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Zur Unterhaltung
Beilage der Schleswig.Holsteinischen Landeszeitung (Rendöburger Tageblatt)
Mittwoch, den 12. März
Der geêehrige Dompfaff.
Von Adolf Müller.
ALS dem Nachlaß des bekannten Natur
forschers und Schriftstellers Adolf Müller. von
von dem u. a. „Tiere der Heimat" erschien,
bringen wir die nachfolgende Arbeit zum Ab
druck.
Wer hat nicht schon im Winter, wenn tiefer
Schnee Wälder und Fluren bedeckt, im eigenen
oder des Nachbars Garten mehrere Vögel dersel
ben Art vereinigt gesehen, von denen die Männ
chen an der hellblutroten Brust, dem glänzend
schwarzen Oberkopf, Flügel und Schwanz, dem
aschgrauen Rücken und weißen Unkerbauch yntrüg-
ļich von den Weibchen zu unterscheiden siird, welche
aschgraue Färbiing über die ganze Unterseite tra
gen? Wie lebhaft hebt sich has leuchtende Rot
gegen den weißsir Schnee ab! Das find Dompfaff
!en die Lieblingsvögel des Eebirgsvolkes, welche
che Nestlinge großfüttern und die Männchen von
ihnen die beliebtesten Valksmelodien pfeifen
lehren.
Die Nester nur den juirgen Vogeln, welche
ber Vater oder einer der Söhne heimbringt, wer
den mil Neugierde und Teilnahme von der gan-
üs,i Familie begrüßt, und nun trifft man sofort
die nötigen Veranstaltungen, um den kleinen
Pfleglingen die Bedingungen einer gedeihlichen
Entwickelung zu verschaffen. Denn oft sind die
Bögelchen noch völlig nackt, nur wenige Tage alt,
weil sich die Züchter Miterwerb bereiten und jeder
derselben fürchtet, das Nest möchte die Beute eines
ailderen werden. Heute ist ein naßkalter Tag. dar
um muß die Frau des Leinwebers ein mäßiges
Eener unterhalten, in dessen Nähe die Vögelchen
gebracht werden, die außerdem noch mit warm
haltenden Lappen leicht zug-edeckt werden Das
mutter, welches ihnen in regelmäßigen Zwischen
räumen von 1 bis 111 Stunden mit dem winzigen
hölzernen Löffelcken oder rinnenförmig zuge
schnittenen Federkiel gereicht wird, besteht aus
ŞommerrLbiamen (Raps), welcher kleingekaut
Und mit dem Mundspeichel zu Brei vermischt wird,
dem dann noch verarbeitetes Dottergelb des hart
gesottenen Hühnereies zugegeben ist Eine Mutter
sann ihr Kind nicht zärtlicher und sorgfältiger
behandeln, als der Pfleger die jungen Blutfin-
s^n. Alt und jung teilt sich in das Pflegegeschäft.
Puben und Mädchen sitzen mit Schul- und Ge
sangbuch bei dein Neste, lernen, schreiben, verzeh
ren ihr Brot, eilen hinaus zum Spiele, treiben
dies und das. aber niemals vergessen sie des Auf
trags die Vögelchen zu füttern und nach Vor
schrift zu behandeln. Vom Weberstuhle aus wird
kommandiert. Aufsicht geführt und mit eingegrif
fn. in die Pflege. Es kommt vor, daß ein Vögel
chen infolge des im Kropfe sitzengebliebenen ver
härteten Futters erkrankt. Der alte Leinweber
ureiß sogleich das rechte ^Mittel anzuwenden und
ourch Eingießen von ein paar Tropfen Tran Er
brechen zu veranlassen, und siehe, das Uebel ist
gehoben.
Nun wachsen die Kleinen heran, stoßen Kiele,
und diese treiben Fähnchen. Flügge geworden,
schnurren sie oft mit den Flügeln — die erste
Vorübung zum Fliegen. Bald fressen sie allein.
An der Brust werden jedem mit raschem Ruck
einige Federn ausgezogen, um an den nachwach
senden roren die Männchen zu erkennen und diese
in Einzelkäfige zu versetzen. Jetzt spitzt der Alte
den Mund zum Pfeifen. Dicht neigt er sich mit
dem Gesichte zum Gitter des Käfigs und pfeift
dem Lehrling das erwählte Liedchen vor. Dabei
setzt er niemals ab, um etwa einen Teil desselben
zu wiederholen, soirdern pfeift in einem Zuge die
Melodie durch bis zu Ende, sonst gewöhnt sich der
kleine Horcher die Unart des Absetzens an und
wird ein „Stümper" oder „Radbrecher", wie sich
das Volk ausdrückt. Auch später, wenn der Blut-
fink bereits das Lied einstudiert hat und inmitten
desselben irre wird, korrigiert der Lehrer nicht
also, daß er an dieser Stelle nachhilft, sondern er
trägt die Melodie ganz von vorn vor. Possierlich
sind Bücklinge und das Hin- und Herwiegen des
Kopfes beim Vorpfeifen, welches uni ähnlicher Be
wegung vom Blutfinken begleitet wird: zärtlich
klingen die liebkosenden Worte des sonst rauhen
Mannes vor dem gelehrigen Schüler im Käfige,
und selbst fein Schnalzen mit der Zunge bei den
begrüßenden Kopfbewegungen ahmt der Schüler
zuletzt täuschend nach. Und die Hausfrau schaut
mit Wohlgefallen darein und murmelt vor sich
hin: „Alter Narr!" Die Kinder aber stehen
schweigend, als ob sie die Lektüre mit dem Vogel
gemeinschaftlich zu beherzigen hätten, und ihr Ohr
saugt tief die Melodie ins Gedächtnis ein.
Eeraunre Zeit nach Weihnachten treten die
Jungen der ersten Brut, wenn sie begabte Vögel
sind, schon als fertige Meister auf und pfeifen ihre
Liedchen ohne Fehler durch. Manche lernen auch
Zwei Melodien, es ist aber immer gut, wenn sie
ihnen noch täglich vorgepfiffen werden. Bei den
jungen Blutfinken geht es ungefähr wie in ber
Schule. Da gibt es dumme und gescheite, auf
merksame und zerstreute, willige und störrige
Schüler. Der eine faßt und behält gut. was er
hört, der andere schwer und vergißt leicht seine
Ausgabe. Auch ist die eine Kehle von Natur ge
schmeidiger als die andere, ja selbst die Eigen
tümlichkeit des Tones, dem feinen Hörer vernehm
bar, nicht ohne Unterschied. Es klingt nämlich
die Stimme de seinen Vogels seelenvoller als die
des anderen. Zuweilen ruht ein Hauch der Weh
mut auf dem Tone, was dem Hörer besonders
wohltut Freilich kommt es auf die Art des Bor-
pseifens sehr viel an, denn der Vogel ahmt ganz
genau den Lehrer nach, dessen. Vorzüge sowohl
wie die Fehler im Vorpfeifen. Am leichtesten
lernen die Blutfinken die einfachen Weisen pfei
fen. von denen unsere deutschen Volkslieder als
die geeignetsten erscheinen. Zur Zeit des Feder-
wechfels (im Nachsommer), verlernt mancher
Blutfink den einen oder anderen Teil seines Lie
des, und darum muß ihm während und nach des
selben fleißig vorgepfiffen werden. Es ereignet
sich aber auch, daß der Aufenthaltswechsel längeres
Schweigen des Vogels verursacht, denn diese klei
nen Gelehrten sind eigensinnige, launische Köpfe,
welche aus Verstimmung und Aerger bisweilen
von Krämpfen befallen werden. Ihre Anhäng
lichkeit an die gewohnte Umgebung, namentlich
an ihre Pfleger, ist in einzelnen von uns erleb
ten Fällen wirklich ganz rührend gewesen. Nach
halbjähriger Trennung eines Dompfaffen von
dem einen voir uns und ebensolangem hartnäcki
gen, Schweigen am neuen Wohnorte erhob der
selbe durch den plötzlichen Eintritt des alten
Freundes und Pflegers zur freudigsten Erregung
desselben in nicht endenwollender Wiederholung
sein Lied. Spricht aus solcher Wiedererkennung,
solcher treuen Anhänglichkeit und Begeisterung
des kleinen Tierchens nicht Gemüt, bewunderns
werte Empfindung? Aber nicht bloß die Person
ist es, an welche sich die Gewohnheitsliebe des
Blutfinken innig anschmiegt, sondern auch irgend
eine auffallende Bekleidung derselben. Davon
zeugt die Müllerskappe, welch eine Danre von dem
früheren Eigentümer ihres in Trotz und Trauer
verharrenden Blutfinken lieh, um mit dieser Kopf
bedeckung dem Vogel die zurückgehaltenen Töne
zu entlocken. Richtig, in gehobener Stimmung
ließ der versöhnte Schmoller fein „Wenn in die
Ferne" erklingen.
Und nun soll der geneigte Leser noch eine
wahre Geschichte aus dem Leben eines Blutfinken
hören, dessen Liebe zu seinem gefiederten Lehrling
ein schönes, rührendes Zeugnis ablegt. Es war
Emil, einer unserer Iugendbekannten, ein uir-
ansehnliches kleines Bürschchen, das ein wenig
hinkte; aber sehr strebsam und von der Natur
am Geist mehr als am Körper bevorzugt. Von
der Knabenzeit her liebte er es besonders. Dom
pfaffen aufzuziehen und zu lehren Gar sorg
sam und innig ging er mit den Kleinen um. Da
bei pfiff er rund und voll schöne Volksweisen,
welche seine gelehrigen Schüler mit richtigem Aus
druck und großer Fertigkeit vortrugen. Als Emil
ein Alter von 24 Jahren erreicht und sein Stu
dium auf der Hochschule vollendet hatte, unter
nahm er eine Reise nach London auf Einladung
seines Bruders, der dort lebte. Mit dessen Briefen
in der Tasche, worin genau di» Adresse des Bru
ders angegeben war, begann er die Reife, und
um den Bruder angenehm zv überraschen, nahm
er seinen besten Dompfaffen in einem wohlver
wahrten Käfig mit. Emil war der englischen
Sprache nicht kundig, und darum war es eine
sehr mißliche Sache, daß der Brief seines Bruders
mit dessen Wohnungsangabe sich nicht mehr in der
Rocktasche vorfand, als Emil mit dem Vogel
abends kn London ankam. Er will im Gasthaus
einkehren, um Nachfrage über die Wohnung sei
nes Bruders zu halten und dem strömenden Re
gen zu entgehen, der ihm bereits den neuen Hut
gänzlich durchweicht hat und den Kleidern eine
solche Verfassung gegeben, daß der kleine Mann
aussieht wie ein umherstreichender, verwahrloster
Handwerksbursche. Kopfschüttelnd und mit den
^mil Frank
Ingebors und Dagmar
Verlag Alfred Bedithold
^2) (Nachdruck verboten.)
Erik betrat durch einen Seiteneingang sein
Vaterhaus. Als er aus dem Wagen gestiegen war,
Jļû hatten seine flackernden Blicke gewohnheitsmäßig
°as Fenster gesucht, hinter dem er Ingeborg so oft
schaut hatte. Aber sie war nicht zu sehen. Es
lochte wohl auch besser sein! Von weichen Re
gungen mußte er stch frei halten, wollte mit Beugt
Şjoberg fertig werden.
Rasch reinigte er sich vom Reisestaub und klvi-
.de sich um. Vorsichtig lauschte er in die Zimmer
fines Bruders hinüber. Axel war nicht da, mochte
wohl noch in seinem Kontor sitzen. Umso besser.
Aussprache mit ihm würde an zweiter oder
"^'tter Stelle kommen.
Als er sich zum Gehen wenden wollte, erblickte
auf seinem Schreibtisch den Browning, den er
höchst selten bei sich ttu-g. Heute aber steckte er ihn
e!n . Bei einem Gegner wie Bcngt Sjöberg mußte
Wan auf alles gefaßt sein.
Run ging er langsam in den Mittelbau hin
ter, wo Sjöberg wohnte. Immer wieder sprach er
H Ruhe vor: Ruhe! Rur Ruhe!
Ein kurzes, scharfes Pochen. Bengt Sjöberg
sprang erregt auf, stieß den Schreibtischstuhl zurück.
Mi er krachend auf den Fußboden stürzte. Alles
şiut schien ihm dabei zu Kopfe gestiegen zu sein.
Şeine Züge waren wie versteint. Als er aber Erik
erblickte, zog ein höhnisches Lächeln um feine
Mundwinkel. In übertriebener Freundlichkeit eilte
dem jungen Teilhaber entgegen,
ļ, „Donnerwetter, Erik, du verstehst dich auf
Überraschungen! Der Neid muß es dir lassen!
^oinmst hereingeschneit und machst ein (Besicht, als
wolltest du hier Bußpredigten halten! Konntest du
° ic! ) nicht wenigstens anmelden?"
Erik tat, als Hütte von dem Wortschwall nichts
^-nommen, er übersah Sjöbe" ,s Hand, die er ihm
Erreichte, den Stuhl, den er ihm darbot. Rur
."ugemale siihlte er brandende Wogen durch sein
Eueres brausen. Er ballte die Fäuste, daß sich die
"îugernägel in das Ballenfleisch eingruben. Da
Pu, je nt! Ruhe über ihn, der er gerade jetzt so un-
I'öingt nötig hatte, wollte er einem Gegner wie
^iöbe-oo un>cb.egen.
Kalt fing er an: „Herr Sjöberg —"
Sjöberg zuckte zusammen wie unter einem
Peitschenhieb. Glühende Röte ergoß sich in sein
aufgeschwemmtes Gesicht. Ein Gedanke flammte
auf: Er steht mit Larffon im Bunde! Alles ist ab
gekartetes Spiel! Der alte Narr hat geschwatzt!
Doch in die jäh auflodernde Angst klang bald
etwas wie Spott hinein: Was wollen sie mir denn
anhaben? Mögen sie mir doch etwas beweisen!
Mit einer Heiterkeit, die viel zu stürmisch war,
als daß sie in diesem Augenblicke hätte Eindruck
machen können, unterbrach er Erik: „Junge, du bist
wohl des Teufels! Dir sind wohl in der Einsamkeit
von Dalarne die Schrauben ein wenig locker ge
worden? Oder du willst es mich entgelten lassen,
daß deine Reise ein glatter Mißerfolg war? Aber
das hätte ich dir von vornherein sagen könnerr."
„Sic war kein Mißerfolg! Und neben den
Kupfererzlagern fand ich auch manches, was ich nicht
suchte — was mir auch nicht lieb zu finden war!"
Bengt Sjöbergs Stimme, klang heiser: „In
Dwhlgrenshemmet?"
Eriks Züge strafften sich: „Dort nicht. Aber
in meines Vaters Blockhause."
Bengt Sjöberg wich unwillkürlich einen Schritt
zurück. Mit Lebenden Händen tastete er hinter sich,
als müßte er einen Halt suchen. Hartx prallte sein
massiger Körper gegen den Schreibtisch. Seine
Arme vollführten unruhig schlotternde Bewegun
gen. Er fühlte, daß kalter Schweiß über seine
Stirn rann, daß seine Knie einzuknicken drohten.
Unter gesenkten Lidern blinzelte er zu dem jungen
Menschen hinüber, von dem er nur das eine wußte,
s -aşi er sein Feind war, daß er kam, um ihm zu
vernichten!
Doch noch einmal reckte Sjöbergs harter Wille
stch auf. Langsam lösten sich die verkrampften
Hände von der Schreibtischplatte ab, schoben sich
nach vorn, fuhren wie Schmiedehämmer durch die
Luft. Die Micke der grünlich schimmernden stahl-
grauen Augen bohrten sich in das Gesicht Eriks
ein. In dem Manne, der aus dem Nichts empor
gestiegen war und der sich durch schrankenlose Ich
sucht auf der Sonnenhöhe des Lebens behauptet
hatte, waren alle Kräfte zur Abwehr des vernich
tenden Schlages aufs höchste gespannt. Er war der
bessere Fechter, das wußte er! Mochte der Junge
doch lein Sprüchlein hersagen und versuchen, ob er
mit seinem Kindersäbel durch die eiserne Brünne
drang, die das Leben um Sjöbergs Herz und Ge
wissen gelegt hatte!
Kalt und nüchtern klang Eriks Stimme: „Ich
habe die unwiderleglichen Beweise in Händen, daß
Sie die Leiden hochwichtigen Erfindungen meines
Vaters widerrechtlich sich aneigneten und als Ihr
alleiniges Eigentum ausbeuteten."
„Wo sind diese Beweise?"
„Sie ruhen wohlverwahrt in dem Tresor einer
Bank." - ,
Bengt Sjöberg zerbrach sich den Kopf: Wie
mag der Junge an diese Beweise gekommen sein?
Hatte er nicht nach dem Tode Olaf Dahlgrens jeden
Zettel seines Nachlasses auf das sorgfältigste ge
sichtet und alles vernichtet, was auch nur im ent
ferntesten an die beiden Erfindungen hätte er
innern können?
Aber darauf kam es jetzt gar nicht an. Er konnte
Erik. Der war viel zu gewissenhaft, als daß er
ohne hinreichenden Grund solche Anschuldigungen
erheben würde. Mit der Tatsache, daß Erik auf
irgendeine Weise belastendes Material gegen ihn
gefunden hatte, mußte er rechnen. Aber war mtt
einer solchen Anschuldigung vor Gericht etwas an
zufangen? Wer konnte dann beweisen, ob ihm der
verstorbene Olaf Dahlgren die Erfindungen nicht
geschenkt hatte, ob er sich nicht auch sonst berechtigt
fühlen konnte, sie als sein Eigentum auszunutzen?
Höher reckte Bengt Sjöberg sich auf. Es galt
den Entscheidungskampf um eine Existenz.
Fast höhnisch klang seine Stimme: „Und was
beweisen jene Pläne deines Vaters, von deren
Vorhandensein mir niemals auch nur das geringste
bekannt war? Wäre ihre Existenz nicht auch so zu
erklären, daß dein Vater die Entwürfe zu den bei
den Motorentypen theoretisch nachprüfen wollte,
bevor wir die Patente käuflich erwarben? Hast du
wirklich den Beweis in Händen, daß es stch ganz
und gar um das Eigentum deines Vaters handelt?"
„Ja, ich habe diesen Beweis in Händen!"
„Verzeihe, daß ich diese Behauptung nicht so
ohne weiteres anerkenne, sondern ihr meine sehr be
rechtigten Zweifel entgegensetze! Sehen wir davon
ab. Halten wir uns an die Tatsachen: Dein Vater
hat — so behauptest du — die später von uns her
gestellten Motorentypen erfunden. Schließt das
aus, das ich die Patente trotzdem von anderer Se'te
erworben haben kann? Hast du noch niemals etwas
von der Duplizität der Ereignisse gehört, die ge-
xade Erfindern sehr häufig einen schlimmen Streich
Händen abwählend stehen die Kellner vor den
Gasthöfell. Wo er in der Nacht hinkommt, drängt
man ihn mitleidslos zurück. So durchwandert er
mit verhängtem Käfig und Vogel viele Straßen
weit über Mitternacht hinaus. Aber horch! wie
süße Erinnerung aus der Heimat von den Bergen
klingk's aus dem Dunkel des Käfigs: „Hier aus
die frohen Höhen lei dir, Herr, mein Lied ge
weiht!" Das befiederte Kind des Gebirges trotzt
dem Regen, der Finsternis, der Fremde und Irr
fahrt und pfeift seinem erschöpften Lehrmeister
Trost und Mut ins Herz, und dieser lauscht sei-
uem Liebling einen Augenblick mit denr zärtlichen
Zuspruch: „Schön Männchen!" Dann hebt er das
durchnäßte Haupt empor und will eben weiter
schreiten. — da tönt ihm o Wonne der hei
mischen Empfindung! die deutsche Sprache
und Gruß vom Fenster eines nahen Hanfes ent
gegen, und bald öffnet sich ihm die Türe, und da«
schützende Dach nimmt die sonderbaren Gäste —
— Emil und „Schön Männchen" spät, aber
nicht zu spät, in das Heim und die Arme des Bru
ders- auf.
ŞîîKķe idl
In Kraftdroschken durch Afrika.
Um ihren ungläubigen Landsleuten, die
Afrika noch immer für ein wildes, jeder Zivilisa
tion bares Land halten, das Gegenteil zu beweisen,
hat eine zweiundsechzigjährige Amerikanerin.
Frau Douthirt. vor einiger Zeit eine Reise durch
den dunklen Erdteil angetreten, die jedenfalls
der Originalität nicht entbehrt. Die unterneh-
mungslustige alte Dame will nanrlich die lange
Fahrt von Windhoek im ehemaligen Deutsch-Süd-
west-Afrika nach Marokko ausschließlich in der
Kraftdroschke zurücklegen. Daher packte sie kürz
lich in ihrem Windhoeker Hotel ihre Koffer, be
stellte eine Autodroschke, verstaute darin ihr Ge
päck, dann sich selbst und fuhr los. Marschrichtung
Nord. An der Grenze von Angola angekommen,
wurde der Fahrer bezahlt und entlassen, und die
kühne Reisende nahm ein portugiesisches Auto, das
sie nach der Landeshauptstadt Loanda brachte, wo
Frau Doutbirt unlängst frisch und munter einge
troffen ist. Rach kurzer Rast soll es dann nach Nor
den weiter gehen. Für eine nicht gerade mehr zu
den Jüngsten zählende Dame stellt das Unterneh
men jedenfalls eine ganz beachtliche Leistung dar.
Gold in Neu-Guinea,
In Neu-Guinea, dem früheren deutschen Kai-
ser-Wilhelm-Land, das heute als Völkerbund-
Mandatsgebiet englischer Verwaltung untersteht,
wurden, wie der „Kosmos" berichtet, in einem
Urwaldgebirge in 8—4000 Meter Höhe Goldfelder
von beträchtlichem Gehalt gefunden, Sie werden
im Tagbau abgebaut, wobei das goldhaltige Ge
stein durch einfaches Waschen von den leichtere-
Mineralien ausgesondert wird. Der Transport
zur Küste erfolgt durch Flugzeug, da alle anderen
Verkehrsmöglichkeiten in das unwegsame Urwald-
gebirge mit großen Schwierigkeiten verknüpft sind.
spielte, weil sie erkennen mußten, daß auch ein an
derer sich mit demselben Problem beschäftigte und
zu dem gleichen Ergebnisse gelangte?"
„Wozu dieses müßige Spiel mit leeren Woi>
ten! Ich habe den unwiderleglichen Beweis ts
Händen, daß die von uns hergestellten Motoren-
rypen von keinem anderen Menschen als von mei
nem verstorbenen Pater erfunden sein können.
Sollten Sie die Patente wirklich von anderer Seite
erworben hoben, so beweist das nur, wie schlau Sie
zu Werke gegangen sind, um sich ein- für allemal
vor,einer Anklage ans Diebstahl zu sichern."
Wild fuhr Sjöberg auf: „Ich bitte mir aus,
daß du in der Wahl deiner Worte etwas vorsichti
ger bist! Sonst würde ich dir' schon zeigen, ob ich
mich von dir ungestraft beleidigen lasse!"
„Ich habe wissentlich nicht beleidigt, sondern -ch
stellte zunächst nur unumstößliche Tatsachen fest und
zog daraus meine Folgerungen. Wenn Sie das als
Beleidigung auffassen, so ist das Ihre Sache. Aber
ich bin mit meinen Anschuldigungen noch nicht zu
Ende. Ich weiß, daß Sie schuld tragen am Tode
meines Paters."
Schrill lachte Sjöberg auf: „Das wird ja
immer besser! Vielleicht wagst du sogar die un
sinnige Behauptung, ich hätte ihn ermordet, wie?"
„Meine letzten Worte waren wohl nicht leicht
mißzuverstehcnl Sie tragen Schuld am Tode mei
nes Vaters, hören Sie?"
„Wer hat dir denn diesen Unsinn vorgeredet?'
„Ob es Unsinn ist, werden Sie am besten selbst
beurteilen können. Verlieren wir uns nicht in un
fruchtbare Streitigkeiten! Hören Sie wiederum die
Tatsachen: Sie hatten durch Wochen u. Monate ein
Liebesverhältnis mit Ulla Larffon. Das Mädchen,
das von Liebe und Ehre wesentlich andere Auffas
sungen hatte als Sie, verlangte von Ihnen d»e
Ehe. Sie wiesen Ulla höhnisch ab. Ihr reines
Empfinden kam darüber nicht hinweg. Ulla fühlte
sich beschimpft, hielt sich nicht mehr für würdig, die
reine Luft des Vaterhauses zu atmen und entfloh
heimlich. Der alte Larffon. der nach den Abschieds
zeilen des Mädchens ein noch schwereres Verschul
den annehmen mußte, suchte nun den Menschen, der
sein und seines geliebten Kindes Lebensglück mit
frevler Hand zerstört hatte. Und da waren Sie es.
der erst raunte und andeutete und schließlich zu be
weisen versuchte, daß mein Vater dieser Mann ge
wesen wäre. Welche Folgen das hatte, wissen Si<
jo gut wie ich." (Fortsetzung folgt).