Full text: Newspaper volume (1899, Bd. 1)

HägLich erscheinendes WLatt. 
(Außer an Sonn- und Festtagen.) 
Meudsburger M Wochenblaļļ. 
AeLtrstes und Krleseustrs KLatt im Kreise Reudsvurg. 
Bei Betriebsstörungen 
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■tttd. Postprovision re., jedoch ohne Bestellgeld. « - „Der Landwirth" 
N2 şirŗ I uŗuņAş (Zeitschrift für die politischen n. socialen Interessen 
IņşertionSprcis: pro Petitzeile 15 
der Landwirthschaft) gratis beigegeben. 
Mo. 141. 
Dienstag, öen 19. Juni 
1899. 
Mm Mnittnienl 
auf daê ņene lķ. Quartal pro 
laden hierdurch unsere Freunde und Leser 
höflichst ein. Der Preis des Blattes ist 
unverändert 2 Mk. 65 Pf. incl. Post 
gebühr und Postprovision\ 2 WEk„ wenn 
das Blatt hier abgeholt wird. 
Die Expedition 
des Rendsburger Wochenblattes. 
MssgeN-BeitichLs 
Köln, 18. Imst. Der „Köln. Ztg." 
Zufolge ist die Abrüstungskommission der 
Friedenskonferenz in ihren Arbeiten voll 
ständig gescheitert. Die amtlichen Mitthei 
lungen an die Presse über die Arbeiten der 
Unterkommission sprechen zwar von An 
nahme einiger Anträge durch Stimmen 
mehrheit, aber durch diese Mehrheitsbe 
schlüsse ist nichts erreicht, da in den Voll 
versammlungen die Anträge einstimmig an 
genommen werden müssen. Das Blatt ver 
sichert, diese Einstimmigkeit werde für keine 
einzige dieser Fragen erreicht werden. 
Paris, 18. Juni. Hiesige Zàngen 
berichten aus Praetoria: Die Buren sind 
sehr erregt, weil sie stündlich ein Ultimatum 
Englands an Krüger erivarten. Sollte ir 
gend ein Memorandum an Transvaal ge 
richtet werden, so wird es abgelehnt und 
demnach der Krieg sofort entbrennen. 
B ru n sb ütt e l k o o g, 
Jacht, außer Wettbetàb, an der Regatta 
bis zum Ende Theist Das Regatta-Kvnntee 
hat der schwierigen Gewinnrechnung wegen 
die Publikation des Resultates zunächst ver 
tagt. Ernsthafte Zwischenfälle sind bei dem 
Segeln nicht vorgekommen. 
Be r l i n, 18. Juni. Der Kaiser hat 
vor seiner Abreise von Berlin, eine große 
Zahl von Neuordnungen in den höheren 
Ksmmandostelļen der Armee vollzogen. Es 
sind u. A. ein Generallieutnant und neun 
Generalmajsrs in Genehmigung ihrer Ab 
schiedsgesuche mit Pension zur Dispositon 
gestellt worden. Ferner sind 3 Obersten 
und 2 Regimentskommandeure in Jnakti- 
vität versetzt. 
Berlin, 18. Juni. Bei der Lohnzah 
lung am gestrigen Sonnabend-Abend ist 
weiteren 1000 Maurern mitgetheilt wor 
den, daß sie morgen, Montag, früh nicht 
zur Arveit konnnen brauchen. Es verbleiben 
am Montag dann nur nod) etwa 700 
Maurer in Arbeit. Nach einer Umfrage bei 
den Bauarbeitern erhielten auch ca. 1500 
Zimmerer gestern Feierabend, weil für sie 
keine Arbeit vorhanden ist. Die Zahl der 
Arbeitgeber, welche -am Montag arbeiten 
lassen, ist eine äußerst minimale. 
Berlin, 18. Juni. Der General 
streik der Maurer, welcher Freitag-Abend 
proklamirt wurde, ist heute Vormittag zur 
Thatsache geworden. Der Andrang der 
Maurer zu den Streikbureaus war ein 
außerordentlich starker. Nach vorläufiger 
furchtbare Femîsbrmist gänzlich einge 
äschert worden. Das Feuer war an allen 
Ecken angelegt. Das Elend ist entsetzlich: 
500 Familien sind obdachlos. 8 Personen 
werden vermißt. 
Lissabon, 18. Juni. Gestern Abend 
hat ein großes Galadiner der portugiesischen 
Marineoffiziere zu Ehren der Offiziere des 
hier vor Anker liegenden französischen Ge 
schwaders stattgefunden. Dem Diner folgte 
ein Ball. — Der König überreichte dem 
Befehlshaber des französischen Geschwaders 
den Großorden von Notre-Dame. 
B r-e g e n z, 18. Juni. Als Nachmit- 
tags zu der heutigen Vereinigung aller um 
den Bodensee garnisonirenden Offiziere die 
Oesterreicher hier einrückten, scheute das 
Pferd eines Postwagens und stürmte in 
die Volksmenge hinein, wobei 6 Personen 
schwer verletzt wurden. 
Turin, 18. Juni. In einem Tunnel 
frei Alice Bel ©olle der Strecke Acqui-Asti 
stieß heute ein Personenzug mit einem Gü 
terzug zusammen. Zwölf Personen wurden 
verletzt, darunter zwei schwer. 
Paris, 18. Juni. Waldeck-Rousseau, 
Der gestern Abend nach 10 Uhr von Loubet 
empfangen und mit der Bildung des Ka- 
binets betraut worden ist, hat sich die Ant 
wort berr. die Uebernahme bis heute Nach- 
mittag -vorbehalten. 
Paris, 18. Juni. Zola erklärte einem 
Journalisten, er werde -sofort nach dem Ur 
theil des Kriegsgerichts eilte Broschüre mit 
. Feststellung befanden sich heute Vormittag dem ganzen Inhalt über den Verlauf der 
, ~ 18- Juni.:-.etwa 7700 Personen im Ausstande, und Dreyfusangelegenhest -'herausgeben. Der 
Älnser exlebigte heute Morgen Lm ^boxbjgiuctr 6700 Muurer uub 1000 HilD arbeiten. Verleger Hut bereit § üllf. Süibcteitinicicii ge- 
er „Hohenzollern Staatvgesch äste. Hier-Ģ Berlin, 18. Juni. Der aus Arbeit- troffen, bannt bie Broschüre in allerkürzester 
aus unternahm.der Monarch einen Ausflug, şiebern und Arbeitnehmern bestehende Aus- " ' 
er begab sich zu Fuß nach der Schleuse,stahl schuß des Gewerbegerichts zu Berlin Mr 
sich die dort liegenden Jachten an und statst 
tete seinem „Meteor" einen Besuch.ab, wo-' 
bei er das Fahrzeug in allen Theilen genau 
besichtigte. Gegen 11 Uhr startete der Kai 
ser mit dem „Meteor"; er stand vorn auf 
dem Schiff und erwiderte die Begrüßung 
der zahlreichen Menge, indem er seine Mütze- 
schwang. Das Festmahl ans dem „Fürst 
Bismarck" ist heute Nacht bis 1 Uhr in 
Aussicht genommen. Nach Schluß desselben 
begiebt sich der Kaiser auf die „Hohenzol 
lern", um dasübst zu übernachten. 
Hamburg., 18. Juni. Bei der gestri 
gen Kaiserregatta auf der Elbe erlitt der 
„Meteor", mit . welchem der Kaiser persön 
lich startete, eine leichte Havarie und büßte 
soviel Chancen ein, daß er das Rennen 
aufgab. Der.Kaiser nahm trotzdem auf der 
Gutachten und Anträge in gewerblichen 
Fragen hat in sseiner gestrigen Sitzung.ein 
stimmig beschlossen, eine Petition an den 
Bundesrath und Reichstag zu richten, in 
welcher eine Ablehnung des Gesetzentwurfes 
zum Schutze des gewerklichen Arbeitsver 
hältnisses gebeten wird. 
Darmstadt,, 18. Juni. Wie die 
"Frkf. Ztg." meldet, ist Laudgrrichtsdirek- 
tor Küchler heute uni seine Pensionirung 
eingekommen. 
Villach, 18. Juni. Ans offener 
Strecke geriethen Nachts zwei Wagen eines 
Personenzuges in Brand, doch- konnten sich 
die Passagiere retten. 
Kiew, 18. Juni. Die „Post" meldet 
aus Kiew: die Stadt Nowograd-Wolynski 
im Gouvernement..Welhynien ist durch eine 
Zeit nach dem Urtheil auf den. Markt ge 
worfen werden könne. 
Paris, 18. Juni. General Mercier 
hielt vor einer Versammlung, welche Don 
dem. Blatte „Patrie israncaise" einberufen 
war, eine Ansprache, worin er erklärte, es 
sei einem intelligenten und loyalen Mini 
ster, welcher Partei er auch angehöre, un 
möglich, das Kriegsministerium zu verlas 
sen, ohne die volle Ueberzeugung von der 
Schuld Dreyfus' mit sich zu nehmen. Mer 
cier erwähnte alsdann den demnächst zu 
sammentretenden Kriegsrath von Rennes 
und erklärte, nichts würde und könne dessen 
Nachforschungen zur Aufdeckung der Wahr 
heit verhindern. Er (schloß mit den Wor 
ten: Es wird Licht werden, die Zeugen, 
unter denen ich> an erster Stelle sein werd/, 
werden die volle Wahrheit sagen. Was 
mich betrifft, so verpflichte ich mich, die 
Wahrheit zu sagen, was auch> kommen möge, 
alles wird gesagt, alles ivird zur allgemei 
nen Kenntniß kommen. 
Belgrad, 18. Juni. Wieder sind tür 
kische Truppen, und zwar an dritter Stelle, 
nämlich bei Proposchtitza und Prahina ins 
Land eingedrungen. Sie nahmen bei Scha- 
metz bis nach Gorischte eine feste Stellung 
serbischem Boden. 
Belgrad, 18. Juni. Bei der hiesigen 
serbischen Gesandtschaft eingelaufenen De 
peschen zufolge hat sich die Situation an 
der Grenze verschlimmert, da die Türken 
fortfahren, serbische Truppen anzugreifen 
und serbische Ortschaften niederzubrennen. 
Es verlautet, daß der hier weilende ser 
bische Ministerpräsident Georgievics seinen 
Urlaub unterbrechen und nach- Belgien zu 
rückkehren wird. Derselbe befahl telegra 
phisch von hier aus, weitere Truppenmas 
sen an die Grenze zu senden und jeden tür 
kischen Angriff zurückzuweisen, dabei aber 
nicht über türkisches Gebiet überzutreten. 
Belgrad, 17. Juni. In großer Zahl 
sind in Serbien Flugschriften verbreitet, die 
zur Revolution und zur Verweigerung der 
Steuern auffordern. Rußland und Monte 
negro versprachen Unterstützung. 
DM SWimZA kt Ştttà 
Auf der Oder in der Nähe von Züllchow, 
bei jener Stelle, an welcher sich die ent 
setzliche Schiffêkatastrophe abgespielt hat. 
über die wir berichteten, ist man heute 
seit Sonnenaufgang eifrig bemüht, den 
gesunkenen „Blücher" -u heben und die 
Leichen bet Ertrunkenen zu bergen. Er 
schütternd und furchtbar sind die Szenen, 
welche die Bergungsarbeiten begleiten 
Tief -ergreifend ist der Schmerz der 
jenigen, die so unerwartet, so MH ihre 
Kinder Verloren haben und herzzereißend 
ist es, zuzusehen, wie die Leute lauern, 
ob ihre todten Kinder dem nassen Grabe 
entrissen werden. Gis zur Stunde 
wurden neun Leichen geborgen. 40 
Todte sollen sich noch in der Cajüte be- 
sinden Es kann aber die Zahl der 
Veruno/.öckken bisher nur annähernd an 
gegeben werden, da man noch nicht bis 
in die Sajüten des gesunkenen Schiffes 
eindringen konnte; es sollen im ganzen 
fünfzig Personen umgekommen 
sein. Biele Personen haben hier die 
Nacht im Freien verbracht, den ver- 
weifelnden Blick nach der Stelle ge 
wendet, wo der „Blücher" untergegangen 
ist. Tief erschütternde Szenen spielen sich 
ab, während auf den Prahms die 
Winden rastlos arbeiten. Das Sprechen 
und Murmeln in der Menge wird oft 
von Schluchzen unterbrochen. Hände 
ringend stehen da Eltern, die bei der 
Katastrophe ihr Liebstes verloren haben, 
dort bedeckt ein Arbeiter mit schwieliger 
Hand sein thrünenüberströmtes Gesicht. 
In den Straßen trifft man Personen, 
welche laut schluchzen und deren Schmerz 
durch schweigende Theilnahme geehrt 
wird. Es gab während des Zusammen 
stoßes der beiden Dampfer die furcht 
barsten Szenen und nie werden die 
gellenden entsetzlichen Hilferufe, die ich 
hörte, aus meinem Gedächtniß ver 
schwinden," schreibt ein Augenzeuge dem 
„B. L. A. Unserer Ueberzeugung nach 
trifft den „Pölitz" die Schuld. Er hätte 
ausweichen müssen. Immer größer wird 
die Menge am Freistaden und allent 
halben werden Verwünschungen gegen 
Jene laut, welche das furchtbare Un 
glück heraufbeschworen haben. Die 
Schuld an der Katastrophe wird dem 
Maschinisten des „Pölitz" beigemessen. 
Als der Zusammenstoß erfolgte, befand 
sich derselbe auf dem Verdeck, wo er sich 
unterhielt, anstatt im Maschinenraum zu 
sein, weshalb er das Commando Contre- 
dampf des Copitäns nicht gehört hatte. 
Die sofortige Verhaftung des Maschinisten 
und auch des Capitäns des „Pölitz" ist 
angeordnet. 
Der Capstan des „Blücher", Herr 
Winter, ist infolge des Unglücks, das 
sein Schiff betroffen, in einen Zustand 
krankhafter Nervosität verfallen. In 
seiner Wohnung auf Sommerlust hat er 
sich eingesperrt und ist für niemanden zu 
sprechen. Dem „Pölitz" ist bei dem Zu- 
sammenstvße mit „Blücher" der Bug 
völlig umgebrochen worden und er mußte 
durch Schlepper nach den Oderwerken ge 
bracht und aufs Trockene gezogen 
werden. Dem Kassirer des „Blücher", 
Ludwig, ist es zu danken, daß etwa zebn 
von den Cajütenpaffagieren, zumeist 
Kinder, gerettet werden konnten. 
Bei der furchtbaren Schiffskatastrophe 
gab es auch Proben außerordentlicher 
Geistesgegenwart. Drei Kinder eines 
hier praktizirenden Arztes Dr. Stein 
druck, ein fünfzehn, und ein zwölf- 
jähriger Sohn, sowie eine zehnjährige 
Tochter, retteten sich ohne jede Beihilfe. 
Der älteste sprang auf den „Pölitz" hin- 
54) 
Zer 
Roman von Walther Besant. 
Vonr Verfasser zur Übersetzung genehmigt. 
(Alle Rechte vorbeh.) 
Fanny zog ihre-Hand aus der ihres Ge 
liebten und erhob 'sich von dem Sopha, auf 
dem sie Beide sahen. 
„Wünschest Du etwas?" fragte sic scharf. 
„Dies ist Fräulein Ruysdael's Zimmer." 
„Ich wünsche, meine Liebe, antwortete er 
etwas eingeschüchtert, „ich kam — cs thut 
mir leid, wenn ich störe. Ich wünschte 
einige Worte mit Deinem — meinem zu 
künftigen Schwiegersöhne zu sprechen. Nur 
einige Worte." 
Fanny wandte sich zu Paul und sagte 
mit kaum unterdrückter.Empörung: „Dies 
ist mein Vater, er hat Dir etwas mitzu 
theilen, Paul — Dir einen Vorschlag zu 
machen. Ich weiß, was cs ist; aber es 
schadet nichts, wenn Du ihn auch noch an 
hörst.-^ 
„Nun wohl, mein Herr." Dabei erhob 
fick, Paul und bot ihni die H and. .LVas 
kann ich für Sie thun, oder Sie für mich?« 
„Wir können sehr viel für einander thun, 
mein Herr. Wir können uns einander 
unentbehrlich machen. Das werde ich Ihnen 
mit sehr wenigen Worten beweisen können." 
„Sie erinnern sich des Besuches, den Sie 
meinem früheren Lehrer, dem Professor, vor 
etwa zwei Wochen machten. Sie hatten 
eine Unterredung mit ihm und machten ihm 
einen Vorschlag." 
„Vollkommen wahr. Er weiß Alles, F anny, 
Alles! Das sagte man auch stets von ihm 
in New-Iork. Es gab keine Frage, aus 
die er nicht sofort -eine Antwort und immer 
die richtige hatte." 
Fanny sah besorg-! aus, aber nur -einen 
Augenblick. 
„Ich hatte jetzt -eben nur deshalb Recht", 
sagte Paul gelassen, „weil ich mich im Neben 
zimmer befand, zu -dem die Thür offen 
stand, so daß ich Wes hörte, was Sie 
sagten. Deshalb ist mir bereits bekannt, 
was Sie in Amerika gethan haben, und 
was Sie gern thun möchten, wenn Sie 
zurückkehren, so weit ich selber dabei in Be 
tracht komme." 
„Uno auch thun werde", sagte der kleine 
Mann voll Begeisterung, da ihm dieser Ein 
gangs vielversprechend erschien. „Sie haben 
gar keine Ahnung von dem herrlichen Er 
folg, den ich Ihnen verschaffen werde. Ich 
rathe Ihnen, gehen Sie von dem alten Mann 
weg. Unternehmen Sir die Sache auf eigene 
Rechnung. Besorgen Sie sich einen Mann, 
der sich darauf versteht, das Geschäft für 
Sie zu führen." 
„Damit meinen Sie sich selbst." 
„Ich könnte keinen bessern Mann für die 
Stelle meinen. Signor Paolas Geschäfts 
führer ist sein erfahrener, erprobter und 
eifriger Schwiegervater. Und dann kommt 
auch noch Fanny dazu. Sie wissen ja,. daß 
meine Tochter in sich die Anlage zu einer 
Hellseherin erster Classe hat. Unter Ihren 
Händen würde sie sich zur besten Hellseherin 
der ganzen Welt entwickeln. Sehen Sie sie 
einmal an. Betrachten Sie ihre Figur und 
ihr Gesicht. Diese prächtigen Augen . . 
„Sie haben genug.gesagt", erklärte Paul. 
„Es ist zwecklos, daß Sie sich noch mehr 
Mühe geben; denn wir sind fest entschlossen. 
Nichts würde ihre Tochter dazu bewegen, 
zu 
die Rolle zu spielen, die Sic ihr zumuthen. 
und nichts würde sie dazu bewegen, mir 
erlauben, daß ich noch länger in der Pro 
session, wie Sie es nannten, bleibe. Des 
halb ..." 
„Die Profession verlassen? Sic müssen 
ja — aber vielleicht haben Sie schon ein 
großes Vermögen erworben?" 
„Nein, das habe ich nicht." 
.Dann will ich mich hängen lassen, wenn 
ich -dulde, daß Sie meine Tochter heirathen! 
.Ich glaube, es hat keinen Zweck, noch 
weiter darüber zu reden", meinte Paul 
„Ihre Tochter ist mündig. Wollen Sie uns 
jetzt allein lassen, Herr Metiner?" 
XXXXI. 
Die große spiritistische Konferenz fand 
noch in.demselben Monat statt und dauerte 
eine ganze Woche, während welcher alle 
möglichen und unmöglichen Dinge erörtert 
wurden. Als die Versammlung sich auflöste, 
erklärten die Mitglieder, aufs Aeußerste er 
schöpft, ab« noch keineswegs in Ihrem 
Wissensdurst gestillt, daß, wenigstens soweit 
widerspruchslose Einmüthigkeit in Betracht 
käme, die Conserenz von unvergleichlichem 
Erfolge gekrönt gewesen wäre. Kein wider 
wärtiger Mann der fälschlich sogenannten 
Wissenschaft oder Philosophie, war mit seinen 
Zweifeln und Widersprüchen aufgetreten. 
Die Geister der Kritik und der Nörgelei 
hatten sich völlig fern gehalten.. Aller 
dings war auch bei Aussendung der Ein 
ladungen mit größter Vorsicht verfahren 
und das Herausdringen irgend welcher 
Kunde von der großen Conserenz an die 
Öffentlichkeit beinahe ängstlich verhindert 
worden. Niemand — und das war höchst 
erfreulich und befriedigend — war ge 
kommen, um sich über die Sache lustig zu 
niachen, und bis auf einen einzigen pein 
lichen Zwischenfall war die Tagesordnung 
aller Zusammenkünfte ununterbrochen und 
glatt erledigt worden. 
Der ziemlich große Ballsaal, den Herr 
Brünninghaus zur Abhaltung dieser Ver 
sammlung hatte einrichten lassen, war gut 
gefüllt, das heißt, alle Anwesenden hatten 
reichlichen, bequemen Sitzraum. Anscheinend 
waren nur Damen und Herren der guten 
Gesellschaft eingeladen, das heißt, alle Gäste 
zeigten sich in eleganter Kleidung und von 
anständigem Benehmen. Auf der wegen der 
beschränkten Raumverhältniffe nur kleinen 
aber sehr geschmackvoll aus geschnitztem Eichen 
holz errichteten und mit Purpursammet 
decorirten Vorstandstribüne erblickte man die 
Leiter der heiligen Sache, unter ihnen Alfred 
Kilpert, Aurelius Hortcr, Benjamin Rosen- 
eld und Emanuel Schick. 
Unten im Saale, wo wohl an zweihundert 
Stühle in Reihen aufgestellt waren, bemerkte 
man Frau Lavinia Mettner nebst ihrem 
Gatten und Herrn Hans Bär. Fanny war 
nicht zugegen; aber Sibylla, die Ungläubige, 
hatte Cäcilia mit sich gebracht. Frau Com- 
merzienräthin Hanckwitz war gleichfalls ge 
kommen. Mit dem Schlage zehn Uhr er- 
chien der Präsident, Herr Cyrus Brünning 
haus, begleitet von seiner Gemahlin Augusta, 
auf der Tribüne und übernahm unter einigen 
Beifallsbezcugungen der Anwesenden den 
Vorsitz. 
Der Präsident gab eine gedrängte Ge- 
chichte der Entwickelung des Spiritismus 
während der letzten fünfzig Jahre, um am 
Schluffe derselben folgendermaßen fortzu 
fahren: „Und jetzt habe ich von Ereignissen 
zu sprechen, welche mir selber und den Mit 
gliedern meines Haushaltes geschehen sind. 
Das Folgende sind historische Thatsachen. 
Manche von ihnen haben Einiges darüber 
gehört. Allerlei ist gerüchtweise in den 
Kreisen, welche unserer heiligen Sache dienen, 
bekannt geworden. Aber es bleibt dieser 
Conserenz vorbehalten, den bis auf die ge 
ringste Einzelheit genauen, vollständigen und 
unbedingt zuverlässigen Bericht über die 
wunderbarsten, überzeugendsten, außergewöhn 
lichsten Manifestationen unserer Zeit zu 
hören." 8 
Dann folgte ein ausführlicher, begeisterter 
Bericht über die Wunderthaten Pauls natür 
lich ohne irgendwelche Andeutung des Zweifels 
oder der Bedenken, welche Herrn Brünning 
haus selbst wahrend der letzten Zeit zu 
weilen gekommen waren. 
„Ich frage Euch", fuhr er mit wachsender 
Beredtsamkeit fort, „ob irgend etwas Anderes 
als übernatürliche Kraft diese Wunder er- 
klären kann Wir wußten schon immer, daß 
all dies einst kommen würde. Nun ist cs 
bereits gekommen. Der Mann, welcher uns 
die Kraft brachte, dies zu erreichen, ist Herr 
Paulus. Laßt uns daher, ehe wir unsere 
Veryandlungen weiter fortsetzen, Herrn Paulus 
unsern wärmsten Dank ausfprechen." 
Dieser Antrag wurde durch Acclamation 
angenommen. 
„Ich werde Ihr Dankesvotuni Herrn 
Paulus übermitteln. Jetzt wollen wir zur 
weiteren Tagesordnung übergehen." 
In diesem Augenblick erhob sich unten 
im Saal ein junger Mann, den bis dahin 
Niemand beachtet hatte, eilte auf die Tribüne 
und sagte: „Herr Präsident, ich erbitte Ihre 
Erlaubniß, einige Worte sprechen zu dürfen,
	        
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