Full text: Newspaper volume (1930, Bd. 1)

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Zur Unterhaltung 
Beilage der Schleswig.Holsteinischen Landeszeitung (Rendöburger Tageblatt) 
Mittwoch, den 12. März 
Der geêehrige Dompfaff. 
Von Adolf Müller. 
ALS dem Nachlaß des bekannten Natur 
forschers und Schriftstellers Adolf Müller. von 
von dem u. a. „Tiere der Heimat" erschien, 
bringen wir die nachfolgende Arbeit zum Ab 
druck. 
Wer hat nicht schon im Winter, wenn tiefer 
Schnee Wälder und Fluren bedeckt, im eigenen 
oder des Nachbars Garten mehrere Vögel dersel 
ben Art vereinigt gesehen, von denen die Männ 
chen an der hellblutroten Brust, dem glänzend 
schwarzen Oberkopf, Flügel und Schwanz, dem 
aschgrauen Rücken und weißen Unkerbauch yntrüg- 
ļich von den Weibchen zu unterscheiden siird, welche 
aschgraue Färbiing über die ganze Unterseite tra 
gen? Wie lebhaft hebt sich has leuchtende Rot 
gegen den weißsir Schnee ab! Das find Dompfaff 
!en die Lieblingsvögel des Eebirgsvolkes, welche 
che Nestlinge großfüttern und die Männchen von 
ihnen die beliebtesten Valksmelodien pfeifen 
lehren. 
Die Nester nur den juirgen Vogeln, welche 
ber Vater oder einer der Söhne heimbringt, wer 
den mil Neugierde und Teilnahme von der gan- 
üs,i Familie begrüßt, und nun trifft man sofort 
die nötigen Veranstaltungen, um den kleinen 
Pfleglingen die Bedingungen einer gedeihlichen 
Entwickelung zu verschaffen. Denn oft sind die 
Bögelchen noch völlig nackt, nur wenige Tage alt, 
weil sich die Züchter Miterwerb bereiten und jeder 
derselben fürchtet, das Nest möchte die Beute eines 
ailderen werden. Heute ist ein naßkalter Tag. dar 
um muß die Frau des Leinwebers ein mäßiges 
Eener unterhalten, in dessen Nähe die Vögelchen 
gebracht werden, die außerdem noch mit warm 
haltenden Lappen leicht zug-edeckt werden Das 
mutter, welches ihnen in regelmäßigen Zwischen 
räumen von 1 bis 111 Stunden mit dem winzigen 
hölzernen Löffelcken oder rinnenförmig zuge 
schnittenen Federkiel gereicht wird, besteht aus 
ŞommerrLbiamen (Raps), welcher kleingekaut 
Und mit dem Mundspeichel zu Brei vermischt wird, 
dem dann noch verarbeitetes Dottergelb des hart 
gesottenen Hühnereies zugegeben ist Eine Mutter 
sann ihr Kind nicht zärtlicher und sorgfältiger 
behandeln, als der Pfleger die jungen Blutfin- 
s^n. Alt und jung teilt sich in das Pflegegeschäft. 
Puben und Mädchen sitzen mit Schul- und Ge 
sangbuch bei dein Neste, lernen, schreiben, verzeh 
ren ihr Brot, eilen hinaus zum Spiele, treiben 
dies und das. aber niemals vergessen sie des Auf 
trags die Vögelchen zu füttern und nach Vor 
schrift zu behandeln. Vom Weberstuhle aus wird 
kommandiert. Aufsicht geführt und mit eingegrif 
fn. in die Pflege. Es kommt vor, daß ein Vögel 
chen infolge des im Kropfe sitzengebliebenen ver 
härteten Futters erkrankt. Der alte Leinweber 
ureiß sogleich das rechte ^Mittel anzuwenden und 
ourch Eingießen von ein paar Tropfen Tran Er 
brechen zu veranlassen, und siehe, das Uebel ist 
gehoben. 
Nun wachsen die Kleinen heran, stoßen Kiele, 
und diese treiben Fähnchen. Flügge geworden, 
schnurren sie oft mit den Flügeln — die erste 
Vorübung zum Fliegen. Bald fressen sie allein. 
An der Brust werden jedem mit raschem Ruck 
einige Federn ausgezogen, um an den nachwach 
senden roren die Männchen zu erkennen und diese 
in Einzelkäfige zu versetzen. Jetzt spitzt der Alte 
den Mund zum Pfeifen. Dicht neigt er sich mit 
dem Gesichte zum Gitter des Käfigs und pfeift 
dem Lehrling das erwählte Liedchen vor. Dabei 
setzt er niemals ab, um etwa einen Teil desselben 
zu wiederholen, soirdern pfeift in einem Zuge die 
Melodie durch bis zu Ende, sonst gewöhnt sich der 
kleine Horcher die Unart des Absetzens an und 
wird ein „Stümper" oder „Radbrecher", wie sich 
das Volk ausdrückt. Auch später, wenn der Blut- 
fink bereits das Lied einstudiert hat und inmitten 
desselben irre wird, korrigiert der Lehrer nicht 
also, daß er an dieser Stelle nachhilft, sondern er 
trägt die Melodie ganz von vorn vor. Possierlich 
sind Bücklinge und das Hin- und Herwiegen des 
Kopfes beim Vorpfeifen, welches uni ähnlicher Be 
wegung vom Blutfinken begleitet wird: zärtlich 
klingen die liebkosenden Worte des sonst rauhen 
Mannes vor dem gelehrigen Schüler im Käfige, 
und selbst fein Schnalzen mit der Zunge bei den 
begrüßenden Kopfbewegungen ahmt der Schüler 
zuletzt täuschend nach. Und die Hausfrau schaut 
mit Wohlgefallen darein und murmelt vor sich 
hin: „Alter Narr!" Die Kinder aber stehen 
schweigend, als ob sie die Lektüre mit dem Vogel 
gemeinschaftlich zu beherzigen hätten, und ihr Ohr 
saugt tief die Melodie ins Gedächtnis ein. 
Eeraunre Zeit nach Weihnachten treten die 
Jungen der ersten Brut, wenn sie begabte Vögel 
sind, schon als fertige Meister auf und pfeifen ihre 
Liedchen ohne Fehler durch. Manche lernen auch 
Zwei Melodien, es ist aber immer gut, wenn sie 
ihnen noch täglich vorgepfiffen werden. Bei den 
jungen Blutfinken geht es ungefähr wie in ber 
Schule. Da gibt es dumme und gescheite, auf 
merksame und zerstreute, willige und störrige 
Schüler. Der eine faßt und behält gut. was er 
hört, der andere schwer und vergißt leicht seine 
Ausgabe. Auch ist die eine Kehle von Natur ge 
schmeidiger als die andere, ja selbst die Eigen 
tümlichkeit des Tones, dem feinen Hörer vernehm 
bar, nicht ohne Unterschied. Es klingt nämlich 
die Stimme de seinen Vogels seelenvoller als die 
des anderen. Zuweilen ruht ein Hauch der Weh 
mut auf dem Tone, was dem Hörer besonders 
wohltut Freilich kommt es auf die Art des Bor- 
pseifens sehr viel an, denn der Vogel ahmt ganz 
genau den Lehrer nach, dessen. Vorzüge sowohl 
wie die Fehler im Vorpfeifen. Am leichtesten 
lernen die Blutfinken die einfachen Weisen pfei 
fen. von denen unsere deutschen Volkslieder als 
die geeignetsten erscheinen. Zur Zeit des Feder- 
wechfels (im Nachsommer), verlernt mancher 
Blutfink den einen oder anderen Teil seines Lie 
des, und darum muß ihm während und nach des 
selben fleißig vorgepfiffen werden. Es ereignet 
sich aber auch, daß der Aufenthaltswechsel längeres 
Schweigen des Vogels verursacht, denn diese klei 
nen Gelehrten sind eigensinnige, launische Köpfe, 
welche aus Verstimmung und Aerger bisweilen 
von Krämpfen befallen werden. Ihre Anhäng 
lichkeit an die gewohnte Umgebung, namentlich 
an ihre Pfleger, ist in einzelnen von uns erleb 
ten Fällen wirklich ganz rührend gewesen. Nach 
halbjähriger Trennung eines Dompfaffen von 
dem einen voir uns und ebensolangem hartnäcki 
gen, Schweigen am neuen Wohnorte erhob der 
selbe durch den plötzlichen Eintritt des alten 
Freundes und Pflegers zur freudigsten Erregung 
desselben in nicht endenwollender Wiederholung 
sein Lied. Spricht aus solcher Wiedererkennung, 
solcher treuen Anhänglichkeit und Begeisterung 
des kleinen Tierchens nicht Gemüt, bewunderns 
werte Empfindung? Aber nicht bloß die Person 
ist es, an welche sich die Gewohnheitsliebe des 
Blutfinken innig anschmiegt, sondern auch irgend 
eine auffallende Bekleidung derselben. Davon 
zeugt die Müllerskappe, welch eine Danre von dem 
früheren Eigentümer ihres in Trotz und Trauer 
verharrenden Blutfinken lieh, um mit dieser Kopf 
bedeckung dem Vogel die zurückgehaltenen Töne 
zu entlocken. Richtig, in gehobener Stimmung 
ließ der versöhnte Schmoller fein „Wenn in die 
Ferne" erklingen. 
Und nun soll der geneigte Leser noch eine 
wahre Geschichte aus dem Leben eines Blutfinken 
hören, dessen Liebe zu seinem gefiederten Lehrling 
ein schönes, rührendes Zeugnis ablegt. Es war 
Emil, einer unserer Iugendbekannten, ein uir- 
ansehnliches kleines Bürschchen, das ein wenig 
hinkte; aber sehr strebsam und von der Natur 
am Geist mehr als am Körper bevorzugt. Von 
der Knabenzeit her liebte er es besonders. Dom 
pfaffen aufzuziehen und zu lehren Gar sorg 
sam und innig ging er mit den Kleinen um. Da 
bei pfiff er rund und voll schöne Volksweisen, 
welche seine gelehrigen Schüler mit richtigem Aus 
druck und großer Fertigkeit vortrugen. Als Emil 
ein Alter von 24 Jahren erreicht und sein Stu 
dium auf der Hochschule vollendet hatte, unter 
nahm er eine Reise nach London auf Einladung 
seines Bruders, der dort lebte. Mit dessen Briefen 
in der Tasche, worin genau di» Adresse des Bru 
ders angegeben war, begann er die Reife, und 
um den Bruder angenehm zv überraschen, nahm 
er seinen besten Dompfaffen in einem wohlver 
wahrten Käfig mit. Emil war der englischen 
Sprache nicht kundig, und darum war es eine 
sehr mißliche Sache, daß der Brief seines Bruders 
mit dessen Wohnungsangabe sich nicht mehr in der 
Rocktasche vorfand, als Emil mit dem Vogel 
abends kn London ankam. Er will im Gasthaus 
einkehren, um Nachfrage über die Wohnung sei 
nes Bruders zu halten und dem strömenden Re 
gen zu entgehen, der ihm bereits den neuen Hut 
gänzlich durchweicht hat und den Kleidern eine 
solche Verfassung gegeben, daß der kleine Mann 
aussieht wie ein umherstreichender, verwahrloster 
Handwerksbursche. Kopfschüttelnd und mit den 
^mil Frank 
Ingebors und Dagmar 
Verlag Alfred Bedithold 
^2) (Nachdruck verboten.) 
Erik betrat durch einen Seiteneingang sein 
Vaterhaus. Als er aus dem Wagen gestiegen war, 
Jļû hatten seine flackernden Blicke gewohnheitsmäßig 
°as Fenster gesucht, hinter dem er Ingeborg so oft 
schaut hatte. Aber sie war nicht zu sehen. Es 
lochte wohl auch besser sein! Von weichen Re 
gungen mußte er stch frei halten, wollte mit Beugt 
Şjoberg fertig werden. 
Rasch reinigte er sich vom Reisestaub und klvi- 
.de sich um. Vorsichtig lauschte er in die Zimmer 
fines Bruders hinüber. Axel war nicht da, mochte 
wohl noch in seinem Kontor sitzen. Umso besser. 
Aussprache mit ihm würde an zweiter oder 
"^'tter Stelle kommen. 
Als er sich zum Gehen wenden wollte, erblickte 
auf seinem Schreibtisch den Browning, den er 
höchst selten bei sich ttu-g. Heute aber steckte er ihn 
e!n . Bei einem Gegner wie Bcngt Sjöberg mußte 
Wan auf alles gefaßt sein. 
Run ging er langsam in den Mittelbau hin 
ter, wo Sjöberg wohnte. Immer wieder sprach er 
H Ruhe vor: Ruhe! Rur Ruhe! 
Ein kurzes, scharfes Pochen. Bengt Sjöberg 
sprang erregt auf, stieß den Schreibtischstuhl zurück. 
Mi er krachend auf den Fußboden stürzte. Alles 
şiut schien ihm dabei zu Kopfe gestiegen zu sein. 
Şeine Züge waren wie versteint. Als er aber Erik 
erblickte, zog ein höhnisches Lächeln um feine 
Mundwinkel. In übertriebener Freundlichkeit eilte 
dem jungen Teilhaber entgegen, 
ļ, „Donnerwetter, Erik, du verstehst dich auf 
Überraschungen! Der Neid muß es dir lassen! 
^oinmst hereingeschneit und machst ein (Besicht, als 
wolltest du hier Bußpredigten halten! Konntest du 
° ic! ) nicht wenigstens anmelden?" 
Erik tat, als Hütte von dem Wortschwall nichts 
^-nommen, er übersah Sjöbe" ,s Hand, die er ihm 
Erreichte, den Stuhl, den er ihm darbot. Rur 
."ugemale siihlte er brandende Wogen durch sein 
Eueres brausen. Er ballte die Fäuste, daß sich die 
"îugernägel in das Ballenfleisch eingruben. Da 
Pu, je nt! Ruhe über ihn, der er gerade jetzt so un- 
I'öingt nötig hatte, wollte er einem Gegner wie 
^iöbe-oo un>cb.egen. 
Kalt fing er an: „Herr Sjöberg —" 
Sjöberg zuckte zusammen wie unter einem 
Peitschenhieb. Glühende Röte ergoß sich in sein 
aufgeschwemmtes Gesicht. Ein Gedanke flammte 
auf: Er steht mit Larffon im Bunde! Alles ist ab 
gekartetes Spiel! Der alte Narr hat geschwatzt! 
Doch in die jäh auflodernde Angst klang bald 
etwas wie Spott hinein: Was wollen sie mir denn 
anhaben? Mögen sie mir doch etwas beweisen! 
Mit einer Heiterkeit, die viel zu stürmisch war, 
als daß sie in diesem Augenblicke hätte Eindruck 
machen können, unterbrach er Erik: „Junge, du bist 
wohl des Teufels! Dir sind wohl in der Einsamkeit 
von Dalarne die Schrauben ein wenig locker ge 
worden? Oder du willst es mich entgelten lassen, 
daß deine Reise ein glatter Mißerfolg war? Aber 
das hätte ich dir von vornherein sagen könnerr." 
„Sic war kein Mißerfolg! Und neben den 
Kupfererzlagern fand ich auch manches, was ich nicht 
suchte — was mir auch nicht lieb zu finden war!" 
Bengt Sjöbergs Stimme, klang heiser: „In 
Dwhlgrenshemmet?" 
Eriks Züge strafften sich: „Dort nicht. Aber 
in meines Vaters Blockhause." 
Bengt Sjöberg wich unwillkürlich einen Schritt 
zurück. Mit Lebenden Händen tastete er hinter sich, 
als müßte er einen Halt suchen. Hartx prallte sein 
massiger Körper gegen den Schreibtisch. Seine 
Arme vollführten unruhig schlotternde Bewegun 
gen. Er fühlte, daß kalter Schweiß über seine 
Stirn rann, daß seine Knie einzuknicken drohten. 
Unter gesenkten Lidern blinzelte er zu dem jungen 
Menschen hinüber, von dem er nur das eine wußte, 
s -aşi er sein Feind war, daß er kam, um ihm zu 
vernichten! 
Doch noch einmal reckte Sjöbergs harter Wille 
stch auf. Langsam lösten sich die verkrampften 
Hände von der Schreibtischplatte ab, schoben sich 
nach vorn, fuhren wie Schmiedehämmer durch die 
Luft. Die Micke der grünlich schimmernden stahl- 
grauen Augen bohrten sich in das Gesicht Eriks 
ein. In dem Manne, der aus dem Nichts empor 
gestiegen war und der sich durch schrankenlose Ich 
sucht auf der Sonnenhöhe des Lebens behauptet 
hatte, waren alle Kräfte zur Abwehr des vernich 
tenden Schlages aufs höchste gespannt. Er war der 
bessere Fechter, das wußte er! Mochte der Junge 
doch lein Sprüchlein hersagen und versuchen, ob er 
mit seinem Kindersäbel durch die eiserne Brünne 
drang, die das Leben um Sjöbergs Herz und Ge 
wissen gelegt hatte! 
Kalt und nüchtern klang Eriks Stimme: „Ich 
habe die unwiderleglichen Beweise in Händen, daß 
Sie die Leiden hochwichtigen Erfindungen meines 
Vaters widerrechtlich sich aneigneten und als Ihr 
alleiniges Eigentum ausbeuteten." 
„Wo sind diese Beweise?" 
„Sie ruhen wohlverwahrt in dem Tresor einer 
Bank." - , 
Bengt Sjöberg zerbrach sich den Kopf: Wie 
mag der Junge an diese Beweise gekommen sein? 
Hatte er nicht nach dem Tode Olaf Dahlgrens jeden 
Zettel seines Nachlasses auf das sorgfältigste ge 
sichtet und alles vernichtet, was auch nur im ent 
ferntesten an die beiden Erfindungen hätte er 
innern können? 
Aber darauf kam es jetzt gar nicht an. Er konnte 
Erik. Der war viel zu gewissenhaft, als daß er 
ohne hinreichenden Grund solche Anschuldigungen 
erheben würde. Mit der Tatsache, daß Erik auf 
irgendeine Weise belastendes Material gegen ihn 
gefunden hatte, mußte er rechnen. Aber war mtt 
einer solchen Anschuldigung vor Gericht etwas an 
zufangen? Wer konnte dann beweisen, ob ihm der 
verstorbene Olaf Dahlgren die Erfindungen nicht 
geschenkt hatte, ob er sich nicht auch sonst berechtigt 
fühlen konnte, sie als sein Eigentum auszunutzen? 
Höher reckte Bengt Sjöberg sich auf. Es galt 
den Entscheidungskampf um eine Existenz. 
Fast höhnisch klang seine Stimme: „Und was 
beweisen jene Pläne deines Vaters, von deren 
Vorhandensein mir niemals auch nur das geringste 
bekannt war? Wäre ihre Existenz nicht auch so zu 
erklären, daß dein Vater die Entwürfe zu den bei 
den Motorentypen theoretisch nachprüfen wollte, 
bevor wir die Patente käuflich erwarben? Hast du 
wirklich den Beweis in Händen, daß es stch ganz 
und gar um das Eigentum deines Vaters handelt?" 
„Ja, ich habe diesen Beweis in Händen!" 
„Verzeihe, daß ich diese Behauptung nicht so 
ohne weiteres anerkenne, sondern ihr meine sehr be 
rechtigten Zweifel entgegensetze! Sehen wir davon 
ab. Halten wir uns an die Tatsachen: Dein Vater 
hat — so behauptest du — die später von uns her 
gestellten Motorentypen erfunden. Schließt das 
aus, das ich die Patente trotzdem von anderer Se'te 
erworben haben kann? Hast du noch niemals etwas 
von der Duplizität der Ereignisse gehört, die ge- 
xade Erfindern sehr häufig einen schlimmen Streich 
Händen abwählend stehen die Kellner vor den 
Gasthöfell. Wo er in der Nacht hinkommt, drängt 
man ihn mitleidslos zurück. So durchwandert er 
mit verhängtem Käfig und Vogel viele Straßen 
weit über Mitternacht hinaus. Aber horch! wie 
süße Erinnerung aus der Heimat von den Bergen 
klingk's aus dem Dunkel des Käfigs: „Hier aus 
die frohen Höhen lei dir, Herr, mein Lied ge 
weiht!" Das befiederte Kind des Gebirges trotzt 
dem Regen, der Finsternis, der Fremde und Irr 
fahrt und pfeift seinem erschöpften Lehrmeister 
Trost und Mut ins Herz, und dieser lauscht sei- 
uem Liebling einen Augenblick mit denr zärtlichen 
Zuspruch: „Schön Männchen!" Dann hebt er das 
durchnäßte Haupt empor und will eben weiter 
schreiten. — da tönt ihm o Wonne der hei 
mischen Empfindung! die deutsche Sprache 
und Gruß vom Fenster eines nahen Hanfes ent 
gegen, und bald öffnet sich ihm die Türe, und da« 
schützende Dach nimmt die sonderbaren Gäste — 
— Emil und „Schön Männchen" spät, aber 
nicht zu spät, in das Heim und die Arme des Bru 
ders- auf. 
ŞîîKķe idl 
In Kraftdroschken durch Afrika. 
Um ihren ungläubigen Landsleuten, die 
Afrika noch immer für ein wildes, jeder Zivilisa 
tion bares Land halten, das Gegenteil zu beweisen, 
hat eine zweiundsechzigjährige Amerikanerin. 
Frau Douthirt. vor einiger Zeit eine Reise durch 
den dunklen Erdteil angetreten, die jedenfalls 
der Originalität nicht entbehrt. Die unterneh- 
mungslustige alte Dame will nanrlich die lange 
Fahrt von Windhoek im ehemaligen Deutsch-Süd- 
west-Afrika nach Marokko ausschließlich in der 
Kraftdroschke zurücklegen. Daher packte sie kürz 
lich in ihrem Windhoeker Hotel ihre Koffer, be 
stellte eine Autodroschke, verstaute darin ihr Ge 
päck, dann sich selbst und fuhr los. Marschrichtung 
Nord. An der Grenze von Angola angekommen, 
wurde der Fahrer bezahlt und entlassen, und die 
kühne Reisende nahm ein portugiesisches Auto, das 
sie nach der Landeshauptstadt Loanda brachte, wo 
Frau Doutbirt unlängst frisch und munter einge 
troffen ist. Rach kurzer Rast soll es dann nach Nor 
den weiter gehen. Für eine nicht gerade mehr zu 
den Jüngsten zählende Dame stellt das Unterneh 
men jedenfalls eine ganz beachtliche Leistung dar. 
Gold in Neu-Guinea, 
In Neu-Guinea, dem früheren deutschen Kai- 
ser-Wilhelm-Land, das heute als Völkerbund- 
Mandatsgebiet englischer Verwaltung untersteht, 
wurden, wie der „Kosmos" berichtet, in einem 
Urwaldgebirge in 8—4000 Meter Höhe Goldfelder 
von beträchtlichem Gehalt gefunden, Sie werden 
im Tagbau abgebaut, wobei das goldhaltige Ge 
stein durch einfaches Waschen von den leichtere- 
Mineralien ausgesondert wird. Der Transport 
zur Küste erfolgt durch Flugzeug, da alle anderen 
Verkehrsmöglichkeiten in das unwegsame Urwald- 
gebirge mit großen Schwierigkeiten verknüpft sind. 
spielte, weil sie erkennen mußten, daß auch ein an 
derer sich mit demselben Problem beschäftigte und 
zu dem gleichen Ergebnisse gelangte?" 
„Wozu dieses müßige Spiel mit leeren Woi> 
ten! Ich habe den unwiderleglichen Beweis ts 
Händen, daß die von uns hergestellten Motoren- 
rypen von keinem anderen Menschen als von mei 
nem verstorbenen Pater erfunden sein können. 
Sollten Sie die Patente wirklich von anderer Seite 
erworben hoben, so beweist das nur, wie schlau Sie 
zu Werke gegangen sind, um sich ein- für allemal 
vor,einer Anklage ans Diebstahl zu sichern." 
Wild fuhr Sjöberg auf: „Ich bitte mir aus, 
daß du in der Wahl deiner Worte etwas vorsichti 
ger bist! Sonst würde ich dir' schon zeigen, ob ich 
mich von dir ungestraft beleidigen lasse!" 
„Ich habe wissentlich nicht beleidigt, sondern -ch 
stellte zunächst nur unumstößliche Tatsachen fest und 
zog daraus meine Folgerungen. Wenn Sie das als 
Beleidigung auffassen, so ist das Ihre Sache. Aber 
ich bin mit meinen Anschuldigungen noch nicht zu 
Ende. Ich weiß, daß Sie schuld tragen am Tode 
meines Paters." 
Schrill lachte Sjöberg auf: „Das wird ja 
immer besser! Vielleicht wagst du sogar die un 
sinnige Behauptung, ich hätte ihn ermordet, wie?" 
„Meine letzten Worte waren wohl nicht leicht 
mißzuverstehcnl Sie tragen Schuld am Tode mei 
nes Vaters, hören Sie?" 
„Wer hat dir denn diesen Unsinn vorgeredet?' 
„Ob es Unsinn ist, werden Sie am besten selbst 
beurteilen können. Verlieren wir uns nicht in un 
fruchtbare Streitigkeiten! Hören Sie wiederum die 
Tatsachen: Sie hatten durch Wochen u. Monate ein 
Liebesverhältnis mit Ulla Larffon. Das Mädchen, 
das von Liebe und Ehre wesentlich andere Auffas 
sungen hatte als Sie, verlangte von Ihnen d»e 
Ehe. Sie wiesen Ulla höhnisch ab. Ihr reines 
Empfinden kam darüber nicht hinweg. Ulla fühlte 
sich beschimpft, hielt sich nicht mehr für würdig, die 
reine Luft des Vaterhauses zu atmen und entfloh 
heimlich. Der alte Larffon. der nach den Abschieds 
zeilen des Mädchens ein noch schwereres Verschul 
den annehmen mußte, suchte nun den Menschen, der 
sein und seines geliebten Kindes Lebensglück mit 
frevler Hand zerstört hatte. Und da waren Sie es. 
der erst raunte und andeutete und schließlich zu be 
weisen versuchte, daß mein Vater dieser Mann ge 
wesen wäre. Welche Folgen das hatte, wissen Si< 
jo gut wie ich." (Fortsetzung folgt).
	        
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