Full text: Newspaper volume (1931, Bd. 1)

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Zur Unterhaltung 
Beilag» der Schleswķg.Holfteinļscheņ Landeszeitung (Rendsburg« Logeblatt) 
Mittwoch, den 25. Februar 1931 
Am P Ahr gestohlen, um 10 erwischt, um 11 verurteilt. 
Zwei Stunden beim Schnellrichter. — Angesprochen oder nicht? — Die drei Chinesen. — Der Vater mit der Postanweisung. 
.... »Herr Amtsgerichtsrat", kommt der dicke Ju- 
^»wachtmeister in das Zimmer gelaufen, „würden 
J? 16 vertretungsweise in Kammer 77 Vorsitzen? 
Dr. Meinecke ist erkrankt und es stehen bereits 
Fälle an." 
, Dr. Meinecke arbeitet als Schnellrichter drü- 
im Polizeipräsidium, wo zwei Räume hier- 
îár zur Verfügung stehen. Der Amtsgerichtsrat 
7"* keine sehr große Lust, denn er kennt die Fälle 
Ia nicht und hat mit seinen Sachen schon genug 
^ tun. Aber er hat sich seinerzeit freiwillig als 
Aushilfe gemeldet und kann jetzt schlecht nein 
lagen. 
»Also denn in Gottes Namen." 
- Und er geht mit dem Wachtmeister hinüber. 
Drüben drängen sich schon die Zeugen vor der 
Analen Tür auf dem dunklen Gang, während in 
^tn Zimmer, an dessen Eingang „Eintritt ver 
boten" zu lesen ist, die Angeklagten sitzen. Zum 
Doil werden sie direkt von der Straße vorgeführt, 
àtn Teil sitzen sie bereits einige Stunden in Haft. 
Dor Amtsanwalt wartet bereits und ist froh, daß 
och noch jemand gefunden hat, der die Sitzung 
Jetten wird. Der Amtsgerichts rat nimmt Platz, 
j*' 8 Sache kann losgehen. Akten gibt es nicht, sonst 
hauchte man ja nicht das Schnellgericht. Hier 
àrfcht Tempo und flotteste Abwicklung. Wer 
g Uhr vormittags gestohlen hat, kann um 10 
erwischt und um 11 bereits abgeurteilt sein. Vor 
aussetzung ist das Einverständnis des Angeklagten, 
s^ber meist liegt es in seinem Interesse, ja zu 
Men, weil das Schnellgericht keine sehr hohen 
Strafen verhängen kann und Leuten gegenüber, 
keinen Anwalt brauchen, sich meist auch keinen 
Listen können, in fast allen Fällen Milde walten 
l-ißt. 
Kaum hat der Richter Platz genommen, da 
l'ßt auch der erste Angeklagte schon in der Bank. 
„Sie heißen?" 
„Robert Baumann." 
„Aha, das ist die Sache mit dem Fahrrad." 
„Das Rad gehört mir." 
„Kein Mensch behauptet das Gegenteil. Aber 
die haben das Rad ohne Beleuchtung mitten auf 
ooin Damm hin- und hergeschoben und sind gegen 
über dem Schupobeamten tätlich geworden." 
«Herr Rat, ich kam gerade aus dem Gefäng 
nis und habe mich vor lauter Freude betrunken. 
Da wußte ich nicht, was ich tat . . ." 
„Ein Tag Haft. Einverstanden?" 
Robert Baumann — wie wir diesen Angeklag- 
EN nennen wollen — nickt freudig bewegt und 
^schwändet, um einer elegant gekleideten Person 
1-katz zu machen, die mit einem weithin duften- 
oon Tuch ihre Tränen abzuwischen sucht. 
„Elise Roberti?" 
„Jawohl. Dreißig Jahr«. Nicht vorbestraft." 
„Sie haben auf der Straße einen Herrn an 
gesprochen und ihn zum Mitgehen aufgefordert, 
bie wissen doch, daß das verboten ist?" 
»Das schon. Aber drei Wochen Haft steht 
°uf dem Strafbefehl." 
„Ach so, Sie wollen gegen die Höhe der Strafe 
Einspruch erheben?" 
„Jawohl." 
s Der Amtsanwalt beantragt angesichts dessen, 
sie tatsächlich nicht vorbestraft ist, zwei Wochen 
Haft, der Richter diktiert eine Woche. Sie nimmt 
an, der Amtsanwalt verzichtet auf Rechtsmittel. 
Vorgelesen, genehmigt, unterschrieben. Fertig. 
Der Nächste bitte! Wieder eine Frau, wieder der 
gleiche, Fall. Aber diesmal wird das Ansprechen 
heftig bestritten, denn Frieda Höppke ist nicht 
dreißig, sondern fünfundvierzig Jahre, sie rennt 
den Rummel, wie sie sagt, und sie weiß sich zu 
wehren. 
„Ich hab ihn angesprochen? Daß ich nicht 
lache. Er hat mir nachgestellt. So ist das ge 
wesen. Was meine Freundin, die Emma '.st, die 
kann das beschwören." 
„Gut", sagt der Richter, „vertagen wir und 
laden wir zum nächsten Termin übermorgen früh 
halb zehn Uhr den Herrn als Zeugen, der Sie 
angeblich angesprochen hat." 
Nun erscheinen drei Chinesen. Sie haben ohne 
Schein auf der Straße gehandelt, mit Porzellan 
und ähnlichem Tand. Keiner spricht deutsch, also 
haben sie ihre gemeinsame Wirtin zur Unter 
stützung mitgebracht. Die läßt natürlich nichts auf 
ihre Mieter kommen, doch kann sie den Gewerbe 
schein auch nicht herbeizaubern. Die Ehinesen un 
terhalten sich mit ihr an Hand einer Fingersprache, 
die niemand versteht. Der Richter will von jedem 
2,50 Jl haben, doch als man ihnen das beigebracht 
hat, fangen sie fürchterlich an zu schreien, bezah 
len aber, als der Amtsanwalt sich in seiner gan 
zen Größe erhebt — um einige Akten zu suchen. 
Nachdem sie entlassen sind, machen sie hundert 
tiefe Diener und lächeln dabei ihr unergründliches 
Asiatenlächeln, das niemand zu deuten vermag. 
Breit und behäbig besteigt ein schwerer älte 
rer Herr die Bank der Anklage. Er ist auf Ab 
wehr eingerichtet, worauf nicht nur sein dicker 
Knotenstock hindeutet und der spitze buschige 
Schnurrbart, den er beständig nach oben zwirbelt. 
Das Wohlfahrtsamt hat gegen ihn einen Straf 
befehl auf 3 Wochen erwirkt, weil er für seine 
jetzt 13 Jahre alte Tochter keine Alimente mehr 
zahlen will. Auf fünffache Mahnung hat er nicht 
reagiert. 
„Ich habe es endlich satt", erklärt er. „Wäh 
rend des Krieges, als wir in Belgien lagen, kam 
eines Tages der Feldwebel und sagte, die Anna 
Padlow hat ein Kind von mir bekommen. Ob ich 
mich als Vater bekennen würde. Na, ich hatte da 
mals wichtigere Geschäfts und sagte ja. Dafür 
soll ich nun noch immer zahlen." 
„Wenn Sie die Vaterschaft anerkannt haben, 
natürlich." 
„So so? Und zweitens habe ich gestern erst 
20 Jl abgeschickt." 
Triumphierend zeigt er eine Postanweisung 
vor. Der Richter besieht sich das Ding und macht 
darauf aufmerksam, daß die Anweisung zwar aus 
geschrieben, aber noch nicht abgegangen ist. 
„Drei Häuser entfernt ist ein Postamt. Viel 
leicht gehen Sie hinüber und zahlen den Betrag 
ein." 
Der „uneheliche" Vater macht sich auf den 
Weg, kommt tatsächlich, woran niemand glauben 
wollte, mit dem gestempelten Abschnitt zurück und 
erhält nun zu seinem größten Erstaunen doch noch 
ein« Woche Haft, die er aber vorläufig nicht ab 
zusitzen braucht. Am Ende zahlt er jetzt regel 
mäßig. Die nächsten Fälle rasen an den Zuhö 
rern vorbei, als sei man im Film. So schnell geht 
alles. Einer bekommt zehn Tage Haft, weil er zu 
wiederholten Malen in Bahnhöfen genächtigt hat, 
obwohl er sich dort, wie er behauptet, schon so 
schön eingewöhnt hatte. Ein anderer, der sich 
immer betrinkt, dann das Bezahlen vergißt, alter 
trotzdem so schnell laufen kann, daß die Kellner in 
Automobilen hinter ihm herjagen müssen, darf 
sich zwei Monate ausruhen und hat außerdem noch 
24 Jl zu berappen. Ein Taschendieb, den man 
eben auf frischer Tat ertappte, macht gar keine 
Versuchs zu leugnen, schützt Notlage vor und 
freut sich, seinem Metier entsprechend diebisch, als 
man ihm nur einen Monat zudiktiert. 
Ein frecher Patron ist Alois Mausenvach, der 
Arbeitslosen „Anstellung" verschafft, indem er 
ihnen 5 Jl Anzahlung abnimmt und dann auf 
Nimmerwiedersehen verschwindet. Jetzt verschwin 
det er für 5 Monate im Gefängnis. Dann er 
scheint jemand, ein älterer Herr in schäbiger Auf 
machung, der nichts getan hat und doch bestraft 
wird. So was gibts auch. Er ist als lästiger 
Ausländer aus sämtlichen Staaten Europas aus 
gewiesen worden, besitzt keinen Paß, keinerlei Aus 
weispapiere, kein Mensch kann nachprüfen, ob er 
wirklich so heißt, wie er angibt, er ist staatenlos, 
kann nirgends wohnen, nirgends leben. Wo soll 
er hin? Ein trauriges Los, und doch muß ihn 
der Richter wegen Patzvergehens verurteilen, denn 
ohne Paß darf sich kein Ausländer in Deutsch 
land aufhalten. 
Einige Penner machen den Beschluß der Mor 
genarbeit des Schnellrichters. Sie haben auf ir 
gendwelchen Bänken in Parks oder Anlagen ge 
schlafen. machen keine Einwände, sind gewohnt, 
daß man sie schnappt. Als letzter erscheint, sagen 
wir: Karl Schwedersky. Er ist angeklagt, den 
Rasen einer öffentlichen Anlage nächtlicherweise 
verunreinigt zu haben. 
„Wieviel Geld haben Sie bei sich?" 
„Sechs Mark." sagt Schwedersky vorsichtig. 
„Also drei Mark Strafe," verkündet der Rich 
ter, steht auf und geht nach Hause. Die Sitzung ist 
geschlossen. Am Nachmittag kann es weitergehen. 
So werden täglich viel tausend Sachen in Deutsch 
land erledigt. Eine ungeheure Entlastung der 
Justizbehörden, weil keine Akten angelegt, keine 
Staatsanwaltschaft behelligt und keine Anwälte 
benötigt werden. Werner Hegeler. 
Polizeioerordnungen, 
die der Preußische Landtag aufheben soll. 
Dem preußischen Landtag ist soeben wieder 
ein« Reihe älterer Polizeigesetze zur Aufhebung 
vorgelegt worden. Wir entnehmen einer nas- 
sauischen Verordnung von 1796, die durch ein Ur 
teil des Preußischen Kammergerichts vom 14. 11. 
1910, I. S. 878 ausdrücklich als gültiges Poli 
zeigesetz anerkannt wurde, folgende Anweisung für 
Polizei und die Bierbrauer, wobei ausdrücklich auf 
die Nummer des Paragraphen hingewiesen wer 
den muß. Sollte vielleicht die Beliebtheit des 8 11 
daher stammen: „Da auch dem Publikum an gutem 
schmackhaften Bier vorzüglich gelegen ist: So hat 
di« Polizey-Eommission sich dessen auch mit aller 
Sorgfalt angelegen seyn zu lassen, und daher die 
Brauer nachdrücklich anzuhalten, daß sie auf ein 
gewisses Quantum gutes Malz und guten Hopfen 
ein gewisses Quantum gutes Vier brauen und 
verzapfen. Zu diesem Ende soll der Polizey- 
Wachtmeister und der Marktmeister das Malz und 
den Hopfen jedesmal — ehe gebraust wird, so 
wie auch, wenn es gebrauet ist, das Bierquantum 
visitieren, schätzen und eichen. Von jedem Ge 
bräu Bier soll sodann die Polizey-Eommission ein 
kleines Fäßchen im Brauhaus füllen, und solches 
einem der Mitglieder in den Keller legen lassen, 
damit bey sich ereignendem Verdacht einer Ver 
fälschung die lleberführung umso leichter geschehen 
könne. Die Polizeybedienten aber haben in den 
Wirthshäusern und Kellern öfters nachzuforschen, 
ob das verzapft werdende Bier mit dem eingelie 
ferten Probebier von gleicher Güte sey: im widri 
gen Falle soll dasselbe von der Taxe herunter 
gesetzt oder gar confisziert und den Armen ausge 
theilt werden. Wenn es aber nicht zu genießen 
und der menschlichen Gesundheit nachtheilig seyn 
sollt«: So ist es zum Nutzen der Armen für das 
Vieh zu verkaufen, und das Geld ihnen gegen »ine 
Quittung zu verabreichen." 
Die gute alte Zeit zeigt die Dorfpolizeiver- 
ordnung, die Friedrich Wilhelm III. im Jahre 1804 
für Schlesien und die Grafschaft Elatz erließ, und 
die jeder Dorfschulze einmal im Jahr im Dorf zu 
verlesen hatte, genau so wie Pfarrer sie in den 
Predigten, Schulmeister in den Schulen zu behan 
deln hatten. Wir entnehmen ihr drei Paragra 
phen über Steuern, Schriftstellerei und Tabak 
rauchen: „Alle Landesherrliche Abgaben müssen 
ohne Widerrede" — (da es doch gütiges Polizei- 
gesetz ist. warum machen sich Herr Dietrich und 
Herr Höpker-Aschoff solche Sorgen?) — „und 
prompt geleistet werden, besonders die Königlichen 
Steuern, welche von dem Saumseligen sofort durch 
Exekution beygetrieben werden sollten." — „Un 
befugte Schriftsteller und heimliche Rathgebcr 
werden mit Spießruthenlaufen bestraft." — „Das 
Tabackrauchen außer den Wohnstuben, besonders 
bei dem Eetreidebinden, Laden und Einführen, 
auch Holz und Reisig hacken, ist bei dreistündigem 
Halseisen und nach strenger Le'besstraşe verboten. 
Das Schießen auf Hochzeiten und anderen Ge 
lagen, nahe an oder zwilchen Gebäuden ist bei 
Zuchthausstrafe untersagt." 
Warn kücheln und Lachen. 
In einer Badeanstalt in Sachsen ist folgen 
der Anschlag zu finden: „Das Betreten des 
Frauenbades ist Männern verboten. Der Bade 
wärter gilt nach 8 8 der Badeordnung als Frau!" 
(Aus dem Juristischen Kalender für Handel und 
Gewerbe für 1931.) 
* 
„Schulze sieht seit einiger Zeit so schlecht und 
elend aus. Woran leidet er eigentlich?" 
„An der Schlaflosigkeit seiner Frau, an den 
Nerven seiner Tochter, an der Magenverstimmung 
seiner Schwiegermutter und am Rheumatismus 
seines Vaters." 
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Mutter: Warum habt ihr denn eure Betten 
auseinander gestellt? 
Tochter: Seitdem wir das Auto haben! Han» 
streckt immer den Arm aus, wenn er sich nachts 
im Schlaf umdreht! 
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Mrtschaşisrmt und Inserat. 
Anzeigenteil in Krisenzciten besonders eifrig 
gelesen. 
rinkostensenkung ist die Parole, mit der die 
^trtïá>aft über die gegenwärtige schwere Zeit der 
Ķrise hinwegzukommen hofft. Wie in anderen 
Rubriken des Ausgabenetats wird daher auch an 
^ Kundenwerbung gespart; die für Reklame aus 
geworfene Summe wird stark reduziert. Der 
Kaufmann hofft, auch so seine Ware an den Mann 
ên bringen. Ist die Hoffnung, mit geringeren Re- 
"ainespeson dio gleiche Wirkitng zu erzielen, ze 
ucht fertigt? Soll der Kaufmann in Zeiten 
' auernd sinkenden Absatzes infolge steigender Ar 
beitslosigkeit der Konsumenten im Glauben re 
gieren, Kundenwerbung in früherem Umfang 
ja doch keinen Zweck, weil nun einmal die 
Kaufkraft fehle, utid es müsse eben auch ohne 
Propaganda oder mit einer Werbung bescheiden 
en Ausmaßes gehen. Die Amerikaner, von de- 
!î® n Europa im letzten Jahrzehnt viel, v'sl vj viel 
Übernommen hat, dürfen sicher auf dem Gebiet 
ŗ Reklame als Lehrmeister angesehen werden. 
Obwohl auch die Vereinigten Staaten unter dem 
^uck der Krise stehen, obwohl auch dort die Ar- 
bitslosigkeit dauernd zunimmt, und die Masse der 
Konsumenten kleiner wird, würde kein Mensch 
"flş den Gedanken kommen, nun oie Reklame ein- 
Mschränken. Das gerade Gegenteil ist der Fall 
o n r y Ford, der jährlich mehr als 6 Mil- 
wnen Dollars für Zeitungsinserats ausgibt, hat 
bl seiner letzten Europareiss in Deutschland die 
ausgegeben, man solle die Depression durch 
Maine verhüten oder ihrer Herr werden. Man 
f Y ' ïa einwenden können/, der Autokönig von De 
rart habe damit gut reden. Aber auch in Deutsch 
land, und gerade in den Industrien, denen es heute 
infolge der sozialen Umschichtung und Verarmung 
nicht gut geht, hat man klar erkannt, daß die Ge 
schäftsstille auch ein« Folg« der Reklameftille sein 
kann. Ein führender deutscher Sektfabrikant be 
tont, daß gute, sachkundige Werbung sehr wohl in 
der Lage sein werde, die Wirtschaft wieder in 
Gang zu bringen und der beängstigenden Absatz- 
stille einen stärkeren Antrieb zum Kaufen folgen 
zu lassen. ; \ 
Worin besteht aber eine gute sachkundige Wer 
bung? Ganz zweifellos haben di« Beobachter des 
Wirtschaftslebens recht, die erklären, daß für Re 
klame zu viel Geld ausgegeben werde. Eine wirk 
same Reklame kann natürlich niemals zu teuer 
sein — anders aber ist es mit jenen Methoden 
bestellt, die in den letzten Jahren in Deutschland 
um sich gegriffen haben und den Kunden an der 
Stelle oder in dem Augenblick bearbeiten wollen, 
in denen er der Werbung gerade am allerwenig 
sten zugänglich ist. Man kann angesichts der For 
men, wie sie die heutige Reklame ausgebildet 
hat, sagen, daß nur die Reklame tatsächlich wirk 
sam ist. von der sich der Konsument freiwillig über 
zeugen läßt, die er selbst, aus eigenem Antrieb, 
aufsucht, um sich über eine bestimmte Ware, die 
er gerade benötigt, zu unterrichten: daß aber alle 
anderen Werbemethoden nur geringen oder über 
haupt keinen Erfolg haben, di« in ihrer Häufung, 
der Ilebersteigerung ihrer Ausdrucksmittel den zu 
bearbeitenden Menscheirkreis eher abstoßen als 
anziehen. Das phantastische Bild der Lichtrekla 
men mag gewiß aus der modernen Großstadt nicht 
mehr wegzudenken sein und dem Fremden sicher 
einen imponierenden Eindruck machen — der ef 
fektive Wert dieser Reklame ist aber nur äußerst 
gering einzuschätzen. Durch die verschwenderische 
Lichtfülle wird das Auge von den Einzelheiten 
abgelenkt: di« visuellen Eindrücke lind zu auf 
dringlich. zu vielfältig, zu unübersichtlich, um bei 
dem rasch Vorübereilenden längere Zeit haften zu 
bleiben und ihn fortwirkend im gewünschten Sinne 
zu beeinflussen, d. h. zum Käufer zu machen. Ein 
anderes Werbemittel ist das Plakat, das sicher 
einen großen Wert hat, wo es gilt, eine Ware 
schnell einer großen Masse bekannt zu machen. 
Aber es ist ungeeignet zur Veröffentlichung eines 
längeren Textes, den man im Vorüberhasten doch 
nicht lesen würde. Ueber den Wert der Rund 
funkreklame, wie sie jetzt ausgeübt wird, sprechen 
di« Hörer ohnedies ihr Urteil, indent sie einfach 
den Lautsprecher abstellen. Im Kino mögen die 
lustig gezeichneten Trickfilme vor den Augen des 
Publikums Gnade finden, sie interessieren nicht 
wegen ihres sachlichen Inhalts, sondern ihrer an 
sprechenden Form; die endlose Folge der Reklame- 
transparente an der Leinwand ist längst als Be 
lästigung und unerwünschte Zugabe zum Pro 
gramm abgelehnt und mancherorts ja auch stark 
eingeschränkt worden. Wenn von unzweckmäßiger 
Reklame die Rede ist, muß auch auf die zahllosen 
Theaterzettel und Programtne aller möglichen 
Veranstaltungen hingewiesen werden, deren In 
seratenteil kaum jemals eingehend studiert wird, 
auf die vielen Wurfsendungen, die der Vriefbote 
tagaus, tagein bringt, und die dann meist unbe 
sehen oder nur flüchtig beachtet in den Papierkorb 
wandern, auf die Handzettel, die, eben erst ver 
teilt, im nächsten Augenblick zerknüllt auf den 
Bürgersteig geworfen werden, - auf die vielen 
Werbegeschenke, Aschenschalen, Bleistifte, Lösch 
blätter und Zugaben aller möglichen Art. Mit 
diesen Methoden, deren Aufzählung hier keines 
wegs erschöpfend ist, wird der Käufer im psycho 
logisch ungeeignetsten Augenblick bearbeitet. Sie 
berühren ihn nur flüchtig, haften nicht, sind also 
falsch. unzweckmäßig und abzulehnen — das dafü 
verwandte Geld ist zum Fenster hinausgeworfeni 
Ganz anders ist es mit dem Zeitungsinserat. 
Kein Fachmann, der wirklich etwas von Reklamc- 
psychologis versteht, bestreitet, daß das Zeitungs 
inserat das weitaus wirksamste und auf die Dauer 
billigste aller modernen Werbemittel ist und blei 
ben wird. Präsident Hoover sagt mit vol 
lem Recht: „Die wirtschaftlichen Werte der In 
serate sind heute so allgemein bekannt, daß ich 
wohl nichts weiter darüber zu sagen brauche." Der 
amerikanische Kaufmann ist so gewöhnt, ständig 
in großem Maßstab zu inserieren, daß er bei einer 
Europareise nur kopfschüttelnd die verhältnis 
mäßig kleinen Inseratenteils der deutschen Zei 
tungen betrachtet. Die Kunst der Kundenwerbung 
durch die Anzeige steht bei uns noch in den An 
fängen. In diesen Zeiten, wo der Käufer sich 
zehnmal überlegt, wie er seinen Bedarf am gün 
stigsten deckt, ist der Inseratenteil der Zeitungen 
die einzige umfassende Orientierungsmöglichkeit 
über das vorliegende Angebot. Gerade jetzt, wo 
der Käufer mit Pfennigdifferenzen rechnet, muß 
der Kaufmann inserieren, denn der Anzeigenteil 
erlaubt Vergleiche und das Wahrnehmen der 
besten Einkaufsbedingungen. Heute wird der In 
seratenteil, der übrigens auch in guten Zeiten 
nicht der uninteressanteste Teil des Blattes ist und 
daher stets gern gelesen wird, besonders genau 
verfolgt, und wer seine Ware an den Mann brin 
gen will, würde falsch handeln, wenn er der Kon 
kurrenz das Feld überließe. Das Zeitungsinserat 
ist auch deshalb das ideale Werbemittel, weil es 
ständig den wechselnden Tagesbedürfnissen ange 
paßt werden kann, was von keiner anderen Re 
klamemethode gesagt werden darf.
	        
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