UimL.
Estern, als ich jung war, —
deute, wo ich alt bin, —
borgen bin ich tot . . .
îunkt so süß der Unke Nus,
flirrt so stolz der Rosse Huf,
^ohnt so schön des Donners Schlag,
^auten Glocken Feiertag,
^eht ein Wind im Weidenbaum,
graust im Sand der Welle Schaum,
und über all dem Weltgesang
deiner lieben Stimme dunkler Klang . . .!
Gestern, als ich jung war,
. Noch nicht,
deute, wo ich alt bin,
^ Nicht mehr,
Morgen bin ich tot, —
^ann will ich Ewigkeiten lang dir lauschen!
Börries, Freiherr von Münchhausen.
, ^ ^ Dss Licht im Fsuster.
Ein Erlebnis in der Kriegsgefangenschaft.
Don HeinrichEckmann - Hohenwestedt.
(Nachdruck verboten )
. , Diesen Brief trug ich wohl acht Tage in der
?^'che, um chn immer bei mir zu haben, um ihn
^ņner wieder zu leien und auswendig zu lernen,
eines Abends schrieb ich die Antwort an
«itc.
Mein Brief lautete:
. »Liebe Freundin, ich bin still und freue mich
^4. Meine Freude hockt tiefmnen, wo das Leid
^ohnt. Es ist nur ei« kleine Kammer, aber es
i^nnt eine Kerze darin und es ist hell genug. Denn
ît habe ich auch dein Bild aufgehängt.
Ich hatte die Tür abgeschlossen. Es sollte mein
^heimnis sein. Aber nun öffne ich die Tür wie-
und lacke dich eintreten in mich.
Immer wieder
Schließe die Tür ich zu
Und bringe in meinem Herzen
Dein Bild zur Ruh.
Und immer wieder
Schließe ich auf dos Tor
Und hole aus meinem Herzen
Dein Bild hervor.
So wird wohl bleiben
Entsagen und Hoffen.
Laß, Torherr, in meinem Herzen,
Die Tür nur offen.
Du weißt, daß Dick mein Freund ist. Und ich
^eiß, daß du Dick treu sein willst. Wir wissen also
^lde. was wir ineinander sind und bleiben wollen."
Diesen Brief gab ich Mrs. Hughes, daß sie ihn roei-
äsende an Eira. Sie nickte nur, sie sprach kein
Wort, als ich ihr den Brief gab. Sie stand auf
und versteckte ihn im Zimmer.
*
Es gingen nun Wochen dahin, ohne daß ich wie
der etwas von Eira hörte. Höchstens sprach Dick
über sie, wenn er zu mir ins Hotel kam. Im Herbst
wollte Eira ihr Examen ablegen und sich dann vor
bereiten auf die Hochzeit. Er lud mich ein, zur Hoch
zeit von Deutschland herüberzukommen. Ich sagte
nicht viel dazu. Was sollte ich auch sagen? Ich
sagte vielleicht: „Ja, ja. Dick, aber wer weiß, wie
alles noch kommt."
Ich sehnte mich nach Hause. Ich lernte Stun
den kennen, die mich erbarmungslos niederzwan
gen und alle Hoffnung töteten. Der Sommer blühte
auf. Aber unser Schicksal hatte sich noch immer
nicht entschieden. Wir waren wohl vergessen. Ich
arbeitete still für mich dahin und suchte mich so von
einem Weg in den andern. Eines Tages stieg ein
höherer Offizier in unterem Hotel ab. Er kam auch
zu mir in meine Kabine, und wir sprachen lange
miteinander. Er gehörte der Beiatzungsarmee an
und war kürzlich erst aus Deutschland zurückgekehrt
auf einen kurzen Urlaub. Ich fragte ihn, wann wir
endlich heimgeschickt würden, aber er wußte nicht
mehr als wir. Doch tagte er: Der Besiegte darf
nicht fragen, er muß sein Schicksal ertragen." Das
war ein schöner Trost.
Das Leben im Hotel ging seinen alten Sang
weiter. Die Sommergäste fanden sich wieder ein
und trieben sich mit ihrem Angelgerät fast den gan
zen Tag über am Dovey-River umher. Old Jack,
der Trinkgeldkassierer, machte gute Geschäfte. Ich
war noch immer nicht dazu gekommen, mich als tüch
tiger Hausknecht den Leuten aufzudrängen. Ich
blieb, der ich war.
Nun kam wieder Dick auf unsern Hof geritten.
Er wollte auf einige Tage nach Nord-Wales verrei
sen, ich glaube, er sagte: bis Sonntag, also auf vier
Tage, getchäftshaMr. Er brachte mir wieder ein
kleines Paket mir, ein wenig Fleisch, Käse und Frich.
Er kam nie mit leeren Händen. Er sagte: „Wenn
du kein Gefangener wärest, müßtest du mit mir
nach Nord-Wales reiten." Ich sagte: „Eira wird
dich doch sicher begleiten." Aber er schüttelte den
Kopf: „Eira hot keine Zeit, sie arbeitet doch für
das Examen". Was frage ich nur? Ich wußte es
doch. Sie fand doch nicht einnral einen Augenblick
Zeit, um mir ein paar Worte zu schreiben.
An diesem selben Abend, als Dick nach Nord
Wales reiste, sollte ich noch von ihr hören. Ich traf
Mrs. Hughes wieder allein in der Küche. Ich merkte
es ihm an, sie war erregt, und ihr Atem keuchte.
Sie sagtet „Wird es. dir möglich fein, heute
abend noch einmal zu mir zu kommen? Vielleicht
in einer Stunde?"
„Ja," sagte ich, „es wird wohl möglich sein.
Ich gehe gleich ins Lager und tage Bescheid, daß ich
heute länger im Hotel zu tun habe."
„Dann ist es gut", erwiderte sie. „Mein Plann
ist unterwegs und kehrt erst morgen wieder zurück.
Du geksst affo wieder in die Küche. Wenn Leute
dich fragen, was du noch zu tun haft, antwortest du
ihnen, daß du vom Hotel wegen der Milch eine Be
stellung auszurrchien hättest."
Ich versprach es und ging gleich darauf ins
Lager, um mir die Erlaubnis zu holen. Natürlich
mar nichts im Wege.
Old Jack machte ein sehr verwundertes Gesicht,
als ich noch einmal ins Hotel zurückkehrte. Aber
ich erfand einige glaubhafte Ausreden. Ich hielt
mich bei ihm solange auf, bis die Zeit gekommen
war. Dann ging ich zu Mrs. Hughes.
Sie saß in der Küche, und ich sah, daß sie den
Kopf in beide Hände gestützt hatte. Als ich eintrat,
land sie auf und gab mir ein Zeiechn, ihr zu folgen.
Sie sprach kein Wort. Sie sah sehr krank und elend
aus und zitterte am ganzen Körper, als sie eine
Tür öffnete und mich in eine kleine Kammer hinein
führte. Hier sollte ich wa.rten, bis sie zurückkehre.
Dann ließ sie mich allein, und ich hörte, wie sie die
Tür von draußen abschloß.
Ich weiß nicht, wietange ich warten mußte. Ich
sah dort in einem Sessel und begriff noch immer
nicht, was dies alles bedeuten sollte. Merkwürdige
Gedanken irrten durch meinen Sinn.
Endlich kam Mrs. Hughes zurück. Ich hört«
leise den Schlüssel klirren. Dann öffnete sie die
Tür und winkte mir wieder, ihr zu folgen. S>e
führte mich über den Flur in ein anderes Zimmer.
Als ich eingetreten war, schloß sie die Tür wieder
leise und vorsichtig ab. Ich stand dort allein, blickte
mich ein wenig befangen und fragend im Zimmer
um und sah Eira vor mir stehen. Sie war in weiße
Seide gekleidet, trug auf der Brust das kleine sil
berne Schild der Universität und versuchte zu lächeln.
Ich stand dort noch immer, bewegte mich nicht
von meinem Platz, sah mit ernsten Augen nach ihr
hinüber und fragte mit letser, bebender Stimme:
„Du bist hier, Eira?"
Sie senkte den Kopf und antwortete nicht.
„Weiß Dick, daß du hier bist, Eira?" fragte ich
weiter.
„Nein," sagte sie und atmete schwer.
„Und du willst Dick nie untreu werden, Eira?"
fragte ich.
„Nein, erwiderte sie.
Da trat ich einen Schritt näher auf sie zu und
sah, daß sie auch mir entgegenkam, bis wir vor
einander standen und ich ihre Hände fassen konnte.
„Nun sind wir also wieder beieinander, Eira,"
sagte ich.
Sie nickte und zeigte mir ihre Augen.
Wir. setzten uns nieder und begannen mitein.
ander zu reden und vergaßen dabei, daß wir froh
lich sein wollten über das Wiedersehen. Wir spvu
chen zuerst über allgenieine Dinge, die man sich so
erzählt. Sic hatte mir ein kleines Büchlein mit
gebracht. Ich bat sie, einen Gruß hineinzufchreiben.
aber sie wehrte sich und erfüllte meine Bitte nicht.
Sie sagte: „Denk', es sei von Dick. Und ver
giß es nie."
Es stand ein Klavier im Zimmer. Als es ein
mal ganz still zwischen uns wurde, stand Eira auf
und begann zu spielen.
„Kennst du dies Lied?" fragte sie.
„Ja", sagte ich, „es ist ein deutsches Volkslied".
„Ich habe es irgendwo in meinem Heft ge-
ünden", erzählte sie.
„Es waren zwei Königskinder, heißt es."
„Es ist ein sehr schönes Lied."
„Ja, es ist sehr schön, Eira."
Ich setzte mich neben sie und hörte ihr zu. Ich
bettachtete ihre weißen, schlanken Hände, und dachte
da ran ^ daß sie einst die Hände einer Bauernfrau
iverden sollten. Ich atmete den Duft ihres Haares
ein und sah, wie ihre Brust sich hob und senkte.
Ich verließ meinen Platz wieder und stand nun
auf der entgegengesetzten Seite des Zimmers. Ich
fühlte, wie mein Herz klopfte, und daß es mir heiß
und eng in diesem Raume wurde. Nun brach auch
Eira ihr Spiel ab. Aber ihre Hände blieben auf
den Tasten liegen. Sie sagte: „Ich habe dir eine
kleine Freude bereiten wollen. Es ist mir undenk
bar. daß ein Mensch im Gefängnis schmachten muß,
obwohl er unschuldig ist. Darum habe ich meine
Tante gebeten, uns für eine Stunde ihre Stube zu
öffnen. Ich glaubte, es würde eine sehr fröhliche
Stunde werden."
„Vielleicht ist die Stunde fröhlicher, als wir
es fühlen, Eira," sagte ich.
„Du darfst mir nicht böse sein," sprach st« leise
für sich hin. „Und du darfst nicht zweifeln, daß
Dick und ich glücklich werden. Ich fürchte mich nicht
vor der Arbeit, ich habe schon als Kind Bauernarbeit
gelernt. Bei meinem Vater lernten wir alle die
Arbeit kennen. Er schonte uns nicht."
„Ich bin dir nicht böse, Eira," antwortete ich.
„Und ich glaube dir alles, was du sagst. Warum
sollte ich dir böse? Du bist so freundlick» und mir
zu mir gewesen, daß ich nicht weiß, wie ich dir dafür
danken soll." Nun wurde es doch noch fröhlich um
uns. Wir sprachen nicht mehr über Dick, wir kamen
ganz vom Wege ab. Wir lochten über Examens
nöte und Hausknechtsnöte. Wir sahen nebeneinan
der am Klavier und versteckten nicht mehr unsere
Augen voreinander. Wir vergaßen alle Welt um
uns und versprachen, daß mir eine Gelegenheit
inchen wollten, uns in Zukunft noch einmal zu ttef-
fen. Wir wollten doch nur beieinander sein und
miteinander sprechen und einander in die Augen
sehen. Wir wollten Freunde bleiben, für immer
und alle Zeiten.
. (Fortsetzung folgt.*
* Die braven Kinder. > • ^
Mutter zu Hans und Klärchen: „Warum sitzt
ihr denn so ruhig?" — Hans: „Vater ist einge
schlafen!" — Mutter: „Das ist aber nett von euch,
daß ihr so hübsch still seid!" — Hans: „Ja, wir
passen auf, wenn seine Zigarette bis an die Finger
runterglüht!"
Os? sILtsms 6s?Z.
Roman von Felix Neumann.
Upright 1930 by Karl Köhler n. To.. Berlin.Zehkevdorf.
*1) (Nachdruck verboten).
„So ist es. In Südamerika zum Beispiel ist
"vch viel Raum für uns. Dort weiß man ungefähr,
der deutschen Unternehmer wartet, in Rußland
'Pielt rwm ein unberechenbares Spiel!"
„Danke! Nun ist es genug!"
Analiefe griff na-ch ihren Haudschicheu.
„Ja — es ist nicht leicht, sich durchzufinden.
Ņber — man kann ja lernen, und — ich werde schon
Augen aufhalten!"
„ Langsam erhob sie sich und sttich der Freundin
das wellige Haar.
„Du host einen sehr gescheiten Bruder, mein
ļ^bez Kind. Ich werde weiterhin in seine Schule
^hen. Für heute genügt cs!"
Sie reichte dem Ingenieur die Hand über den
Tisch,
^ „Ich — danke Ihnen! Ich werde über das. was
^ie mir sagten, nachdenken!"
Dann verabschiedete sie sich, und Else brachte
H Gast zur Etagentür.
Frau Münster wandte sich an den Sohn.
„Was bedeutete das? So war sie doch noch nie!
^'onaliese muß irgend etwas gehört haben, was sie
beunruhigt."
„Ja — das vermute ich auch. Und — fast will
mir scheinen, als ob mein Name genannt worden
'ft Du weißt ja, wie man in der „Belag" gegen
sstch arbeitet, weil ich Osterwald vor dem russischen
Projekt gewarnt habe. Die Herren oben meinen,
°uß ich meine Kompetenz überschritten habe. Nun
sfs aufgedrängt hätte ich dem Direktorium meine
Meinung gewiß nicht, aber wenn ich gefragt werde,
es meine verdammte Pflicht und Schuldigkeit,
^înen Wein einzusckienken."
Erich sah nach der Uhr, es wurde für ihn Zeit,
"'s Laboratorium zu gehen, wo er noch eine drin
Aude Sache zum Abschluß bringen mußte.
Auf dem Wege zur Fabrik konnte er die Ge
funken nicht von den Ereignissen dieses Nachmittags
'dsreißen.
Nock» nie hatte er die kleine Osterwald innerlich
erregt gesehen.
Man hatte zweifellos im Hause des Gehsimrats
besprochen, die ihr ungeschultts Köpfchen nicht
zu verarbeiten vermochte.
Dem Dater wagte sie sich nicht anzuvertrauen,
so kam sie zu ihm.
Als er sein Arbeitszimmer betrat, fand er auf
dem Tisch eine Notiz vor, daß ihn Herr von Lenner
sofort zu sprechen wünsche.
Der Generaldirektor hatte die etwas veralteten
Räume seines Vorgängers völlig neu herrichten
lassen.
Er liebte die Eleganz.
An Stelle der nicht mehr zeitgemäßen Möbel
ttat der allermodernste Sttl.
Und wenn man sich auch achse'lzuckend im Di
rektorium zuraunte, daß es wahrlich wichtigere
Ausgaben gäbe, als gerade diese, so bewilligte man
doch'lächelnd solche „Kleinigkeit" aus repräsentati
ven Gründen.
Herr von Lenner ging dem Eintretenden ge
messen einige Schritte entgegen und lnd Erich ein.
m einem der schweren Klubsessel Platz zu nehmen,
die unter einer Krone mit gedämpftem Licht in einer
traulichen Nische standen.
Türkische Schals drapierten in malerischer Form
ein Ruheiofa mit bunter Decke.
Süßlicher Zigarettendunst log in der Luft, und
Münster konnte sich des Eindrucks nicht erwehren,
daß ihm die alte Menge Schlichtheit Veltheims mehr
zugesagt habe.
Der Generaldirektor bot dem Ingenieur eine
Zigarette an.
„Sie werden sich vielleicht wundern, daß ich Sie
zu so ungewohnter Stunde noch zu mir bitten ließ.
— jedoch " er schlug lässig die Beine über
einander — „es ist da ein wichtiger Punkt zu be
sprechen, über den wir uns klar werden müssen!"
Er blätterte in einem Aktenstück, das Erich
nicht unbekannt war. Es trug die Chiffre „R" und
enthielt die Porverhaudlungen mit der Sowjetunion
über die Anlage dreier großer Elektrizitätswerke.
„Wir hoben gestern im engeren Aufsichtsvat
eine Sitzung gehabt, in der wichtige Beschlüsse ge
faßt wären, wenn nicht unvermutet Hindernisse
auftauchten, die uns eine neue Verzögerung brach
ten."
Die Stimme wurde ein wenig schärfer, als Len
ner fortfuhr: „Organisatorisch scheint in unserem
Konzern noch nicht alles in Ordnung zu sein. Ich
werde mich bemühen, für baldige Abhilfe zu sorgen."
Der Generaldirektor lächelte leicht malitiös:
„Es gibt verdienstvolle Herren, d-ie in ihrem Ueber
eifer die Grenze ihrer Kompetenzen überschreite».
Ungewollt natürlich und vielleicht auch unbewußt.
Alan hat Ihnen, Herr Doktor Münster, die Per-
suchsabteilung überiragen, und ich weiß, daß sie in
guten Händen ist. Ich möchte Sie aber bitten, sich
auch wirklich auf diesen Wirkungskreis zu be
schränken!"
Es trat eine Pause ein.
Der Ingenieur beugt« sich ein wenig vor und
sagte mit leichtem Kopsneigen bestimmt: „Selbst
verständlich! Ich habe wahrlich Arbeit genug imit
denke nicht daran, andere zu stören. In Ihren
Worten aber. Herr Generaldirektor, liegt ein Bor-
wurf! — Ich wüßte nicht daß ich mich unberufen
in fremde Dinge gemischt hätte *
Lenner blickte zur Zimmerdecke.
„Sehen Sie, das ist ein Fall, nämlich der
Ihrige, wo Sie sich der Tragweite Ihres Eingrei
fens scheinbar nicht bewußt gewesen sind!"
Münster richtete sich auf.
„Eingreifen, Herr von Lenner?! Das habe ich
niemals getan —"
„Indirekt doch — Herr Doktor!"
Er blätterte in dem Aktenband.
„Hier ist ein Gutachten von Ihnen, in dem Sie
sich scharf gegen die russischen Projekte wenden und
die Angebote aus Südamerika als die einzig rich
tigen empfehlen "
Erich räusperte sich.
„Herr Geheimrat Osterwald hat mich um Ab
gabe dieses Gutachtens ersucht! Ich habe nur meine
Pflicht getan, als ich vor Engagements, warnte, die
vielleicht verlockend erscheinen, aber auch Fußangeln
genug enthalten!"
Der Generaldirektor warf die Zigarette nervös
in den Aschbecher.
„Ich bin weit entfernt davon. Ihnen einen
Vorwurf zu machen, Nur möchte ich Sie bitten,
Ihren Widerstand gegen das russische Unternehmen
aufzugeben. Ich wäre bereit. Sie nach der Krim zu
'enden — mit hohem Gehalt —, um dort untere
Arbeiten, falls die Aufträge perfekt werden, unmit
telbar unter dem leitenden Ingenieur zu fördern
und durchzuführen "
Mit eleganter Geste füllte Lenner die Likör
gläser.
„Eine große Aufgabe harrt Ihrer. Geben Sie
uns keine Ablage!"
Wie betäubt saß Erich Münster.
Was bedeutete dieses Anerbieten?
Er steckte mitten drin in 'einen Neuschaffungen.
Der Oelschalter modernster Konstruktion stand vor
der Vollendung. Ein neuer Röhrenapparat für Ra
dio wurde gebrauchsfertig. Man war auf dem be
sten Weg, der Konkurrenz wichttgen Boden abzuge-
wtnnen, und nun plötzlich vieles Angebot?
„Wir schätzen Ihre Dienste. Herr Doktor Min
ster, aber wir glauben, daß Sie drüben einen noch
besseren Wirkungskreis finden. Das Vertrauen der
Firma steht hinter Ihnen "
„Und — die argentinischen Aussichten V
Lenner zuckte die Achseln.
„Wir werden sie tm Auge behalten! Das
andere aber geht vor. Wir dürfen uns nicht zer
splittern. Das Geld ist knapp!"
„Weiß Herr Geheimrat Osterwald darum, daß
ich hinübergehen soll, sprechen Sie in seinem Na
men?
Der Generaldirektor zog -e Augenbrauen zu
sammen.
„Lieber Herr Doktor! Seien Sie mir nicht
böse, wenn Ich Ihnen sage, daß diese Frage über
Ihre Befugnisse hinausgeht. Sie sind Angestellter
des Konzerns, dessen geschäftlicher Leiter ich bin.
Die Porarbeiten ruhen in meiner Hand. Es ist
selbstverständlich, daß der Herr Geheimrat seine Ein
willigung geben muß, ehe alles perfekt ist. Sich
darüber den Kopf zu zerbrechen, ist nicht Ihre
Sache!"
Erich empfand, daß er eine Zurechtweisung er
fahren habe, die nicht am Platze war.
Schon wollte er aufbahren, da fielen ihm die
Seinen ein.
Warum in diesem Augenblick einen Konflikt
heraufbeschwören?
Wen man ihn aus dem Konzern entließ, war
er zwar gewiß, sofort eine neue Stellung zu finden,
aber — wo?
(Korttetzuno folctll
VON RUDOLF MOSSE
Mark 90,- frei überallhin, Berlin SWF Postscheckkonto 265*7
Zur Unterhaltung
Beilage der Schleswig.Holsteinischen Landeszeitung (Rendsburg« Tageblatt)
Dienstag, den 3. Februar 1931