Full text: Newspaper volume (1931, Bd. 1)

Sd)leswig-Botfteîmfd)e LanDsszsitung 
124. Jahrgang, 
124. Jahrgang. 
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IMmrslim. den 22. 3snuflt 
Eine andere Diskussionsgrundlage für das Problem 
terrors ist falsch. Gerade in den Bezirken, in 
denen keinerlei Vorfälle sich ereignet haben, sind 
die deutschen Wahlstimmen am stärksten zurückge 
gangen. Man findet eine genügende Erklärung 
für die Vorfälle in Oberschlesien durch einen Ver 
gleich mit den Wahlkämpfen in Deutschland, die 
auch außerordentlich leidenschaftlich gewesen sind. 
Zaleski behauptet dann, es handele sich in der 
überwiegenden Mehrzahl aller Klagen um Fälle 
von ganz geringer Bedeutung, wie das Einschlagen 
von Fensterscheiben und erklärte dann: Die Vor 
gänge sind übertrieben und entstellt worden. Der 
Versuch, glauben machen zu wollen, der starke 
Stimmcnrückgang der Deutschen sei auf den polni 
schen Terror zurückzuführen, ist irreführend. Der 
Aufständischen-Verband ist keineswegs eine privi 
legierte Organisation. Dr. Curtins kann aus sei 
nen eigenen Erfahrungen mit dem deutschen Stahl- 
helm selbst wohl einiges darüber mitteilen, welche 
Rolle der Stahlhelm bei den letzten Rcichstags- 
wahlen gespielt hat. Daraus darf aber nicht der 
Schluß gezogen werden, daß dieser Verband für die 
deutschen Wahlvorgänge verantwortlich ist. Der 
deutsche Stahlhelm betone mit besonderem Stolz, 
daß der Reichspräsident von Hindenburg sein 
Ehrenvorsitzender ist. Jedoch kann man wohl den 
deutschen Reichspräsidenten für alle Handlungen 
des Stahlhelms verantwortlich machen? Der Auf- 
ständischrn-Vcrband hat fetzt beschlossen, gegen die 
gegen ihn gerichteten Verleumdungen gerichtlich 
vorzugehen. 
Die Vorfälle in Oberschlesicn auf ihren wah 
ren Tatbestand zurückgefübrt, zeigen, daß ihnen 
keinesfalls die von deutscher Seite beigemessenc 
Bedeutung zukommt. Die polnische Regierung hat 
bereits dis Schuldigen bestraft und eine Entschä 
digung der tatsächlich Geschädigten geleistet. Za 
leski erklärte dann, er könne dem Völkerbundsrat 
keine Forderungen erheben und Schlüsse ziehen, die 
nur entweder aus dem einen oder dem anderen Be 
reich ihre Begründung erhalten. 
Anscheinend hat man in Schleswig-Holstein die 
Frage der Grenzen, der Zuteilung von Nachbar- 
gebieten, der Zusammenfassung von Provinzen und 
Enklaven zu stark und einseitig in dev Vordergrund 
geschoben und hat die Frage der allgemeinen Ver- 
sassungsreform, der Zuständigkeitsoerteilung und 
der Stärkung der Reichsgewalt zu sehr vernachläs 
sigt, lediglich mit Schlogworten abgetan, mit dem 
Ergebnis, daß wir uns schon in den Haaren liegen, 
bevor wir an den Kern der Sache herangekommen 
sind. 
Es geht auf diesem Wege nicht mehr weiter, 
wir gelangen in eine Sackgasse, das müssen wir 
endlich einsehen. Die Gegner haben sich bei der 
territorialen Neugliederung zu einseitig festgelegt, 
um zu einem Nachgeben noch bereit sein zu können. 
Wir Müssen diese Methode der Auseinandersetzun 
gen, die mit Verdächtigungen und Schmähungen 
arbeitete, verlassen, wir müssen auch an die Materie 
von einer anderen Seite herangehen, wenn es noch 
gelingen soll, in Schleswig-Holstein eine Einheits- 
sront zu bilden gegenüber Zentralismus und Föde 
ralismus. Unsere Aufgabe ist auch, auf dem Weg 
über die Zentralinstanzen und -verbände auf die 
neue Reichsverfassung Einfluß zu nehinen, dort 
unsere Forderungen und Interessen anzumelden. 
Es ist anzunehmen, daß wir an diese Dinge mit 
einer größeren Sachlichkeit herangehen und sie nüch 
terner beurteilen als dst Frage der territorialen 
Neugliederung, und daß man auch dann später in 
öen Fragen zu einer Klärung kommen rönne, die 
heute wegen persönlicher Anfeindungen und infolge 
ungenügender Doraiisfetzungen zurückgestellt wer- 
Die neue Gebietseinteilung, die Beseitigung der En- 
und Exklaven ist aber nicht das einzige Problem, 
die einzige Aufgabe der Reichsreform: daß es dane 
ben noch andere Dinge .die ebenso wichtig sind, zu 
beachten gibt, scheint man bei der öffentlichen Dis 
kussion in unserer Provinz nicht immer genügend 
berücksichtigt zu haben. Ebenso bedeutend, vielleicht 
von noch größerer Tragweite als die neuen Gren 
zen, die Größe der Länder, ist die Neuordnung der 
Zuständigkeiten von Reich, Reichsländern und Re 
gierungsbezirken. ist der Neubau des ganzen Rei 
ches und seine Auswirkung auf die Verwaltung, ist 
die Frage des zentralisserten Einheitsstaates oder 
des föderalistisch organisierten Reiches. Bor der 
Entscheidung dieser Verfassungsfragen kann nichts 
oder nur wenig über die Größe und Abgrenzung der 
neuen Reichsländer gesagt werden. Je nachdem, 
welche Aufgaben dem Reich, den neuen Ländern, den 
Regierungsbezirken zugewiesen werden, muß Um 
fang und Leistungsfähigkeit dieser Verwaltungs 
bezirke bemessen werden. Und andererseits ist es 
wiederum nur möglich, auch die Kompetenzen auf 
Reich, Land und Regierungsbezirk zu verteilen, 
wenn man hierbei Größe und Leistungsfähigkeit ge 
schichtlich, kulturell und volkstumsmäßig zusammen 
gehöriger Gebiete gebührend berücksichtigt. Man 
kann nicht berechtigt an die Frage der Reichsreform 
herangehen, wenn man territoriale Neugliederung 
und verfassungsmäßigen. Neuaufbau, des Reick>es, 
jedes ■ getrennt für sich behandeln will, man kann 
nungsverjchiedenheiten, bei denen weder die 
Liebe zur Heimat noch die größeren Interessen 
des Vaterlandes außer Acht gelassen werden. 
Daß wir die Reichsreform in diesen Wochen be 
vorzugt behandelt haben und behandeln wer 
den, hat seinen Grund u a. darin, daß wir viel 
eher, als manche es ssch zur Zeit denken, vor 
lehre Enticheidungen gestellt werden könnten. 
Die Länderkonfercnz hat lange gesprochen, der 
Reichstag hat in voller Einmütigkeit die Ein 
bringung eines diesbezüglichen Gesetzes ver 
langt. und es steht bei der immer stärker wer 
denden Finanznot zu erwarten, daß der Rcichs- 
rog sich noch in diesem Frühjahr mit der Frage 
der Reichsreform endgültig beschäftigen wird. 
Wenn wir überhaupt noch Wünsche und Forde 
rungen vorbringen wollen, müssen wir uns jetzt 
mrrüber klar werden Bekanntlich steht auf 
Ģrund der Länderkonferenz die sogenannte 
drfftrcnzierte Lösung in Aussicht, d. h. es wird 
beabsichtigt, Länder alter und neuer Ordnung 
in e;ner neuen Verfassung in einem Reiche 
zu rmmenzustellen. Anders ausgedrückt: 
letz - vorgeschlagene offizielle Lösung sieht 
Lvl l ~ 
iub teutschen Länder nach Souveränität und 
Ve/Pßung zu ändern. 
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ietung Preußens vor. ohne die Stellung der 
Man löst also die 
_ V.. t'.'uno, «us, man beseitigt den 
^ansmus Reich—Preußen, um dafür einen 
»Dualismus" Süddeutschland—Rorddeutich- 
.^d herzustellen, so .daß alio d>e Mainlinie wie 
der starker in Erscheinung tritt. Auf diese 
w>r zur weiteren Erörterung 
. er die Reichsreform bei dreier Gelegenheit 
Pngew,eien haben, denn gerade in dieser diffe- 
enzierten Löiung liegen u. E. ernste Gefahren 
für ein wirkliches Einswerden des Reiches. 
î à Zuschrift heißt cs: 
>r sind weiter als jemals zuvor davon ent- 
- in Schleswig-Holstein in absehbarer Zeit in 
° Reichsreform Öffentlichkeit und maß- 
Zaleskis Errvideruug. 
Errrtms widerlegt Zaleski. 
Zurückweisung von Angriffen auf Hindenburg — Zaleski gibt polnische 
Verschlungen zu. 
Die große mit Spannung erwartete Aus- rung des deutschen Außenministers seinerseits eine 
spräche in Gens hat stattgefunden. Der deutsche Erklärung ab, in der er u. a. folgendes ausführte: 
Außenminister hat nüchtern und klar, aber Es handelt sich hier bei den Beschwerden der deut- 
mit anerkennenswerter Schärfe in der Zu- scheu Regierung gegen Polen nicht um einen iso- 
rückweisung polnischer Unmoral in der Ve- lierten Fall. Die Ursache für die Verschlechterung 
Handlung der Minderheiten gesprochen. Der der Beziehungen zwischen der Mehrheit und der 
zurückhaltende Ton der ersten Rede von Cur- Minderheit liegt in der Rede des deutschen Reichs- 
tius, die mir in der gestrigen Nummer ver- ministers Treviranus, die in Polen einen allge- 
öffentlichten, veranlaßte Zaleski zu einer Er- meinen Umschwung in der Stellung zu den Min- 
widerung, die auf sehr tönernen Füßen stand derheiten herbeigeführt hat. Die Kampagne jen- 
und die Berechtigung der deutschen Beschwer- seits der polnischen Grenze für eine Rückgabe 
den letzten Endes anerkennen mußte. Trot? Oberschlesiens an Deutschland hat eine steigende 
dieser sachlich schwachen Position wagte Zaleski Erregung und Unzufriedenheit geschaffen und aus 
cs, zu Angriffen überzugehen und ganz schiefe diese Stimmung sind die in den deutschen Roten 
Vergleiche anzustellen, z. B. durch das uner- erwähnten Vorgänge zurückzuführen. Die Min- 
hvrt geschmacklose Hineinziehen der Person des derheiten in Oberschlesicn müssen jetzt vor ihren 
ehrwürdigen Reichspräsidenten von Hindert- eigenen Beschützern geschützt werden, 
bürg in die Debatte, und zrvar in offensichtli- - * «« îûb(imt bett Ausmbrunaen Dr 
inn ^minin' 1 Gurtius entgegen, nach denen die Lage der poïnu 
y em mi itith ~tnf4f resisted tins «iicsieti Terrnt* scheu Minderheiten in Oberschlesien in keiner Weife 
ei,ķ-^,n,4ili^»^c-ck,tļdkn»tn ìsiiteifie u crv mit der fortgesetzten Unterdrückung der deutschen 
auf^ amtliche «chnldkonto zu ,chre.be» .st. Die Minderheit in Polen verglichen werden könne. Er 
Erwiderung von Curtlus suchte hierbei den Nachweis zu führen, daß die 
auf diese Rede Zaleskis war wesentlich tempe- polnische Minderheit in Deutschland über keine 
ramentvoller als seine Einführungsrede und Schulen verfüge, während die deutsche Minderheit 
ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig, in Polen unter dem ausdrücklichen Schutze des 
Tie wirkte so sehr, daß Zaleski zu einer eiuge- Völkerbundes steche. Diese Ungleichheit in der Be 
henden Erwiderung keine innere Haltung ans- Handlung der beiden Minderheiten fei höchst schä- 
bringen konnte. Trotz des schlechten Eindrucks digend. Zaleski fährt dann fort: Die polnische 
wird man im Völkerbundsrat versuchen, den Regierung bestreitet nicht, daß sich unzulässige Bor- 
Schützling Frankreichs herauszuhauen, und fälle während der Wahlen ereignet haben. Sie 
wirklich positive Ergebnisse werden nur zu er- sinb jedoch allein auf die ungewöhnlich erregte 
warten sein, wenn Deutschland willens ist, Stimmung während der Wahlen zurückzuführen, 
dem Völkerbund gegenüber stark zu bleiben Die polnische Regierung hat bereits ein Strakver- 
und Folgerungen zu ziehen, wenn dieser das fahren gegen die Schuldigen eröffnet und ein Diszi- 
Recht zu Gunsten der politischen Macht zu un- plinarvcrfahrcn gegen die schuldigen Beamten in 
terdrücken versuchen ivird durch Begraben der Aussicht genommen. In einer Reihe von Fällen 
ganzen Angelegenheit in den Ausschüssen oder ist bereits das Urteil der Gerichte gefällt. Bei den 
in wehleidigen Kompromissen. Wahlkämpfen handelt es sich keines weis um 
Ueber die Diskussion. Kämpfe zwischen der Mehrheit und der Minder- 
die sich an die gestern veröffentlichte Rede heit, sondern um einen diesmal ungewöhnlich har- 
voil Curtins anlehnte, wird berichtet: ten Kampf um die Revision der uolniichen Ber- 
kafsung. Aus diesen ungewöhnlich scharfen Partei- 
Dre Aus uhrunsten Ost esms. kämpfen heraus sind die Vorfälle zu erklären. Die 
T-U. Genf, 21. Jan. Der polnische Außen- deutsche Begründung für den Rückgang der deut 
minister Zaleski gab unmittelbar nach der Erklä- schen Wahlstimmen infolge des polnischen Wahl- 
Mm nmlere ZsamleMhMs-MrMg. 
Berlin, 21. Jan. Die immer wieder aufton- 
chende Meldung über eine Erhöhung der Beamten 
abzüge auf 10 Prozent des Gehaltes werden von 
zuständiger Stelle erneut als völlig aus der Luft 
gegriffen bezeichnet. 
rerttf * r~ r . jcunu» <$uuuc uuüün 
s T tn Schleswig-Holstein IN absehbarer Zeit in 
'^roge der Reichsreform Oeffentlichkeit und maß- 
c)j lt - e Perionlichkeiien auf eine Linie der fachlichen 
unhzu einer einheitlichen Auffassung zu 
S,e Meinungen gehen auseinander in den 
.fragen der Reichsreforw wie auch in den Ein- 
•ne V*. Neugliederung: weder über ihre Not- 
beüekt ^ noch über ihre zwangsmäßigen Folgen 
e,n4 allgemein anerkannte Diskussionsgrund- 
die Versicherung abgeben, daß die Politik der pol 
nischen Regierung eine endgültige Aussöhnung der 
deutschen Minderheit mit der polnischen Mehrheit 
mit allen Mitteln zu fördern suche. Im Prinzip 
nehme er die Forderungen des Deutschen Bolls- 
bundes an, der Bestrafung der Schuldigen, Ent 
schädigung der Geschädigten und Aufhebung der 
Vorrechte des Aufständischen-Verbandes gefordert 
hatte. 
ErkNiderung des dZuLfchen 
Außenministers. 
Der deutsche Llußenminister Curtius führte in 
seiner Antwortrede u. a. aus: Die Wahleutrech- 
tung und Gewalttaten gegenüber den deutschen 
Minderheiten können durch eine Fülle von Tat 
sachen in allen Einzelheiten nachgewiesen werden. 
Es liegen 30 803 Einsprüche gegen die polnischen 
Wahllisten vor. Zaleski hat sich geirrt, wenn er 
annimmt, daß wir von ?0 000 Wahlstreichungen 
gesprochen hätten. Es ist höchst bemerkenswert, 
daß die polnische Regierung jetzt selbst 3030 Wabl- 
streichungen zugibt. Hierdurch werden blitzartig 
die ganzen unmöglichen Verhältnisse in Oberschle- 
ssen beleuchtet, in deireu es möglich aewefen ist, die 
Frage der nationalen Zugehörigkeit zur Grund 
lage von E-rtrechtunaen zu nehmen. Die d-nifchc 
Regierung legt der Tatsache entscheidende Bedeu 
tung bei, daß unter Duldung und sogar Hilfe del 
Vel'ördcn bei den Madien Terror- und Gewalt 
maßnahmen stattgefunden baben. Ferner liegen 
eindeutige Beweise vor. daß statt der getedlichcir 
und aehcimen Stimma^->abe unter dem Druck der 
Behörden und der verschiedenen Verbände offene 
Wahlen erzwnnaen worden sind. 
In Drohbriefen heitzt es fortgesetzt, die Wah 
len würden ergeben, wer für die Negierung oder 
aegen sie sei. wer geheim negen die Re-'ierunq und 
kür Ercnmvtretunnen an Deutschland eintrete. Die 
rächende Hand würde dceartiae Verräter trcffrn. 
Eursius wies sodann auf weitere Beweis? hin. wo 
nach eine offene Stimmabgabe infolge des Ter 
rors in den Wahllokalen erzwungen worden ist 
und bewaffnete Aufständilche die Wahlen kontrol- 
Zor- 
nein 
ätzen 
e ist 
rück- 
nge« ■> öm 
«ns- leben 
Srörteruu! 
Benhängo 
leits Ber! 
rericits H 
{ ! ’egen. uü 
d'glich in: 
^vtz aller 
*ikulorism 
Die . 
"erung Zn 
und zwar 
wird, wie I 
Won in d 
was mm J 
i daß uns von Hamburg und Lübeck le- 
lirdeutsche Verwaltungsgrenzen trennen. 
Meinstaatevei und allem schädlichen Par- 
Icörterungen um die territoriale Reuglie- 
'ederiach'ens sind an sich zu begrüßen, 
^besonders deswegen, weil dadurch bekannt 
şsîiedersachsen zur Reichsreform steht, was 
jsrdwestdeutschland von ihr erwartet und 
befürchtet, wenn sie durchgeführt wird.
	        
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