Full text: Newspaper volume (1931, Bd. 1)

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Schuhchen einer jungen Schwedin zu bearbeiten, die 
eben den Stuhl bestiegen hatte. 
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Die Schicksale feiner königlichen Hoheit von Kamerun. 
Vulkanausbruch ohne 
Nach den vielen Umwälzungen der letzten Jahre 
wimmelt es in der Welt von abgesetzten Königen, 
landflüchtigen Prinzen, verarmten Großfürsten usw. 
Wenige unter diesen gestürzten Größen dürsten 
■ aber auf so abenteuerliche Schicksale zurückblicken 
können wie Mr. Bell, ehemals Prinz Jim-Jim aus 
Kamerun. Der Lebensroman dieses Enkels des be 
rühmten Königs Bell und treuen Vasallen des deut 
schen Kaisers wäre der Allgemeinheit auch weiter 
verborgen geblieben, wenn nicht der bekannte schwe 
dische Kamerunreisende Knutson ihn in dem größ 
ten Stockholmer Warenhaus entdeckt hätte, wo die 
„Königliche Hoheit" jetzt täglich den eleganten Da 
men und Herren des Kaufhauses die Schuhe putzt. 
Mr. Bell ist nämlich für Rechnung einer Hamburger 
Firma im hohen Norden tätig, um dort für deren 
Schuhpußcrems als lebendige Reklame zu dienen. 
Um den Kontrast zwischen einst und jetzt zu be 
leuchten, genügt es, darauf hinzuweisen, daß der 
Großvater des Schuhputzers vor der Annektierung 
Kameruns durch Deutschland der mächtigste Herr 
scher in ganz Kamerun war, über Zehntausende von 
Negern das Zepter führte, über dreitausend Skla 
ven die Peitsche schwang und nicht weniger als hun 
dert Frauen in seinem Harem hatte. 
„Das mit den vielen Frauen", so erzählt Mr. 
Dell lachend seinem Ausfrager, „hat auch zur Folge, 
daß ich sehr häufig unerwartet Mitglieder meiner 
Familie antrefft' von denen ich bisher keine Ahnung 
hatte. Mein eigener Vater hatte allerdings nur 
fünfzig Frauen, trotzdem bin ich in mehreren euro 
päischen Städten auf Brüder gestoßen, die ich nie 
zuvor gesehen hatte. 
Der Grund, weshalb ich die ganze Herrlichkeit 
in Kamerun hinter mir ließ", so versicherte Mr. Bell 
weiter, „ist der, daß ich mir selbst mein Brot verdie 
nen wollte. Meine Mutter war eine Prinzessin vom 
Stamme der Malimba, mein Vater war aber euro 
päisch gebild-et, hatte fünf Jahre in England studiert, 
von ihm erbte ich die Wanderlust und machte mich 
auf den Weg nach Deutschland, als ich vierzehn 
Jahre alt war. Einer meiner zwölf Brüder beglei- 
ü re mich und ist jetzt Arzt in Frankfurt, ein anderer 
ist Rechtsanwalt in Danzig und ein dritter, der 
älteste, hat in unserer Heimat die Königswürde 
auf sich genommen," 
Mr. Bell, der sich selbst als Geschäftsmann, Mu 
siker und Vertreter sonstiger Gelegenheitsberufe be 
zeichnet, erinnert sich noch an viele Einzelheiten aus 
seinen prinzlichen" Jugendjahren. Er war zuge 
gen, als im Jahr 1884 die deutsche Flagge in Ka 
merun gehißt wurde. Der Großvater King Bell I. 
war vom ersten Tage an treuer Untertan des Kai 
sers, aber einige andere Stämme waren feindlich 
gesinnt und griffen den König in seiner eigenen 
Hauptstadt an. Er mußte Hals über Kopf in sei 
nem kleinen Kanu flüchten und sich bei einigen 
Freunden am Mungofluß verborgen halten. Die 
feindlichen „Könige" von Iofttown und Hikorytown 
verwüsteten die Hauptstadt und ließen nur die „kö 
niglichen" Gebäude stehen. Der Handel mit den 
Faktoreien war gänzlich eingestellt und der prinz- 
liche Schuhputzer erinnert sich noch daran, daß die 
große Woermannsche Faktorei täglich sieben Pfund 
an die Neger bezahlen mußte, damit ihre Magazine 
nicht in Brand gesteckt wurden Erst als ein deut 
sches Geschwader eintraf, wurden die Feinde zer- 
Dir StimpM Krs 
Roman von Otfrid von Haustein. 
Vertrieb: Literatur-Derlag Gloria. Berl'n-Steglitz. 
13) (Nachdruck verboten). 
Fügt es das Schicksal von selbst anders, so kann 
ich nicht dafür. Auch danke ich dir herzlich für dein 
reiches Geschenk. Nur eine Bitte habe ich. Ich 
möchte Ilse gern noch einmal sehen. Ich verspreche 
dir, paß ich es so einrichte, daß sie mich nicht sieht. 
Ich werde den Tag über in meinem Zimmer bleiben, 
bis sich eine Gelegenheit findet, sie nur einmal unbe 
merkt zu sehen. Daun reise ich ab. Verlaß dich auf 
mein Wort." 
Sie drückten sich die Hände. Obwohl Graf 
Mexander nicht so recht Gefallen an dem Vorschlag 
fand, willigte er ein. 
Konrad war mit seinen Gedanken allein. Es 
war eigentlich Torheit, sie durchaus wiedersehen zu 
wollen. Warum nur wollte er sie sehen? Würde es 
nicht seinen Schmerz vergrößern? Rein, vielleicht 
im Gegenteil. Er wollte ihr Gesicht heute noch ein 
mal prüfen. Vielleicht coar er dann ernüchtert, 
vielleicht war es nur der erste Augenblick, der sein 
Herz hatte pochen lassen. 
Ilse war mit etwas schwerem Kops aufgestan 
den. Hieronymus war nach dem Frühstück herüber 
gekommen und hatte nach ihrem Befinden gefragt, 
immer in seiner ruhigen, gütigen, leidenschafts 
losen, zarten Weise und hatte überrascht aufgeschaut, 
als sie ihm von selbst die Lippen zum Kuß bot. Ihr 
war, als ob sie ihm den Traum der Nacht abbitten 
müsse. Dann war er gegangen, weil er mit dem 
Geheimrat aus Berlin, der heute abreisen wollte, 
noch eine wichtige Besprechung hatte. 
Ilse war nervös. Wie kam es nur, daß sie heute 
den Gedanken an Konrad nicht abschütteln konnte. 
Immer stand er vor ihren geistigen Augen. Sie 
mochte tun, was sie wollte. Immer dachte sie an 
den Traum und fühlte seine brennenden Lippen aus 
den ihren. Sie versuchte an ihrer Aussteuer zu 
arbeiten, war es doch ihr Stolz, allerhand zart« 
Handarbeiten selbst zu machen, aber ungeduldig 
warf sie die Stickerei aus der Hand. 
Sie wollte lesen, aber sie ertappte sich dabei, daß 
ihre Augen mechanisch über die Zeilen glitten, ohne 
sprengt und König Bell wieder in alle Würden ein 
gesetzt. 
Der Königssohn war als siebenjähriger Junge 
zugegen, als der erste weiße Missionar nach Bell- 
town kam und das Volk aus Angst vor dem weißen 
Manne Hals über Kopf flüchtete. Der Einkömmling 
wurde aber vom König freundlich empfangen und 
bald begann er die königlichen Hoheiten im Lesen 
und Schreiben sowie in anderen Fächern der Wis 
senschaft zu unterrichten. Großpapa und Papa 
Bell wurden eifrige Förderer der Mission; sie legten 
auch einen heiligen Eid ab, daß sie Uünen Alkohol 
— ausgenommen Bier und Sekt — zu sich nehmen 
würden. Moinnungsverschiedenheiten wegen der 
Missionstätigkeit führten zu einem neuen Bürger 
krieg. König Bell mußte wieder flüchten, diesmal 
auf ein englisches Fahrzeug. Die Unruhen dauer 
ten acht Tage, und nach der Rückkehr des Königs 
wurde das große Parlament einberufen. Dieses 
beschloß, den Missionaren keine Hindernisse in den 
Weg zu legen. 
Der König bewohnte übrigens, wie wir von 
seinem Sohne erfahren, einen stattlichen Residenz- 
palast, der vollständig mit kostbaren deutschen Mö 
beln eingerichtet war. Diese hatte der Vater des 
jetzigen Schuhputzers selbst in Berlin eingekauft, 
als er seinem kaiserlichen Schirmherrn einen Besuch 
abstattete. Zwei große Schiffe, die ausschließlich mit 
den vielen Kostbarkeiten für das „Schloß" beladen 
waren, trafen damals in Kamerun ein. Zwanzig 
Paradepferde waren auch dabei. 
„Ach ja, dos waren andere Zeiten!" seufzt Mr. 
Bell und macht sich daran, die eleganten Pariser 
Vulkan? 
GeheimnisvolleNaturerschemungeninden 
Auden. — Abergläubische Furcht der 
Bevölkerung. 
Da Los Andes (Chile), 11. Januar. Die Be 
wohner des Vorgeländes der Anden werden feit 
einiger Zeit durch geheimnisvolle feurige Garben 
am nächtlichen Himmel beunruhigt. Es hat den 
Anschein, als ob hoch oben in den Kordilleren ein 
ungeheurer Vulkanausbruch stattfindet, dessen 
Feuerschein weithin leuchtet. Auch die Tiere, die 
Naturkatastrophen bekanntlich weit besser wahrneh 
men als Menschen, zeigen ein besonders scheues 
Wesen, so daß allgemein, zumal der Feuerschein 
schon seit über zehn Tagen mit unverminderter In 
tensität zu sehen ist, mit einem elementaren kata 
strophalen Naturereignis gerechnet wird. 
Vulkanausbrüche pflegen nun aber von Evd- 
erschütterungen begleitet zu sein, die, wenn auch 
nicht von Menschen unmittelbar, so doch von Erd 
bebenmessern wahrgenommen werden. Nun re 
gistrierte jedoch keine einzige südamerikanische Erd 
bebenwarte in dieser Zeit ein Beben, dessen Herd 
in den Anden zu suchen ist, so daß die Wissenschaft 
vor einem Rätsel steht. Die Behörden haben zu 
nächst durch Radio und andere Verbreitungsmittel 
die Bevölkerung davon in Kenntnis gesetzt, daß kein 
Grund zur Beunruhigung vorliege. Der Feuer 
schein könne von keinem Vulkanausbruch stammen, 
es müsse sich um irgendein noch unbekanntes, aber 
offenbar ungefährliches Naturereignis handeln. 
Mittlerweile hat die chilenische Regierung mit 
Eine Gedenkmünze zur Reichsgründungsfeier. 
Dis Münze zeigt auf der Rückseite den alten deut- 
schen Reichsadler, umrahmt von den Wappen der 
25 Bundesstaaten. Die Ausprägung erfolgt in 
Bronze, Silber und Gold. 
Keme F.UZZeuLNLLlanLung — smLdsru Fèlm-RêkķamK. 
Eingang eines Berliner Kinos, 
in dem gegenwärtig der Film „Mit Byrd zum Südpol" läuft. 
Ein Flugzeugmodell in natürlicher Größe hängt guer über dem Eingang in einer Stellung, 
daß jeder Vorübergehende den Eindruck hat, daß das Flugzeug eben notlandete. 
Flugzeugen eine Expedition ausgerüstet, um festzu- 
stellen, worauf der nächtliche Feuerschein zurückzu, 
sichren ist. Meteorologen neigen zu der Ansicht, 
daß es sich um irgendwelche Erscheinungen im Zu 
sammenhang mit den Wetterverhältnissen handelt, 
doch können auch sie den ungeheuer intensiven 
Feuerschein, der den ganzen Horizont über dem An- 
demnassiv erhellt, nicht erklären.- Be: Tag ausge- 
führte Erkundigungsflüge von Militärfliegern ha 
ben bisher zu keinem Ergebnis geführt. 
Unter der abergläubischen Bevölkerung entste 
hen die unsinnigsten Gerüchte über das nächtliche 
Toben teuflischer Mächte, die auf dem Wege seien, 
von den Anden herabzusteigen und alles Menschen 
werk zu vernichten. Tausende halten sich während 
der ganzen Nacht im Freien auf und beobachten 
angstvoll den östlichen Horizont. In den Kirchen 
werden nächtliche Gottesdienste abgehalten. 
Der derpLLWstts ķhsgaLLe. 
Originelle Einweihung 
der Polizei-Meldeautomaten in Paris. 
-daß sie verstand, was sie las. So legte sie auch das 
Buch beiseiie. 
Zu Mittag neckte sie der Vater und behauptete 
scherzend, sie habe einen kleinen Kater vom Berlo- 
bungsfest. 
Endlich sank der frühe Abend nieder und die 
Stunde nahte, wo ihr Verlobter zurückkommen sollte. 
Sie hoffte, ein ruhiges Gespräch mit ihm würde ihr 
ihre Ruhe wiedergeben. 
Sie setzte sich an den Flügel und begann zu 
spielen. Es war ein großes, vornehmes Musikzim 
mer, in dem das herrliche Instrument stand. Halb 
seitwärts verband eine offene Tür, die nur durch 
einen Perlenvorhang abgeschlossen wurde, den Raum 
mit dem Speisesaal. Während es im Musikzimmer 
schon fast ganz dunkel war. sandte die untergehende 
Sonne ihre Strahlen noch in die Fenster des Speise- 
saales, so daß das Perlengehänge in zarter Beleuch 
tung wie aus unzähligen Brillanten zusammengesetzt 
erschien. 
Ilse sah es nicht, ihre Finger glitten phantasie 
rend über die Tasten und ließen die Saiten in vol 
len, weichen, warmen, schwermütigen Akkorden er 
klingen. 
Ihre Gedanken weilten in weiter Ferne und 
immer wieder sah sie ein hohes Schiff und an Bord 
einen blühenden Jüngling. Sie wollte abbrechen 
nnd ihre Gedanken durch andere Melodien ablenken, 
da war es ihr, als würde sie beobachtet, als ruhten 
zwei forschende klugen auf ihr, wie ein Alp, der ihr 
Herz stocken machte. 
Unwillkürlich schaute sie aus und wie von ma 
gischer Gewalt gezogen, richteten sich ihre Augen 
der Türe zu. 
Ein jäher Aufschrei entrang sich ihrer Kehle. 
Da, hinter den Perlen — war es nicht ein blei 
ches, schmerzentstelltes Gesicht, das zu ihr herüber 
schaute, so zauberhaft von dem letzten Sonnenstrahl 
beleuchtet — das war ja Konrad — aber nein, er 
war es auch nicht — Konrad, aber männlich und 
schön. Die alten Augen, aber voll Trauer und 
Schmerz. 
„Konrad!" 
Sie sprang auf und eilte zu jener Tür. Sie 
schlug die Perlen auseinander. Niemand war dort. 
Alles leer und stumm. 
Ilse stand wie gelähmt. Soweit war es also 
schon mit ihren überreizten Nerven, daß sie am hell 
lichten Tage Erscheinungen sah, die nicht vorhanden 
waren. Sie zitterte in jähem Schreck und schaltete 
das elektrische Licht ein. Als volle Helligkeit den 
weiten Raum durchflutete, aimeft sie auf. Sie ging 
in das Speisezimmer und trank hastig ein Glas kal 
tes Wasser. Dann zwang sie sich, über sich selbst zu 
lachen, aber es klang hohl und gekünstelt. 
Da öffnete sich die Tür und der Professor trat 
herein. Ilse flog ihm entgegen. 
„Gott sei Dank, daß du da bist. Ich bin so ner 
vös, so töricht nervös. Komm, bleibe bei mir, sprich 
zu mir und beruhige mich." 
Hieronymus schaute sie vermi ndert an. Was 
war nur geschehen? Sie war schon den ganzen Tag 
co seltsam erregt. Liebevoll strich er ihr über die 
heiße Stirn. Es war wohl gestern ein wenig zu 
viel gewesen. 
Er sprach in seiner beruhigenden Art und er 
zählte ihr, der Geheimrat habe ihn gebeten, im Auf 
träge der deutschen Regierung aus einige Wochen 
nochmals ins Ausland zu reisen, und es sei viel 
leicht ganz gut, wenn er zusage, weil Ilse dann Ruhe 
habe, sich selbst zu prüfen, und kehre er dann heim, 
wolle er sie fragen, ob und wann er die Hochzeit 
rüsten dürfe. 
Angstvoll hatte Ilse sich an ihn geklammert. 
„Geh nicht, ich bitte dich, wenn du mich liebst, 
geh nicht! Laß mich nicht allein! Ich flehe dich an, 
laß mich jetzt nicht allein!" 
Er verstand den Aufruhr in ihrer Seele nicht 
und schob alles auf den gestrigen Festabend. 
„Also gut. mein L'cb, sprechen wir heute nicht 
mehr davon. Wenn du nicht willst, bleibe ich natür 
lich hier. Ich werde nie etwas tun, was dich 
schmerzt, aber wir werden beide nur das wollen, 
was vernünftig und richtig ist." 
Dann begann er von anderen Dingen zu reden 
und es gelang ihm, Ilses Interesse auf seine Arbei 
ten zu lenken. 
Ihre Nerven beruhigten sich und als die Eltern 
eintraten und die Familie sich zur Wendtafel nie 
dersetzte, war sie Äneder die alte, und ein fteundliches 
Lächeln lag auf ihren beruhigten Zügen, so daß ihr 
Vater augenzwinkernd sagte: 
„Na, ist der Kater vorbei?" 
Und Ilse konnte scherzend antworten: 
„Ja, der große Brummbär hat ihn verjagt." — 
Während der Professor seine Bmut beruhigte. 
Paris, 9. Jan. Zwecks Verstärkung der Sicher 
heitspolizei hat der Pariser Polizeipräsident in der 
Hauptstadt nach dem Muster der Feuermelder sechs 
hundert Polizei-Meldecmtomaten einführen lassen. 
Diese neue Einrichtung erhielt nun eine überaus 
originelle und zugleich komische „Feuertaufe". Die 
Polizeiwache des Börsenmertels wurde durch einen 
Hilferuf alarmiert und vorschriftsmäßig stürzten sich 
fünfunddreißig Polizisten in drei Automobile und 
rasten nach dem Unglücksort. Dort fanden sie einen 
Mann in Tränen aufgelöst, der den Polizisten er 
zählte, ldoß er von seiner Fran windelweich verprü- 
gelt worden sei und sich nicht mehr anders zu helfen 
wußte, als die Polizei um Intervention anzurufen. 
Der Betreffende erhielt wegen Mißbrauchs der 
Sichecheitsemrichtungen ein Straflnandat, die Frau 
wegen Ruhestörung das zweite. 
Hustenbonbons gratis. 
Berlin, 11. Januar. Die Verwaltung des 
Potsdamer Schauspielhauses will die unangeneh 
men Folgen der Erkältungen im Theater abschaffen. 
Es wird kundgemacht, daß man am Büfett gratîs 
Mittel gegen Husten auf Wunsch erhalten kann. In 
den Programmheften wird daraus hingewiesen und 
die Verwendung der Hustenmittel empfohlen. 
war der junge Leutnant in eiligen Schritten burt* 
das Schneegestöber zum Bahnhof geeilt. 
Ko-nrad hatte den ganzen Tag auf eine Gele 
genheit gewartet, Ilse zu sehen. Als er sie spielen 
hörte, war er leise in das Speisezimmer getreten, 
hatte sich, während Ilse am Flügel saß und phanta 
sierte, vorsichtig genähert. Ihre Züge, die er kaum 
zu erkennen vermochte, erschienen ihm bleich, und 
was sie spielte, klang so schwermütig. Da über 
kam es auch ihn wieder mit Allgewalt, und er 
glaubte deutlich aus ihrem Weien entnehmen zu 
können, daß sie unglücklich sei. -im liebsten wore er 
vorgestürzt und hätte sie in seine Arme geschlossen. 
In diesem Augenblick schaute sie auf. Sie schrie sei 
nen Namen — sie kam auf ihn zu — aber da dachte 
er an sein verpfändetes Ehrenwort und eilte hinaus. 
Sein Gepäck war schon auf der Bahn und kurz- 
darauf ging ein Zug nach Berlin. Er stieg ein. 
Erst in der Bahn begann er ruhiger nachzudenken. 
Sie liebte ihn noch. Das war ihm gewiß. So also 
war noch nichts verloren. Und langsam begann der 
frohe Iugendmut wieder zum Durchbruch zu kommen. 
Er war abgereist, ohne sie gesprochen zu haben, 
also hatte er sein Wort gehalten. Trotzdem aber 
hatte er sie an ihn erinnert. Nun mochte die Zu 
kunft sprechen. Er war ja den ganzen Winter in 
Kiel und bis zur Hochzeit war noch Zeit. Der Bräu 
tigam wollte ja selbst ein Jahr warten und Ilse 
würde sicherlich nicht drängen. Wer weiß, wie da 
der Zufall noch spielte. , 
Er dehnte sich auf den weichen Polstern. Eigent 
lich war es doch gar nicht so übel. Vierzehn Tage 
in Berlin und eine wohlgefüllte Geldtasche! Nein, 
das mußte man dem Onkel lassen, wenn gegen seine 
Handlungsweise auch vieles einzuwenden war, in 
Geldsachen war er nicht kleinlich. 
Gut. daß er den Tausender aus dem Bahnhof 
in der Wechselstube in kleinere Scheine ümgewech 
seit hatte. Jetzt ging er auf die Toilette und ver 
steckte die Scheine bis auf hundert Mark, die er bei 
sich behielt, sorgfältig in der inneren Tasche seiner 
Uniform. Er hatte doch einigen Respekt vor Berlin 
und seinen Taschendieben. 
Er nahm sich vor, nobel zu leben und sich nichts 
entgehen zu lassen, aber auch möglichst viel von sei 
nem Gelde zu haben. Keine sinnlose Verschwen- 
vung! 
(Fortsetzung folgt.»
	        
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