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Dienstag, den 18. Juni
1895.
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Morgen-Depeschen
Laboe, 17. Juni, Das amerikanische
Geschwader ist gestern Nachmittag und
das schwedische Geschwader heute
Abend 7 Uhr in den Kieler Hasen einge
laufen, Bei Friedrichsort wurden die
Landesflaggen salntirt, die Standbatterie
erwiderte len Salut,
Berlin, 18. Juni. Die „Bert. Corresp."
schreibt zu derNachricht der „Tagt. Rund
schau, daß das Programm der in Hamburg
stattfindenden Festlichkeiten zur Einweihung
des Nordostsee Kanals vom Kaiser gemein
sam mit dem Hamburgischen Bevollmäch
tigten zum Bundesrath festgestellt sein soll,
diese Annahme treffe nicht zu. Die für
Hamburg geplanlen Feierlichkeiten in allen
ihren Einzelheiten verdankten ihre Ent
stehung nicht der Anregung des Kaisers,
sondern seien lediglich ^ aus der Initiative
des Hamburger Senats hervorgegangen,
Berlin, 18. Juni, Der Kultusminister
har die Regierungs-Präsidenten, der „Bert,
Corresp/' zufolge, aufgefordert, umgehend
anzuzeigen, an welchen Orten ihres Ver
waltungsbezirkes Orden oder ordensähnliche
Korporationen der katholischen Kirche in
der Jrrenpslege, sei es in öffentlichen oder-
privaten Anstalten thätig sind,
Berlin, 18. Juni, Der „Post" wird
ans Kiel gemeldet, das französische
Geschwader wird in Kiel keine Besuche j,
entgegennehmen. Die Absperrung wird
so streng durchgeführt, daß auch dem Korre
spondenten des Temps, dem bereits ge
staltet ivar, dem Admiral an Bord des
„Hoche" seinen Besuch abzustatten, die Er
laubniß nachträglich wieder entzogen werden
mußte. Eine Beurlaubung von Offizieren
und Mannschaften an Land oder auf andere
Schiffe findet ebenfalls nicht statt,
Berlin, 17, Juni, „Der „Reichs-Anz."
schreibt: Der Kaiser bewilligte aus dem
Dispositionsfonds zum Bau einer evan
gelischen Kirche in Holtenau ein
Gnadengeschenk von 48 000 Mk, und ge
nehmigte, daß die Kirche zur Erinnerung
an die Vollendung des Nord-Ostfee-Kanals
„Dankeskirche" genannt werde,
Berlin, 17, Juni, Bezüglich der russisch-
chinesischen Anlethe hören die „B. N. N,"
von gut unterrichteter Seite, daß alle
Zeitungsnachrichten der letzten Tage über
diesen Gegenstand den Sachverhalt nicht
treffen, sondern daß im Gegentheil ein
Abkommen zwischen Rußland und China
noch nicht abgeschlossen, wenigstens von
chinesischer Seite noch nicht angenommen
ist. Richtig sei nur, daß China den Erlös
aus dieser Anleihe doch zu Zahlungen
an Japan zu verwenden haben würde und
daher gar nicht in der Lage wäre, die be
treffenden Gelder zu Retablissements für
Heer und Flotte zu verwenden, Die deutsche
Industrie könnte also von dieser Anleihe
selbst dann keinen Vortheil haben, wenn
sie in Deutschland selbst abgeschlossen würde,
Berlin, 18, Juni, Das „B. T." meldet
aus Oeynhausen: In der Waschküche des
Johanniter-Asyls Hierselbst wurde heute
Morgen ein elfjähriger Knabe ermordet
aufgefunden. Ob Lustmord vorliegt, ist
noch unbestimmt. Der Thäter ist gestern
Abend mit vem Knaben gesehen worden.
Der Knabe gehört muthmaßlich nach
Osnabrück,
Berlin, 18, Juni, Die „Rordd, Allg,
Ztg," bestätigt, daß der Präsident des
Abgeordnetenhauses, Wirkt, Geh, Rath
v, Köller, an den Eröffnungsfeierlich
keiten am Nordostsee-Kanal aus Gesund
heitsrücksichten nicht theilnehmen wird,
Paris, 18. Juni, Baron Mohrenheim
überreichte gestern Nachmittag dem Präsi
denten Faure in feierlicher Weise die Kette
zum russischen Andreasorden,
Madrid, 18, Juni, Der Marineminister
wurde vom Ministerrath autonsirt, inner
halb zweier Monate '20 Kanonenboote zu
je 300 Tonnen Gehalt anzukaufen,
Madrid, 18, Juni. Ans Beschluß des
Ministerraths werden 25 000 Mann Ber-
stärkung nach Cuba abgesandt außer den
10 000 Mann, die bereits nächste Woche
abgehen.
Wien, 17, Juni, Das Koalitionsmini
sterium Windischgrätz hat seine Ent
lassung eingereicht. Der Ministerpräsident
Fürst Windischgrätz will nicht ein
mal provisorisch bleiben, weßhalb bis zur
Bildung des neuen Cabinets Minister v.
Bacquehem den Vorsitz des Ministeriums
provisorisch übernehmen soll,
London, 17, Juni, „Daily Chronicle"
meint bei Besprechung der in Frankreich
abgeschlossenen rnsiisch-chinesischen Anleihe,
dies sei die bedeutendste Niederlage, welche
England und Deutschland seit langer Zeit
erlitten hätten.
Warschau, 18, Juni, Die Kreisstadt
Opatow im Gouvernement Radom, 8000
Einwohner zählend, wurde von einer furdjt
baren Feuersbrunst heimgesucht. Das
ganze jüdische Viertel der Stadt, 150
Häuser zählend, wurde eingeäschert, 2500
obdachlose Personen kampiren im Freien,
London, 18. Juni. In der Untersuchung
des Handelsamtes wegen des Elbeun
glücks entschied der Gerichtshof dahin,
daß der Steuermann der „Crathie" in
erster Linie an dem Zusammenstoß die
Schuld trage, und entzog demselben das
Befähigungszeugniß.
MNslĶd.
Frankreich.
Paris, 17, Juni, Dem „Echo de Paris"
wird aus Toulon telegraphirt, daß der
dortige sozialistische Stadtrath beschlossen
habe, daß während der Anwesenheit der
französischen Schiffe in Kiel keine Fahne
auf öffentlichen Gebäuden zu hissen sei,
und daß am Tage der Einweihung des
Kanals Trauerfahnen ausgezogen werden
sollen,
Italien.
Ein durchgehendes Pferd raste in
dem Dorfe Vigento bei Mailand in eine
Kinderschaar hinein, die gerade aus der
Kirche kam, warf 20 Kinder nieder und
tödtete sieben,
England.
London, 17, Juni. Der vor sieben
Wochen von Akyab mit 3000 Tonnen
Reis nach Europa abgegangene Dampfer
„Queen Annie" gilt als mit Mann und
Maus verloren, weil derselbe bislang von
keiner Kohlenstation gemeldet worden ist.
Dänemark.
Aus Kopenhagen verlautet, wie auch
von uns mitgetheilt, daß die russische Re
gierung die dänische Insel Christian sö
kaufen wolle, um dort eine Kohlenstation
anzulegen. Der russische Admiral Baron
Fredericks, so wird berichtet, hat die Insel
bereits inspiziert und unterhandelt jetzt
mit der dänischen Regierung, Mit dem
Namen Christiansö bezeichnet man die drei
sehr kleinenFelseneilandeEstholme,Christians
Holm und Fredertksholm, 19 km nord
östlich von Bornholm, Diese russische
Erwerbung würde, so führt die „Rh
Wests, Ztg." zutreffend aus, im Falle ihres
Zustandekommens einen erheblichen Ein
schlag in die baltische Gesammtpolitik be
deuten. Die Anlage einer Kohlenstation
auf der Insel wäre eine unmittelbare B e
drohung einerseits Skandinaviens, das
durch den norwegisch-schwedischen Streit
zum Eingreifen ermuntert, andererseits
Deutschlands. Es dürfte diese Insel
das Helgoland der Ostsee werden, aber ein
gefährlicheres Helgoland wegen des offenen
Gegensatzes des Zweibnndes gegen unser
Reich. Wenn die Regierung des Kaisers
Helgoland seiner Zeit für so wichtig hielt,
daß dafür ein bitteres Lösegeld gezahlt
wurde, so hat Deutschland die russische
und die dänische Regierung darauf auf
merksam zu machen, daß uns russische
Kohlenstationen an der Ostsee ebenso als
ein Angriff auf uns erscheinen, wie den
Franzosen deutsche Kohlenstationen im
Aermelkanal oder aus Sardinien. — Heule
wird nun zwar von Kopenhagen aus offiziös
erklärt, daß diese Nachricht dort in unter-
richteten Kreisen als völlig unbegründet
bezeichnet werde. Wir wollen hoffen, daß
sie wirklich unbegründet ist. Immerhin
wird die deutsche Regierung die Sache im
Auge gehalten müssen, um nicht eines
Tages durch eine vollendete Thatsache über
rascht zu werden.
Zàà
— Zur Erinnerung an die fei er
liche Eröffnung des Nordostsee-
kanals sind in der königlichen Münze zu
Berlin auf Befehl des Kaisers eine Anzahl
Medaillen geprägt worden; sie sind von
Pros, Herter modellirl und in künstlerischer
Form ausgeführt worden. Die eine Seite
der Erinnerungsmünze zeigt die Brust
bilder der deutschen Kaiser, unter deren
Regierung das Werk begonnen, fortgeführt
und vollendet wurde, ans der anderen
reichen sich zwei Jdealgestalten, Personifi
zirungen der beiden verbundenen Meere,
die Hand. Eine ganz geringe Anzahl der
Münzen ist in Gold geprägt (je 500 Mk,
werth); sie sind sür die Erbauer des Ka
nals bestimmt. Eine größere Zahl, in
Silber ausgeführt, soll den bei der Feier
anwesenden Fürstlichkeiten und anderen her-
vorragenden Personen verliehen werden,
während die Bronzemedaillen, etwa tausend
an der Zahl, den sonstigen geladenen Theil
nehmern zu dauernder Erinnerung an die
denkwürdige Feier übergeben werden sollen.
Im Rcichsamt des Innern wird eine ve
sondere Festschrift sür die Eröffnungsfeier
des Nordostseekanals ausgearbeitet, die
nicht allein die auf den Eröffnungsakt be
züglichen Angaben, sondern namentlich auch
eine Darstellung der Geschichte des Nord-
ostseekanals, also die Enlstehung, Erörte-
rung, Bewilligung und endlich die Erbau
ung des Kanals enthalten soll,
— „ Adolph Menzel amHofeFriedrichs
des Großen", so könnte man die Szene
benennen, die sich dieser Tage zu Ehren
des großen Berliner Künstlers aus Be-
ehl des Kaisers im Schlosse Sanssouci
abgespielt hat. Der weltgeschichtliche Musik
saal des Schlosses war von der erlesensten
Gesellschaft in den Kostümen zur Zeit des
„alten Fritz" erfüllt, und zwar hatte sie
sich, genau nach Menzel's Bilde „Flöten-
Concert" gruppirt. Die Ueberraschung ge-
lang auf das Vollkommenste, Der Kaiser
in der Kleidung des Adjutanten Leutulus
begrüßte den Altmeister mit einer launigen
Ansprache und Menzel erwiderte schlag-
fertig: „Ich glaube nicht zu irren, wenn
ich Se, Excellenz den Generaladjutanten
Lentulus, Chef des Kürassier-Regiments , ,,,
vor mir sehe; ich ersuche Ew, Excellenz,
Sr, Majestät dem Könige meinen ehr
furchtsvollen Dank auszusprechen," Hierauf
geleitete der angebliche Generaladjutant
den Meister zur Schloßwache und ließ sie
sridericianische Exerzitien ausführen. Von
hier aus führte der Kaiser seinen berühmten
Gast in das Musikzimmer, wo Menzel auf
einem Sessel Platz nahm, während der
Kaiser ihm zur Seite stand. Die Hof
kapelle exekutirte das erste Flöten-Concert ,
Friedrichs des Großen; später trug Pro
fessor Joachim einige Backfische Violinstücke
vor, Nach dem Concert wurde in dem
runden Speisesaal getafelt, wobei Menzel
den Ehrenplatz neben dem Kaiser einnahm.
Die große Fontäne erstrahlte in eigen
artigem farbigen Glanze, der durch ver-
flüchiigte ätherische Oele hervorgebracht
worden war. Das eigenartige Fest soll
einen unvergleichlichen Eindruck aus alle
Anwesenden gemacht haben.
Berlin, 17. Juni. Ueber die Aeuße
rungen des Kriegsministers beim Empfang
der Deputation des Bundes von Inhabern
des Eisernen Kreuzes erfährt die „Post":
Der Kriegsminister benierkte, daß, da der
Kaiser verhindert sei, die Deputation zu
empfangen, es ihm (dem Minister) sehr er-
wünscht sei, die Herren begrüßen zu dürfen.
Die mit Gründung des Bundes verknüpfte
patriotische Absicht sei ihm durchaus sym
pathisch, Er könne aber nicht verschweigen,
daß die thatsächliche Wirkung dieser Grün
dung eine unerwünschte sei. Letztere litte
auch an einem inneren Widerspruch, Von
den zur Zeit lebenden 18—20000 In
habern des Eisernen Kreuzes hätten sich
nur 8000 dem neuen Bunde angeschlossen.
Uebrigens fänden sich nicht allein die
Vorstände, sondern auch zahlreiche Mit
glieder der Krieger-Vereine durch die Grün-
Zm WHIMS kS MWjce-
fowls.
So, nun kann die Eröffnung des Kanals
nach langen und vielbesprochenen Vorberei
tungen mit guter Aussicht aus ungestörtes
Gelingen vor sich gehen. Es ist auch
hohe Zeit; alle, die vom Reichskanzler,
den Ministern, dem Oberhofmarschall bis
zu den ehrenvoll belasteten Mitgliedern
des Preßausschnffes seit Monaten mit den
Vorbereitungen zu diesen ganz ungewöhn-
fichen festlichen Veranstaltungen besaßt
sind, werden erleichtert aufathmen, wenn
die große Arbeit und die strapaziösen Ge-
küsse der eigentlichen Festtage vorüber sind.
In den letzten Wochen haben mehrfach
große Kriegsschiffe und überseeische Dam-
dser mit dem Kaiser, der alles selbst leitet,
înspjztrt und skizzirt, den Kanal in seiner
ganzen Länge von Brunsbüttel bis Hol-
îenau so glatt durchfahren, daß der feier-
'>che Schiffszug von zwei Dutzend Fahr-
Kugen mit den Fürsten und der offiziellen
Deutschlands und den diplomatischen und
Maritimen Vertretern der übrigen Welt
kJ der Nacht vom 20. Juni bis zum
-Nachmittag des folgenden Tages unbedenk-
Uch unternommen werden kann. Man
bis vor Kurzem nicht ohne Befürch-
jungen wegen dieser ersten großen offiziellen
Durchfahrt; sie sind ja auch im Reichstage
zur Sprache gekommen. Nicht daß der
Kanal etwa zu schmal oder nicht tief genug
jbi; er entspricht allen Anforderungen,
àch Tamniruljchungen waren nicht das
^chliinmfte, was man befürchtete. Diese
gehören zu den Kinderkrankheiten aller
‘ümfte und beweisen nichts gegen deren
Gesundheit, Sie find wie die Masern,
ungefährlich aber allerdings nicht angenehm
für den, den sie gerade betreffen. Die
eigentliche Befürchtung war eine andere.
Die großen Bremer und Hamburger Paffa
gierdampfer, die auf dieser Durchfahrt und
während der ganzen Feste die Fürsten, den
Hof, Reichstag, Bundesrath und Diplo
waten beherbergen, sind ihrer ungewöhn
lichen Länge von 4—500 Fuß wegen nur
bei geschwinder Fahrt sicher steuerbar.
Im Kanal darf nicht mit voller Kraft ge<
fahren werden; man befürchtete daher die
Möglichkeit, daß einer dieser Schiffskolosse
sich festfahren und dadurch die Passage
sperren könne. Die Befürchtung ist durch
die Probefahrt der „Palatia" beseitigt.
Die im Ernst und Scherz viel besprochene
Möglichkeit, daß Hunderttausende von Men
schen, darunter die gesammte Presse auf
ihrem Dampfer, am Nachmittag des 20,
Juni in Holtenau vergeblich aus den feier
lichen Moment der Ankunft der Kaiser
yacht und der übrigen Schiffe warten
könnten, liegt also nach menschlichem Er
messen nicht mehr vor. Es vergehen übri
gens nebenbei bemerkt sechs Stunden, bis
nach dem Kaiserschiff das letzte Schiff
eintrifft.
Es wäre ungerecht zu verschweigen, daß
die kaiserlichen Gäste, die diese Kanalfahrt
mitniachen, darunter der Reichstag in einer
Präsenz, wie sie bei den wichtigsten Ab
stimmungen nicht erreicht wird, der Mög
lichkeit des Sitzenbleibens im Kanal mit
bewundernslverthem Heroismus entgegen
gesehen haben. Man hat in den letzten
Wochen des Reichstages ja fast ausschließ
lich von diesen Festen gesprochen; der
Eifer, ein einziges Mal an dem Verbrauch
eines bewilligten Etats persönlichen An
theil zu nehmen, war ungemein rührend,
und vor dem Steckenbleiben im Kanal hat
sich Niemand gefürchtet. Wie ein großer
Ulk oder ein angenehmes, programmwidrigeS
Intermezzo wurde diese Eventualität be
handelt. Manche trösteten sich, dqß man
in den Kabinen der Schiffe sehr gut schlafen
könne; mehrere gedachten der fürstlichen
Vorräthe von Speise und Trank, um die
Zeit des Unfalls zu überdauern; bei wei
tem die meisten aber schwuren, daß sie
Skatkarten mitnehmen würden. Die Skat
seuche ist weit verbreitet; das konnte man
auch bei dieser Gelegenheit konstatiren,
Minister, Volksvertreter und Diplomaten
verließen sich auf die Skatkarte als Trost
im Unfall,
Man bedenke, wie viel Bergilügen den
geehrten Festgästen vom 19, Juni Mittags
an zugemuthet wird. Der Kaiser und die
Fürsten treffen im Lause des Nachmittags
in Hamburg ein. Um 6 Uhr findet die
auserlesenen 6—700 Personen das große
Festmahl im Hamburger Rathhause statt.
Von dort gchts nach der Alsterinsel:
Orientalische Zaubernacht, Musik, Gesang,
Feuerwerk von nie gesehener Pracht, dann
sofort nach dem Hafen; der Kaiser und
die Fürsten und ein kleiner Theil der Ge
ladenen schiffen sich ein und fahren elbab-
wärts nach Brunsbüttel, gefolgt von einem
durch den Senat der Presse zur Ver
fügung gestellten Dampfer, der bis Blanke
nese zur Besichtigung einer auch noch nicht
dagewesenen großartigen Beleuchtung des
Elvufers mitfährt. Alle andern Gäste
fahren sofort mit Extrazügen nach Bruns
büttel, und dort in den schönen Stunden
zwischen drei und vier Uhr früh schifft sich
die ganze Festgesellschast, die hoffentlich
nach so vielen Genüssen noch gute Nerven
hat, auf den Dampfern ein und tritt nun
die zehnstündige Kanalfahrt an. Im Juni
steht zu diesen Stunden die Sonne schon
am Himmel, Wie viele werden, noch da
zu bei dem Festtrubel, in den Schiffskabinen
wirklich Schlaf finden! Gegen diese Nacht-
und Tagfahrt sind die längsten Reichstags
sitzungen eine Erholung. Der Kanal und
seine Umgebung bieten ehrlich gestanden
gar keinen Reiz, Es ist nicht anders, als
ob man aus einer neuen Chaussee zehn
Stunden feierlich durchs Flachland fahren
Ivollte. Sieht man von den kühnen und
wirklich eleganten Hochbrücken bei Grünen
thal und Levensau ab, so ist an ästheti
schem Genusse in der ganzen Länge des
Kanals nicht zu finden. Er führt zuerst
durch Moor- und Haideland, dann aller
dings durch fruchtbare Gegend, die aber
anch flach, nur selten von Baumwuchs
unterbrochen ist. Als schönster Theil gilt
der von Rendsburg bis Holtenau,
Wie der Kanal selbst aussieht? Sieben-
undsechzig Meter Breire im Wasserspiegel
wirken nicht imposant zwischen schrägen,
theils abgepflasterten, theils grünen Bösch
ungen, Wer vorher nie einen Seekanal
gesehen hat, gesteht, daß er ihn sich anders
dachte, und Manchem ist's in Holtenau
passirt, daß er zweifelnd fragte, ob das
nun wirklich der Kanal fei. Dabei ist der
Nord-Ostsee-Kanal breiter als der Suez-
Kanal, der thatsächlich so schmal ist, daß
von den großen Trupperi-Transporischiffen,
die nach Indien gehen, nicht selten ein
Deserteur den glücklichen Sprung vom
Bord in die Wüste wagt. Wer den Suez-
Kanal kennt, findet den Nord-Osffee-Kanal
mit Recht imposanter und sogar land
schaftlich anziehend. Es ist ein Nützlichkeits
werk, und wenn er auch ästhetisch wenig
bietet, so beginnt die Bewunderung, wenn
man ihn als Leistung der Technik und als
Probe dessen betrachtet, was Menschengeist
und Menschenkrast in acht Jahren be
wältigen können, um quer durch ein Land
hindurch fast 100 Kilometer zwei Meere
zu verbinden. Es erscheint märchenhaft,
daß auf dieser so bescheidenen Wasserstraße
die größten Seeschiffe quer durchs Land
ziehen. Sie ragen haushoch über die
Ufer empor. Wer vom Bord ins Weite
blickt, sieht gar nicht, daß er auf dem
Wasser fährt, und wer vom Lande auf
wenige hundert Schritt die Schiffe ziehen
sieht, erblickt nichts von dem tiefer liegen
den Kanal und hat den Eindruck, als ob
die Kolosse, von räthselhaften Kräften be
wegt, das grüne Land durchschneiden.
Auch Holtenau wird Planchen enttäuschen.
Es ist, kurz gesagt, ein großer Sandplatz
am Eingang des Kanals mit einigen Be-
anitenwohnungen, ein Lootsenhaus in rothem
Ziegelbau, ein fünfzig Fuß hoher Leucht
thurm von gleichem Material stehen dort,
zwischen beiden der Schlußstein; im Leuchl-
lhurm unten ein kleiner Raum mit den
Broncemedaillons der drei Kaiser. „Ge
dächtnißhalle" nennt man, glaube ich, dieses
wie etil großer Cigarrensländer stilisirte
Gemach; es ist schon viel beschrieben wor
den und wird noch mehr beschrieben wer
den; ich beuge mich in Bewunderung vor
der begeisterungssähigen Phantasie der de-