei Kommunisten von der Sitzung ausgeschlossen. 
Umständen zur Fortführung seines Amtes 
bereitfinden würde, könne man mit ziemlicher 
Sicherheit annehmen. 
* 
In einer Rede in Süddeutschland erklärte 
Reichsfinanz ministe r Dietrich, entscheidend 
für die Zukunft des deutschen Volkes werde 
der Ausgang des Kampfes sein, der sich in 
einigen Monaten bei der Wahl des Reichs 
präsidenten entspinne. 
Mi ;>• ® r - Brüning hat den preußi- 
^ ,en Finanzminister Dr. Klepper zu einer 
Şerredung über die Möglichkeit der Aus- 
merchung des preußischen Etats empfangen. 
Wre erinnerlich, beträgt das Defizit des Preu- 
tzenetats trotz der Notverordnungseingriffe 
mmcr noch rmtö 167 Millionen. Soweit Ein- 
naymeerhohungen in Frage kommen, wünscht 
!w! te,,1 '^ e . Regierung neue Werbrairchs- 
^"zuführen und vom Reiche gewisse 
vollen aus Grund der preußischen Ent- 
I Morgungsansprüche zu erhalten. 
Eine Unterredung, die der Reichsfinanz- 
t Meirich unmittelbar nach seiner 
^.Rückkehr aus Südöentschlanö mit Klepper 
- Deckung des preußischen Defizits 
wie wir erfahren, erfolglos verlau- 
L tt ; erklärte sich außerstande, eine 
wc c» ^chshitse zum Ausgleich des preußischen 
îûrte 3U gewähren. Durch diese Ab- 
snm»?? ? ctc ^ cg sei, so heißt es, Preußen ge- 
ervNkä^ Cu Ņlan einer Schlachtsteuer wieder 
mits*» • *J* n betreiben. Mit ihrer Einführung 
lie jetzt gerechnet werden, da ein anderer 
ļ.-® Deckung des Defizits trotz eingehen- 
^Prüfungen nicht gefunden werden 
ans die eventuellen Einnahmen 
Mar f ^Ģftener auf rund 100 Millionen 
von îìo'ch' übrigbleibenden Defizit 
.Zonen sollen 20 Millionen Mark 
gebracht IAA de» Sachansgaben yerein- 
den Uutprîrt eM ' Ņcan will Einsparungen bei 
der ?ungeu für Beamte, den Fonds 
Nimmcka» ņlosenfûrsorge, den Dotationen für 
^àth-ken und Volkshochschulen, den Zu- 
'nr LnvVri Ôte Jugendfürsorge und den Fonds 
ì n Geflügelzucht vornehmen. 
S mmZÎ Ausbleibende Nestdefizit von 
Ä“ , Adeckt werden soll, ist noch nicht 
verlauft àî Û v tx Sicherheit" lasse sich, so 
î ï äuo Berlin, nur sagen, daß man öa- 
aarittà«e5 Plane einer Salz- nnd Mar- 
Schràc ^ņruckgreisen dürfte. iNa, na! 
Etats is?,, Aņe baldige Einbringung des 
warten Uttter Umständen nicht zu er- 
hM§ in Betllsi? 
Angeblich soll eines der ältesten und be 
kanntesten Berliner Häuser, das sogen. Prinz- 
Albrecht-Palais in der Wilhelmstraße, dem 
nächst der Sitz des Gaues Berlin der Natio 
nalsozialistischen Partei werden. Verhand 
lungen über Pachtung des Palais stehen 
angeblich unmittelbar vor dem Abschluß. Das 
weitläufige Gebäude wurde bis vor kurzem 
von Prinz Friedrich Heinrich von Preußen 
bewohnt, der den Haushalt aufgelöst und sei 
nem Personal gekündigt hat. 
im im tzMhmM§K yarlsmmî. 
Um die Notverordnung. — Vorstoß gegen den Senat 
In der Hamburger Bürgerschaft kam es am 
Mittwoch erneut zu einer lebhaften Ausein 
andersetzung über die Notverordnung. Die 
Nationalsozialisten hatten eine Interpellation 
an den Präsidenten der Bürgerschaft einge 
bracht, in der sie von ihm die Wahrung der 
Rechte der Bürgerschaft gegenüber dem Senat 
verlangten. Der Senat hatte die aus der Bür 
gerschaft gewünschten Schritte bei der Reichs 
regierung auf Aufhebung der Notverordnung Heimwehr erschossen zu haben, freigesprochen. 
Ein holländisches Flugzeug, das sich mit einer 
Ladung Gold auf dem Wege nach Paris befand, 
mußte infolge Nebels bei St. Quentin eine Not 
landung vornehmen. Das Flugzeug wurde nachts 
über von der Gendarmerie bewacht und setzte 
morgens seinen Flug fort. 
Im Vorfelds der TribrrLkonferenz 
England und Nordeuropa. 
Die bekannte Räuberhauptmannsfrage machten. Zn den deutschen Autoritäten har 
„Geld oder das Leben" ist in den großen geld- sich nun auch der neue deutsche Preiskommissar 
wirtschaftlichen Auseinandersetzungen der gesellt, der sich, in Berlin kaum eingelebt, 
Völker ans den Nenner „Goldrente oder außenpolitisch betätigen möchte. Er erklärt, 
Arbeitsrente" gebracht worden. Der moderne daß ohne Beseitigung der Tribute eine wirt- 
„Goldstratege" hat seinen Stammsitz in schastliche Gesundung Deutschlands unmöglich 
Paris. Die gegenwärtigen Widerstände in und ein merklicher Preisabbau unter eryöh- 
London und Berlin sollen nach England hin ten Lasten nicht zu erzielen sei. 
mit einem weiteren Angriff auf das Wesentlich ist in diesem Zusammenhang noch 
P fund und nach Deutschland hin mit der das, was hinter den Kulissen vorgeht. Da sind 
Peitsche der Kreditentziehungen zunächst die Bestrebungen Englands, die skan- 
niederkartätscht werden. Berlin bekommt fran- dinavischen Staaten zu einem Wirtschafts- 
zösisches Gold nur gegen leihkapitali- bündnis zu veranlassen nnd zwar in engster 
stische Politik. Englands entschlossener Anlehnung an das Pfund. Eine skandinavische 
Wille, sich schon jetzt durchzusetzen, ist bereits Münzunion ist bekanntlich gescheitert. Weiter 
lahmer geworden. Schon wird immer deut- tritt in diese Verhältnisse als Sensation die 
licher ein englisch-französisches Mitteilung des bekannten amerikanischen Se- 
Kompromiß in ei.nem begrenzten Mora- nators Borah, der für eine Zahlung der iuter- 
torium von einigen Jahren sichtbar. Je nach nationalen Schulden an Amerika in Silber 
dem Stand der englisch-französischen Bespre- eintritt und damit einen Vorstoß gegen die 
chungen verlegt sich täglich der Termin sür den Alleinherrschaft des Goldes indirekt einleitet. 
Beginn der Tributkonserenz. Zur Zeit wird Diese Vorgänge hinter den Kulissen zeigen 
der Beginn wieder auf den 29. Januar verlegt, an, daß der Kampf zwischen der Goldrente nnd 
Allen Gerüchten über eine zeitweilige A. Rental, ilitätder Wirtschaft.betJSölt'x 
Lösung gegenüber wird nach dem angeblich .^^Gnergre fortgesetzt wird. 
rein privaten Frühstück zweier Botschafter "Kompromiß kommen^wird'"so^ beöeutet 
Amerikas in Berlin mit dem Reichskanzler "em Kompromiß kommen wird, )o vedeutei 
h°t sich der Gefcindtc in itai™ Şîam t ,f um 6ie cnSsiltti« Entscheid,ma 
englischen Außenminister gegenüber ausge- iergesnhit werden wird. 
sprochen. Dieser gab aber die delphische Ant- * > 
wort, daß auch England eine endgültige Lö- Reichsfinanzmimster Dietrich hob in Stuttgart 
sung für wünschenswert halte, aber auf ver- die Feststellung der Baseler Gutachter hervor, daß 
änderte Umstände Hinweisen müsse, die eine alle Voraussetzungen des Po ung planes ent- 
£um1 AagmMkk 
$e £ îlud, àchŅWeàMch!. 
Frage dÄ???,<Şàkngsdienst" schreibt zur 
5nr Rcich^' - tens der Nationalsozialisten 
finden soll. Ä r^tenwahl, die im Mai statt- 
die Nativnalsorms-^e sich zu bestätigen, daß 
RcichspräsidentenwĢ . itt der Frage der 
lung gegen den a-.?- ŗ^ne gegnerische Stel- 
öenten einnähmen. ?^.^^rtigen Reichsprösi- 
sich unter den Neujahrs,«- ^an höre, befinde 
bürg erhalten habe, auch die Hinöen- 
in dem er namens seiner N^Aä'en Hitlers, 
Präsidenten seine Glückwüns/^! dem Reichs- 
üußere den Wunsch, daß Hindenà'Ar-nge. Er 
ge auf seinem jetzigen Posten h,?? noch lan- 
Bolke erhalten bleibe. Welche ©ct>i?r U * ^ en 
ouch immer aus diesem Briefe ziehen A- 
man könne jedenfalls ans ihm nicht hi^IrfT 
At folgern, dem Reichspräsidenten in 
<crage der Wiederwahl Schwierigkeiten ş" 
reiten. 
Bewegten sich, so meint die genannte Korre 
spondenz weiter, hie Entschlüsse der National- 
jozralisten tatsächlich in der angedeuteten Rich- 
so könnte die Frage der Neuwahl des 
Präsidenten eine verhältnismäßig sehr 
^.)te Lösung finden. Es wäre daun im 
Reichstag eine Zweidrittelmehrheit gesichert, 
wenn dort der Antrag gestellt werden sollte, 
s ķ^Goärļigen Reichspräsidenten nach 
oem Ablauf seiner Amtsperiode aus Lebens- 
bestätigen. Es wäre aber auch eine 
sichere Mehrheit für Hinöenburg vorhanden, 
wenn es zu einer regelrechten Neuwahl kom 
men sollte. Daß Hindenburg sich unter solchen 
Eine pikante niid des politischen Gewürze» 
nicht entbehrende Begebenheit hat sich in 
Schwedens Hauptstadt Stockholm zirge- 
tragen. Sie zeigt einerseits, daß man unter 
Menschen ohne Scheuklappen immer besser 
erkennt, wer in Europa willkürlich schaltet 
und waltet, andererseits richtet sie den Schein 
werfer auf die französische Empfindlichkeit. 
In einer Revue „Die Gesichter der Zeit' 
spielt „Marianne", die Staatsmänner bei sich 
zu Gaste sieht, falsch beim Pokern. Ter arme 
„Dr. Michel" wird am ärgsten gerupft. Erst 
unterschreibt er zur Deckung seiner Spielschuld 
einen Wechsel „drei Generationen a dato". 
Zum Weiterspiel mit Marianne genötigt, wird 
ihm Jacke, Weste nnd schließlich selbst das 
H e m d ausgezogen und als Pfand mit Be 
schlag belegt. 
Wohl wissend, was das Spiel bedeuten soll 
(es riecht darin nach Tributmachenschasten), 
beschwerte sich Frankreichs Gesandter 
nach der Premiere beim schwedischen Auswär 
tigen Amt gegen die Ausführung des Sketches. 
Konnte die Stockholmer Polizei aber im Ernst 
mit der Don-Quichotte-Lanze gegen die Satire 
anstürmen? Nein! Sie hätte sich vor aufrech 
ten Geistern den Borwurf der Donquichotterie 
zugezogen. 
Der Polizeiminister sah keine Handhabe des 
Eingreifens mehr, nachdem der Revuever 
fasser Karl Gerhard den Schauplatz der Szene 
aus einem anrüchigen Hause in ein Hotel 
verlegt und den in der Satire sozusagen nn 
mit Evas Feigenblatt auftretenden lockeren 
Mädchen, lange Gesellschaftskleider angezogen 
hatte. ' # 
endgültige Lösung zur Zeit nicht möglich fallen seien.
	        
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