„Se ycļt oe Jooren. Se mutt Gunsliu
such toveel missen. Litt he opstunds doch mecr
in 'n Sadel as bi ehr."
„Denn is ic fach op mi ni good to sprä-
len, wat?"
„Iļ heff ehr noch nt traagt." seggl Jord
sursvt. „Man svveel as ik meet is se noch
schier un öwerteggt sik noch, ivat se in ! c Mutt
edder op 't Rosenbladd fallen will. Se dröppt
sik letzterdaag mit den Welschen itra Bädklocks-
tied ßüitt bi den Born "
Hinnert sinneert. Nu lvppt ein tut Dü-
welsgrientje öwer de Sogen. „Saat he mi ihn
Bädklockstieü dat Froken kamen," scggt he.
„Js de schottiche Dndelmuskant mit den Bo
ren noch in de Knechenstuw?"
„Is he! As it hört heff, will he to-
inorrn reisen."
„Schick mi cm mal furls rop, Jord!" —
De Sünn hctt utglöst. Sülwergries kiekt
de vullsluukte Maan öwer de Borgmur. De
Wachlüd treckt de Doorbrüchen hoch. In 't
Frugenhus sitt de Atätens an 't Spinnrad
NN singt in den mojen Abend.
Bi Hinnerk baben stuckert Was; sacke ln nun
de Wand. De Eekendifch is deckt mit Wild
braden, Koken un Slapperjnx. Roodwien
lucht in 'e Krös. Twee holtsnäden Sittels
fund smuck mit Frecsendook öwertrocken. In
den een sitt Hinnerk sülm, staatsch, brvkat dat
Wams, — steiht em good bi sien lang gäl
Hoor. In den annern en lütt smuck Froken
mit groote Dogen, en lütt Stupsnäs un cn
kasbeerrode Mund. Se süht nnwedersch nt
un hölt sik sties. De Hovrtoorn mit den han
gen Steuer na de burgiindfche Mod steiht pie-
lings as en Stich.
Hinnerk schenkt ehr in. He harr en beten
Sangewiel, scggt he, wull sik gern en beten
wat mit ehr vertelln. Se schull sik man ni
tiereu. Man driest to, as harr se — cn
Spälmann vör sik.
Dat lütt Froken ward rood. Se kriggt
dat Roren. „Jk schaam mi ja so," snuckert
se. „Man mat Hess ik nun ein, nun Guns
liu?" scggt se surmuulsch. „All Näs lang
ströpt he butenlandS. Ik kann mi man in de
Klus Huken. — Man dat doo ik lang ni. Jk
will noch ni verdrögen!"
„Dat kann 'k ehr naaföhlen," seggt Hin
nerk un strakclt ehr lütt sien Pool. „Sun
lütt vergnügte Bodderoagel ns Se patzt sik
fach anners in den Maidag. Man rveet se
ok, nt wat . . . wat Ursak ehr GunSlin buten-
lands ströpt, as Se mecnt? Dag bi Dag jaagd
he sweetleckennatt mit Badenbreewen öwer de
Straaten. He man alleen is mien Bestmann,
vp den Bcrlaat is as vp anners nüms. Dat
deit he für mi as för sein all, de in Borg un
Staden seeker hüsen wüllt. Schull ehr, Fro
ken, dorbi dat Hart ui warm in de Bost
slaan?"
Do sleit se de Dogen vördal un week ni
wat seggen. „Och, uns' Herr," stamert se
denn, „nu mark ik ers, wat ik an mien Guns-
lin Hess as ik ers nu ok fohl. mat hartlcew
Ji dat mit mi mecnt."
„Na, denn is ja allns in 'c Reeg," smu-
stergrient Hinnerk. „Se hett denn doch en
goden Tier. Froken. Dat mag ik lieden.
Tennso dürst Se sik ok ivat utbäden. Jk will
dat werr good maken."
„Nee," seggt se do, un de Schelm kiekt ehr
nt de Dogen, „Ji sünd doch veel beter as
de Süd vertellt!"
„So?" seggl Hinnerk spietig, „wat ver
tellt se sik denn?"
„Ji sünd ruchhartig as cn Schinner,
seggen se. Ji hebbt den Kopp vull anners
niks as Moord und Doodslag, un dat leidige
Geldgiern maaki In de Seel veninsch. Man
dat is ja lagen. Ji hebbr ja en boddermeek
Hart."
Hinnerk dreiht sik grisflachen na ehr üm.
Man deep in sien swartbrun Dogen dor sitt
wat, dat mutt he betauten as he opkrellt de
Wöer vörbringt: „Meent Sc dat förrecht,
Froken? Will Se dat ui leewer ersmal naa
föhlen?" llu he hett ehr lütt Hand faat as
kunn he fach noch meer säten.
Se schüttkoppt Hitt un rood un hölt sik
trüch. „Dat dürf ik üm Gunslin ni dou,
Herr!" gittert se bang.
„Na, denn wüllt wi mal op ein anstöten,"
seggt Hinnerk boots iverr muter Sinns. „Un
ivat will Se sik utbäden?"
„Schall ik snacken, denn bäd ik wull, wat
ik ni Gunslin sien Echtesru warrn kann, so
drad as he werr an de Borg is! Wüllt uns'
Herr dorför sorgen . . . ."
„Dor heff ik man op tölvd, smuck Froken,"
fallt ehr Hinnerk in 't Woord. „Dat schall
wull warrn."
„Ja, un denn dürft he in de Stutenwee-
kcnstied ni vun mi weggaan!" scggt se gau
achte rnaa.
„In de Stutenweekenstieö, nee, dat ver-
stciht sik!" gisst Hinnerk ehr bi.
„Dk naastcn mutt he, soveel as uns' Herr
ok vun ent holen deit, Mi ok ers fragen, wenn
he weg tvill!"
„Jojijo," huchelt Hinnerk. „Sc hett ja
en bannig smieüig Tung, Froken. Jk schall
ja wull rein gorniks mecr von cm hem,
wat?"
Do hört se vun den Binnenhof her en
Spälmann. He strickt den Schrapkassen un
singt. „Süh dor," seggt Hinnerk, „en Giegel-
broder, de sik fach wat Söts Halen will. Wüllt
uns cm mal beknippögen!" Nn he stellt sik
mit ehr cm bc. Windoogen.
Wull, dor steiht he, günt bi den Born.
En Dör knarrt. He is en Oogenblick still un
lüstert. Padd — padd — dor kümmt jüms.
He will opto. Man bannig verfeert he sik
— dat is cn Bor, de dor kümmt. „Jcsse-
Marien!" bölkt he un wcet in 'e Gau ni wat
öon. Man de Bor stellt sik op c Achtcr-
bcen, bort de Snut un grünst in den blanken
stillen Heben. Do fallt den Spälmann dat
ja wull bi, ivat de Bor vun cm will. De
Gicgel hett he hört, danscn will he. Hild
maakt de Spälmann do en poor Strecken.
Kiek, dor dreiht ye sik ok all, de Bor,' heel
kandidcl pant he in'n Krink! He is noch itt’e
Gang, as vun achtern to en Dudelsackfleit dor-
mank stimmt. De schottsche Aiuskant is't, de
dor vör Tüg kümmt mit en Schoos Knechen
un Deerns, de sik luudhals högt. Do markt
de Spälmann ja, se hebbt ehr Spijök mit cm
drcwen, un he verdrückt sik vergrillt.
„Jcja", seggt Hinnerk un huchelt un gu-
chclt man so, „ecu kann wull weeten, wakeen
he meent, — man ni, wakeen em in'e Möt
kümmt!"
Dat Froken harr crsan de Klör oertrok-
ken. Se kreeg dat Fleegen un Bewern as de
Bor keem. Man nu gittert se ok. Se gillert
un snuckert toglick.
lFortielluna folat. 1
Eine Familie, die seit 900 Jahren Wein baut.
In Beaujolais lebt die Familie Ghama-
rande, die seit 600 Jahren dort Wein baut.
Im Rhvnetal, in Salles-sous-Bois, gibt es
eine Familie Goujon, die seit dem Jahre 1471
dies Tätigkeit ausübt. In Sacoux besitzt die
Familie Dupont seit 830 Jahren dieselben
Weinberge. Den Rekord schlägt aber die Fa
milie Blache in Douzere, die seit dem Jahre
1047 im selben Besitztum Weinbau treibt.
Sckachttkr
Geleitet von Schachmeister Als. Brinckuianu. Kiel
Ausgabe Nr. 26.
Bon Braune-Lübeck.
lUrdruck.»
Weiß: Kb7, Dt>2, Sf3 u. fS, Bc2, d3.
Schwarz: Kc5, Bb4 d5.
Matt tu 2 Zügen.
Partieschach.
Aus dem kürzlich beendeten Wettkampf Stoltz
lSchwedcnj — Flohr (Tschechen, den der erstere
4^ :Sj{. gewann.
Königsflügel vorgehen, um schlietzlich mit
und t'4—15 eine kritische Stellung herauszuführen'
Schwarz hingegen das Schwergewicht seiner Aktw-
neu auf den Damcnflügcl (o-Linie, Punkt chl
verlegen. Für die Art und Weise des Verfahren-
in solchen strategisch eindeutigen Stellungen geben
zahlreiche Mustermeisterpartien verflossener Zei
tungen ein Schemas insofern bewegt sich auch diese
Partie Positionen im Rahmen des Herkömmlichen.
Die Entscheidung fällt schließlich im letzten Augen
blick durch ein taktisches Moment.
12. Sb8—c6 13. Sgl—f3 De7—b4 14. T»ļ
—cl Lc8—d7 15. Lf 1—d3 Ta8-cS 16. S*3-c2!
Db4Xd2
Das Schlagen auf b2 hätte den Schivarzen gar
zu argen Zeitverlust gekostet. Nach 16.
DXb2 17. 0—0 hätte sofort Tel—bl DX a -"
Tbl—al nebst Tfl—bl gedroht.
17. Kelxd2 Sb6—c4+ 18. Ld3Xc4 d5Xc4
19. Sc2—e3 b7-b5 20. a2—a3 Tf8—d8 21. Kd2-e 2
Sc6—e7
Natürlich soll dem Vorstoß des ck-Baucr»
möglichst lange ein Riegel vorgeschoben bleiben.
22. Tbl—dl Ld7—c6 23. g2—g4 Se7—d5 24.
Se3Xd5 Lc6Xd5 25. 813—62 Tc8—c6 26. Tcl-c 2
h7—h5.
Um eventuell die weiße Bauernphalanx, die
von der ll- bis zur b-Linie reicht, zu zerreißen-
Das Bauernopfer darf als vorübergehend be
trachtet iverdeu. Stoltz geht darauf ein: er ver
zichtet darauf, mit h2—hS den Zusammenhang
seiner Baucrnfront aufrechtzuerhalten und tausch!
dafür als Kvmpensation die vssene g-Linie ein.
27. g4 —h5 a6—a5 28. Tdl—cl TdS—c8 29.
Ke2—e3 b5—b4 30. a3Xb4 a5Xb4 31. 862—-4
c4—c3 32. b2xc3 b4—b3 33. Tc2—b2 LdSX« 4
34. Ke3xe4 Tc6Xc3 35. Tel—gl
Die primäre Drohung dieses Zuges ist nicht
ctiva hö—ho oder Tc2—g2. Denn gegen das erstere
würde g7—gö cute ungenügende und gegen das
letztere Tb8 gar eine siegreiche Abwehr gestatten-
(35. Tb8 36. Tcg2 b2 37. TXe7+ Kh8).
Vielmehr will Stoltz Tgl— g3! ziehen. Demzufolge
ivar für Schivarz in diesem Augenblick Tb-3 das
Gegebene.
35. Kg8—h7 36. Tgl—g3! Tc3-c2
Durch Tg3 würde Schwarz die weiße Phalanx
ivieder in Reih und Glied bringen und außerdew
einen glatten Bauern iveniger haben.
37. Tg3xb3 Tc2—cl 38. Tb3-e3 Tc8-dS
39. Tb2—d2 T68-67 40. f4—f5 Tel —fl 41. 15X-Ü
f7xe6 42. 64—65!
Aufgegeben, da nach ex65P, TX65 Txäö,
llXllö Tül-ll, ll«!! der o-Bancr rasch entschieden
hätte.
Tum Lachen und Lächeln.
Weiß: Stoltz. Schwarz: Flohr.
Eröffnung: Französische Partie.
1. c2—e4 e7—e6 2. 62—64 67—65 3. Sbl—c3,
Sg8-t6 4. Lei—g5 Lf8—e7 5. e4-e5 Sf6—67
6. Lg5Xe7 Dd8Xe7 7. Ddl - 62 0—0 8. Sc3—b5
867—d6 9. f2—f4 &7—a6 10. Sb5-a3 c7—c5
11. c2—c3 c5Xd4 12. c3xd4
Eine alte Weise, die hier von den Jungen ge
sungen wird! Die Polarität des weiteren Partie
verlaufs ist klar bestimmt: Weiß wird auf dem
Zwischen gestern und heute . . .
„Paul, ich habe gestern ein Mäöel ken
nengelernt, bie sagte, öatz sic noch niemals
geküßt worden sei."
„So? Die mußt du mir mal vorstellen,
so ein Mädel möchte ich auch gern kennen
lernen!"
„Ja, heute ist natürlich die Sache schon
etwas anders."
Ein einsichtsvoller Schuldner.
„Das ist ja furchtbar, was ich für Zeit
vertrödle! Täglich komme ich her, jedesmal
vertrösten Sie mich auf den nächsten Tag, und
niemals bezahlen Sie!"
„Sie haben recht. Also, an welchem Tage
paßt es Ihnen an besten?"
„Mittwoch!"
OltCUliDcU ill SiCH) / Bon Joachim Rügheimer.
Verlag Presse-Tagesdienst, Berlin W. 35, Potsdamer Ltr. 39a.
(Nachdruck verboten).
„Nein", entfuhr es ihm und Teddy sah erstaunt
auf. Er hatte in der Zwischenzeit nervös mit dem
Limonadenglas auf dem Tisch gespielt. „So ein
Idiot bin ich", schimpfte er im stillen. „Jetzt macht
sich der Junge noch Vorwürfe, daß er mir nicht
Helsen kann ..." Nur mühsam verhielt er den
Aerger über sich selbst. „Nein", sagte Jimmy da
noch einmal. „Ich babe drin Wort... ist es so.
Teddy?"
Teddy nickte verlegen.
„Gut", setzte Jimmy fort, „ich werde sehen ...
daß ... daß ... was ich machen kann." Er stand auf.
„Was willst du tun, Jimmy?"
„Warte. Morgen um 10 Uhr bin ich hier ...
dann sprechen wir weiter."
„Jimmy!" Teddy war aus seinem Sessel auf-
geiprungen und wollte den Freund halten ... er
fühlte instinktiv, daß er im Begriff stand, eine Un
geheuerlichkeit zu begehen. „Jimmy!!"
Der stand bereits in der Drehtür, die zum Re-
stauraut führte. Er winkte kurz mit der Hand, ab
wehrend oder zum Abschied, Teddy hörte das sau
gende Geräusch der drehenden Tür. Jimmy hatte
den Klub der Antimillionäre verlassen.
Von der nahen Trinidad-Kirche schlug es zwölf-
tual. Jimmy leerte mit einem Schluck die Mokka
tasse, die, wie nur Eingeweihten bekannt war, alten
schottischen Whisky enthielt, und bekam wieder den
starren, stahlharten Mick, die verglasten Augen, den
scharfen Zug um den Mund. In seinem Kopfe wir
belten die Gedanken durcheinander: „Mary... die
Insel ... eine Million und wieder Mary." ,.. und
eine Million Dollar!"
Plötzlich schloß er die Augen, der harte Zug um
den Mund wurde weich ... formte sich zu einem La
ch t und dann geschah etwas, das Teddy und Bill
und Jens, und wie seine Freunde und Bekannten
all« hießen, in hellstes Erstaunen gesetzt hätte, wenn
sie cs geiehen hätten. Iinimy schlug mit der Faust
aus den Tisch, daß es wie Kanonendonner in dem
kleinen Kellerlokal widerhallte. Der Barkeeper und
die dre- Gäste au der Theke sahen erstaunt zu dem
lauten Gast. Der hielt sich die Hände vor den Leib
und lachte ... lackte laut und schallend ... bog sich
vor Lachen. Jetzt wankte er, immer noch grinsend,
zum Schanktisch und warf -in vO-Eent-Stück hin.
„Das letzte, Boß", sagte er glucksend zum Bar
keeper. „Das letzte ... sieh es dir gut an .... aber
morgen früh habe ich eine Million Dollars."
Der dicke Barkeeper verzog keine Miene.
„That's allright, Jimmy", war alles, was er ruhig
lagt«, und steckte .das 50-Cent-StUck ein.
Er wußte, daß sein Whisky jetzt, zur Zeit der
Prohibition, oft die sonderbarsten Wirkungen er
zielte.
Irgendwo läutete wie besessen ein Telephon.
Schrilles Hundegel ell mischte sich drein. Ein tiefer
Dulldoggenbaß bellte Antwort. Den Gang entlang
kamen eilige Schritte, eine Stimme murmelte am
Telephon. Es klang wie eine Beschwörung. Eine
Tür flog wütend zu, dann ertönte bas Klirren von
zerbrochenem Porzellan.
Wieder klirrte Porzellan. Dann flog wieder eine
Tür mit lautem Krach, ein Hund, wahrscheinlich der
mit dem schrillen Sopran, heulte laut wimmernd
auf. Eine Frauenstimme kreischte.
Stille.
Stille. Leise, gleichsam gedämpft durch Por
tieren und Vorhänge, klang schluchzendes Weinen
... Wimmern, beruhigend sprach eine Frau.
James, der Butler, die Hand an dem Türgriff
zum Gartenziminer, hielt lauschend den Atem an.
Dann ließ er die Klinke los und ging leise den Gang
hinunter bis zu der Tür, aus der das Weinen drang.
Wieder lauschte er. Da wurde die Tür von innen
aufgerissen, ein kleiner Seidenstinschcr und eine
Bulldogge rasten laut bellend durch die Oeffnung
und verschwcmden im Vestibül. Behende wie Tele
mark) sprang James beiseite. Keinen Augenblick zu
früh. Ein Marmortintenfaß flog in großem Bo
gen gerade dorthin, wo James eben gestanden hatte,
und zerschellte mit lautem Klirren und donnerähn
lichem Geräusch ait der gegenüberliegenden Wand.
Dann flog die Tür, wie von Gespensterhänden ge
zogen, wieder mit einem Knall zu, so daß der fas
sungslose James vor Schreck zusammenzuckte. Einen
Augenblick dauerte das, dann hatte er sich wieder
in der Gewalt, und bemh sich kopfschüttelnd die be-
lchüdigte Wand und das zerbrochene Tintenfaß. Mit
einem Ruck wandte er sich um und ging zur Nffche
vorn am Vestibül, um durch das Sprachrohr Fran
cois heraufzubeschwören, damß w« Spuren auf
dem Gang beseitige.
James kam nicht dazu. Wieder flog die Tür
des betreffenden Zimmers auf, aber diesmal waren
es weder Pinscher, Bulldoggen noch Marmortinten-
sässer, die herausgeflogen kamen, sondern weinend
und schluchzend, die Hände mit einem winzigen Ta-
schentüchlein vor dem Gesicht, erschien Aîarys Zofe
Luisa. Kaum war sie auf dem Gang, so zogen die
Gespensterhände die Tür wieder knallend zu.
Luisa schluchzte laut auf. Da gewahrte sie am
Ende des Ganges James den Butler, der die ganze,
wirkungsvolle Szene sprachlos mitangesehen hatte.
Sie versuchte ihre Tränen zu trocknen. Der Ver
such, mit dem den Dimensionen der Tränen spotten
den winzigen Taschentüchlein, war ein Versuch mit
einem untauglichen Objekt, und so nahm sie kurz
entschlossen den Aermel ihres Kleides zu Hilfe.
„O, Mr. James," sagte sie fassungslos. „Sie
haben gesehen, was passiert ist?"
„In der Tat", entgegnet« Mr. James würde
voll und sah väterlich in das gerötete Gesicht Luisas.
„Es war sehr unruhig."
Luisa wandte den Kopf, da James sie so mu
sterte. „Unruhig!" sagte sie und lachte kurz und
gereizt. „Gehen Sie nur hinein, Mr. James, und
sehen Sie sich das Ziumier an. Ich glaube, Sic
werden es nicht wiedererkennen ... O du lieber
Himmel . . . auf einer Kirmes kann cs nicht so wüst
aussehen, wie in Miß Marys Zimmer . . . Hören
Sie, wie sic tobt!"
Hinter der verschlossenen Tür siel ein Stuhl
um, dann wurde mit beiden Fäusten unmelodisch
auf einem Klavier herumgehämmert. Mr. James
verzog schmerzvoll sein Gesicht, und Luisa hielt sich
die Ohren zu. Die symphonischen Akkorde hörten
io plötzlich aus, wie sie begonnen hatten, ein heller
Knall zeigte Mr. James und Miß Luisa an, baß der
Deckel des Klaviers geschlossen worden war. Dann
wurde es ruhig.
„Wollen Sie nicht wieder hineingehen. Miß
Luiso?" fragte James.
„Ich?" Luisa schüttelte den Kopf. „Nie mehr!
Sie hat gesagt, sie will mich nicht mehr sehen. Sie
glauben gar nicht, wie froh ich bin. Mr. Iaines."
„Hat sie . . .?"
„Ja. Entlassen . . . rausgeschmissen . . . Haha,
ha, ha." Sie lachte hysterisch auf.
Mr. Janies wiegte das Haupt. „Ich bin trau
rig," sagte er. Und cs war nicht ganz klar, ob er
traurig über Luisas Entlassung oder über den Krach
war. „Was ist denn vorgefallen?"
Die Zofe trat einen Schritt näher zu Mr. Ja
mes. ,,'n Lauspaß hat sie bekommen," flüsterte sie.
„Den Laufpaß??"
„Er hat ihr abtelephonicrt."
„Er??? Dieser Mr. . . . Mr. . . . Mills?"
„Ja, Mr. Mills . . . heute nachmittag."
Mr. James wiegte den Kopf. „Das ist ja un
möglich, das ist ein Skandal." Und nach einer
kleinen Pause: „Aber ich habe das kommen sehen . -
warum hak man mich nicht gefragt . . ."
Lautes Klirren riß ihn aus seinem Gedanken-
gang. Erschrocken sah er Luisa an, die sich nervös
über ihr Haar strich. „Der Kronleuchter!" entfuhr
es ihr.
Mr. James nickte. „Ein Skandal. . . sage ich
Ihnen, Miß Luisa, und Sie können mir glauben.
Am Vorabend der Hochzeit! Ich habe immer gesag!-
Dieser Mensch ist kein Gentleman."
Luisa schüttelte deit Kopf, ,,’n Irrtum von
Ihnen, Herr James . . ." enteggnetc sie. „Der
Mann hat gar keilte Schuld."
„Er hak Schuld. Wie er sie behandelt hat. . -
so behandelt man keine Lady . . . wenigstens nicht
in diesem Haus."
„Wirklich . . . sie hat Schuld. Mr. James!" be-
harrte Luisa. „Ich kann das besser beurteilen als
Sie." Und als James sie erstamtt ansah: „Na jü'
wo ich doch immer um sie hernin war . .. auch heute,
wie er antelephoniert hat..."
Aus dem Zimmer Miß Marys ertönte das wü
tende Trampeln ihrer zierlichen, kleinen Füßchen-
Dann hörte man herzzerreißendes Schluchzen. M'ß
Luisa lauschte.
„Jetzt hat sie den Weinkrampf," sagte sie fach-
gcniäß. „Ob ich einen Doktoi? hole?"
Mr. James wollte antworten, aber Luisa be
antwortete sich ihre Frage selbst. „Doktor? . . -
Nee, lieber nicht . . . Ich werde iin Büro anrufen,
daß Jackie kommt . . . das ist der einzige, der sie
beruhigen kaitn."
„Ich weiß nicht, ob Mr. Ashlafh jetzt in der
Offize ist," meinte James, „aber wir könnten es.
ja veriuchen."
Aus dem Zimmer drang unentwegtes Schluch
zen und Weilten. Noch einen Augenblick blieb Luv'a
lauschend vor der Tür stehen, und da das Schluchzen
nicht aufhörte, machte sic kehrt und ging zum Vesti-
bül. Mr. James besann sich plötzlich, was seines
Amtes war, und beorderte Francois durch bas
Sprachrohr zum Säubern des Eairges.
Das Schluchzen hatte sich in leises Wimmert
verwandelt. Kopfschüttelnd stieg Mr. James d>e
Treppen zum Parterre hinunter. #
*
(Fortsetzung folgt.»