Full text: Newspaper volume (1932, Bd. 1)

Ņ 
Dķ Ràehaltung 
ll.r. 33 
Beilage der Sckleswiq.Holfteinischen Landeszeitung (Rendsburger Tageblatt 
Daurr-Cröbrben unter Mwz-sxtz. 
WolLenkratzerwände bekommen Riffe. - Bewohner der höchsten Stockwerke kündigen 
Als im Mai vorigen Jahres zuerst kleine Erv 
erschütterungen im ganzen Staat« Newyork, be- 
ssnders aber auch in der Hudson-Metropole selbst 
Wahrgenommen wurden, suchten die Behörden die 
sen rätselhaften Vorgang (Newyork ist bekanntlich 
auf Felsen gebaut) mit Erschütterungen durch Bau 
arbeiten zu erklären. Newyork erhält eine ganz neue 
Wafferversorgung und im Zusammenhange damit 
werden in großer Tiefe umfangreiche Rohrverle 
gungen vorgenommen. 
In der Folgezeit nahmen indessen di« Erdstöße 
zu und sie wurden insbesondere auch im Wolken 
kratzerviertel von Manhattan deutlich wahrgenom 
men. In diesem Jahre ereignen sich die Erschütterun 
gen in besonders auffälliger Weise und der Bevöl 
kerung hat sich einige Aufregung bemächtigt, weil 
Erdbeben eine für Newyork vollkommen unbekannte 
Erscheinung sind. Am 22. Januar, morgens um 10 
Uhr, ereignete sich ein förmlicher Erdstoß, der im 
Chryslergebäude einen großen Riß in einer Wand 
im 46. Stockwerk hervorrief. 
In der Fachwelt und in der Presse wird die Ur 
sache der geheimnisvollen Erderschütterungen eifrig 
erörtert. Natürlich sind die wildesten Gerüchte im 
Uii.lauf und die Behörde hat Mühe, die Aufregung 
einzudämmen. So lief zum Beispiel das Gerücht um, 
es habe sich vor einigen Monaten im Norden der 
Hudsonbay ein großes Erdbeben ereignet, das um- 
fangreiche Bodenverschiebungen hervorgerufen habe, 
die sich jetzt auch auf das Festland ausdehnten und 
den felsigen Untergrund von Newyork in Mitleiden 
schaft zögen. Wieder andere wollen von der Exi 
stenz riesiger Höhlen in großer Tiefe wissen. Man 
sei diesen Höhlen bereits auf die Spur gekommen, 
die Regierung sei nur bemüht, das Geheimnis zu 
hüten, um eine Panik zu vermeiden. Natürlich han> 
belt es sich hierbei um Enten, die aber bei der gro- 
ßen Masse zum Teil Glauben finden. In der Tat 
haben in diesen Tagen in Newyork zwei Veriamm- 
lung im Negerviertel Haarlem fand sich sogar ein 
Stellung genommen wurde. Auf einer Versamm 
lung im Negerviartel Haarlenr fand sich sogar ein 
Redner, der selbst die furchtbaren Verwüstungen 
durch das Seebeben gesehen haben wollte und der 
den Untergang Newyorks in den düstersten Far- 
hen schilderte. Der Betreffende, der gleichzeitig für 
einen Dollar pro Stück eine selbstverständlich von 
ihm selbst herausgegebene Zeitschrift vertrieb, die 
beschrieb, wie jeder sich retten könne, wurde ver- 
haftet und wird sich wegen Gefährdung der öffent 
lichen Sicherheit zu verantworten haben. 
Mittlerweile ist die Wissenschaft eifrig am Werk, 
um die Ursachen der nun einmal nicht abzuleug 
nenden Erdstöße zu finden, die im Osten des Staa 
tes, besonders in der Stadt Syracuse, in Erschei 
nung treten und dort kleinere Häuser so stark in 
Mitleidenschaft gezogen haben, daß ihre Räumung 
von der Baupolizei angeordnet werden mußte. Man 
neigt tatsächlich der Ansicht zu, daß es sich um Aus 
strahlungen ferner Beben handelt, da das Vorhan 
densein eines Erdbebenherdes unter Newyork selbst 
als völlig ausgeschlossen gilt, da die Stadt, wie er 
wähnt, auf Urgestein aufgebaut ist. Wohl aber ist 
es möglich, daß starke Erschütterungen sich bis nach 
Newyork auswirken und dort kleinere Bewegungen 
hervorrufen. Andererseits müßte es sich um schwere 
Erd- oder Seebeben handeln, die aber in der letzten 
Zeit von den Erdbebenwarten nicht festgestellt wur- 
den. Ansichten, die die Erschütterungen in irgend 
einer Weise mit den Ausbrüchen von Vulkanen in 
Guatemala und auf Hawai in Verbindung bringen 
wollen, erscheinen vollkommen unbegründet. 
Bestimmte Kreise glauben, daß die Erschütterun 
gen unter der Stadt Newyork selbst mit den großen 
Untergrundbahnbauten zusammenhängen, die seit 
einem Jahre im Gange sind. Diese Ansicht erscheint 
einerseits wahrscheinlich, weil die Bauarbeiten un 
ter den Häusern selbst bei größter Vorsicht Erschüt 
terungen hervorgerufen, andererseits aber können sie 
indessen in keiner Weise mit den Erschütterungen 
im Osten des Staates, in der Stadt Syracuse, zu 
sammenhängen. Am wahrscheinlichsten erscheint des 
halb die Theorie, die die Erfcheiungen auf zwei ver 
schiedene Ursachen zurückführt. In Newyork auf die 
Untergrundbahnbauten und im Osten des Staates, 
wo der Untergrund auch kein Urgestein ist, auf fern« 
Beben. 
Die Regierung hat denn auch eine entsprechende 
Erklärung herausgegeben und gleichzeitig bekannt 
gemacht, daß es lächerlich sei, irgendwelche Beunru 
higung zu hegen. Allen wilden Gerüchtemachern 
werde scharf entgegengetreten werden. Im übrigen! 
sind die Baubehörden angewiesen, noch einmal die ' 
Festigkeit der angeblich durch die Erschütterungen 
besonders „gefährdeten" Wolkenkratzer genau zu 
untersuchen. 
Das chmeşiļi 
Sven Hedin über Iehol, dl 
An der Grenze zwischen der Mongolei und China 
liegt Iehol, die verfallene Sommerresidenz der chi 
nesischen Kaiser aus der Mandschu-Dynastie. Diese 
Stadt, von Kaiser Kang-Hsi erbaut, war ehemals 
vielleicht der reichste Ort der Welt. Unermeßliche 
Schätze und künstlerische Kostbarkeiten sind dort auf 
gehäuft worden, bis der Sturz der Mandschu-Dy> 
uastie der Herrlichkeit ein Ende machte. Da dieses 
einzigartige Zeugnis chinesischer Kunst in zehn, 
zwanzig Jahren unweigerlich aufgehört hoben wird 
zu bestehen, hat es sich der berühmte Asienforscher 
Sven Hedin zur Aufgabe gestellt, die Kaiserstadt Ie 
hol in Wort und Bild für die Nachwelt zu erhalten. 
Sven Hedin hat Iehol mit Kamera und Zeichenstift 
durchstreift und die mit weltgeschichtlichen Erinne 
rungen gesättigte Luft dieser Stadt geatmet. Sein 
Buch über das chinesische Potsdam wird Voraussicht- 
lich Anfang März unter dem Titel „Iehol, die Kai- 
serstadt" bei Brockhaus in Leipzig erscheinen. In 
diesem Buch feiert das Iehol der großartigen Feste, 
der Siegesfeiern und prunkhaften Empfänge, das 
Iehol der geheimnisvollen Intrigen und verschwie 
genen Liebesabenteuer ungeahnte Auferstehung. 
Eine der tragischsten Liebesgeschichten, die sich in den 
Palästen Iehols abgespielt haben, ist das Schicksal 
Bezeichnend für die Stimmung ist es ober, daß 
zahlreiche Bewohner der höchsten Etagen von Wol 
kenkratzern ihre Mietsverträge gekündigt haben, 
wohl, weil sie glauben, womöglich „zu tief zu 
fallen". 
Heinz Hclmig. 
BuE W§ßL. 
30 000 ausgestopfte Vögel — die seltensten Eier 
der Welt. 
Das Museum für Naturgeschichte der Harvard- 
Universität hat kürzlich seine Sammlungen um eine 
der schönsten Kollektionen der Welt bereichert, eine 
Sammlung von Vogeleiern, Vogelnestern und aus 
gestopften Vögeln seltener Art. Me Sammlung 
ruft 
Hg 
ügp 
—* 
>enz der Mandschurei. 
der Prinzessin „Wohlgeruch" oder, wie sie mit 
ihrem fürstlichen Namen hieß. Prinzessin Hsiang 
Fell Die Prinzessin war bei einem Feldzug'eines 
lästerlichen Generals gegen ihren Gemahl gefangen 
genommen und nach Iehol gebracht worden. Der 
Kaiser faßte augenblicklich eine tiefe Liebe zu Hsiang 
Fei; diese aber wies seine ständigen Werbungen als 
über den Tod hinaus treue Gattin ihres gefallenen 
Gemahls ab. Eie sah in dem Kaiser nur den Mör 
der ihres Gatten und verfolgte ihn mit Haß. Der 
Kaiser ließ nichts unversucht, um ihre Liebe zu er- 
ringen. Ungeheurer Prunk wurde entfaltet, um 
Prinzessin Wohlgeruch umzustimmen. Umsonst, die 
Gefangene blieb fest. Der Kaiser grämte sich fast zu 
Tode und magerte aus Liebeskummer zusehends ab. 
Er vernachlässigte die Regierungsgeschüfte, so daß 
die Prinzessin zu einer ernsthaften Gefahr für das 
Reich wurde. Die Kaiserinmutter ließ die Prinzes- 
sin im Einverständnis mit der eifersüchtigen Kai 
serin heimlich erdrosseln. Als der Kaiser von dem 
Mordplan hörte, eilte er sofort in den Palast der 
Kaiserinmutter, jedoch war es zu spät. Lange 
trauerte der Monarch der Toten nach und ließ 
manches herrliche Bauwerk zu ihrem Andenken er 
richten. ' 
/ Historisch« Skizze von Hans-Eberhard v. Bester 
Der Schnee knirschte unter den sporenklirreàn 
Tritten des Leutnants von Lochow, der auf den 
Wällen der Feste Pleißenburg dahinschritt. Tieş 
unten lag Leipzig, Licht schimmerte herauf, ferne 
Rufe, Schreie . . . Faschingstrubel wogte ausge 
lassen durch die Gassen. Maskenfveiheit regierte 
dis Stunde. Der Offizier blieb stehen, mit wind- 
heißen Auşn starrte er hinunter, und es war, 
als käme eins versucherischs Woge herangebraust, 
bunt und licht, vorn Taumel des Karnevals er 
füllt. Lochow dachte an Dorothea von Roßberg — 
und er verkrampfte dis Fäuste. Mußte er ausge 
rechnet in der Karneoalsnacht Dienst haben, die 
Posten revidieren, während da unten die Geigen 
und Klarinetten klangen und alles sich im Tanz 
drehte! Zu der Redouts war selbst der Kurfürst 
Johann Georg aus Dresden herübergekommen. 
Und er — er mußte Dienst haben! 
Lochow wankte weiter, doch die Versuchung hatte 
ihn schon erfaßt. Ob er nun eine oder zwei Stun 
den früher in das Wachtlokal der Festung zurück 
kam und die Nacht dort verhackte, wer kümmerte 
sich darum? Gr hatte die Posten revidiert, es war 
alles in Ordnung. Zwei Stunden auf dem Mas 
kenball mit ihr, der Einzigen, zwei Stunden, welche 
berauschende Ewigkeit! Maskenfreiheit beherrschte 
die Nacht, wenn er hinging. Die Maske schützte 
ihn, niemand konnte es merken. Nur zwei Stun 
den, nur tanzen mit ihr, einen verstohlenen Kuß, 
ihr Herz pochen hören, gewiß war es Sünde — 
der Mann hob die Hände, als wolle er sich wehren. 
Doch wieder drangen Rufe des Frohsinns, der 
şaschingsstimmung zu ihm, Takte der Musik. Der 
Leutnant von Lochow eilte die Wälle hinunter . . 
Der Jubel heller Geigen rief alles zum Tanz. 
Da drehten sich die bunten Masken im Neigen. 
Matrosen und Zigeuner, Dominos in grün und 
gelb und rot, Spanierinnen und entzückende Edel- 
fungfrauen. Der Leutnant von Lochow zog den 
schwarzen Domino fester und prüfte hastig den Sitz 
der Maske. Er war in Sicherheit. Noch vaste in ihm 
die Erregung, noch fand er kaum Atem vom jähen 
Lauf. Niemand hatte ihn bemerkt, überall tobte 
der Karneval, als er den Domino aus seinem 
Quartier geholt. Noch zagenden Schrittes ging er 
durch den Maskentrubel — da — diese zierliche 
Kolombine — das war Dorothea von Roßberg. Er 
drängte sich unauffällig heran. Und als sie soeben 
mit leichtem Senken des Kopfes ihren Tänzer ent 
ließ, war er schon bei ihr. Ein geflüstertes Wort, 
schon hatte Dorothea begriffen. Sie schmiegte sich 
in seine Arme, sie zitterte, das ungeheure Wagnis 
der Stunde wurde ihr, der Tochter des Komman 
danten der Festung Pleißenburg, erschreckend klar 
Doch es wap Fasching — und selig gab sie sich dem 
Tanze hin, süß lächelte der kleine rote Mund un 
ter der seidenen Halbmaske. Geschickt führte Lochow 
sie, und als die Musik abbrach, entwich er mit ihr 
in einen abgelegenen, kleinen Salon. Er riß die 
kleine Balkontür auf, sie traten unter die Sterne. 
Heiß fanden sich ihre Lippen zum Kuß. 
„Nur zwei Stunden, Dorothea! Ich konnte nicht 
anders, der Fasching machte mich toll. Nur zrvei 
Stunden! Wir wollen sie dankbar genießen und . 
Dumpf rollte ein Schuß fernher herüber, ein zwei 
ter, ein dritter! Lochow prallte zurück, Alarm auf 
der Festung Pleißenburg, ein Gefangener war ent 
wichen, die Schüsse verpflichteten alle Bewohner 
von Leipzig und die Bauern der umliegenden Ort 
schaften, nach dem Entwichenen zu spähen. 
„Himmel, ich muß zurück. Alarm, Dorothea das 
ist ..." 
Lochow ritz die Maske vor das Gesicht, unwill 
kürlich tastete feine Hand nach dem Degen, er 
stürzte in den kleinen Salon, zitternd folgte das 
Mädchen. Lochow eilte zur Tür, dem einzigen Aus 
gang, der in die Nebenräume führte. Da blieb er 
wie angewurzelt stehen. Die ganze Gesellschaft 
stand Kopf an Kopstim Nebenzimmer, und vor der 
schmalen Tür hatte sich ein indischer Gaukler auf 
gestellt. Alle verfolgten atemlos seine Künste. 
Lochows Augen gingen in die Runde. Er war ge 
fangen. Unmöglich konnte er den Gaukler zur 
Seite schieben, sich durch die Masken drängen, das 
mußte auffallen. Jener schlanke Minnesänger da 
vorn, dem man sichtlich den Vortritt gelassen, war 
zweifellos Johann Georg, der Kurfürst. Der 
Schweiß trat Lochow auf die Stirn. Dorothea 
lehnte, ihrer Sinne kaum mächtig, am Türpfosten. 
Der Leutnant sah verstört um sich. Draußen fahn 
dete mau nach dem Entwichenen, der in der 
Faschingsnacht untertauchen wollte, man suchte den 
Offizier vom Dienst. Wer gab die Befehle . . ■ 
Lochow taumelte nach dem Balkon. Ob man hin 
untersprang? Dieser verfluchte Karneval, der ihn 
pflichtvergessen gemacht! In der nächsten Sekunde 
stand der Offizier wieder ohnmächtig vor Zorn 
neben Dorothea. Beide schauten anscheinend in- 
.teressiert dem Gaukelspiel des Inders zu. Er voll 
führte Kartenkunststücks, verblüffte durch Zaube 
reien und wollte jetzt wahrsagen. Lächelnd trat 
der Minnesänger heran, um sich die Karten legen 
zu lassen. Lochow stand wie auf Kohlen. Lange 
konnte das Spiel nicht mehr dauern. Dann war 
der Weg frei und — und — da erstarrte sein Blut 
zu Eis. Er ergriff Dorotheas Hand, so fest, daß 
diese beinahe aufgeschrien hätte. Während der 
Inder allerlei Formeln murmelte, senkte sich un 
bemerkt seine Rechte in das lose fallende Gewand, 
das ihnr bis zu den Füßen reichte, vorsichtig er 
schien sie wieder — eine Pistole blitzte. In Lochows 
Hirn jagten die Gedanken, ein klar umrissenes 
Bild zuckte auf, und jäh stürzte er vor, riß die 
Faust mit der Waffe zurück und überwältigte den 
Inder. Ein ungeheurer Trubel entstand unter de» 
Masken, der Minnesänger war zurückgewichen, er 
riß die Maske herunter, das Gesicht des Kur 
fürsten erschien. 
„Wer ist der Kerl?" fragte er scharf. 
Da hatte Lochow schon den Burnus samt der 
Larve herabgefegt, das lange Gewand klaffte aus 
einander, und in der Uniform des Gefängniswär 
ters stand der portugiesische Oberst Salmiaro, den 
man wegen Falschspieles in die Pleißenburg ge, 
bracht, vor dem Kurfürsten. 
Nun öffnete auch Lochow den Domino. Er roußtt 
kaum, was er tat. Er sah die Ereignisse gespenstig 
klar. Erkannte helläugig, wie sich das Ganze ab 
gespielt, und hörte sich sagen: „Kurfürstlicher Herr! 
Der Oberst Salmiaro ist aus der Pleißenburg ent 
wichen. Er ahnte die Anwesenheit Eurer Ena-den 
auf der Redouts und wollte sie zu einem Attentat 
benützen. Er gedachte sich für die gerechte Strafe, 
die ihn ereilt, zu rächen. Er trägt die Uniform 
des Gefängniswärters, eines alten Mannes, den er 
niederschlug. Nur so war es möglich, daß er die 
Festung verlassen konnte. Der alte Mann muß aus 
seiner Betäubung erst jetzt erwacht sein, sonst hätte 
man den Halunken früher erwischt." 
Düster betrachtete der Kurfürst den dunkeläugi 
gen Portugiesen. 
„Darf ich den Gefangenen zurückbringen? Ich 
bin Leutnant von Lochow, Offizier vom Dienst!" 
Lochow nahnr Haltung an. Als er aber das Er 
staunen des Kurfürsten bemerkte, schoß ihm das 
Rot in die Wangen. Er erkannte, daß er sich in der 
Erregung verraten hatte. Johann Georg winkte, 
und man brachte den Portugiesen fort. 
„Offizier vom Dienst, sagt Ihr? Und hier auf 
der Redoute seid Ihr zu finden?" Der Kurfürst 
runzelte die Stirn. 
Da trat Dorothea vor, sie hob flehend die Häà. 
Johann Georg sah von einem zum anderen, dann 
trat er mit den beiden in den kleinen Salon. 
Schweigend vernahm er die Deichte des Leutnants. 
„Ihr habt mir das Leben gerettet. Dieser Fa 
natiker hätte gut gezielt. Euer Versäumnis sei 
Euch daher vergeben. Zweifellos war cs eine 
Sünde, doch eine Faschingssünde wiegt nicht st 
schwer." 
Der Kurfürst trat mit ben Beglückten hinaus 
und winkte der Musik. Die Polonaise begann, das 
Brautpaar mußte auf kurfürstlichen Befehl an der 
Spitze gehen, und der bunte Maskenzug folgte 
lachend und scherzend 
Dienstag, den 9. Februar 1^32 
gestorbenen Arten. Unter diesen Seltenheiten be 
finden pch als bei andere Rarität zehn Eier des 
»Großen Alt", eines Vogels, der seit dem Jahre 
1843 ausgestorben ist, sowie mehrere Eier kalifor 
nischer Kondore, Exemplare eines ebenfalls aus- 
gestorbenen arktischen Vogels, der unter dem Romen 
„Brachvogel der Eskimos" bekannt ist, und endlich 
ein Exemplar der Labradorente, eine Gattung, die 
cs seit 78 Jahren nicht mehr gibt. Es ist das letzte 
bekannte Exemplar dieser Entenart. die Thayser 
aus der Sammlung des Lord Derby erwarb. Es 
handelt sich um einen ausgewachsenen männlichen 
Vogel, der in seinem tadellosen Zustand eins der 
besten Stücke der Sammlung darstellt. Mit dieser 
letzten Erwerbung der Sammlung Thayer besitzt 
das Museum für Naturgeschichte der Universität 
Harvard zurzeit elf Exemplare von Eiern des 
„Großen Alk", d. h. etwa ein Sechstel dieser sel 
tenen Vogeleier. Was die in der Sammlung be 
findlichen Kondoreier betrifft, so sind es die ersten, 
die aus den Nestern freilebender Vögel stammen. 
Der Zovlogffche Garten in Washington besitzt zwar 
auch mehrere Kondoreier, die aber den Kondor- • 
horsten im Garten entnommen wurden. Die hier 
erwähnten sind dagegen die einzigen, die von den 
Felsenhorsten kommen, in denen die Raubvögel an 
den Küsten des Stillen Ozeans nisten. Die Selten 
heit dieser Eier bedingt die Tatsache, daß die Kon 
dorhorste dem Menschen fast unzugänglich sind, und 
ferner das Kondorweibchen nur alle zwei Jahrs 
ein Ei legt. 
Eine Brille, die Nervöse heilt. 
Einer wissenschaftlichen Erklärung bedarf 
noch der seltsame Fall, der kürzlich vor der 
Berliner Gesellschaft für Psychiatrie und Ner 
venkrankheiten zur Sprache kam. Dort wurde 
nämlich ein Mann vorgestellt, der durch Far 
benreize in Nervenzuckungen versetzt wird. 
Besonders die Halsinnskittà,- rptfiot fi»«« rt n 
Irrtern nno rrämpfhaften Zuckungen, und der 
Kopf bewegt sich unwillkürlich, gegen den Wil 
len des Kranken. Es nützt ihm nichts, wenn 
er sich hartnäckig dagegen wehrt; es gelingt 
ihm nicht, den Kopf, ruhig zu halten. Der 
Wille ist dagegen machtlos. Nur durch Far 
ben ist der Leidende zu beeinflussen. Die 
Aerzte sind nun auf folgendes Heilmittel ver 
fall: Sie haben dem Kranken eine dunkelgrüne 
Brille aufgesetzt und damit denn auch tatsäch 
lich den Erfolg erzielt, daß die krampfhaften 
Bewegungen des Kopfes, daD Zittern und 
Zucken der Halsmusknlatur nachließen, schließ 
lich sogar völlig verschwanden. Aber sobald 
man dem Manne die dunkelgrüne Brille wie- 
oer von den Augen nahm, fetzte die Nervosität 
von neuem ein. Warum es gerade eine grüne 
Brille sein muß, weshalb eine blaue oder 
rote wirkungslos bleibt, in welcher Weise das 
Dunkelgrün wirkt und welchen Teil des Ner 
vensystems es beeinflußt, das alles sind Fra 
gen, über deren Beantwortung man sich noch 
den Kopf zerbricht. Sicherlich aber wird der 
seltsamen Erscheinung auch über diesen Fall 
hinaus allgemeine Bedeutung zuzusprechen 
sein.
	        
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