nor k»aS Gesanötschaftsgcbäube fahren würde?
Der Fiaker übersah die Situation sofort. „AS
schon gut! Ltcigen's nur ein Euer Gnaden!"
sagte er. J-.-H. stieg ein, der Kutscher schnalzte,
das Pferd zog an, der Wagen rollte um die
Ecke, schloß sich der Reife an, hielt elegant und
feierlich vor dem erleuchteten Portal, F.-H.
stieg aus, schritt großartig au dem sich tief ver
beugenden Pförtner und den Lakaien, die tcp-
pichbclegte Treppe hinauf.
Er unterhielt sich glänzend und war dop
pelt vergnügt, da er ein so beträchtliches Ka-
pital für den nächsten Tag gespart hatte. Um
ein Uhr war der Empfang zu Ende, und er
stieg zwischen anderen vornehmen Gästen die
teppichbelegte Treppe hinab. Zu beiden Sel
ten unten standen Lakeicn mit silbernen Ta
bletts, auf die jeder vorbeikommende Gast ei-
nen SUbergulden als Trinkgeld legte. Nur
Herr von F.-H. legte, under Willen freigebiger
als alle andern, einen Doppelsilbergulden
dem unbeweglichen Lakaien hin. Auch er tat
es unbewegt, in vollkommener Haltung, wenn
auch innerlich geknickt, und wanderte ohne ei
nen Heller in der Tasche aus dem Botschafts
palais in die Nacht hinaus.
Die Vorstellung.
' Unter den europäischen Truppen, die im
Jahre I960 nach Peking marschierten, um die
dort eingeschlossenen Gesandtschaften zu ret
ten, befand sich auch ein kleines österreichisches
Kontingent von etwa dreihundert Mann. Als
die Truppen noch in Tientsin lagen, hatte ein
Leutnant den Austrag zu touragieren. Hin
ter der Hütte eines Chinesen entdeckten sie
Hühner, die Körner pickend und glucksend hin
und her liefen. Aber der Chinese weigerte
sich, sie zu verkaufen. Darauf singen die Sol
daten die Hühner, banden die Gackernden mit
den Beinen zusammen und legten den vorge
schriebenen Preis in Silber vor dem Chine
sen nieder, der ein großes Geschrei begann.
In der Nähe standen zwei fremde Offi
ziere und ein Herr im Tropenanzug und sa
hen zu. Jetzt trat der Herr iu Zivil auf den
Leutnant zu und sagte auf Deutsch: „Herr
Leutnant, ich sehe mit Befremden, daß öster
reichische Soldaten plündern!"
Der Leutnant erwiderte: „Erstens plün
dern meine Leute nicht, sondern sie souragie-
ren. Und zweitens, was geht das Sie an?"
„Ich ersuche Sie. höflicher mit mir zu
sprechen," sagte daraus der Herr im Trvpen-
anzug, „Sie scheinen nicht zu wissen, wen Sie
vor sich haben: mein Name ist Prinz . . . von
Bourbon, und meine Schwägerin ist die Kö-
nigin-Regentin von Spanien."
Der Leutnant verbeugte sich und erwider
te: „Mein Name ist Leutnant Huber, und
meine Taut' hat eine Züirdhokzelsabrik in
Linz."
— Der Sachkundige
Daß die entscheidenden Männer in dev
Aemtern nicht die Minister, nicht einmal rm-
mer die Referenten, sondern oft tr, end ein
Rechnungsrat ist, daß weiß mau. Wer der
klügste im Amt ill. weiß man nicht. Manch
mal ist es der Pförtner. Wen'gstens schien
es so in einem JaU. der sich *tt Rom wenige
Jahre vor dem Kriege zutrug. Eine englische
Firma wollte Bewässerungsröhren nach Ita
lien liefern. Es mußte ein glanzendes Ge
schäft werden, wenn man sie zollfrei oder doch
zu einem erträglichen Satz einführen konnte
Ein englischer Journalist in Rom, mit dem
ich befreundet war, und der mir die Geschichte
noch am selben Tage erzählte, ging mit dem
Vertreter der Firma und machte sich als Dol
metsch. Aus dem Zollamt schlugen die Beam
ten in allen Verzeichnissen nach und fanden
nichts über Drainröhren gesagt. Man ver
wies die Herren ans Finanzministerium.
Aber auch in der via del Tritone hatte der Re
ferent keine Ahnung, ob die Nähren als Kera
miken, als landwirtschaftliche Artikel, als
Terrakotta oder „Mauersteine" oder zollfrei
zu behandeln wären. Man redete und riet
hin und her, man ging zu immer höheren
Stellen und kam zu keinem sicheren Aus
schluß. Als die beiden ärgerlich und hoff
nungslos das Ministerium verließen und im
Torweg ihrem Unmut Ausdruck gaben, fragte
der freundliche Portinaio. ob er den Herren
vielleicht dienen .könne. „Das werden Sie
wohl nicht," sagte der Journalist. „Chi lo
sa?" sWer weiß?), entgegnete der Erfahrene.
„Nun, wenn Sie uns einen Rat wissen, soll
es Ihr Schade nicht fern", und sie trugen ihm
den Fall vor. „Aber das ist doch so einfach,
meine Herren", sagte der Mann, der berufs
mäßig der klügere war, „Sie schicken ein Pa
ket mit einer Drainröhre von England nach
Italien, und dann sehen Sie, ob und wie hoch
es verzollt wird!"
Geleitet von Schachmeister Brinckrnann,
Holtenauer Straße 228.
(Anschr. an d. Andresse.)
Nachdruck verboten.
Aufgabe von A. C. White.
(Internat. Galerie mod. Problemkompou.)
1. 1830.
Bunte Melt.
abweichend von der bisherigen Meinung. Er
stellt ihn sich folgendermaßen, vor: Die Drü
se in der Schwimmblasenwand erzeugt selbst
kein Gas, sondern ein flüssiges Sekret. Dieses
wird an die Blutgefäße, von denen die Drüse
durchsetzt ist, abgegeben und ruft in ihnen
ein Ansteigen des Kohlensäuredrucks hervor.
Das hat zur Folge, daß Kohlensäure in die
Schwimmblase diffundiert. Außerdem wirkt
die hohe Kohlensäurespannung auf das Oxy-
hämoglobtn des Blutes in dem Sinne eitler
Abspaltung von freiem Sauerstoff. Dadurch
wird auch Hessen Spannung in den Gefäßen
erhöht, itnd er tritt ebenfalls in die Schwimm
blase ein. Erreichen in dieser beide Gase ei
nen bestimmten Druck, so entweicht Kohlen
dioxyd durch die Blasenwand nach außen,
während diese für Sauerstoff weniger durch
lässig ist. Dieser vermag also seinen Anteil
an der Gassüllung der Schwimmblase- immer
weiter zu erhöhen, so daß eine nach Vollen
dung des Füllprozesses ausgeführte Analyse
den Anschein erweckt, als sei fast ausschließ
lich Sauerstoff zur Füllung verwandt wor
den.
Hundert Jahre „nervös".
Das Wort „nervös", dieses beliebte mo
derne Schlagwort, gehört dem deutschen Wort
schatz in der Bedeutung, die man ihm heute
beilegt, erst seit hundert Jahren an. Aller
dings hat es nervöse Menschen früher > auch
schon gegeben, doch wandte marr das Wort
„nervös" damals nur danir an, wenn der
Arzt einen Teil des Körpers als „nerven
reich", „nervig" oder „nervenvoll" bezeichnen
wollte, also in rein medizinischer Bedeutung.
Noch im achtzehnten Jahrhundert gab es da
her keilte „nervösen" Menschen in heutigem
Sinn, sondern allenfalls Menschen mit
„schwachen Nerven" oder mit „reizbaren Ner
ven", wie man damals sagte. Nach und nach
entwickelte sich jedoch ein immer stärkeres In
teresse für die verschiedenen Nervenzustände,
und schließlich nannte man jeden unruhigen
oder schlaffen Menschen „nervös", das „Ner-
vössein" wurde geradezu modern und das
Wort „nervös" zum echten Modewort. Seit
dem das Wort, wie die Forschungen Laden-
dorşss festgestellt haben, im Jahre 1880 auch
in der Literatur auftauchte, findet man es aus
Schritt und Tritt als Bezeichnung für alles
mögliche, sogar aus leblose Gegenstände ange
wandt. Ebenso hat sich das Wort „Nervosität"
stark eingebürgert, das als erster der in der
ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts
lebende österreichische Dichter und Arzt Ernst
von Feuchtersleben gebrauchte und damit in
den allgemeinen Sprachgebrauch einführte.
Die Gassüllung der Schwimmblase.
Untersuchungen, die Dr. Werner Jacobs
in München über den Gasinhalt der
Schwimmblase der Fische und den Vorgang
bei ihrer Füllung angestellt hat, führten zu
Ergebnissen, die z. T. wesentlich zur Aende
rung der hierüber bisher herrschenden An
sichten beitragen. Man nahm früher an, daß
der Schwimmblase fast reiner Sauerstoff zu
geführt würde, und zwar aus einem in der
Schwimmblasenwand befindlichen drüsenar
tigen Gebilde. Dr. Jacobs konnte dagegen
nachweisen, daß auch große Mengen Kohlen
säure in die Schwimmblase eintreten. Das
Kohlendioxyd wird aber wieder ausgeschieden,
woraus sich das Entstehen d. früheren falschen
Ansicht erklärt. Auch den Vorgang der Gas
erzeugung deutet der Münchener Gelehrte
fc#
Matt in drei Zügen.
Weiß: Kfl, Dal, La7 u. s2, Bb2, c3, d4, c5, b6, e6 (10)
Schwarz: Kh2, Sa4, Ba2, e7, g3.
Eine schöne Zugzwangsaufgabe des rühmlich be
kannten Mäcens und Komponisten.
Partieschach.
Aus dem Meisterturnier in »am Nenn».
In der Partie Bogoljubow—Monticelli kam cs zu
folgender Stellung:
Weiß (Bogolj.): Kgl, Dc2, Tbl und 62, Lei, Ba4, c4,
g2 und b3.
Schwarz (Monde.): KcS, Dc6, Tf8, 867 und k4, Ba5,
b6, c7, c5, g5, d4.
Schwarz nutzte seine Angriffsstellung ebenso kraft
voll wie glänzend aus. Die Armee des Kriegsgewal-
tigen Vogoljubow wird mit mächtigem Ansturm, von
Montieelli geradezu vom Erdboden hinweggefegt. Die
Schlußkombination bleibt denkwürdig.
!. g5—g4!
sprengt die letzten Mauern des Gegners. Nimmt Weift
diecn Bauern (h3Xg4), ?o folds• 2. — h4—h3,
3. g2—g3 867—es! 4. g3XI4 Se5—f3+ 5. Kgl-kl
(Kgl—f2, io h3—h2) TfSXf4! und Weift ist verloren,
denn weder Td2— f2 noch Kfl—e2 reichen zur Verteidigung
aus, weil auf den ersteren Zug 8k3—64 und auf den
letzteren h3—h.2 gewinnt.
2. LelXlvt
Dieser Läufer war fast die ganze Partie hindurch
auf ei zu rühmlosem Dasein verurteilt gewesen. Er
kommt an das Licht der Sonne gerade noch rechtzeitig
zurück, um den Zusammenbruch des eigenen Heeres zu
erleben.
2. — g4xh3
3. g2—g3 Sd7—e5!
4. Tbl—b3 — -
Darauf folgt eine herrliche Mattführung. Doch kann
Weiß auch anders dem konzentrischen Zusammenwirken
keinen nennenswerten Widerstand mehr entgegensetzen.
So z. B. Mt nach 4. g 3Xf4 Se5— f3+ 5. Kgl—f2
Sf3Xd2 6. Dc2Xd2 Dc6—g2+ 7. Kf2—e3 Tf8~e8-r
8, Ke3—63 Dg2—e41- der Sieg gleichialls an Schwarz.
4. Sf4—e2+!
5. Td2Xe2 Tf8—fl + ü
6. K°lXfl Dc6—hl-r
7. Kfl—f2 Se5—g4 Matt.
Eine Partie, die allen Zweiflern und Nörglern
ins Stammbuch gehört Noch ist das Schach unerschöpf
lich und ist farbenprächtig wie am ersten Tag! Wo
der Wille zur Gestaltung ist, da werden immer noch
phantasievolle Angriffe und blitzende Kombinationen
Briefmarkenbörse in Paris.
Für öie Blüte des Briefmarkenhandels
zeugt der starke Erfolg, den die erste „Phila
telistische Börse" zu verzeichnen hatte, die
kürzlich in der Vorhalle eines großen Pari
ser Zeitungspalastes eröffnet wurde Dane
ben findet allwöchentlich in den Champs Ely-
sees ein freier Handel in Briefmarken statt.
In dieser ersten Börsenversammlung herrsch
te ein solches Gedränge, daß man sich kaum
einen Weg durch die Menge bahnen konnte.
Die Markenhändler haben sich jetzt auch zu
einem nationalen Syndikat zusammengeschlos
sen, und von den 135 Mitgliedern hasten sich
nicht iveniger als 60 feste Plätze an der Phi
latelistischen Börse gesichert. Mit peinlichster
Sorgfalt prüfen die Börsenbesucher mit den
Vergrößerungsgläsern die seltenen Stücke, die
zum Verkauf aus den Markt gelangten. Be
stimmte Briefmarken gewinnen eben, wie Ge
mälde mit dem Alter an Wert. So wurden
beispielsweise französische Briefmarken, die
vor dem deutsch-französischen Krieg von 1870
in Verkehr waren, und die im Jahre 1900 ei
nen Wert von 46 Mark darstellten, jetzt mit
1800 RM. gehandelt.
ihr belebendes Dasein führen.
Betty Wehrle-Genhart
Kreuzwege der Liebe
Carl Dun cker-Verlag, Berlin W. 62
4) (Nachdruck verboten.)
Das Gesicht des kleinen Mädchens leuchtet vor
Entzücken. Ls nimmt das rechte Händchen vom
Nucken wllst erst einen scheuen Blick daraus und
reicht es ihm hin. Der Herr bemerkt den Bl'ck.
Ra'ch beugt er sich zu der Kleinen hernieder und
flüstert:
„Sage mir Suzette — warum walltest du mir
vorhin die Hand nicht geben?"
Suzette sieht ihm gerade in die Augen und er
widert ebenio leii«:
„Sie war noch rot von Mamas Schlägen. Da
schämte ich mich . . ."
Nun trckt Mademoiselle l>eran, nimmt Suzette
bei der Hand und verabschiedet sich.
„Warum haben Sie mir auch nie gesagt, daß
Sie solch ein süßes Ding von Mädelchen haben?"
lagt der Mann zu «einer Begleiterin, als die beiden
außer Hörweite waren.
„Ich dachte mir. die Tatsache, daß ich Mutter
bin. sei nicht von sonderlichem Interesse für Sie",
erwiderte sie lässig.
„Fleure!" Er atmet heftig und zieht di« schlan
ken Frauenhände an «'eine Brust. „Fleure ... ich
habe nicht gewußt, daß Sic eine Familie haben. Bei
Gott nicht — sonst..."
Sie wendet ihm hos schöne Antlitz zu und ver
senkt ihren Bl'ck in dem leinen.
„Bin ich Ihnen nun weniger wert, nun Sie es
wissen?"
„Sw mißverstehen mich absichtlich. Fleure". sagt
er gequält. „Bis anhin sachte ich, nur Ihr Gatte,
welcher schon vor meiner Bekanntschaft mit Ihnen
an eine Trennung dachte, stehe noch zwischen uns.
Uni) jetzt plötzlich — das Kind . . .1"
„Es ist das Einzige . . erwidert sie müde. Sie
weP nun kommt eine Frage, die sie fürchtet. Und
"cht-g —
„W e alt ist denn die Kleine?"
„Zehn Jahre." Es hat keinen Zweck, ihn zu be-
lügen. L'nmal muß er es ja doch erfahren. Sie
lacht nervös. „Zehn Jahre — ja . . . nun staunen
Sie. Nun — ich glaube, für mein Alter sehe ich
trotzdem noch ganz leidlich aus."
„Warum so bitter, Fleure? Spielen bei einer
Frau wie Ihnen die Jahre eine Rolle? Habe ich
Ihnen nicht schon tausendmal gesagt, daß Sie die
bezauberndste Frau sind, welche mir je in meinem
Leben begegnet ist?"
„Dasselbe versichert mir jeder Mann", sagt sie
finster. Und wie in bitterer Selbftoerhöhnung fügt
sie hinzu: „Fleure Giravez ist momentan Mode ; n
unserer Stadt. Die Männer aller Stände glauben,
es gehöre sich so, daß sie mir zu Füßen liegen."
Er wirft einen raschen Blick um sich. Keine
Menschenseele weit und breit. Da umfaßt er mit
beiden Händen das Haupt der Frau und preßt es
an seine Brust.
„Fleure . . . Fleure! flüstert er leidenschaftlich.
„Don mir weißt du. daß ich in dir nicht die Sänger«»
liebe. Der Name „Fleure Girodez" ist für mich nur
Schall und Rauch. Nichts als dein „Ich" liebe ich . . .
dein ureigenstes Ich . . ."
„Beweisen Sie es mir", sagt sie mit seltsamem
Lächeln und tiefgesenkien Wimpern.
„So erkläre mir doch — wie?" drängt er heftig.
„Ich kann dich doch nicht entführen . . . dich deinem
Gatten gewaltsam rauben . . .?"
„Warum denn nicht?" lächelt sie erstaunt.
Er ist wie vor den Kopf geschlagen. „Das ist ja
Wahnsinn. Fleure", stöhnt er. „Kompletter Wahn
sinn ... Du weißt, ich liebe klare Verhältnisse. Wie
du mir sagtest, ist die Scheidung zwischen dir und
deinem Gatten nur noch Formsache. Wenn alles ge
ordnet ist, heiraten wir. Dos Kind soll meinem
Herzen teuer sein, wie ein eigenes. Ich sage dir
dies, damit du keine Sekunde von mir denkst, ich fei
ein Unmensch, der ein Kind vom Herzen seiner Mut
ter reißt . . ."
Ein weiches, melodisches Lachen unterbricht ihn.
Sie streift mit kniender Hand über seine Wange.
„Träumer . . ." sagt sie. und wieder zuckt es wie
verhaltenes Lachen um ihren Mund. Dann wird sie
plötzlich ernst.
„Es ist Zeit, heimzukehren. Dort, wo die Allee
beginnt, trennen wir uns. Sie besorgen die Logen-
pläck" und erwarten mich um acht Uhr am Walter
platz. Ich werd« pünktlich zur Stelle sein."
Es ist längst dunkel geworden. Nur selten er
hellt der Schein einer Laterne den verschneiten Weg,
aus dem die beiden schreiten. Es hat wieder zu
schneien begonnen — wie Brillanten liegen die fer
nen Schneesternchen auf dem kostbaren Pelzwerk der
Frau. Der Mann ist bezaubert, hingerissen ... Es
ist das erste Mal, daß sie ihm eine Zusammenkunft
in freier Natur gewährt hat und seine Augen trin
ken . . .
„Auf Wiedersehen!" raunt er. „O. möchten die
Stunden des Beisammenseins doch kein Ende
nehmen." ,
Um den nackten Hals zaubern geübte Zofenhäà
eine Wolke karmesinroten Tülls. Wie eine zarte,
fremdländische Blume steigt das Antlitz daraus em
por. Das blauschwarze, halbkurz geschnittene Haar,
in der Mitte gescheitelt, läßt die rosigen Ohrmu
scheln mit den Drillanttropfen frei und bauscht sich
dicht hinter den Ohren in dichten Locken, die noch
die königliche Schulterlinie streifen.
„Hat der Herr Bescheid hinterlassen, ob er zum
Nachtessen zurück sein wird?" versucht Madame die
Zofe auszuforschen, welche ihr das Cape aus Maul-
wurf umhängt.
„Herr Rettberg hat Gepäck für zwei Tage mit
genommen. Er hat Weisung gegeben, daß die bei
den Flügel im Musikzimmer während seiner Ab
wesenheit gestimmt werden sollen. Dagegen hat er
dem Stubenmädchen verboten, das Studierzimmer
aufzuräumen, trotzdem alle Möbelstücke mit Noten
blättern belegt sind."
Madame hört schon längst nicht mehr hin. Zwei
Tage! Sie wirst den Kopf in den Nacken und preßt
die Hände vor die Augen. Zwei Tage . . .
„Es ist gleich acht Uhr, Madame. Der Wagen
wartet."
„Ja . . . ja." Die junge Frau ergreift den
Stvaußfederfächer und eilt hinunter. Eine Tür
klappt. Der Wagen saust davon.
In ihrem weißen Dettchen liegt die kleine Su
zette und horcht und horcht . . . Mama hat ver
sprochen, ihr Adieu zu sagen. Ach, lange ist es her,
daß sie abends ins trauliche Dunkel des Kinderzim-
mers trat.
Aber heute — jetzt .. .
Flüchtige Schrüte ertönen. Suzette ken'nt ge
nau der Mutter Gang und richtet sich auf. O, sie
will einmal io recht lieb «ein, heute. Will fest die
Arme um ihren Hals schlingen und sagen:
„Mutti — nicht „Mama" — liebe, süße Muttil
Ich bin ja noch ein Kleines, ein Dummes, ober —-
habe mich doch ein wenig lieb "
(Fortsetzung folgt.)
„Gute Nacht. Mama", sogt Suzette unter der
Tür des Ankleidezimmers ihrer Mutter. Sie wagt
sich einige Schritte hinein und weiß nicht recht, ob
sie ihr den üblichen Gutenachtkuß geben darf. D'e
schöne Frwu ist gerade unter den Händen der Zofe.
„Nicht zu nah, Suzette . . ruft sie aus und
streckt dem Töchterchen die Hand entgegen. Und die
Kleine gibt der Mxtter anstatt auf die Wange, auf
die Hand einen Kuß.
Dann steht sie sekundenlang still und schaut die
Mutter an.
„Was stehst du noch?" bemerkt dieselbe nervös
und ohne nach dem Kinde hinzuschauen. „Geh! Du
solltest um diese Zeit längst schlafen."
„Ich muß dich anschauen, Maina", erwidert Su
zette tief aufatmend. „Du bist so «schön . . ."
„Närrchen!" Madame ergreift die Puderquaste.
Ein zarter Pfirsichhauch, diskret und duftig, liegt
über ihrem Gesicht. „Wenn du jetzt recht folgsam
bist, komme ich noch in dein Zimmer und sage dir
Adieu."
Die wundervoll geschwungenen Lippen «werden
mit dem Stift nachgezogen. Die flammenden Augen
mit den dichten Wimpern und Brauen bedürfen
keiner Nachhilfe.
Fertig. Madame wendet sich um. „Suzette . . ."
Doch diese hat bereits das Zimmer verlassen.
Die junge Frau stützt ch« nackten, wie mattes
Elfenbein schimmernden Arm« aus 4>ie Platte des
Toilettentisches und legt -hr Kinn auf die verschlun
genen Hände. Sie schaut in den Spiegel, lange un
verwandt . . .
„Noch ein paar Jahre . . . ein paar lumpige
Jahre" murmelt sie vor sich hin. „Doch — ich will
sie nützen . . ." Nun kann sie sich plötzlich an dem
strahlenden Bildnis im Spiegel freuen. „Sie sollen
vorübergehen wie ein Rausch . . ."
S«e steht auf. Das enge. «m Rücken t«ef dekot-
lettierte Silberlameeklert umschließt chren knaben
haft schlanken, biegsamen Körper wie ein Panzer.
Kfi _ __ 5 _ SU _ Läufer - Gardinen
I6DDI0Ü6 Dlw «ft'“-"
' a * M® II® ® Ş ■£« '*» Hst» bis za 6 Monates
i.agerbesncb «bedingt lohnend. Sie kanten nirgends günstiger
Geburtstags-Geschenke Hochzeits-Geschenke - Inbiläums-Gabe"
Spexiai-Tappichhaus &SAkeit«lah!
KSel. Schioßgarten «MßeÜilClÖP*