Full text: Newspaper volume (1914, Bd. 1)

Griechenland, der vor einigen Tagen in Budapest 
weilte, mutzte die drakonische Strenge der ungari 
schen Regierung am eigenen Leibe erfahren. Die 
berühmte, oder besser gesagt, die berüchtigte Par 
lamentswache wollte ihm den Eintritt in das 
Parlamentsgebäude verwehren, glücklicherweise ist 
es aber den Begleitern des Kronprinzen gelun 
gen, die Wache von der llngefährlichkeit des hohen 
Gastes zu überzeugen und so konnte der Kronprinz 
die Stätte besichtigen, die den Weltrekord der 
Skandalafsüren in einem Siegeszuge gebrochen 
hat. Offenbar der verweigerte Einlatz in den 
Palast am Donaukai gab dem Kronprinzen An 
latz, bei dem Dejeuner im Nationalkasino die fol 
gende nette Geschichte zu erzählen: Die Kaiserin 
Elisabeth von Oesterreich, die mit der Königin 
Olga von Griechenland herzlich befreundet war, 
kam eines Tages unangemeldet aus Korfu nach 
Athen und wollte die Königin besuchen. Da sie 
aber inkognito reiste, wurde ihr der Einlatz in 
dem Schloß von dem diensthabenden Soldaten ver 
weigert. Die Kaiserin, die fliehend griechisch 
sprach, setzte dem Soldaten auseinander, datz sie 
die Königin dringend sprechen möchte, da sie noch 
heute nach Korfu zurückkehren will. „Ja, gute 
Frau" — erwiderte der Soldat, — „da ist es schon 
besser, wenn Ihr sofort heimkehrt; denn zur Kö 
nigin kann man nur auf einer sehr umständlichen 
Weise vorgelassen werden und das dauert sechs 
Wochen und noch länger. Mancher erlebt's über 
haupt nicht," philosophierte die Wache weiter, aber 
in diesem Augenblick fuhr ein offener Wagen, in 
dem eine Dame satz, durch den Burghof. „Olga!" 
— hörte man rufen, der Wagen hielt, die Königin 
sprang aus und umarmte die Kaiserin Elisabeth. 
— Das erzählte der Kronprinz von Griechenland. 
Wir wissen nicht, ob er mit der Anekdote auf den 
verweigerten Einlaß im Parlament anspielen 
wollte, ebensowenig, wie er eine Bemerkung über 
jene Hüter des ungarischen Parlaments machte, 
die nicht nur griechischen Kronprinzen den Eintritt 
verweigern, sondern auch ungarische Parlamen 
tarier mit Gewalt aus dem Abgeordnetenhause 
hinauswerfen. 
Karlftadi, 21. Febr. Eine ZigarrenfaSrik 
niedergebrannt. In der hiesigen Zigarrenfabrik 
brach heute morgen im Trockenboden Feuer aus, 
das an dem aufgespeicherten Tabak und Zigarren 
vorräten reiche Nahrung fand. Das große Ge 
bäude brannte bis auf die Umfassungsmauern 
nieder. Der Schaden ist beträchtlich. Das Ge 
bäude soll sofort wieder errichtet werden, damit 
die Arbeiter nicht solange brotlos sind. 
Das Ende des Vercmalvergifteten. Wie wir 
berichten, ist in das Neapeler Spital ein Oester- 
reicher namens Eigale eingeliefert worden, der 
in selbstmörderischer Absicht Veronal genommen 
hatte. Das Gift hatte bei dem Lebensmüden den 
seltsamen Erfolg, datz er bei normalem Puls und 
normaler Atmung in einen Schlaf verfiel, der 
14 Tage andauerte. Gestern jedoch ist Eigale im 
Spital gestorben. 
Irslte«. 
Rom, 21. Febr. Eisenbahnunglück in Italien. 
Der von Turin kommende Schnellzug ist bei 
Erosseto in der Landschaft Toscana mit einem 
Eüterzug zusammengestoßen. Dabei wurden zwei 
Reisende getötet, sechs andere schwer verletzt. 
Rußland. 
Petersburg, 21. Febr. Regulierung des russi 
schen Ectreidehandels. Der neue Finanzminister 
P. S. Bark will den russischen Eetreidehandel, der 
ziemlich desorganisiert ist, neu regulieren. Sein 
Plan geht dahin, eine Getreidehandelsabteilung 
in der Reichsbank zu errichten. Die Bank wurde 
aufgefordert, einige Abteilungen einzurichten, die 
das ganze Getreidegeschäft konzentrieren und leiten 
sollen. 
Petersburg, 20. Febr. Hungerstreik im Ge 
fängnis. Im Gefängnis zu Baku traten die poli 
tischen Gefangenen vor sechs Tagen in einen 
Hungerstreik. Bisher hat keiner der Gefangenen 
Speise oder Trank zu sich genommen und man be 
fürchtet, datz einige Hungers sterben werden. Der 
Stadthauptmann ordnete die s zwangsweise Er 
nährung der Gefangenen am, die zu dem verzwei 
felten Hilfsmittel griffen, mwil sie die schlechte Be 
handlung durch die Eefämgnisverwaltung nicht 
länger ertragen und die Entlassung des Gefäng 
nischefs durchsetzen wollen. 
Wien, 21. Febr. Ein Wiener Anwalt ver 
haftet. Gestern ist der Hof- und Eerichtsadvokat 
Dr. Robert Glauber unter der Anschuldigung der 
Veruntreuung von Klienten- und Mündelgeldern 
verhaftet worden. Dieser Verhaftung folgt die 
Streichung Glaubers aus der Lifte der Advokaten. 
Dr. Robert Glauber war etwa 15 Jahre Hof- und 
Eerichtsadvokat, befaß eine sehr luxuriös einge 
richtete Kanzlei und zählte früher zu seiner Klien 
tel sehr viel Kavaliere und Geldgeber. 
— Das neue Rerchsmarineamt. Die obersten 
Marinebehörden des Deutschen Reiches, die bisher 
in zehn Gebäuden in Berlin verteilt waren, ha 
ben nunmehr ein eigenes neues Heim. Es ist für 
das Reichsmarineamt, den Admiralstab und das 
Marinekabinett ein ihrer Bedeutung würdiges 
neues Dienstgebäude errichtet worden. Es liegt 
zwischen der Königin-Augustastratze und der Bend- 
lerstratze und umsaht ein Grundstück von 20 360 
Quadratmetern. Im Ganzen sind 1140 Räume 
geschaffen worden. Die Fassade ist in einfachen 
vornehmen Formen gehalten unter Vermeidung 
jedes überflüssigen Schmuckes. Der Bau gruppiert 
sich um 25 Höfe, woraus man sich ein lebhaftes 
Bild von seiner Größe machen kann. Alle Er 
rungenschaften der modernen Baukunst sind darin 
zur Verwendung gekommen. Die Bauzeit begann 
im Juli 1011. Im Herbst 1913 konnten bereits 
einzelne Räume bezogen werden. Die Eesamt- 
kosten, Grundstück, Vausumme und innere Einrich 
tung, belaufen sich auf 13 935 000 Ji. Die Pläne 
stammten von den Architekten Reinhardt und 
Sützenguth. 
Der Kämmerer gegen den Oberbürgermeister 
von Berlin. In der Berliner Stadtverordneten 
sitzung am Donnerstag .fügte der Stadtkämmerer 
Bötz der Feststellung, daß die allgemeine Fi 
nanzlage ungünstig sei, die Klage hinzu, datz die 
besondere Lage des Etats für 1914 gedrückt fei 
durch die kostspieligen Unternehmun 
gen, die die Stadt mit einer gewissen Plötz 
lichkeit im letzten Jahre beschlossen habe. Das 
Leitmotiv der ganzen Rede war die Klage, datz 
man Geld reichlich auszugeben verfte- 
he, und die Mahnung zu größerer Spar 
samkeit, die an manchen Stellen der Rede 
geradezu den Charakter einer Anklage gegen 
die neuere Politik der städtischen Kör 
perschaften annahm. Der Kämmerer ver 
urteilte den neuen frischen Kurs, der jetzt im Rat 
haus herrscht. Das Vorgehen des Stadtkämme 
rers erregte Aufsehen, und man ist gespannt, wie 
sich. in der nächsten Versammlung die Parteien 
und der Oberbürgermeister dazu stellen. 
Berlin, 20. Febr. Sieben Monate Gefängnis 
für einen Lcibgardehufar. Das Kriegsgericht der 
Earde-Kavalleriedivisiün in Potsdam unter dem 
Vorsitz des Majors v. Tfchirschky verhandelte heute 
wegen Ungehorsams und Verleitung zum Unge 
horsam gegen den Leibgardehusar Willi Dunkel 
des Leibgardehusaren-Regiments in Potsdam. Die 
Anklage warf dem Beschuldigten vor, in einem 
wegen seines homosexuellen Verkehrs für Militär- 
personen verbotenen Lokal in der Bärwaldstratze 
in Berlin verkehrt zu haben. Der Angeklagte soll 
in diesem Lokal bewirtet worden sein und auch 
von dem dort verkehrenden Publikum Geld ange 
nommen haben. Das Urteil lautete auf sieben 
Monate Gefängnis. 
Berlin, 20. Febr. Verhaftung eines Kredit- 
schwindlers. Die Vermutung, daß sich der Schloß- 
Herr von Biensgenau bei Meran, der, wie berich 
tet, mit seiner in Bozen verhafteten Ehefrau große 
Kreditschwindeleien verübte, nach Berlin gewandt 
habe, hat sich rasch bestätigt. Der Flüchtige "ist 
heute in Berlin ergriffen worden. Gleichzeitig 
konnte die Persönlichkeit des Verhafteten in über 
raschender Weife aufgeklärt werden. Der Meraner 
Schloßherr Hans von Beskow ist nicht der Sohn 
eines Berliner Mietskutschers, sondern der 1860 
zu Potsdam geborene einzige Sohn des Gutsbe 
sitzers von Beskow. Hans von Beskow war Offi 
zier, nahm aber nach dem Tode seines Vaters den 
Abschied, um fein beträchtliches Erbe anzutreten. 
— Bald stellte sich jedoch heraus, datz der Gutsbe 
sitzer einen Vermögensverwalter bestellt hatte und 
der Sohn nur die Nutznießung des Vermögens er 
halten sollte. Dies bedeutete für den flotten 
Grandseigneur eine arge Enttäuschung. Er begab 
sich auf Reisen und erschien in Berlin nur zeit 
weilig, um beim Vermögensverwalter sein Depot 
abzuheben. 
Solingen, 21. Jan. Sozialdemokratische Ge 
richtsbarkeit. Zu dem Ausschluß ihrer Verbands 
beamten Braun, Eckardt, Ern und Witte, aus der 
sozialdemokratischen Partei, nahm heute eine von 
etwa 1200 Mitgliedern besuchte Versammlung des 
Solinger Jnduftriearbeiterverbandes Stellung. 
Die Versammlung bereitete den Führern der Par 
tei, insbesondere dem Reichstagsabgeordneten 
Dittmann, der den Kampf gegen den parteipolitisch 
„unzuverlässigen" Jndustriearbeiterverband einge 
teilet hat, eine glatte Niederlage. Das von Ditt 
mann geleitete sozialdemokratische Blatt hatte die 
Mitglieder des Jnduftriearbeiterverbandes aufge 
fordert, „diesem Skandal ein Ende zü machen", 
und ihre Führer über Bord zu werfen; das Ergeb 
nis dieser Aufforderung war, datz sich etwa 20—25 
Mitglieder des Jnduftriearbeiterverbandes heute 
gegen ihre Führer erklärten, während die große 
Mehrheit der Anwesenden den aus der Partei aus 
geschlossenen Gewerkschaftsführern ihr volles Ver 
trauen ausfprach. Das, was die Ausgeschlossenen 
getan, ihre Angriffe auf einige Parteigrötzen, das 
fei, so heißt es in der Entschließung der Versamm 
lung, die natürliche Folge der ständigen Angriffe 
des sozialdemokratischen Blattes und des Unrechts, 
das von dem Blatte unter Billigung der Partei- 
instanzen dem Jndustriearbeiterverband zugefügt 
worden sei. So lange dies Unrecht weiter bestehe 
und keine Gewähr dafür vorhanden sei, datz in der 
sozialdemokratischen Partei noch Gerechtigkeit ob 
walte, habe die Versammlung keinen Grund, von 
ihren Führern zu verlangen, datz sie eine andere 
Stellung einnehmen müßten. Interessant war, 
was der Berichterstatter Mertens und nach ihm 
einer der Ausgeschlossenen, Witte, über die „son 
derbare Gerichtsbarkeit in der sozialdemokratischen 
Partei" mitteilten: Der „Eröffnungsbeschlutz" in 
dem Ausschlutzverfahren sei den „Angeklagten" 
am 10. Dezember zugestellt worden, acht Tage 
vorher sei aber schon im „Vorwärts" und in 
dem Blatte des Niederrheinischen Agitationskomi 
tees das Urteil gegen sie veröffent 
licht worden. Das Urteil habe also, als der 
Termin zur Hauptverhandlung kam, schon fix und 
fertig vorgelegen. Da wettere man, meinte Mer 
tens, gegen angebliche Kabinettjustiz in der bür 
gerlichen Gesellschaftsordnung, die schlimmste Ju 
stiz dieser Art treibe aber die Partei. Nur drei 
Redner fanden sich in der vierstündigen Ausspra 
che, die die Parteiführer in Schutz nahmen in 
Sorge um das Solinger Reichstagsmandat. Dem 
gegenüber erklärten mehrere Redner, daß es gleich 
gültig fei, ob Scheidemann oder ein Bürgerlicher 
den Solinger Kreis vertrete, denn die Partei be 
kämpfe ja die Solinger Gewerkschaften. Schwere 
Vorwürfe erhob u. a. auch der Stadtverordnete 
Brückenhaus gegen die Parteiführer, wer von 
ihnen Gerechtigkeit fordere, werde bekämpft. 
Worms, 21. Febr. Bluttat eines Schülers. 
In dem Stadtteil Worms-Hochheim kam es gestern 
zu einer folgenschweren Messerstecherei. Aus nich 
tigen Gründen gerieten zwei dreizehnjährige Schü 
ler beim Fußballspiel miteinander in Streit. 
Einer von ihnen, der als Tunichtgut bekannt ist, 
zog fern Taschenmesser und stach damit blrndlrnB 
-auf seinen Gegner ein. Nach einem Stich in o 
linke Bruftseite brach dieser zusammen und mutz 
blutüberströmt nach dem Krankenhaus gebrap 
werden. Dort erlag er in der Nacht seinen schşş 
ren Verletzungen. 
Pantoffelrevolrrtron in Kirfchroth. ™ 
„Kreuznachcr Anzeiger" haben die „Jungen Herren 
des Dorfes Kirfchroth folgende Erklärung erlasse^ 
„Der Jungfrancnvercin hatte zu seiner Weihnacht' 
seier alle jungen Herren eingxladen. Sie erschien^ 
in corpore. Leider hatte einer von uns da 
Malheur, infolge des Glatteises zu fallen und W 
nen Anzug zu beschmutzen. Daraufhin erklärten in 
Damen, wir seien allesamt betrunken und iviest 
uns zurück. Trotz unseres Protestes wiederholte 
die Damen ihre Entscheidung, so daß die junge 
Herren nun gemeinsam den Saal verließen. 
mit es nicht aussieht, als gäben wir uns gesş,' 
gen, rufen wir hierdurch die Ocffentlichkeit an. 
Obwohl es ja immerhin doch möglich erscheint, &?p 
diese „jungen Herren" es als nötig ansahen, lļ 
für die jungfräuliche Weihnachtsfeier vorher etwa 
allzusehr zu stärken, möchte man den Kirschrot^ 
Jungfrauen doch empfehlen, sich möglichst entgest"' 
kommend zu zeigen, da sonst die Konkurrenz ŗ 
Jungfrauenvereine der Nachbardörfer unerwûnşş 
heftig und die alten Jungfrauen in Kirfchroth 
zu zahlreich werden dürften. Unter den Pantosi 
können sie die „jungen Herren" ja immer noch 6 
kommen. 
Bayreuth, 21. Febr. Wegen Beleidigung ^ 
bayerischen Offizierkorps wurde auf Antrag 
bayerischen Kriegsministers gegen den vera^ 
wörtlichen Redakteur der hiesigen sozialdemokrşş 
scheu „Fränkischen Volkstribüne" ein Straft^ 
fahren eingeleitet. In den Räumen des Blatts 
wurde von Kriminalbeamten eine HausfuchĶ 
vorgenommen, um die inkriminierte Nummer 3 
beschlagnahmen. Es wurde jedoch keine Nunust 
mehr vorgefunden. Es handelt sich um einen * 
dem genannten Blatt am 28. Januar erschienene 
Artikel „Herrenmenschen", in dem ein mit 91*1. 
peitsche, Sporen und Säbel daherkommender şş/ 
zier lächerlich gemacht wird. Wie die „Fränki 
Volkstribüne" mitteilt, entstammt der Artikel ^ 
ner Korrespondenz und war bereits in verschieb, 
nen anderen Blättern an mehreren Orten Deut! > 
lands unbeanstandet veröffentlicht worden. _ . 
Dortmund, 21. Febr. DeiàalsbefchädigŞ 
in Eving (Westfalen). In der vergangenen 
ist im benachbarten Eving ein im vorigen Jlw 
errichtetes Kriegerdenkmal von unbekannten T 
tern arg beschädigt worden. Von dem Denkw ' 
-das einen feldmarschmäßig ausgerüsteten Soldat 
darstellt, wurde das Gewehr abgeschlagen und 5 
stückelt. Dann wurden an der Ehausseestratze M* 
rere Akazienbäume umgehauen und verschied* 
Eartentore ausgehängt und zertrümmert. " 
den Tätern fehlt noch jede Spur. 
Hannover, 21. Febr. Der neue StadtoK ^ 
meifier von Hannover. Die städtischen Kollegm 
Wählten heute vormittag in vertraulicher Sitzşş 
Professor Dr. German Bestelmayer zum Stadtb^' 
meister in Hannover. Der Gewählte ist zur-3*' 
Professor an der Akademie der bildenden Küntz 
und an der Technischen Hochschule in Dresde 
Professor Bestelmayer gehört der München 
Schule an und hat sich neuerdings erfolgreich " 
dem Wettbewerb für die Neue Eemälde-Gale" 
in Dresden beteiligt. 
Stettin, 21. Febr. Ein Stettiner Oberle 
verschwunden. Oberlehrer Dr. Ulrich Priebe 
»ult 
Marienstiftsgymnasium ist wegen Sittlichkeitsv 
fshlungen an Schülern aus Stettin verschwund* 
Stuttgart, 20. Febr. Erhöhung der württst, 
bergischen ĢeMeindcsteuern. Der württembest 
sche Landtag genehmigte heute das Gesetz 
betn 
die Gemeindesteuern. Bisher dursten -die St« 
50 Prozent der städtischen Einkommensteuer ^ 
heben. Dieser Satz ist durch das neue Gesetz 11 
65 Prozent ohne besondere staatliche Genehmig"^ 
und auf 75 Prozent mit staatlicher Genehmig" ' 
erhöht worden. 
An diesem Nachmittag brachte Müller et 
wa zwei Stunden in Erlachs Besitz zu. 
Als er dann wieder über die Heide ging, 
wußte er soviel, wie er zuvor gewußt hatte. Aber 
etwas hatte er doch gefunden — und zwar in 
der Lade einer Kommode, die in dem Zimmer 
stand, das die Tonner bewohnt hatte. 
Diese Lade enthielt alle Zeitungen, datiert 
bis fast zur Zeit des Eintretens der merkwürdi 
gen Katastrophe. 
' Frau Tonner hatte sie gesammelt und in 
jener Lade aufbewahrt. 
Als Müller die Lade auszog, bemerkte er 
ein Endchen bunten Stoffes, der zwischen den Zei 
tungen hervorschaute. 
Er nahm das Papier weg und hatte eine 
Krawatte auffallend gemusterter, leichter Seide 
von der Art, w-ie sie Stutzer der unteren Volks 
schichten tragen. 
Offenbar war sie in Eile unter die Zeitungen 
geschoben worden, denn sie war ganz verdruckt. 
Ganz unten war sie hineingeschobrn wor 
den. Hatte die Tonner sie verbergen wollen? 
Davon, hast sie mit Bedacht dorthin gebracht 
worden sei, war keine Rede, denn Therese Ton 
ner war, bas wußte Müller, sehr ordentlich. 
Warum also hatte sie die Krawatte unter 
die alten Zeitungen geschoben'? — Und warum? 
■— Und weshalb war sie tzo überhastig dabei vor 
gegangen? War die Krawatte etwa zur Zeit 
von Erlachs Verschwinden in jene Lade unter die 
alten Zeitungen gestopft worden? 
Bei dieser Frage blieb Müller stehen. Er 
überlegte: Das oberste Zeitungsblatt war vom 
8. September. Erlach war nun in der Nacht vom 
9. zum 10. September verschwunden. Die Num 
mer vom 9. September lag in seinem Wohn 
zimmer. Diese Nummer hätte Frau Tonner, wä 
re nichts 'dazwischen gekommen, am 10. gelesen 
und dann zu den übrigen Zeitungen gelegt, wie 
sie es mit allen anderen Nummern getan hatte. 
Aber am 10. dachte sie nicht ans Zeitung 
lesen, da räumte sie auch nicht mehr auf. Das 
heißt, ihr Zimmer war wohl in Ordnung, nicht 
aber die beiden Zimmer Erlachs und die Küche, 
in der noch gebrauchtes Geschirr umherstand. 
Müller wußte auch, daß Frau Tonner vom 
Morgen an bis zu ihrem Verlassen des grünen 
Hauses nicht mehr allein gewesen war. 
Nur um ihren Koffer packen zu können, war 
sie noch einmal in ihr Zimmer zurückgekehrt, da 
aber war der Gendarm mitgegangen. 
. Die Tonner hatte in Gegenwart des Mannes 
ihre wenigen Habseligkeiten in den Koffer gelegt. 
Sie war dabei sehr erregt gewesen. 
Frau Tonner und Kern haften den Koffer 
dann in die Gärtnerwohnung getragen, wo fte 
sich dann bis gegen Abend aufhielt, bis Till 
Zeit hatte, ihr den Koffer bis zur Bahn zu brin 
gen. Natürlich war das Haus vorher von der 
Kommission abgeschlossen worden. 
Die Tonner hatte nicht mehr hinein gekonnt, 
um die Krawatte zu holen, die sie im Zustande 
der Seelenruhe bei ihrer Pedanterie niemals in 
jene Lade und am allerwenigsten so in jene Lade 
getan hätte und die sie — wenn sie noch Zeit 
gehabt, wieder seelenruhig zu werden — zweifel 
los bemerkt und wieder herausgenommen hätte. 
Aber diese hatte ihr gefehlt, und zwar mußte 
sie ihr zwischen dem Morgen des 10. Septem 
ber und dem Erscheinen der Kommission gefehlt 
haben. 
Diese Herrenkrawatte war bestimmt in jener 
„schrecklichen" Nacht bei der Tonner zurückgeblie 
ben. 
Sie hatte wahrscheinlich schon an dem 
Abend, der jener Nacht vorherging, Besuch ge 
habt. 
Diesbezüglich hatte Müller in d-er Küche einen 
Beweis gesunden. 
(Fortsetzung folgt.) 
Meiŗs FrNMeLĶ» 
— „Studenten sind fidele Brüder . . Eine 
klassische Geschichte vorn alten guten Studenten- 
Pump erzählt die Straßburger Post aus der 
hessischen Musenstadt Gießen. Hatte dort ein bier- 
ehrlicher Philister einem Bruder Studio das 
Sünrmlein von 200 Mt. geliehen und mußte 
nun bittere Klagen seiner besseren Eh-ehälfte tag 
aus, tagein anhören, weil der biedere Bursch 
die Universität gewechselt hatte, — ohne den 
Pump zu begleichen. „Immer leiser ward sein 
Schlummer, immer größer ward sein Kummer," 
die Predigten wollten lein Ende nehmen. Da 
verfällt der Arme auf einen ihm genial erschei 
nenden Ausweg, um die häusliche Ruhe und 
den gefährdeten Frieden zu sichern. Er sendet 
dem Musensohn, dessen Adresse er glücklich aus 
findig gemacht hat, die Summe von 200 Mt. 
und verspricht ihm Erlaß seiner Schuld, sofern 
er ihm nur mit einem feierlichen Brief die ge 
sandten 200 Mt. umgehend zurückschickt, damit 
sein „Hausdrache" beruhigt und überzeugt wird, 
daß „er" sich dock nicht getäuscht hat und nicht 
der Dumme war. Der Erfolg ist ein ungeahnter. 
Schon am übernächsten Tage kommt der Geld- 
briefträger Mit 100 Mt. und im Begleitbrief 
steht zu lesen, daß der Rest „baldigst" nachfolgen 
werde. Die treue Gattin aber soll Tränen der 
Rührung und Freude über den ehrlichen Stu 
denten vergossen haben, während ihr Gemahl vor 
sichtigerweise sein Wissen für sich- behielt und- sich 
solo hinter dem Ohre kratzte. 
— Der Palast von Durazzo, die künftige Re 
sidenz des Fürsten von Albanien. Sobald Prinz 
Wilhelm zu Wied sich entschieden hatte, die l ļi 
angebotene Krone des durch den Willen der 6" 
mächte geschaffenen Fürstentums Albanien 
nehmen, erhielt ein Architekt den Auftrag, ^ 
Kaserne in Durazzo zur Aufnahme für ihn " ' 
seine Familie in wohnlichen Stand zu setzen. ^ 
jetzt vorliegenden Nachrichten aus der künft^ 
albanischen Hauptstadt stand der Architekt, 
schreibt die „N. E. C.", vor einer nicht leicht^ 
lösenden Ausgabe. Denn das Gebäude befandst 
in einem erbarmungswürdigen Zustande und . 
den ersten Blick schien es kaum möglich, es in 
fürstlichen Palast umzuwandeln. Das Dach 
vollständig und in den einzelnen Stockwerken 
der Fußboden derart beschädigt, daß sie mit 
untereinander verbunden werden konnten. ^ 
einzige Treppe war vorhanden und das E* 
schoß besaß keine Fenster. Von Wasserleitung " j 
Selbstverständlich^ 
sonstigen hygienischen 
keine Spur. Aber der Architekt ging tapfer Ģ t 
Werk, warb 200 Arbeiter und beschleunigte ļļķ 
Tätigkeit derart, daß jetzt 60 Zimmer fertiggest^ 
sind. Sie sind ohne besonderen Luxus, aber " » 
durchaus behaglich ausgestattet und der Fürst ^ 
die Fürstin von Albanien werden nicht aus * 
westeuropäischen Komfort, den sie gewöhnt 
zu verzichten haben. Der ganze Palast ist 
elektrischem Licht versehen und auch ein Perft" ^ 
aufzug ist da, der bis ins oberste Stockwerk Pu m 
fahren kann, wo für die allen schönen Künsten ķ 
getane Fürstin Sophie ein Atelier eingerichtet^ 
Daß Durazzo -dem Fürsten und der Fürstin j, 
Albanien nur während des Winters zum 
enthalt dienen wird, ist an dieser Stelle schobst ^ 
her erwähnt worden. Für die Sommermona j. 
denen die Malaria ein Verweilen an der 
ausschließt, ist das höher und lustiger 8* 1 y 
Tirana als Residenz in Aussicht genommen- 
Auf 
find 
maf! 
ders 
àrz 
Ber, 
diftf 
fion« 
turb 
nieu 
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Cchn 
Mast 
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Land 
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Köln 
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