Die weiße Königin öer ĶoraNenfee
Eine Europäerin allein unter Menschenfressern.
Sydney beherbergte vor kurzem einen inter-
eisanten Gast: Königin Evelyn, die weiße Herrscherin
der Südseeinsel Badu. Die Dame ist eine würdevolle
Erscheinung.mit Hornbrille, weißen Haaren und ein
wenig altmodischer Kleidung. Sie wurde photogra
phiert und interviewt, die australischen Zeitungen
brachten ihr Bildnis. Ungewöhnlich sind die Etap-
pen dieses romantischen Lebensganges: Kontoristin,
Advokatensgattin. Stewardeß, Königin, Und das
'kam so:
r>m Jahre 1898 ehelichte die damals achtund-
zwanzig Jahre alte Evelyn Maud Croker den jun
gen Londoner Reckstsanwalt Pitt Zahell. Nach zwei
jähriger glücklicher Ehe starb der Mann an Tuber
ļulose und ließ seine Gattin mittelos zurück. Die
men, sie als Braten zu versuchen. Uebrigens fand
>ie bald heraus, daß ihren Gastfreunden keineswegs
Intelligenz fehlte. Die Hutten waren aus Flecht
werk errichtete geräumige und peinlich saubere Bau
ten, die Dächer hatten kunstvoll geschnitzte Holzgie-
^.el und Verzierungen, dr-, Kanus waren bis dreißig
Meter lang und seetüchtig. Zur Zeit, als Frau Eve
lyn auf die Insel kam, unternahmen die Bewohner
noch häufig Kriegsfahrten zu benachbarten Inseln,
mm Gefangene zu machen. Diese wurden nach der
Heimkehr geschlachtet, zerlegt und gebraten. Ein
solcher Menschenschmaus war ein großes Fest für die
In,e!bewohner. Frau Evelyn schrieb diesen Kan
nibalismus dem Fleischhunger der Wilden zu, denn
auf der ganzen Insel gab es kein größeres eßbares
n r. ”, -yie ---I —• ouļci yuu rein größeres eßoarcs
lunge Witwe ,ah ,ich genötigt, ihren Lebensunterhalt Tier. Die Schädel der Menschenopfer wurden auf
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'şilbst zu verdienen und, da sich ihr nichts anderes
bot, wurde sie kurz entschlossen Stewardeß auf dem
Luxusdampfer „Orama", der den Passagierverkehr
zwischen England und Australien besorgte. Auf der
Rückfahrt von Brisbane passierte der Dampfer die
Nippenreiche Korallensee, durch die man in die
Torresstraße gelangt. Infolge eines Gebrechens an
der Maschine mußte die „Orama" an der Insel
Vadu anlegen, um den Schaden auszubessern.
. Da du ist eine ziemlich große, tropisch fruchtbare
Basel, die infolge des gefährlichen Fahrwassers sel
ten von Schiffen angelaufen wird. Damals genos
sen ihr« Bewohner, wilde, braunhäutige Melanesier,
e:nen bösen Ruf. sie galten als Menschenfresser.'
Frau Evelyn wußte nichts davon und ungeachtet
«des Abratens der Schiffsleute ließ sie es sich nicht
nehmen, ans Land zu gehen, um die bezaubernde
tropische Vegetation zu bewundern. Sie wagte sich
zu weit in einen Eukalyptuswald vor und verirrte
chch Als Frau Evelyn endlich doch wieder zum
Strand zurückfand, sah sie nur noch in weiter Ferne
Die Rauchfahne der „Oi-cnna". Der Kapitän hatte
offenbar seine Stewardeß vergessen.
Frau Evelyn befand sich in peinlichster Lage.
wußte sie, daß nicht so bald ein Schiff kommen
wurde, ihre ganze Ausrüstung aber bestand in dem,
was sie auf dem Leibe trug. Es blieb ihr nichts
anderes iibrig. als die Eingeborenen aufzusuchen
mud um Gastfreundschaft zu bitten. Nach langem
Amherirren entdeckte sie, im Walde versteckt ein
E-ngeborenendorf. Gleich der erste Eindruck war
erichreckend denn sie iah vor jeder Hütte geschnitzte
chfahle, auf denen Memchemchädcl bleichten Zit
ternden Herzens betrat sie die stattlichste Hütte und
iah sich einem splitternackten, baumlangen Wilden
gegenüber, der sie verwundert anstarrte." Die Eng-
änbertn machte sich ihm durch Gebärben verstäub-
lich und zu ihrer Erleichterung grinste der W'lüe
gutmutig und setzte ihr einen Krug eines angenehm
säuerlichen Gebräus iowie Früchte vor.
.. ckrau Evelyn war unter den Wilden bald hei
mlich und erlernte raich deren einfache Sprache.
Sie war damals sehr mager und dies empfand sie
selbst als Gluck. Denn nur dadurch war es zu er
klären, daß die Wilden nicht auf den Gedanken ka-
lange geschnitzte Pfähle gesteckt und für tabu,
gehalten.
_ Frau Evelyn bemühte sich nach besten Kräften,
die Naturkinder zu unterrichten, insbesondere lehrte
sie die Frauen kochen und hygienischer zu leben. Die
Sittlichkeit stand auf hoher Stufe. So wohnten die
ledigen Burschen in einem Gemeinschaftshaus, wäh
rend die Mädchen in einem von alten Kriegern be
wachten „Pensionat" mitten im Walde wohnten.
Als Frau Evelyn ->nmal mit Erfolg bei der Ent^
bindung einer Häuptlingsfrau assistiert hatte, wuchs
ihr Ansehen ungeheww.
Um diese Zeit geschah es. daß die „Orama" wie
der vor Badu ankerte, um nach der verschollenen
Stewardeß zu suchen. Frau Evelyn kam an Bord
und erklärte dem Kapitän, sie gedenke für den Rest
ihres Lebens auf der Insel zu bleiben. Sie erbat
sich zwei Schweine und einiges Geflügel zur Auf
zucht, einige Werkzeuge, eine Lampe samt einigen
Gallonen Petroleum und Bücher.
Nach dem 1910 erfolgten Tode des Königs der
Insel wählten deren Bewohner sie zur Königin.
Frau Evelyn nahm die neue Würde nur unter der
Bedingung an, daß die Menschenfresserei aufhören
müsst. Die Wilden stimmten zu und sie hatten es
nicht zu bereuen. Die tatkräftige Frau wurde ihren
Untertanen eine musterhafte Landesmutter, so daß
jene das glücklichste Inselvolk der Südsee wurden.
Die ganze Insel ist gut bebaut und liefert reichliche
Ernten, jede Familie besitzt Schweine und Geflügel.
Auch einen Ausfuhrhandel hat die Insel, da 'die
Eingeborenen an australische Händler große Men
gen Kopra verkaufen. Königin Evelyn duldet aber
nicht, daß sich ein Weißer auf der Insel niederläßt,
da sic darin eine Gefahr für das friedliche Leben
ihrer Untertanen sieht. Der Kapitän eines Schiffes
schenkte ihr einen Klubsesiel, in dem sie wöchentlich
zweimal vor ihrem Bungalow thront und die
Wünsche und Klagen ihrer Untertanen enigegen-
nimmt. Ihre Entscheidungen werden immer
respektiert.
Königin Evelyn leidet seit einiger Zeit an
Gallensteinen, und so ist sie nach Sydney gekommen
um sich ärztlich behandeln zu lassen. Sie hat dem
Muieum der Stadt reiche Geschenke übermittelt' ur
alte Waffen. Tanzmasken, zierlich aus Palmen'blät.
tern geflochtene Gefäße, Holzschnitzereien und aus
àteàe?ļļ^ Şîoffe, durchweg Erzeugnisse ihrer
»öic Äîrmme ö§s
9îvman von ^îşrib von ^^nşiein.
Vertrieb: Literatur-Verlag Gloria. Berl-n-Steglitz.
) ■ (Nachdruck verboten).
àrze Inhaltsangabe für Misere neuen Abonnenten.
In der Kieler Villa des Grafen Arnim-Dehrental
Abschied des Marine-Schulschikfes
Klleptm, Der Neffe des Grafen, Konrad, liebt die
Tochter semes Onkels und nimmt ihr das Versprechen
î harten bis er nach 2 Jahren wieder.
^ ®'“î àr möchte feine Tochter einem
reichen Baron verheiraten, in dessen Schuld er steht
den trotz ausgedehnter Güter in Pommern war die
fmanzlelle Lage des Grafen, der leidenschaftlich spielte,
katastrophal. Ein reicher Bruder des Grafen, der als
Porscher viel Ruhm erworben hat, kehrt rechtzeitig
beim, um einen Zusammenbruch z-u vermeiden. Trotz,
dem verschwendet der Graf das Geld wiederum und
die Heirat mit dem verhaßten Baron rückt für Ilse
^»nàher. Da flüchtet sie zu ihrem Onkel, dem sie
viele Stunden beim Sortieren seiner Sammlimg ge-
Holsen hat, und der sie gern hat. Er verspricht, alles
z-u tun, um ihr zu helfen.
. I'ņ anderen Morgen lag auf seinem Antlitz
der schollen der Rächt, die er durchwacht.
Mußerlich völlig ruhig, ging er in das Vor
derhaus und bat seinen Bruder und seine Schwä
gerin um eine Unterredung.
„Entschuldige, lieber Alexander, wenn ich mich
in eme Privatangelegenheit deiner Familie dränge,
aber es handelt sich um bas Glück eurer Tochter und
Gl) bitte dich daher, mir einige Worte zu gestatten.
Il>e hat mir mitgeteilt, daß ihr die Absicht habt, sie
mit dem Baron Waldow zu verloben. Sie liebt den
Mann nicht und da sie sich selbst nicht stark genug
fühlt, eurem Willen entgegenzutreten, so hat sie mich
gebeten, den Vermittler zu machen."
„Dann bitte ich.dich, Hieronymus, dir unnütze
Worte zu sparen. Ich denke, daß wir als Eltern
wohl selbst am ersten das Glück unseres einzigen
Kindes im Auge haben. Es ist mir peinlich, in einer
Sache, die lediglich uns allein angeht, dir, dem jün
geren Bruder, gewissermaßen Rechenschaft zu stehen,
aber du hast dich vor wenigen Wochen so selbstlos
gezeigt, daß ich dich nicht mit kühlen Worten ab
speisen möchle.
Wenn wir fest entschlossen sind, unsere Zustim
mung zu Ilses Verbindung mit Waldow zu geben,
so hat das seinen guten Grund. Und was ich dir
nun tage, wird dir bew°isen. daß es auch mir nicht
an Selbsterkenntnis und Offenheit fehlt. Als du
mir geholfen, hatte ich den festen Vorsatz, noch ein
mal von vorn anzufangen. Aber ich tauge nicht
zum Landwirt. Vater hat mich falsch beurteilt. Als
Nevo utron in Panama.
Amerikanische Militärposten in den Straßen der Stadt Panama.
f-Ņ mittelamerikanischen Staat Panama ist eine Revolution ausgebrochen, die sich gegen
fabr?durG^ ArĢŗna richtet Falls die Bewegung zu einer Bedrohung der Schiff-
fahrt durch den Panama-Kanal fuhren follie, beabsichtigen die Vereinigten Staaten
Truppen zu entsenden.
Auf der Suche nach einer verschollenen Expedition.
Eine Expedition, die Spuren des englischen
Forschungsreisenden Oberst Fawcett und seiner bei.
den Begleiter im brasilianischen Urwald, aufsuchen
will, ist von Neuyork abgesegelt. Sie besteht aus
elf Männern, die von zwölf Spürhunden begleitet
sind, von denen sie sich wertvolle Dienste in dem
wegloien Dickicht des weiten Gebietes von Matto
Gro„o versprechen. Oberst Fawcett befand sich mit
'einem 21jährigen Sohn und dem 23jähriaen Ra.
lergh Rimell auf einer Forschungsreise in diesem
Gebiet, von der er am 30. Mai 1925 seine lebte
Botschaft sandte. Die Expedition, die etwa 4000
Kilometer in dem noch nicht kartographisch Qur - qe ,
nommenen Teil von Südwestbrasilien zurücklegen
will, hat zwar wenig Hoffnung. Fawcett und die
Seinen noch lebend anzutreffen, will aber versuchen,
das Geheimnis seines Schicksals aufzuklären.
Die erste Fahrt des neue»
Riviera—Neapel-Expreßzuges.
îN. Berlin, 3. Jan. Ain Sonnabend um
12,83 Uhr hat der neue Rivtera-Neapel-Ervren
Berlin vom Anhalter Bahnhof aus zu seiner
ersten Nerse verlassen. Ter neue Erpreßzug be
steht aus drei Gepäckwagen, einem Speisewa
gen und vier Schlafwagen, die einheitlich in
dunkelblauer Farbe mit gelben Streifen ge
halten find- Die Lokomotive ist eine der schnell
sten Maschinen, die in Deutschland vorhanden
sind, fete kann 120 Kilometer in der Stunde
zurücklegen. Der Expreßzug wird in Zukunft
wöchentlich dreimal verkehren.
Fener im Elektrizitätswerk Dessau.
TU. Dessau, 3. Jan. Ein schwerer Keller
brand entstand am Sonnabend vormittaa ae,
gen 10 Uhr im Elektrizitätswerk Dessau. Das
ganze Werk ist in Rauch gehüllt. Die Mann,
Ichasten der Feuerwehr drangen mit Gasmas
ken in den Keller, um den Brand zu bekämp
fen. Es wird dauernd Sauerstoff von außen
zugepumpt. Die Bekämpfung des Brandes ist
außerordentlich schwierig. Das Feuer ist im
Heizungskeller entstanden. Bisher ist die
Stromlieferung noch nicht unterbrochen. Das
Feuer konnte nach 2 Stunden gelöscht werden.
Lin dänischer Schoner mit fünf Mann gesunken«
Kopenhagen, 3. Jan. Der dänische Schoner
„Jens Nielsen", der am 12. Dezember Leith mit
Kohlen für Dänemark verließ, ist überfällig. Man
nimmt an, daß er während der letzten Stürme in der
Nordsee untergegangen ist. Die Besatzung besiand
aus fünf Mann.
ich neulich in dem elenden Nest, das die Kreisstadt
für untere Güter ist, war, ekelte mich der Gedanke
an, etwa die meiste Zeit meines Lebens da zu ver
bringen, und wie ich dann nach Berlin kam, packte
mich der Leichtsinn und der Spielteufel.
Rem, ich bin der Mann nicht, der unsere Güter
in die Höhe bringt. Ich hät!e vielleicht pflichtschul
digst mem Glück vermcht, aber nach wenigen Jah
ren wäre dieselbe Schuldenlast dagewesen. Zum
zweiten Male würdest du dich mit gutem Grunde
hüten, dein gutes Geld in eine schlechte Sache zu
werfen und vielleicht kämen unseres Bakers Güter
doch unier den Hammer und ich sauge auf meine
allen Tage Hungcrpfoten, Ilse aber bleibt als armes
Madel zurück.
Daß Ilse eine reiche Heirat machen muß, ist
elb-tner-tändlich. und daß sie eine solche in standes
gemäßen Kreisen macht, ist unter innigster Wunsch.
Beides bietet ihr Waldow. Er ist von altem Adel
und immens reich. Ilse nimmt an seiner Seite eine
glanzende Stellung ein. Er ist Kavalier, Reichs-
tagsabgeordneier. in jeder Weise eine vorzügliche
Partie und obendrein nimmt er mir die Last der
mir unerträglichen Landwirtschaft ab und sichert
durch eine von mir zu bestimmende Rente mir und
meiner Frau einen angenehmen Lebensabend. Wä
ren wir da nicht Toren, wenn wir einer einfältigen
Mädchenlaune ein solches Glück opferten?
„Aber sie liebt ihn nicht!"
„Unsinn! Was weiß Ilse von Liebe.
„Ich denke, sie liebt ihren Pflegebruder Kon
rad."
„Kindereien und Grund mehr, ihre Verlobung
zu beschleunigen. Sie braucht einen reichen Mann
und er erst recht eine reiche Frau. Die Verbindung
ist von vornherein ausgeschlossen. Und was heißt
da Liebe? Kinderfreundschaft. Nichts weiter. Wenn
er heimkehrt, werden beide darüber lachen. Glaubst
du, der Bengel hat nicht in jedem Hafen bei irgend
einer Schönen Feuer gefangen? Nein, aller Junge,
da spreche ich aus Erfahrung. Wenn Konrad ein so
şi'cher Bursche geworden sein sollte, wie er zu
werden versprach, dann stehen ihm andere Türen
offen, und wenn er eine reiche Frau hat und Ilse
Baronin Waldow ist. dann werden beide zufrieden
und dankbar sein. Also laß uns Schluß machen und
ein Glas Madeira auf den' Schreck trinken."
In Hieronymus tobte ein schwerer Kampf. Sein
blasses Gesicht färbte sich mit dem Rot der Erre
gung. Er ging einige Male mit schnellen Schritten
auf und nieder, dann blieb er vor dem Bruder
stehen.
„Ich bitte dich, beantworte mir noch einige
fragen. Du wirst gleich erfahren, warum. Ist es
dein unbeugsamer Wille, niemals in eme Verbin
dung zwischen Ilse und Konrad zu willigen?"
„Mein fester Entschluß."
„Und seid ihr beide, auch du. Schwägerin, über
zeugt, daß Ilse nicht unglücklich wird, wenn sie anf
Konrad verzichten muß?"
Lächelnd bejahten es beide.
„Nun noch eins. Welche Summe willst du als
jährliche Rente verlangen?"
„ „Ich werde mich mit dreißigtausend Mark be
gnügen. Aber das ist ja wie ein Perhör."
Alexander lachte etwas gezwungen und stand
auf, um die Unterredung abzubrechen.
„Noch einen Augenblick. So muß es denn sein.
Ich habe die ganze Nacht mit mir gerungen und mich
tauiendmal gefragt, ob ich das aussprechen darf,
was sich jetzt über meine Lippen drängt. Gott sei
mein Zeuge. Wenn auch das Gluck meines ganzen
Lebens auf dem Spiele steht — ich hätte geschwie
gen. wenn es sich nur um mich handelte. Aber es
handelt sich um mehr, viel mehr. Lieber Alexander
und liebe Bertha, wozu der langen Worte. Ich bitte
euch, zwingt Ilse nicht zu dem verhaßten Bund, ver
traut euer Kind mir an. Ich liebe Ilse mit aller
Innigkeit meines Herzens und ich glaube auch, sie
fühlt für mich, wenn sie auch in mir wohl bisher
nur den Onkel sicht. Kurz, ich bitte euch in aller
Form um die Hand eurer Tochter."
Die beiden hallen mit' wachsendem Erstaunen
zugehört. Auch die Gräfin hatte sich erhoben. Jetzt
zeigte sich auf Alexanders Gesicht deutlich ein Zug
des Unwillens.
„Ich verstehe dich nicht. Zu schlechten Scherzen
ist doch weiß Gott keine Veranlassung."
„Ich scherze durchaus nicht. Bitte, setzt euch noch
einen Augenblick. Komme ich euch zu alt vor? Nun
ja. ich habe es mir in dieser Nacht wieder und wie
der gesagt, als mein Herz allzu laut pochte Ich
achtunddreißig. Aber Herr von Waldow ist in dem
selben Alter. Wir sind ja-zusammen zur Schule
gegangen. Ihr wißt, daß sich Ilse in den letzten
Wochen eng an mich angeschlossen hat. Ihr kennt
ja eure Tochter selbst nicht. Von Tag zu habe
>y sie lieber gewonnen. In meinem aanzen Leben
habe ich mich mit keiner Liebschaft abgeoeben Ihr
wißt, daß ich nur der Arbeit mein Dasesn gewidmet
habe, aber was ich an Liebe empfinde, gehört ihr.
Sic wird treu und gut behütet fein an meiner Seite,
und wie ich Ilie zu kennen glaube, wird ihr ein stil
les Geleyrtenheim lieber fein als hohle Repräflnta-
i:on, die ihr Waldow bieten würde. Ob Ilse im
stande ist, mich zu lieben, so, wie ich sie liebe, weiß
ich nicht, aber pe hat Freude an meinem Werk« und
ich glaube, sie wurde in treuer Mitarbeit und in der
Befriedigung, an dem großen Werke der Wissenschaft
mitzuhelfen, einen Ersatz finden, und vielleicht fühlt
sie >ich auch warm und geborgen in dem traulichen
Nestchen, das ich ihr bereiten will. Jedenfalls ober
wird sie bei mir von den Brutalitäten verschont
bleiben, die ihr in einer Ehe mit Waldow, dessen
Charakter mir keinerlei Garantien bietet, nicht er,
spart bleiben würden.
Und nun laßt uns einmal rein geschäftlich re-
den, denn euch geht ja der Geldpunkt dem Gefühls-
leben vor Ihr wollt eure Güter Waldow gegen
eme Rente uberlassen. Damit liefert ihr unseres
Vaters Erbe Fremden aus und gebt euch selbst der
Anstand.gkeit. eures Schwiegersohnes preis. Ich
mache euch einen anderen Vorschlag. Als Pater
starb, hinterließ er mir eine Million und dir die
nrnfc vri'w-fc * « Ņ'à Ich habe mein Vermögen
* &te Ģûter sind durch deine neulich«
Zahlung auch in demselben Zustand wie damals.
Wenn du mtr_3l fe zur Frau gibst, bin ich bereit.
- ‘T zu tauichen. Ich will die Güter übernehmen
uno wenn ich auch selbst nichts davon verstehe, fei
uberzeugt, ich werde dafür sorgen, daß sie nicht in
fremden Besitz kommen und sie werden mich und
meine Familie ernähren. Dir aber gebe ich das bare
Geld. Das heißt, ich verschreibe das Geld als Eigen
tum deiner Tochter Ilse, mit der Bestimmung, daß
dir und Bertha, solange ihr lebt, die Zinsen zuflie
ßen. Dann hast du die dauernde Rente von jährlich
mindestens vierzigtausend Mark und dazu die Ge
wißheit, daß unsere Güter in der Familie bleiben.
Ich dächte auch, daß du dein Kind deinem Bruder
lieber anvertrauen solltest, als dem Baron Waldow."
Immer stiller waren die beiden geworden, wäh
rend Hieronymus sprach, nun begann Alexander:
„Du kannst es uns nicht verdenken, wenn wir
nicht sofort an den Ernst deiner Werbung glauben
wollten, denn nichts lag uns ferner, als der Ge
danke an eine Verbindung zwischen dir und unserer
Tochter. ■ Wenn es aber wirklich dein Ernst ist woran
zu zweifeln für mich kein Grund mehr vorliegt, so
bist du uns natürlich von ganzem Herzen willkom
men. Nicht wahr, Bertha?"
«Fortsetzung folgt.'
«er u Druck ö e tnrtd) Möller ÊîM(. Rendsburg.
Ebefredaktion u Verlagsleitung: e r d. Möller. J
B-ranlwortlrch fur Leitartikel: Ferdinand Möller,
für Politik: A d t [ f © r e g o r t kür den allgemeine».
Herbert P u h \ m a n n , für den
Dr. Jod. Gosch für den prooin.
zrelleii unà örtlichen Teil: Karl Mürter, alle to
Aerrdsourg.