Zweites Blatt
Dienstag,
§L. Sürnm
Rendsburg, den 28. Januar 1930.
Nur Verufņņsdverhari-ļung wegr»
MW SLêîrcêftrêik.
Dir Berufung von Bestmann-Hshr» von der Großen Strafkammer verworfen.
Eine Sitzung der Großen Strafkammer!' I
Landgerichts Kiel fand am Montag im
jtzungssaale des hiesigen Amtsgerichts unter
fnn Vorsitz des Landgerichtsdirektors Baseler
Ua *t- Vertreter der Anklage war Staatsan-
waltschsiftsrat Dr. Bohmeyer-Kiel. Die Ber-
O'digàg des Angeklagten lag in den Händen
Rechtsanwalts Weber-Rendsburg. Der
''"geklagte, Dentist Max Bestmann in Hohn,
*'"r vom Großen Schöffengericht Kiel am 80.
, ^ept. ». Is. zu 2 Monaten Gefängnis und 200
şşi Geldstrafe evtl. 2 weitere Wochen Ge-
àgnis verurteilt worden wegen fortgesetzten
Ergehen gegen 8 1 der Verordnung des
Reichspräsidenten vom 13. 9. 23 in Tateinheit
"'ìî 8 111 St. G. B. Der Angeklagte hatte ge-
Ķsn das Urteil Berufung eingelegt. Der
Staatsanwalt hatte seine Berufung zurückge
hen.
. Sn der zunächst verlesenen Begründung des
'"Maligen Urteils heißt es u. et., daß in 4 Ein-
eit nachgewiesen sei, daß der Angeklagte
j der Anklage schuldig gemacht habe. , Im
d'alle Bargstall sei die Aussage des Zeugen
Zehrer Möller klar und überzeugend gerve-
Für Christianshvlm komme die Aussage
Gemeindevorstehers Knutzen in Betracht,
(cr sich der Aussage des Zeugen Claus Groth
""schloß. Im Falle Königshügel seien die
lossagen des Zeugen Claus Groth sehr vor-
?Şig und zurückhaltend gewesen. Der Zeuge
hgģ Empfinden gehabt, daß eine ver-
"eckte Aufforderung vorlag, Bietzpfänöungen
ia verhindern. Der Zeuge Jakob Storm habe
fundet, daß der Angeklagte vom Feuer ge-
îs'ì'echen habe und das mal ein Stück Geschirr
"usrutschen könne. An der Glaubwürdigkeit
Zeugen Strey im Falle Lohe sei nicht zu
Geiseln. Er habe im wesentlichen wie Lehrer
-Möller ausgesagt. Die übrigen Zeugen seien
îtsr den Angeklagten nicht belastend gewesen,
är das Strafmaß käme in Betracht: Plan
mäßige Aufpntschung der Landwirte in äußerst
jährlicher Zeit. Wenn dieser Zündstoff zur
^Plosion gebracht wäre, wären die Bauern
*hen Ausruhr vor Gericht gekommen und
jt mindestens 6 Monaten Gefängnis be-
jaft worden. Eine engergische und abschrek-
'""de Strafe sei daher für den Angeklagten
forderlich und deshalb sei das Gericht über
j gesetzliche Mindeststrafe von 1 Monat hin-
fsgegangen und habe aus 2 Monate Gefäng-
f erkannt. Dazu komme dann eine Geld-
näfe von 200 RM. und die Veröffentlichung
< e§ Urteils. Strafmildernd komme in Frage,
'"ß der Angeklagte aus innerer Ueberzeugung
^handelt habe und keine Vorteile für sich er
lügen wollte.
. Der Angeklagte erhielt zunächst das Wort und
frie u. a. aus, er stehe seit 3 Jahren int Kampfe
et völkischen Freiheitsbewegung. Der Kamps
^"rde auch darum geführt, daß Steuern nur vom
Zîrnge, nicht von der Substanz zu zahlen seien,
f den Versammlungen habe er über die politische
J O tlogô und über die Freimaurerfrage gesprochen.
dig Versammlung in Bargstall erklärte er
' noch folgendes: lieber die Steuerfrage habe
^gesagt, daß keine Steuern aus der Substanz zu
flea seien. In Bezug auf Veidenfleth habe er
n'Z dig dortigen Vorgänge geschildert. Er habe
Iļļ gesagt, daß ein Stück Geschirr ausrutschen
Er habe sogar auf die Strafbarkeit der
fdlung hingewiesen. Die Mistgabeln sollten nur
Auseinanderbringen des brennenden Heus ge-
^ "uchi werden, nicht gegen die Vollziehungsbe-
^îen. Zu dem Worte „Spitzbuben" erklärte er:
ņ? habe hingewiesen auf die Zeit der Kommu-
PUiî n= un ^ Spartakusunruhen und des Kapp-
zf'heg. Wenn die Stadtbevölkerung jetzt in ihrer
(° "nfs Land käme, um zu plündern und zu steh-
dann müßten sich die Bauern dagegen wehren.
Leute seien mit dem Lstorte „Spitzbuben"
stifint. Im Falle der Versammlung in Chri-
lsih fholm erklärte der Angeklagte, daß der Zeuge
. indevorsteher Knutzen-Christiansholm seine
^fagen dem Landjäger gegenüber mehr aus
vor der Autorität des Beamten zu Proto-
f gegeben Hube, diese aber vor Gericht zurück-
Ijjj °' ntlt ett habe. In der Versammlung in Königs-
habe er ebenfalls erklärt, daß die Dauern sich
iw* dig Steuerzahlung aus der Substanz ausleh-
baz wußten, aber nur mit gesetzlichen Mitteln. Er
"icht in versteckter Weise darauf hingewiesen,
!e Deidenflether Vorgänge auch anoerswo
könnten. In der Versammlung in Lohe
von bett Bauernkriegen und den Kämpfen
tiu?"" Eeyers gesprochen. Aber heute könne man
ì'iiri ņņl dem Dreschflegel losschlagen, sondern
dsf legale Mittel anwenden. Diesen Ein-
ö 0r y t " Us seinen Worten habe auch der Eemeinde-
"iästs fs Broderius gewonnen. Die Leute hätten
etļļ o Ģeņaues aussagen können, denn sie seien ja
^^sra Ņîvnate später vernommen worden. Auf
gen des Vorsitzenden erklärte der Angeklagte,
die Zeugen Lehrer Möller, Klempner Strey, Leh
rer Thomsen-Lohs und vor allem Oberlandjäger
LLitthlnrich-Hohn feien feine politischen Gegner.
Darauf wurden die Zeugen — im ganzen 24
— einzeln vernommen. Es handelt sich bei fast
sämtlichen Zeugen um Zuhörer in den Landvolk-
versammlungen in Lohe, Königshügel, Bargstall
und Christiansholm. Die Aussagen der Zeugen
ergeben nichts neues. Die meisten Zeugen können
sich der Vorgänge, weil es 1 Jahr her ist, nicht
mehr genau erinnern. Sie wissen nur, daß Best
mann erklärt habe, Steuern müssen bezahlt wer
den, aber nicht von der Substanz. Zeuge Klemp-
ner Strey-Lohe bemerkte, der Angeklagte Habs zu
erst von Freimaurerei und Judentum gesprochen.
Dann wurde das eigentliche Thema behandelt.
Wenn die Beamten kämen, sollten ein Paar Fuder
Stroh auf den Weg geworfen werden, angezündet
und mit Mistgabeln ausgestreut werden. Dann
könne mal eine Mistforke ausrutschen. Er habe
nicht Veidenfleth als warnendes Beispiel hinge
stellt. Der Zeuge Lehrer Möller-Vargstall war bei
der Landvolkoersammlung in Bargstall zugegen. Er
erklärte u. a., es fei davon gesprochen worden, daß
Notzeiten Notmaßnahmen erforderten. Als Bei
spiel habe er Veidenfleth angeführt. Aus dem
Geschilderten empfand er, daß das Beidenflether
Beispiel in Bargstall Nachahmung finden solle.
Bei dem Worts „Spitzbuben" habe er nicht die
Beamten genannt, aber unmißverständlich sei der
Ausdruck auf die Vollziehungsbeamten gemünzt
gewesen.
Nach Schluß frer Beweisaufnahme erhielt zu
nächst der Verteidiger Rechtsanwalt Weber das
Wort und stellte den Antrag, das Urteil der 1. In
stanz aufzugeben und' den Angeklagten freizuspre
chen. Er führte sodann u. a. aus, daß in Neumün
ster zur Sprache gekommen sei, daß die Regierung
die Landvolkbewegung gefährlicher bezeichnet habe
als die Kommunisten. Die Landvolkbewegung be
trachte sich als staatserhaltend. Die Landvotkbewe-
gung sei der ernsthafteste Bekämpfer oller Verfalls
erscheinungen des heutigen.Systems. Es werde von
den Zeugen in diesem Prozeß verlangt, daß sie
Angaben machen sollten über den Inhalt einer
Rede, die in einer politischen Versammlung vor
einem Jahr stattgefunden hat. Die Zeugen seien in
zwei Parteien gespalten, die einen, die politische
Gegner des Angeklagten seien, die anderen, die es
nicht feien. Es wird dem Angeklagten vorgeworfen,
'daß er sich gegen die Verordnung von 15. 9. 23 ver
gangen haben solle. Es solle der Angeklagte an
gereizt haben auf irgend sine Weiss zur gesetzwidri
gen Nichterfüllung der Steuerpslicht. Die heutige
Verhandlung habe gezeigt, daß gerade diejenigen,
auf die die Rede gemünzt war, sich nicht angereizt
gefühlt hätten. Im Gegenteil, daß der Angeklagte
vor solchen Gesetzwidrigkeiten ausdrücklich gewarnt
habe. Denn selbst der Zeuge Möller habe ausge
führt, daß der Angeklagte auf seine bestimmten
Fragen ihm ausdrücklich bestätigt habe, daß eine
solche Anreizung von ihm (Bestmann) nicht ge
macht sei. In Neumünster wurde dem Angeklagten
vorgeworfen, nach der Versammlung aufgereizt zu'
haben, der Polizei Widerstand zu leisten. Gerade
der Angeklagte habe der Versammlung vorgeschla
gen, eine Kommission zu bilden, utn mit der Stadt
über die Herausgabe der Fahne zu verhandeln.
Es entspreche nicht dem Sinne der Landvokkbewe-
gung und ihrer Führer, zu irgendwelchen Gesetz
widrigkeiten aufzufordern. Es lag auch nicht im
Sinne der völkischen Freiheitsbewegung, aus der
der Angeklagte hervorgegangen ist. Nach dem, was
die heutige Verhandlung gebracht habe, sei nicht
bewiesen, daß der Angeklagte eine Anregung zum
gesetzwidrigen Handeln in ernsthafter Werse seinen
Zuhörern vorgetragen habe, noch weniger, daß er
eine direkte Aufforderung zu gesetzwidrigen An
ordnungen gegeben habe. Ebensowenig sei heute
mit Sicherheit festgestellt worden, daß er wirklich
das Wort „Spitzbuben" auf die Beamten gemünzt
habe bzw. dazu aufgereizt habe, die Beamten mit
Mistgabeln zu bedrohen.
T>er SLaatsartwalt betonte, daß er den
Angeklagten nach dem Ergebnis der heutigen
Verhandlung im Sinne der Anklage für
schuldig halte. Seines Erachtens sei in der
heuttgeu Verhandlung im wesentlichen das
selbe festgestellt, was in der Verhandlung vor
dem Schöffengericht festgestellt sei. Es bestän
den daher keine Bedenken, den Angeklagten
zu verurteilen. Er beantragte, die Berufung
des Angeklagten zu verwerfen.
Sodann nahm der Verteidiger nochmals
das Wort und betonte, er möchte nochmals
darauf hinweisen, daß diejenigen Zeugen, die
sich heute ans ihre erste polizeiliche Verneh-
mung berufen, ausdrücklich gesagt hätten, so
ungefähr möchte es sich zugetragen haben.
Es habe auch keiner dieser Zeugen mit Aus
nahme des Zeugen Möller, der ja auch heute
noch der einzelnen Vorgänge sich genau erin
nern wolle, bestimmte Erinnerungen der Bor
gänge mehr gehabt.
Zum Schluß erhielt der Angeklagte Best
mann das Wort. Da er trotz mehrfacher Mah
nung des Vorsitzenden von der BerhaudlungS-
sache abschweifte und ihm mit Wortentziehung
gedroht wurde, erklärte er: Ich danke dann.
Nach kurzer Beratung verkündet der Vor
sitzende
das Urteil:
Die Bernsnng des Angeklagte» wird auf
seine Kosten verworfen mit der Maßgabe, daß
die Verurteilung rvege« öffentlicher Beleidi
gung wegfällt.
Der Angeklagte hat verstoßen gegen §1 der
Verordnung des Reichspräsidenten vom 15. 9.
23, ebenso gegen § 111 St. G. B. „Anreizung
zu Gewalttätigkeiten". Er solle auch gegen
8 285 St. G. B. wegen Beleidigung verstoßen
haben. Es bestehe die Möglichkeit, daß das
Wort „Spitzbuben" auf wirkliche Spitzbuben
gemünzt sei.
Die Mindeststrafe sei 1 Monat Gefängnis
und eine Geldstrafe. Auf die Mindeststrafe
habe nicht erkannt werden können. Es handle
sich um einen Mann, der mit der Landwirt
schaft nichts zu tun habe. Eine Strafe von 2
Monaten sei daher für angemessen gehalten
worden. Strafen bis zu 3 Monaten könnten
in Geldstrafen umgewandelt werden. Das Ge
richt habe davon nicht Gebrauch gemacht, um
den Angeklagten abzuschrecken, sich auf dieser
Bahn weiter zu betätigen. Außerdem sei auf
200 RM. Geldstrafe bezw. 2 Wochen Gefäng
nis und Veröffentlichung erkannt. Strafmil
dernd, war, daß der Angeklagte aus politischer
Ueberzeugung gehandelt habe. Um y 2 7 Uhr
war die Gerichtsverhandlung beendet."
* Die Liederstunde der katholischen Volks
schule am Sonntagnachmittag in der Aula des
Lyzeums war recht gut besucht. Hauptlehrer
H u ck e ging in seinen Eingangsworten auf
die Bedeutung der Liedpflege ein, die nicht
nur in der Schule, sondern auch im Hause Er
folgen müsse. Eingangs sang der kleine Chor
Duette von Franz Abt unter Klavierbeglei
tung. Vor allem „Surre, surre, Käferlein"
erfreute die Zuhörer in ganz besonderem
Matze. Vom zweiten Teil des Programms
klangen die Volkslieder am frischesten. Man
sah es den Kindern an, wie sehr sie sich selbst
an diesen schönen Weisen begeisterten. Haupt-
lehrer Hucke erbrachte durch die Liederstnnde
den Beweis, daß man auch tnit geringen Mit
teln und mit einem kleinen Kreis Freude um
sich bereiten kann. Rektor Reinke sprach im
Namen aller Zuhörer den Dank für die frohe
Stunde aus.
* Das Postamt teilt uns uiit, daß es aus Si
cherheitsgründen während des Umbaues der Schal
teranlagen notwendig ist, daß die Eingangstüren
zum Postamt gegen 7 Ikhr geschlossen werden. Das
Postamt bittet die Schließsachinhaber, ihre Post
sendungen während der Umbquzeit bis 7.15 Uhr
abzuholen.
* Behandlung aufgefundener Luftballons
mit Wissenschaftlichen Apparaten. Zur Siche-
rmng der Luftfahrt und zu wissenschaftlichen
Zwecken werden von verschiedenen metereolo-
gischen Instituten im Deutschen Reich mittels
Ballons und Drachen Instrumente aufgelas
sen, die die Temperaturen und andere Wet
terelemente sebsttätig aufzeichnen. Die Fin
der solcher Ballons oder Drachen mit Regi-
strierapparaten werden ersucht, die an densel
ben befindlichen Anweisungen genau zu be
folgen. In diesen Anweisungen ist stets die
Drahtanschrift oder der Fernruf des in Frage
kommenden Instituts enthalten. Dem Fin
der werden die Unkosten für die Benachrichti
gung erstattet. Bei richtiger Behandlung der
Instrumente, die genau angegeben wird, er
hält der Finder außerdem eine Belohnung.
Die Ballons, Drachen sowie die mitgeführten
Apparate sind Staatseigentum. Böswillige
Beschädigung oder Entwendung wird straf
rechtlich verfolgt.
Verehrte Frau.
# Letzthin, Bei der Ausführung des Kriegs
stücks „Dis andere Seite", fühlten Sie sich ein
wenig inkommodiert durch dis Nachahmung des
Trommelfeuers am Schluß. Ja ja, dis Nerven!
Und dabei wußten Sie sich zeitlich und räumlich
doch so weit vom Schuß.
Ein ähnlicher Schreck — ich nehme an, daß der
harmlose Unfall des Kamin-Umfalls im ersten
Akt, den die Schauspieler durch Weiterspiel ein
schlössen paralysierten, nicht auf Ihre Gesundheit
geschlagen ist — blieb Ihnen diesmal, bei der
Aufführung des Lustspiels „Am T e e t i s cf)‘§ er
spart.
Statt dessen erlebten Sie und wir alle einen
reizenden Sturm im Glas Wasser, als welches in
diesem Fall das Haus Hugos und Leas anzusehen
ist, während die Erregung des Sturmes von Abel,
dem Dritten im Trifolium am Teetisch, her
kommt. Letzten Endes nur der inneren Ursache
nach, nur bedingt gewollt und insoweit, als er
das Recht zu haben glaubte, Hugo eine Lektion-zu
erteilen. Weit mehr sichtbare Aktivität in der
Sturmerregung entfaltet Hugo, der eifersüchtige
Hausherr.
Zugegeben, daß dieser Junggeselle Abel von
der Harmlosigkeit seines biblischen Namensvetters
nicht viel besitzt und nicht gerade von alttestament-
licher Hirteneinfalt ist, sondern ein geistreichelnder
Flaneur, der Frauen die Köpfe verdreht. Im
Falle Leas aber, dis beider Männer gemeinsam
hofierte filia hospitalis in rosiger Studentenzeit
gewesen, bescheidet er sich mit angängigen
Formen der Verehrung.
Der lustige, von Karl Sloboda stammende
Quirl, in dem es vor allem nicht an der Politur
des Wortes fehlt und in dem die Lust am luftigen
Spiel bis zu einer, wenn ich so sagen darf, gewissen
graziösen Unwirklichkeit gesteigert ist, findet nun
wohl schon an die zehn Jahrs seinen Beifall. Nicht
alle Lustspiele, besonders nicht die vermeintlichen,
entwickeln sich zu zehnjähriger literarischer Dauer
ware.
Sie werden, verehrt« Frau, gewiß darin mir
mir einig fein, daß auch der den Hamburg-Alto-
naer Gästen ob ihres Teetisch-Spiels in unserer
Stadthalls zuteil gewordene Beisall wohlverdient
war. Eine Kabinettleistung der Hugo des Kurt
Geldes. Nicht wahr? Diese Palette von Cha
rakterisierungskunst an dem hypernervösen „Ren-
tabilitäts-Menschen", den er darzustellen hatte!
Wie köstlich der Umschwung seiner Stimmungen
in das Gefühl der Freude darüber, daß Abel lebt
und an seinem Donnerstag wieder zum Tee kom
men wird! Karl W ü st e n h a g s n s breite
Akännlichkeit, feine sympathische Stimme mit dem
metallisch klingenden Untertan, seine. Kunst des
Sprechens, überhaupt seine ganze Künstlerschaft
waren an die Rolle des Abel verwandt, dieser
Existenz, die eine Luftspiegelung scheint, und die
ses Bruders Leichtfuß, der aber doch die Erkennt
nis des verpfuschten Lebens hat. Eine kleine Stil-
widrigkeit nur: ein arbiter elegantiarum wird ein
zig und allein im Hausrock auf dem Ruhesofa aus
gestreckt liegen, und nicht im Straßenrock. Und Lea,
der, verglichen nrit den beiden Männern, eins mehr
passive Rolle zufällt? Je nun, sie wurde mit An
stand und Geschmack durch Lotte Klein vom
Altonaer Stadttheater dargestellt. Doch möchte
ich wetten, daß Sie, Geschätzte, zum Vergleich auch
gern einmal die Hertha Windschild aus Hamburg,
die vor einiger Zeit hier eine Probe der Salon-
dame gab, in dieser Rolle sehen, möchten.
Der Theaterzug, der bereitgehaster' war, wird
diesmal wohl nicht allzusehr besetzt gewesen sein,
nach den Lücken im Theater zu schließen.
Sie haben recht, — es 'floß das kürzlich in
unsere Unterhaltung ein — es ist verdrießlich, daß
man über Fußspitzen balancieren muß, um an
seinen Platz in der Stuhlreihe zu gelangen. Beide
Teile führen besser, wenn man sich bemüßigt sehen
wollte, aufzustehen, um Platz zu machen.
Vis zum Wiedertreffen einen schönen Gruß?
- Ihr ergebener
* d 3.
Schleswig-Holstein.
3« h§m nationalsozialistischen
Einspruch gegen die SLaaLsratswahl.
Altona, 27. Jan. Der Vorsitzende des Schles
wig-Holsteinischen Provinziallandtages, der Alto
naer Oberbürgermeister Brauer, gibt, nach Rück
sprache mit dem Landeshauptmann Pahlk«, zu dem
nationalsozialistischen Wahleinspruch folgende Er
klärung ab: Die Nichtbeachtung der Verspätung
des Wahlvorschlages der Kommunisten erklärt sich
daraus, daß eine Vorprüfung durch die Provinzial-
verwaltung die Ordnungsmäßigkeit der Vorschläge
ergeben habe, während die Provinzialverwaltung
erwartet hatte, daß der Wahlvorstand bei der ihm
obliegenden Prüfung die auf dem Wahlvorschlag
vermerkte verspätete Einreichung ohne weiteres er
kennen würde. Es liegt daher weder ein Versehen,
noch eine falsche Bestätigung seitens der Provin
zialverwaltung, sondern ein Mißverständnis vor.
Mm ösm fsmfe timtebutg.
rp. Hoheuwestedt, 24. Jan. Immerwähren
der Kalender! Der interessante Artikel „Eisenbahn
und Kalenderreform" in Nr. 20 dieser Zeitung
wies von neuem auf die jo viesseitig gewünschte
Lösung des Problems des „ewigen Kalenders" hin.
Ein Gegenstand in unserem Heimatmuseum, näm
lich eine „holländische Dose" aus dem Iah« 1482,
zeigt einen geradezu geistreich und dabei verblüf-
feitd eiufach angeordneten immerwährenden Ka
lender mit julianischer und gregorianischer Da
tierung,. Also das Streben, den Kalender ein
facher zu gestalten, ist alt. Die Dose ist aus Alcf-
iing gearbeitet und die Darstellungen getriebeit.
Da andere Dosen dieser Art Szenen aus dem täg
lichen Leben zeigen, auch biblische Darstellungen
bringen, so muß man ihnen einen kulturgeschichi-
lichen oder künstlerüchen Wert zumessen. Als
„Iserlohner Dosen" treten sie erst mit der zweiten
Hälfte des 18. Jahrhunderts auf. verberrlichen in
ihren Darstellungen Friedrich den Großen und
seine Taten, namentlich die des siebenjährigen
Krieges. Später treten andere Darstellungen auf,
Allegorien auf Gewerbe und Handel, Jagdszenen
usw. Ob nun ein Meister aus Holland ausge
wandert ist nach Iserlohn, oder ob deutsche Gelb
gießer und Graveure in Holland die Kunst der
Stichelführung erlernt baden und als tüchtige
Handwerksmeister in die Heimat zurückgekehrt sind,
ist nicht klar nachzuweisen, wenn auch feststeht,
daß die mit Iserlohn bezeichneten Dosen holländisch
sind. Das Verbreiiungsgebiet der Iserlohner
Dosen war Mittel- und Norddeutschland, Däne
mark, Norwegen und Schweden und zwar i» aus
giebigem Maße. Tie größte Länge der Dosen