gräfliche Familie von dem Gute Galocz
nach Pest sich begebe, damit sie ihrer
Niederkunft in aller Stille entgegensehen
könne; denn sie wußte, daß, wenn ein
Mitglied der Familie erkrankte, die ganze
Familie nach der Hauptstadt reise, um
verläßliche ärztliche Hülfe zu finden. Die
Heinz versuchte also, bei den Kindern
einen Krankheitszustand zu erregen, um
so die ganze Familie zur Reise nach Pest
zu bewegen. Sie kam auf die Idee, in
einem Kupfergefäß Pflaumenmus zu kochen,
da sie wußte, daß der Grünspan Bcr-
giftungserscheinungen verursache. Sie
hatte jedoch, wie sie erklärte, nicht die
Absicht, die Kinder zu todten. Sie kostete
zuerst selbst von dem Kompot, empfand
Uebelkeit, erholte sich jedoch rasch. In
der Meinung, daß die Kinder nur er
kranken und dann die Familie rasch nach
Pest übersiedeln würde, reichte sie den
Kindern die tödtliche Speise.
Inland.
Berlin, 13. Juni. Heute Nachmittag
4 Uhr fand im hiesigen Königlichen
Schlosse unter dem Vorsitz des Kaisers
eine Sitzung des Kronraths statt.
Wie in parlamentarischen Kreisen ver
lautet, handelt es sich um die Feststellung
der Erklärung, welche am Donnerstag
bei der Berathung der Kanalvorlage im
Abgeordnetenhause abgegeben werden soll.
— DerVicepräsidentdesStaatsministeriums
Dr. v. Miguel wurde gestern Mittag
vom Kaiser zum Vortrage empfangen und
darauf zur Kaiserlichen Tafel gezogen.
— Die deutsch.soziale Reform
partei erläßt eine Erklärung, die fest
stellt, daß Differenzen zwischen den Anti
semiten und den Bündlern nicht mehr
bestehen, daß der Bund der Landwirthe
die deutsch-soziale Reformpartei als treue
Bundesgenossin betrachte. Die Presse wird
aufgefordert, das Kriegsbeil zu begraben.
(Lange wird der Friede schwerlich dauern.)
Dem Grafen Pückler ist am
Sonnabend in einer zweiten antisemitischen
Versammlung in Berlin vom „dankbaren
D. A.-B." ein „riesiger Lorbeer
kranz" mit einer „mächtigen blauen
Schleife" überreicht worden. Nach dem
Bericht der „Staatsb. Ztg." schimpfte
Graf Pückler kaum weniger als in der
ersten Versammlung auf das „fremde
Gesindel", aber er wählte seine bilder
reichen Phrasen vorsichtiger. Nicht länger
dürfe cs geduldet werden, „daß die reine
und harzdurchtränkte Luft der deutschen
Wälder verseucht und verunreinigt wird
von dem widerlichen Geruch dieses fremden
Ungeziefers." Deutsch müßten wieder die
Börsenhallen werden. „Der Aufmarsch
der Armeen ist vollendet, die Kämpfer
stehen zum Angriff bereit, jetzt muß der
Sturm beginnen, der Sturm auf das
dichtverschanzte Lager der Juden. Aber
vorher müßten die Antisemiten erst wieder
beten lernen, der Geist des Gebets müsse
die Massen ergreifen. „Das Gebet und
besonders das gemeinsame Gebet ist eine
errettende und eine weltbewegende Macht,
der nichts auf die Dauer Widerstand
leisten kann." Eine dumpfe Gewitter
schwüle lagere gegenwärtig über Deutsch
land, die Stille vor dem Sturm. Das
antisemitische Schiffe fahre hinaus auf die
sturmbewegte See. „Christus selbst wird
das Steuerruden führen mit starker Hand."
— Diese Stichproben aus „Staatsb. Ztg."
genügen, um den Geist des Pücklcr'schcn
Gallìmathias zu kennzeichnen. „Ist es
Wahnsinn, hat es doch Methode."
Berlin, 12. Juni. Die bekannte Soubrette
F r l. N i e s e hat sich durch ein Extem
pore von der Bühne, wie das „Neuigkeits-
Weltbl." meldet, eine Ehrenbe-
leidigu ngsklagevon nicht weniger
als neunundvierzig Volks
sängern zugezogen. Vor ihrer Ver
abschiedung vom Raimund-Theater in
Wien sagte nämlich Frl. Niese in einer
Aufführung des Langer'schen Volksstückes
„Die Vereinsschwester" : „Der alte Guschel-
bauer, der mit seine 65 Jahr' no' immer
mehr Stimm' hat als die ganzen Krepirl'n,
die sich heute Bolkssänger heißen ..."
Diese Aeußerung veranlaßte die Wiener
Bolkssänger, von der für Herrn Guschel-
bauer schwärmenden Künstlerin auf ge
richtlichem Wege Genugthuung zu verlangen.
— Wie der P o l i z e i l i ch e Sicher
heitsdienst gegen Diebstähle
in den großen Waarenhäu fern
organisirt worden ist, theilt der „Kons."
mit. Man sucht sich gegen Diebe sowohl
durch eine eigene Hauspolizei als auch
durch die Criminalpolizei, besonders gegen
Gelegenheits- und Ladendiebe, zu schützen,
und zwar stellt das Polizeipräsidium aus
Antrag, ohne jede Entschädigung, im
Interesse der allgemeinen Sicherheit, zwei
bis drei Beamte jedem Waarenhaus zur
Verfügung. Die Hanspolizei dagegen setzt
sich aus angestellten Damen und Herren
zusammen, die, mit Hut und Mantel
angethan, sich unter das Publikum mischen
und dort den Beobachter spielen. Recht
bald bekommen diese Angestellten eine
gewisse criminalistische Routine, und recht
genau wissen dieselben durch die Länge
der Praxis den Gewohnheitsdieb vom
Gelegenheitsdieb zu unterscheiden. Ein
Jeder, der in einem Waarenhause auf
frischer That ertappt ist, wird, ohne daß
es Aussehen erregt, in einen abgesonderten
Raum geführt und dort untersucht. Stellt
sich hierbei heraus, daß der Festgenommene
nur ein Gelegenheitsdieb ist, der der
Versuchung nicht widerstehen konnte, wird
ferner durch Nachschlagen im Adreßbuch rc.
ermittelt, daß er bei Angabe von Name,
Stand und Wohnort die Wahrheit gesagt
hat, so wird der Dieb dadurch bestraft,
daß er der Firma ein Schriftstück auszu
fertigen hak, worin er bescheinigt, daß er
im Hause gestohlen hat und sich ver
pflichtet, es nicht mehr zu betreten; als
dann wird er mit einem Verweis entlassen.
Man hütet sich, unbedeutende Fälle der
Polizei zu übergeben, denn jede Anzeige
zieht eine Menge Termine nach, die recht
zeitraubend sind. Wird aber irgend eine
Person nicht von der Haus-, sondern von
der Criminalpolizei gestellt, so wird gegen
sie ohne weiteres Anklage erhoben und
der Firmeninhaber ist nicht in der Lage,
die Bestrafung zu verhindern oder dem
schwebenden Verfahren Einhalt zu ge
bieten. Sieht man bei der Körperdurch
suchung eines durch die Hauspolizei fest
genommenen Diebes, daß man es mit
einem Berufs- oder Ladendiebe zu thun
habe, daß er eine Menge Waaren, die
anscheinend gestohlen sind, bei sich führt,
aber nicht im Besitz von entsprechenden
Geldmitteln ist, mithin nur in das Hans
kam, um zu stehlen, so wird sofort das
nächste Polizeirevier benachrichtigt und der
Dieb bis zum Eintreffen des Beamten
festgehalten. Dasselbe geschieht mit Frauen,
die sogenannte Diebestaschen in ihren
Unterröcken haben. In solchen Fällen
wird gewöhnlich sofort zu Haussuchung
geschritten. Während es sonst Privat
personen gesetzlich verboten ist, Haus
suchungen vorzunehmen, stellt das Polizei
präsidium den Geschäftsführern der Waaren-
Häuser Erlaubnißscheine aus, die sie zu
dieser Handlung ermächtigen.
Celle, 12. Juni. Die Verhaftung des
Rechtsanwalts Kirchhofs, die, wie wir
kurz meldeten, am Freitag - Abend durch
den Staatsanwalt aus Lüneburg mit
Unterstützung von zwei Gendarmen
erfolgte, erregt überall großes Aufsehen.
Kirchhoff, ein sehr bekannter Jurist, be
jahrter und als vermögend geltender Herr,
ist in das Landgerichtsgefängniß nach Lüne
burg abgeführt worden, weil er angeblich be
schuldigt wird, Gelder in hohem Betrage
— man nennt die Summe von 100 0 00
Mark und mehr — unterschlagen zu
haben. Der Verhaftete, ein eifriger Welfe,
bekleidete mehrere Ehrenämter, u. A. war
er auch Worthaller des Bürgervorsteher-
Kollegiums.
Ie. Gumbiunen, 13. Juni. Auf dem
Wystyter See, der theils zu Preußen,
theils zu Rußland gehört, ist ein Kahn,
auf welchem drei Einwohner aus Maizut-
kehmen zur Nachtzeit etwa 20 Centner
Maschinentheile nach einer bestimmten
Stelle der russischen Seite schmuggeln
wollten, in Folge Ueberladung gesunken
und die drei Insassen sind ertrunken. Es
sind dies Martin Gallinis, August Busse-
lat und Michael Thomat, sämmtlich aus
Matzutkehmen. Letzterer hinterläßt Frau
und Kind; die beiden anderen waren un-
verheirathet. Die Leichen der Ertrunkenen
sind noch nicht geborgen.
Bon einem tragischen Geschick
ist in Eisenach ein junger Arzt, Dr. Ja
cobi, betroffen worden. Er ist in der
Nacht zum Sonnabend in seinem Bette
verbrannt, wahrscheinlich zuerst er
stickt. Seine schon stark verkohlte Leiche
wie die seines Hundes wurden Sonnabend
früh aufgefunden. Das Unglück ist ver
muthlich dadurch entstanden, daß er im
Bette Cigaretten geraucht hat und da
rüber eingeschlasen ist.
Göppingen, 12. Juni. Eine Gift
mord-Affäre macht zur Zeit viel
von sich reden. Der Bereinsdiener Rau
dahier war Ansang Mai verhaftet worden
unter der Anklage, einer Frau Strähle
Gift verschafft zu haben, damit sie sein
Kind, das bei ihr in Pflege war, aus
der Welt schaffe. Der Mordplan ward
ruchbar und Rau wurde verhastet,
während Strähle entfliehen konnte. In
der Untersuchungshaft verübte Rau Selbst
mord; die Strähle wurde gestern an der
Schweizer Grenze verhaftet und hierher
eingeliefert. Sie steht auch im Verdacht,
ihre Schwiegermutter vergiftet zu haben.
Darmstadt, 13. Juni. Der heute über
das Befinden des Großherzogs
ausgegebene Krankheitsbericht besagt:
Auch im weiteren Verlaufe der Krankheit
traten keine Komplikationen ein, die be
sorg nißerregenden Krankheitserscheinnngen
sind geschwunden.
Ueber den verhafteten Schlachtergesellen
Brauer, den Mörder des Dienst
mädchcns P ö t t s ch in Werdau, erfährt
das „Kl. I." noch folgendes: Brauer
versucht in den Verhören stets, den
Geistesgestörten zu spielen und es ist er
staunlich, mit welcher Frechheit der Bursche
die Fragen des Untersuchungsrichters be
antwortete. Nach den Aussagen Bräuer's
ist festgestellt, daß sein Opser, nachdem er
es verstümmelt hatte, noch kurze Zeit
lebte. Brauer, der bei der Sektion der
Leiche zugegen war, antwortete auf die
Frage des Richters, ob sich das Mädchen
)h, ich bin nur ein entlarvter Betrüger!
affen Sie mich fort!"
„Jetzt noch nicht." Theodor brachte ihn
tit sanftem Zwange dazu, sich hinzulegen.
Solch' ein Ohnmachts-Anfall zeigt, daß
ndere Dinge Ihre Nerven bereits in Un-
rdnung gebracht haben. Ruhen Sie sich
;was aus."
„Ich darf nie Jemanden wieder in die
lugen sehen!"
„Pah, Unsinn, Mann! Ich weiß jetzt
llles. Ich weiß Alles über den alten Mann
m Enke-Platz, über Bethiah, über Fanny,
lußerdem wußte ich von Anfang an —
jemand, der Augen hat, mußte das doch
ehcn —, daß Sie Ihr besonderes Spiel
hielten. Sie kamen nach Europa, um sich
abzuzeichnen. Sie gedachten Ihre Wunder
u vollbringen und die ganze Welt von dem
stuhme Ihres Namens wioerhallen zu lassen,
vie Wunder stehen außer allem Zweifel;
cher wo ist die Ehre? Die Zeitungen haben
ich nie um Sie gekümmert. Jetzt wollen
sie Zeitungen sich nun einmal grundsätzlich
licht um Spiritismus kümmern, außer wenn
ìe berichten können, wie wieder einmal ein
Medium entlarvt wurde. Die Sache ist
tun einmal in üblen Geruch gekommen,
iluch nicht ein Bißchen Auszeichnung haben
sie durch all' Ihre Mühe gewonnen. Der
itte Mann am Enke-Platz ist das New-
gorker Medium, bei dem Sie die Kunst
ernten . . ."
Paul stöhnte und vergrub sein Gesicht in
sie Kissen des Sophas.
„Sie sehen: ich weiß Alles."
„Weiß es sonst noch Jemand?"
„Ich sagte Ihnen schon, daß Sibylla es
weiß. Sie hat es die ganze Zeit über ge
wußt. Fanny weiß es nicht. Es bleibt
Ihnen überlassen, ihr zu sagen, was Sie
wollen. Wenn ich an Ihrer Stelle wäre,
würde ich ihr Alles sagen."
„Das kann ich nicht."
„Was mich anlangt, so fehlt mir nur
eine Sache, die ich noch nicht in Erfahrung
gebracht habe."
„Ich werde Ihnen nichts weiter sagen.
O, haben Sie mich denn noch nicht genug
gemartert?"
„Richten Sie sich auf! So . . Paul
gehorchte. „Sehen Sie mich an! So.
Halten Sie Ihre Augen fest auf die meinen
gerichtet . . . so . . ."
Ein seltsamer Schwindel ergriff Paul,
und er versank in Betäubung. Dann er
starrten alle seine Glieder, und er saß steif
aufrecht da. Er, der so viele Andere mes-
merisirt hatte, war jetzt selber mesmerisirt.
,,Sie haben mir Alles gesagt, Paul. Ich
bin Ihnen zu großem Dank verpflichtet.
Sie sind hypnotisirt gewesen und haben
mir darin gesagt, wie Sie das Wunder mit
der indischen Zeitung und die musikalischen
Glocken und alles Uebrige zu Stande brachten.
Sie sind zu gleicher Zeit ein Taschenspieler,
ein Bauchredner und Magnetiseur. Ich danke
Ihnen."
Paul erhob sich blaß und verwirrt. „Ist
es wahr?" fragte er.
„Allerdings; aber fürchten Sie nichts.
Ich werde es nicht wieder thun. Aber jetzt,
alter Junge, ist Alles vorüber, und Ihre
Klugheit und Begabung wird sich in irgend
einer anderen Richtung bethätigen, nicht
wahr? Die bisherige ist eine sehr auffallende
und anziehende Richtung, könnte aber doch
leicht von solchen Leuten, die sie ernst nehmen,
falsch beurtheilt werden. Es ist besser für
Sie, damit abzuschließen. Der Zauber wird
bald vergessen sein, und Fanny wird Sie
glücklich machen. Sie besitzt alle Tugenden,
mit einer einzigen Ausnahme; sie kann nicht
dazu gebracht werden, ihre Eltern zu ehren.
Sie ist voll von Vorurtheilen über Wahr
heit und Betrügerei. Aber deswegen wird
sie ihren Gatten nur um so mehr ehren
können, nicht wahr?"
Theodor sagte nichts weiter. Er schämte
sich — so zu sagen — der Schani, die
er über den Andern gebracht hatte, und so
streckte er ihm denn wie zur Versöhnung
seine Hand hin.
„Ich kann Ihre Hand nicht nehmen",
sagte Paul.
„Sie können, Sie müssen, Paul. Nehmen
Sie sie sofort, sonst werde ich Sie wieder
hypnotisiren und Sie einen Brief an Fanny
schreiben lassen, in dem Sie von Ihrer Ver
lobung zurücktreten."
(Fortsetzung folgt.)
Literatur.
— Wir haben unsere Leser vor kurzem aus
das bevorstehende Erscheinen der neuen w oh l -
feilen Ausgabe der rühmlich bekannten Bibel
in Bildern von Julius Schnorr von
Carolsfeld, vollständig in zehn Lieferungen a
1 Mark (Verlag von Georg Wigand in Leipzig
hin gewiesen und können heute, da uns die beiden
ersten Lieferungen vorliegen, aus voller Ueber
zeugung unsere Empfehlung wiederholen, ^ede
Lieferung enthält 3 Bogen mit 24 Bildern; tm
ganzen gehören zum Alten Testament 160, zum
Neuen Testament 80 Bilder. Monatlich erschemt
eine Lieferung. Auf feinstem Jllustrationsdruck-
papier, im stattlichen Format von 34 mal 43 cm,
stellt sich diese neue Ansgabe als ein Prachtwerk
edelster Art dar, das aber infolge seines billigen
Preises auch dem Wenigerbemittelten zugänglich
nicht gewehrt habe, mit cynischer Frech
heit, auf die starken Arme des Mädchens
deutend: „Na, die hat mir viel Arbeit
gemacht!" Vvn der besonderen Frechheit
des Mörders zeugt auch ein Zettel des
Inhalts: „Ich bin ein Schlachter,
kennt Ihr meine Farben, die P ö t t s ch -
sche Schürze leuchtet blutbe-
fleckt voran." Diesen Zettel schrieb
der Mordbube in einem Wirthshaus zu
Werdau, nach einem Gespräch, das er
mit einem anwesenden Herrn über den
Mord angeknüpft und in dem er äußerte,
dem Mörder müßte man einzeln jedes
Glied vom Körper reißen. Als sich
Bräuer aus dem Wirthshause entfernt
hatte, fand man den Zettel unter seinem
Stuhl, das Blatt wurde sofort der
Polizei übergeben, worauf es gelang,
nach der Beschreibung des Schreibers den
Mordbuben zu ermitteln und festzunehmen
— Wäre es vielleicht angebracht, dem armen
Mörder eine erträgliche Staatspension in
einer Irrenanstalt zu geben? Vielleicht
ließe sich einer unserer neuen Hochge-
lehrten dazu herbei, zu untersuchen, ob
nicht vielleicht eine Urgroßmutter des
Verbrechers einmal durch einen Fall
ihren Schädel verletzt hat und Bräuer
erblich belastet ist!
Saarbrücken, den 13. Juni. Ein
schwerer.Anschlag ist auf die Toch
ter des k. Musikdirigenten Herrn Ströbe
ausgeführt worden. Ein Mann, der gestern
schon in der Wohnung des letzteren gewesen
war, um angeblich! das Mnsikkorps für
Sonntag nach St. Avold zu engagiren, er
brach die Thür zur Ströbe'schen
Wohnung und verlangte Geld von der
Tochter des Herrn Ströbe. Als diese den:
Ansiimen des Einbrechers nicht entsprach,
hieb Letzterer das Fräulein
d r e i m a l mit dem Beil über
den Kopf, sodaß die Verletzte blut
überströmt zusammenbrach und schwer ver
wundet zunr Arzt gebracht werden mußte.
Der freche Attentäter ist leider entkommen,
doch nimmt man an, daß er die örtlichen
und persönlichen Verhältnisse getrau ge
kannt und gewußt hat, daß Herr Ströbe
um diese Zeit dienstlich abgehalten und
nicht zu Hause war.
Wegen der Aufführung von Halbes
„Jugend" richtete, wie der „National
zeitung" aus MavriheiM gemeldet wird,
eine Anzahl dortiger Katholiken eine Be
schwerde an das Ministerium gegen den
Hofiheater-Jntendanten Baffermann. Das
iMnifterium gab indessen einen abschlägt-
gen Bescheid. Daraus wandten sich die
Katholiken an den Erzbischof, welcher
seinerseits Beschwerde bei dem Ministerium
gegen die Aufführung von Halbes „Jugend"
erhob, mit der Motivirung, daß das Stück
eine Herabwürdigung des katholischen
Klerus und eine raffinirte Vorbereitung
eines linzuchtaktes enthalte. Das Mini
stemm forderte hieranf den Intendanten
Baffermann zur Berichterstattung aus.
ic. Hannover, 13 Juni. Gegen die
Wahl des Grafen zu Inn- und Knyp-
hausen (conservativer Hospitant) im ersten
hannoverschen Reichstagswahlkreise Emden-
Norden wird, wie es heißt, wegen zahl
reicher ungesetzlicher Wahlbeeinfluffungen
Protest eingelegt werden.
1c. Harburg (Elbe), 13 Juni. Durch
Funkenflug einer Locomotive sind in der
Feldmark Lauenbrück, im Königsmoor und
in der Ortschaft Tostedt Brände entstanden,
durch die rund 450 Morgen Haide und
Fuhrenbestände abgebrannt sind. Der
Schaden beträgt etwa 1100 Mark.
ist. Es giebt zwar viele Bilderbibeln, aber
alle sind von anderer Art als die Schnorrsche;
sie sind Bibeln, in denen die Bilder zum Schmuck
eingefügt sind; der Text ist die Hauptsache, das
Bild ist die Zugabe. Das Umgekehrte ist hier
der Fall; oas Werk ist eine große Galerie bib
lischer Bilder; das zutreffende Bibelwort ist des
Bildes Unterschrift. In anderen Bilderbibeln
stammen die Illustrationen von den verschiedensten
Meistern, sie sind auch verschieden groß und die
Auffassung und Ausführung ist mannigfach ver
schieden. Hier liegt vor uns das Werk eines
einzigen Künstlers, allerdings das Werk eines
Lebens, aber eben darum eine Schöpfung aus
einem Gusse, einheitlich durchgeführt und voni
ersten bis zum letzten Blatte von einem und dem
selben Geiste getragen. Möchte auch diese neue
wohlfeile Ausgabe der Bibel in Bildern, zumal
da sie nun so überaus bequem und preiswerry
erworben werden kann, in allen Ständen um e
Volkes ein theuer und werth geachteter Hausicy ?
werden.
- Die Neurasthenie ««» Mwenkrà
sr.Ära-r5ï
in Berlin \V. 30. — Em Buch von berufenster
Seite, von dem durch seme fur -men bestimmten
Schriften „Lebensregeln fur Neurastheniker" und
Die Wasserkuren rm Hause bekannten Nerven
arzt, liegt hiermit bereits in 2. Auflage vor.
Dasselbe befaßt sich speziell mit der Nervenschwäche
und Nervosität und giebt die Wege an, aus
denen sich eine Heilung durch einem Jeden zu
gängliche natürliche Mittel erzielen läßt. In ein
gehender, emem Jeden verständlicher Weise ge
langen zunächst kurz die Ursachen der Nerven
schwache, alsdann deren Behandlung und Heilung
durch die verschiedenen Formen zur Besprechung
— durch naturgemäße Ernährung, durch das
Klima, durch Bäder mit und ohne Zusätze, durch
Einpackungen, Wickelungen, Abreibungen u. s. w ,
durch Heilgymnastik und Massage, Elektrizität,
psychisches und hypnotisches Verfahren,
Medikamente. Dieses leichte faßliche Buch, das
aus langjähriger nervenärztlicher Praxis hervor
gegangen ist und von maßgebender ärztlicher
Ie. Hamburg, 13. Juni. Der Post-
hülfsbotc Wilhelm Morgenroth, der vor
einiger Zeit nach Unterschlagung von
11 000 Mark aus Mühlhausen in Thür.
flüchtig geworden, aber in London ergriffen
wurde, ist heuie an Bord der „Peregrine"
hier eingetroffen und sofort nach Mühl
hausen weitergeschafft worden. Der De
fraudant, der über Holland s. Zt. ent
kommen war, hatte bereits 2000 Mark
von dem veruntreuten Gelde verausgabt.
Bei seiner Verhaftung wurden noch 9000
Mark in seinem Besitz vorgefunden.
Da sich die Fleischzufuhr in Hamburg
enorm gesteigert hat, so haben die Inter
essenten eine Besprechung gehalten, in
welcher die Anregung zur Prüfung der
Frage gegeben worden ist, ob sich nicht
die Errichtung eines Fleischmarktes da.
selbst, wie er schon in London mit glück
lichen Resultaten besteht, empfehlen würde.
Die Abnahme in der Einfuhr dänischen
Viehes ist gegen das Vorjahr aus min
destens 20000 Stück geschätzt worden.
Das Projekt zur Errichtung einer soge
nannten „Fleischbank" ist schon vor Jahren
Gegenstand einer lebhaften Diskussion
gewesen.
'DroviuzreLsZ,
Am 25. April ds. Js. beschlosien die
Aktionäre der Westholsteinrschên Bank in
einer Generalversammlung in Elmshorn,
das Aktienkapital von 1 500 000 Mark
aus 3 000 000 Mark zu erhöhen. Die
Zeichnungen sind am 3. Juni. Gezeichnet
sind 2250 Stück und hiervon 1205 seitens
der früheren Aktionäre, welche zum Bezüge
als vorberechtigt bezeichnet sind.
Eine Anzahl Bürger, sowie der Besitzer
der Oldesloer Korn-Wassermühle hatten
vor längerer Zeit an die Königliche Re
gierung zu Schleswig eine Bittschrift des
Inhalts gerichtet, sie möge veranlassen,
baß sowohl aus wirihschaftlichen wie auch
aus gesundheitlichen Rücksichten die gänz
lich verschlammte Trave zwischen der Ein
mündung der Beste und der Krahnbrücke
gründlich ausgebaggert und regulirt werde.
Die Regierung ordnete an, daß ein Pro
jekt ausgearbeitet werde. Dieser Auf
forderung ist von dem Magistrat ent
sprochen worden und das Projekt hat die
Genehmigung der Regierung gesunden.
Das allzudreite Flußbett zwischen der
Peters'schen Kalkbrennerei und dem Krähn
soll um 15 Meter eingeengt werden, um
einen besseren Wasserlauf herzustellen.
Die Ausführung dieses Projekts erfordert
einen Kostenaufwand von reichlich 3000
Mark.
Ein komischer Zeitungskrieg ent-
spann sich in den Letzten Tagen zwischen
dem „H e i d e r Anzeiger" und der
„Biisumer Zeitung". Heiterkeit erregt
dabei das Schlußwort der letzteren. Es
heißt dort wörtlich: „Dem „Heider
Anzeiger" zur gefälligen Kenntnisnahme,
daß wir in unserem Lokalblättchen eben
so wenig Raum haben für solche „Zeituugs-
duellchen", wie Zeit, sie zu schreiben; die
uns noch zur Verfügung stehenden massigen
Stunden wollen wir lieber der j u n g e n
Frau widmen."
Das Stadtverordneten-Collegium zu
Heide beschloß in seiner letzten Sitzung,
abermals wegen der zu gründenden
Präparandenanstalt in Schleswig vorstellig
zu werden.
Der Streik der Lederarbeiter
der großen Lederfabrik von Falk &
Schütt in Wikster scheint immer weitere
Kreise ziehen zu wollen. Wie noch er
innerlich sein wird, ist er von den
als mustergiltig und der Zuerkennung
eines Preises werth bezei chnet wurde, dürste auch
in seiner neuen Auflage der so großen Zahl von
Nervenleidenden ein sicherer Wegweiser zur
Wiedererlangung ihrer Gesundheit sein; dasselbe
ist durch jede Buchhandlung wie auch direkt durch
den Verlag von Otto Salle in Berlin î zß
zu beziehen.
Das Fabrrad hat bekanntlich ganze
neue Industriezweige ms ^eben gerufen, uns
jebt beginnt man auch den wmmerziellen Theil
seiner Fabrikation wesentlich umzugestalten, indem
man nämlich dazu übergeht, große gemeinsame
Ausstellung- und Verkaufshallen, in denen die
einzelnen Handler und Fabrikanten die Räder,
welche ste aus den Markt bringen, viel leichter
und vor allem billiger, d. h. mit wesentlicher
Herabminderung der sonst auf den Einzelnerkauf
lastenden Spesen abzusitzen vermögen. Ebenso
werden in jenen gewiffermaßen von Genoffen-
ichaftswegen errichteten Hallen große Aukttionen
abgehalten u. s. w., und das Publikum hat die
b-ste Gelegenheit, die verschiedenen Systeme, ihre
Vorzüge und Unterschiede und die einzelnen
Maschinen im speciellen Falle kennen zu lernen.
In interessanter Weise schildert das sieben zur
Ausgabe gelangte 24. Heft der beliebten Familien-
Zeitschrift „Für Alle Welt." (Deutsches
Verlagshaus Bong & Co, Berlin şş., Potsdamer
straße 88 — Preis des Vierzehntagsheftes 40
Pf.) die Einrichtung der erwähnten Institute.
— Zu einer prachtvollen Reisènummêr
ist das neueste (20.) Heft der „Modernen
Knnst" (Verlag Rich "Bong, Berlin, Leipzig,
Wien, Stuttgart, Preis einer Nummer 60 Pf.)
ausgestattet worden. Alle bildnerischen und
litterarischen Beiträge athmen Reiselust; von nur
ersten Autoren wird in Vers und Prosa vom
Reisen erzählt; die vorzüglichen Illustrationen
frischen im Leser die schönsten Retseerinnerungen
auf; das Reisen wird aber nicht nur von seiner
poetischen Seite geschildert,_ es werden auch un
gemein praktische Reisewinke gegeben. Die
originelle und höchst zeitgemäße Nummer muß
dringend empfohlen werden.