Full text: Newspaper volume (1930, Bd. 1)

vîg-Bolfteinifd)e Landsszerlung 
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123. Jahrgang, 
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Zeit gewonnen - alles gewonnen?? 
Verständigung der Weimarer Koalition 
über das Finanzprogramm. 
MerrMmg bei der 3. Lesung? 
TU. Berlin, 12. März. (Eig. Funkm.) Die ge 
samte Rechte, d. h. Deutschnationale, Nationalsozia 
listen, Christlich-Nationale Arbeitsgemeinschaft und 
Wirtschaftspartei, hat, wie der „Lokalanzeiger" 
berichtet, den Antrag auf Aussetzung der Verkün 
dung der Jounggesetze für die dritte Lesung einge 
bracht. Man rechne damit, daß die Kommunisten 
dem Antrag beitreten würden. Damit würde das 
von der Verfassung vorgesehene Drittel erreicht. 
Nach Artikel 72 der Reichsverfassung können, wenn 
es ein Drittel der (anwesenden) Mitglieder ver 
langt, Reichstag und Reichsrat die Gesetze für dring 
lich erklären. Damit würde es dann in der Hand 
des Reichspräsidenten liegen, ob er verkünden oder 
Volksentscheid anberaumen will. 
Alfred Vs» Ş-Mtz 
Tirpitz ist tot! Wieder einmal hat der Tsd 
einen alten Kämpfer, Veteranen einer größeren Zesi 
abgerufen. Unerwartet hat das Geschick ihn ereilt, 
und so einem Leben voller Tragik ein Ende gesetzt. 
Es war nach seinem Scheiden aus dem .Amte 
stiller um ihn geworden im Vergleiche zu seiner 
Dienstzeit. Lediglich seine nach, dem Kriege erschiene 
nen Bücher, persönliche Erinnerungen, Darlegungen 
seiner Ziele und reiches Aktenmaterial enthaltend, 
zeugten von nimmermüdem Eifer geistiger Tätig 
keit, Rur hier und da flackerte in akademischen Vor 
lesungen und in Zeitungspolemiken das Feuer eines 
heftigen „Für und Wider" noch einmal auf und er 
innerte sicherlich manchen an die vergangenen Zeiten 
der Kämpfe um die Flottengesetze und die tragische 
Epoche des Ubootkrieges. 
Als junger Offizier erkannte er bereits mit 
offenem Blick die Notwendigkeit einer starken An- 
griffswaffe in Form kleinerer, besonders beweg 
licher Schiffe, und so tat der Kaiser einen guten 
Griff, als er Tirpitz zum Inspekteur des Torpedo 
wesens ernannte. In dieser Stellung hat er sich 
für die Vervollkommnung der Torpedoflotte einge 
setzt, und er hat diese Waffe auch als Staatssekretär 
(des Reichsmarineamts) über die Schlachtschiffe und 
Kreuzer nie vergessen. Der Reichstag hatte 1897 
gemeinsam mit der Budgetkommission den Marine- 
etat der Regierung recht erheblich zusammengestri 
chen, als nach kurzer Zeit denTüberraschten Reichs 
tage von dem anstelle des Admirals von HoUmann 
zum Marinestaatssekretär ernannten Tirpitz ein? 
neue Vorlage empfohlen wurde, nach der 7 Linien 
schiffe, 2 große und 7 kleine Kreuzer neugebout. d:e 
Lebensdauer der einzelnen Schiffe begrenzt und d>e 
rechtzeitige Vornahme von Ersatzbauten bestimmt 
werden sollten. „Die Vorlage schob die Flottenpo 
litik auf ein vollkommen neues Geleis. Bisher 
waren von Zeit zu Zeit einzelne Neubauten, gefor 
dert und zum Teil bewilligt worden, aber das feste 
Fundament, das die Armee im Sallbestand ihrer 
Formationen beiaß, hatte der Kriegsmarme gefehlt. 
Die Hauptsache sind und bleiben Stenererhö- 
hungen und das Anschlagen neuer Steuer- 
quellen. Ob das Finanzprogramm nun ganz 
und gar durch die Weimarer Koalition seine 
parlamentarische Entscheidung findet, oder ob 
es in letzter Stunde noch gelingen wird, die 
Teutsche Volkspartei überwiegend zu gewin 
nen, so daß das Signum der Großen Koalition 
unter den Finanz- und Steuergesetzen stehen 
würde, ist im Augenblick nicht mit unumstöß 
licher Gewißheit zu sagen. Die Gelegenheit zur 
Stellungnahme wird die Deutsche Volkspartei 
bei den finanzpolitischen Reichstagsdeüatten 
in nächster Zeit haben. 
Auf Grund der gestrigen Entwicklung hat 
man vorderhand Zeit gewonnen. Ob aber mit 
diesem Zeitgewinn alles gewonnen ist, na 
mentlich im Sinne einer den riesengroßen 
Schwierigkeiten unserer Epoche wirklich auf 
die Dauer gewachsenen finanz- und wirt 
schaftspolitischen Fundamentierung, ist mehr 
als fraglich. 
Hindenburg sagt ein Wort. 
# Zum gestrigen politischen Hochbetrieb 
ck Berlin, worunter u. a. die Annahme des 
Aoungplanes in zweiter Lesung mit ansehnli 
cher Mehrheit, die des deutsch-polnischen Ll- 
Aiidationsabkommens mit einer kleineren 
Diehrheit sowiGdie Wahl Luthers zum Reichs- 
bankpräsiöenten fällt, gehört auch die Einigung 
der Parteien der Weimarer Koalition und der 
Bayerischen Volkspartei über das Finanzpro 
gramm. Durch diese Einigung wird keine 
Ueberraschung geboten, vielmehr war die Ver 
ständigung zu erwarten in Anbetracht der Be 
denken vor einer Reichstagsauflösung und 
einer Notstandsregierung auf Grund des Ar 
tikels 48 der Reichsverfassung. Die Regie 
rungskrise ist, nachdem auch eine Mehr 
heit für die heutige Schlutzabftimmung über 
den Uoungplan feststeht und die Einigung über 
das Finanzprogramm erfolgt ist, vorläufig 
wieder vertagt. Die Große Koalition, inner 
halb deren gestern die Deutsche Vvlkspartei im 
Reichstag den Aounggesetzen noch zugestimmt 
hat, ist noch nicht völlig ad acta gelegt, aber 
schon schickt sich, wie das Bjld zeigt, die Wei 
marer Koalition an, maßgebend für die inner- 
bolrtischen Geschicke aufzutreten. Ob eine Ent 
wicklung ohne den mäßigenden wirtschaftspo- 
sitischen Einfluß der Deutschen Volkspartei im 
Rahmen der Koalition den Verhältnissen 
Dienlich sein würde, steht dahin. 
Der Reichskanzler hat den Bericht über 
die Einigung der Weimarer Koalition entge 
gengenommen. Indem er darauf verzichtete, 
her Deutschen Volkspartei ihre Ausschaltung 
bei der finanzpolitischen Verständigung offi 
ziell zur Kenntnis zu bringen, hat er for 
maler Weise zur augenblicklichen Abstumpfung 
oer Krise beigetragen. Das Finanzprogramm, 
auf das sich die vier Parteien geeinigt haben, 
ichließt sich in wesentlichen Punkten dem Pro 
gramm Moldenhauers und der Reichsregie- 
rung an. Das Zentrum sah, von seinem Stand 
punkt aus, die Verbindung von Nonngplan 
Und Finanzprogramm für gegeben an und 
Uimmte bereits in zweiter Lesung für die 
Äounggesetze. Sehr wahrscheinlich hat zum 
glatten Einschwenken des Zentrums auch der 
Gericht seines Fraktionsvorsitzenden Brüning 
über seine Unterredung gestern vormittag mit 
hem Reichspräsidenten beigetragen. Diese Un 
terredung war, wie durchsickert, schivcrivrcgeu- 
°er Natur. Hindenburg ließ erkennen, daß eine 
Annahme des Aoungplanes mit einer nur ge- 
ŗìņoeu Mehrheit ihn von die Frage stellen 
würde, ob der Joungplan erneut zum Volks 
entscheid gestellt werden solle. Auf den Ein 
wand des Zentrums bezüglich rechtzeitigen 
Inkrafttretens der Gesetze zur Sicherung der 
steichsiinanzen soll der Reichspräsident, was 
bedeutsam ist. sich persönlich und traft seines 
Amtes für die rechtzeitige Regelung der Fi- 
Uanzsragen gewissermaßen verbürgt haben. 
Auch der bäuerische Ministerpräsident Dr. Held 
war gestern beim Reichspräsidenten,- vielleicht 
wird sich das auswirken in der Haltung der 
Malerischen Volkspartei, die sich gestern der 
stimme enthalten bat, bei der heutigen 
^chlußabsiimmung über die Aounggesetzc. 
Es ist damit zu rechnen, daß der Molden- 
hauersche Finanzplan, auf dessen Beibehal 
tung, wenigstens in den Hauptzügen. das Ka- 
wnett gestern wieder Wert legte, Anfang nach 
her Wocke im Reichstag eingebracht wird. Man 
mrf annehmen, daß über die Art der Behand 
lung inzwischen auch eine Verständigung im 
Auzelnen zwischen den Parteien der Weima- 
?kr Koalition und dem Kabinett, in welchem 
we Prüfung der Vorschläge der Parteien statt- 
siudet, erfolgen wird. Sehr bezeichnend ist die 
stelle im Steuerprogramm der Weimarer 
Koalition, an der von der Steuersenknngsab- 
ş'lbt für 1931 die Rede ist. Bei Licht besehen, 
wird nämlich mit derselben Unverbindlichkeit 
von einer Steuersenkung gesprochen, wie cs 
êîe Renierung in ihrem Finanzprogramm tut. 
Auch MWe nunmehr gegen Mim 
ans her HŞ eàssen. 
In der Voruntersuchung wegen der Bomben- 
attentate hat auf die Beschwerde gegen den ableh 
nenden Beschluß der Strafkammer des Landgerichts 
1 der Strafsenat des Kammergcrichts gestern an 
geordnet, daß Weschke gegen Sicherheitsleistung 
von 19 999 Ji mit der weiteren Untersuchungs 
haft zu verschonen ist. Weschke wurde nach Hinter 
legung der Sicherheit entlassen. 
Hinter dem nächsten Krieg steht der Bolschewismus 
Rechnung einzustellen braucht. Die allmählich 
fortschreitende Ueberbrückung der wirtschaftspoli- 
tischen Grenzen nicht nur Europas ist dagegen eine 
wirtschaftliche Notwendigkeit, für die Erkenntnis 
zu wecken jeder verpflichtet ist, dem seine berufliche 
Stellung ermöglicht, die Entwicklung der Wirt 
schaft ganzer Länder zu überblicken. 
Und noch eins kommt hinzu, was gebieterisch 
zwingt, weltwirtschaftlich zu denken: Hinter dem 
nächsten Krieg steht der Bolschewismus. Eine 
nochmalige gewaltsame Uebertreibung des Wirt- 
fchaftsindioiduaļisnlus würde für Europa die Ge 
fahr heraufbeschwören, daß das Gefühl der Massen 
haltlos hinüberpendelt zu dem vermeintlichen 
Heile des kollektiven Menschentums. Diese Gefahr 
ist viel größer, als sich viele derjenigen klar 
machen, die in einseitigem nationalen Chauvinis 
mus befangen geblieben sind. Der Bolschewismus, 
der aus der Menschheit einen Bienenstaat machen 
will, in dem das Einzelwesen nichts und die völlig 
nivellierte Gesamtheit alles bedeutet, sieht in 
Europa nur ein Kap von Asien, das eines Tages 
durch die Flut der kulturell zurückgebliebenen 
und darum für die Fanatik des Bolschewismus 
empfänglichen östlichen Massen erstürmt werden 
soll. 
Der Bolschewismus ist keine Politik mehr, 
sondern ist zur Religion geworden. Die Entwick 
lung des Bolschewismus in seinem Ursprungsland 
zu übersehen, ist zur Zeit noch nicht möglich. Sie 
wird davon abhängen, wie die Anwendung des 
Kollektivismus sich auf die Agrarwirtschaft aus 
wirkt. Jedenfalls erwächst ans den drohenden 
Tendenzen des Bolschewismus für alle Mitarbeiter 
einer geregelten, die Menschheit höheren Kultur 
stufen entgegenführenden Weltwirtschaft die 
Pflicht, die weltwirtschaftlichen Zusammenhänge 
zu stärken, dem Verständnis der gegenseitigen Be 
dürfnisse die Wege zu ebnen und Verwicklungen 
vorzubeugen, welche in ihren Folgen nicht abzu 
sehen sind. 
Der gesunde Sinn des deutschen Volkes, sein 
hoher Kulturstand, sein, Heimatsgefühl, seine 
Ordnungsliebe, sein Fleiß, sein vielfach übertrie 
bener Drang zum Partikularismus und zur In 
dividualität sind an sich das beste Schutzmittel 
gegen das slawischer Indolenz und Kulturlosigkeit 
entsprungene Produkt des Bolschewismus. Diese 
Eigenschaften zu erhalten und zu stärken, ist daher 
das Ziel, dem alle Kräfte gewidmet werden müssen. 
Der Weg hierzu ist eine geordnete Wirtschaft, die 
den einzelnen wieder zu geregeltem Arbeits- und 
Lebensgenuß kommen und ziach allenr Schrecklichen, 
was durchlebt werden mußte, hoffen läßt, wirklich 
für seine und der Semigen Zukunft zu arbeiten. 
# Dr. Georg Solmssen, Vorstands 
mitglied der Deutschen Bank und Disconto- 
Eesellschaft, hat kürzlich in einem Vortrag 
vor der Deutschen Handelskammer in der 
Schweiz, in Zürich, der wirtschaftspolitischen 
Verständigung der Völker der Erde im Hin 
blick auf die Gefahren des Bolschewismus das 
Wort geredet. Das ist besonders aktuell in 
diesem Zeitabschnitt gesteigerter weltrevolu 
tionärer Anstrengungen des russischen Kom 
munismus. Ob die von Solmssen ausge 
sprochene Mahnung namentlich im Sinne 
einer vernünftigen reparationspolitischen 
Behandlung Deutschlands, des Schonung sei 
ner Wirtschaft und Volkskraft brauchenden 
Vorgeländes des russischen Bolschewismus, be 
folgt werden wird, steht auf einem anderen 
Blatt,' bisher geschieht es kurzsichtiger Weise 
nicht. 
U. a. sagte Solmssen: 
Der Weltkrieg muß mit allem Elend, das er 
brachte und nach sich zog, den Sinn haben, daß die 
Größe des Unheils, das er angerichtet hat, sich da 
hin auswirkt, eine neue Epoche des Zusammen 
lebens der Völker der Erde einzuleiten. Richt 
daß die Menschen besser geworden wären, aber die 
vom Menschen geschaffene Technik hat den 
Menschen besiegt und wird ihn in ihrer immer 
weiterschreitenden Zerstörungsentwicklung zwin 
gen. Frieden zu halten. Die Verwüstungen, 
welche der Krieg anrichtet, sind so vernichtend, daß 
ihr erneuter Eintritt die Aufrechterhaltung der 
weltwirtschaftlichen Beziehungen, auf welche alle 
Kulturuationen angewiesen sind, unmöglich machen 
würde. Mehr und mehr wächst die Erkenntnis, 
daß eine Entwicklung der Wirtschaft, welche aus 
Ausübung politischer, durch Gewehre und Kanonen 
gestützter Macht beruht, immer wieder zu Ent 
ladungen führen muß, wie sie das Jahr 1914 ge 
bracht hat. Die Weltwirtschaft wird, wenn sie 
überhaupt weiterbestehen will, zwangsläufig in 
eine neue Aera der gegenseitigen Rücksichtnahme 
treten und zur Verständigung über die verschiede 
nen Interessengebiete gelangen müssen. Dieses 
Dogma bedeutet keine Regierung des Rechts jeder 
Nation auf Erhaltung ihrer Eigenart und Son 
derstellung: es will nicht besagen, daß die Zukunft 
einem politischen Volapük gehöre, und daß die 
durch geographische Gestaltung, durch geschichtliche 
Entwicklung und durch Rassenunterschiede gezoge 
nen Grenzen zum Verschwinden verurteilt seien. 
Es ist müßig, Träumereien über die Vereinigten 
Staaten Europas nachzuhängen, weil sie als po 
litisches Gebilde heute und lange noch eine Utopie 
darstellen, deren Verwirklichung man nicht in. die 
Zum Nachfolger Tr. Schachts als Neichs- 
bankpräsident wurde Dr. Luther gewählt. 
Den amtlichen Bericht und Ausführungen 
über die Person des neuen Reichsbankleiters 
und seine Aufgaben bringen wir im Wirt 
schaftsteil. 
younMsM und KchleMdkMMn 
m 2. Lesung 
Näheres siehe 2. Seite Hauptblatt. 
Erst durch die Festsitzung der Lebensdauer der 
Schiffe einerseits, des Bestandes an dienstfähigen 
Schiffen andererseits wurde die Flotte ein fester 
Bestandteil unserer nationalen Wehrmacht.." (Fürst 
Bulow). Diese Flotte hat Tirpitz aus dem Nichts 
geschaffen, oft gegen fast übermenschliche. Wider 
stände, und so paßt auch für ihn dos Wort seines 
großen englischen Gegenspielers, des Admirals Lord 
Fisher: .„Möglichkeiten werden aus Unmöglichkeiten 
gezogen: Was man braucht, ist ein unbeugsamer 
Wille." Tirpitz' Ziel, „in gemessener Frist eine va 
terländische Kriegsmarine von so begrenzter Stärke 
und Leistungsfähigkeit zu schaffen, daß sie zur wirk 
samen Vertretung der Seeinteressen des Reiches ge 
nügt", zeigt die enge Verbundenheit von Flotten 
politik und Außenpolitik. Tirpitz wollte England 
lediglich veranlassen, Deutschland als Machtfaktor, 
auch zur See, in Rechnung zu stellen (ohne jedoch 
auf die stete Verständigung mit England zu verzich 
ten!) Nicht der Flottenbau war friedensgefährlich, 
sondern die Außenpolitik des Kaisers und Beth- 
monns war zu lahm und zu wenig schöpferisch. Sie 
neue Flotte politisch und militärisch auszunutzen. 
Diese Erkenntnis spricht auch Tirpitz in den Ein 
gangsworten seiner Memoiren aus: „Unser Unglück 
ist nicht aus der Schaffung der Macht entsprungen, 
sondern ans der Schwäche, die sich auf den Gebrauch 
der Macht nicht verstand, weder zur Friedensbewah 
rung noch zum Friedenschließen, sowie aus der 
Täuschung über unsere Gegner, über die Natur ihrer 
Kriegsziele und Kriegführung und über das Wesen 
des Wirtschaftskrieges." 
Der letzte Verständigungsversuch ist dann 
schließlich einerseits an der diplomatischen 
Unfähigkeit des Reichskanzlers v. Dethmonn-Holl- 
weg und andererseits an der zu starkeu Behinderung
	        
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