Full text: Newspaper volume (1895, Bd. 1)

gewänder nothdürftig gekleideten Frauen 
gestalten einen eigenthümlichen Gegensatz 
bildeten. Zahlreiche Wogen, Vehikel jeder 
Konstruktion, vom eleganten Landauer bis 
zum einfachen Char-à-banc durchfuhren 
langsamem Tempo die breiteren Straßen 
der Stadt, ängstliche Besitzer in sich 
gend, ein Straßenbild, das bei allem Ernst 
der Loge etwas komisch wirken mußte. Die 
Vorstände der Behörden eilten in ihr 
Amtszimmer und erließen von dort Be 
sehle zum sofortigen Anzünden der elektri 
scheu Bogenlampen und Gaslaternen, zum 
Oeffnen der öffentlichen Parks, und die 
dadurch sich manifestirende lobenswerthe 
Fürsorge wirkte beruhigend auf die Be 
völkerung der Stadt ein. Insoweit Nach 
richten auch aus der nächsten Umgebung 
bis zur Stunde vorliegen, beschränkte sich 
die Erderschütterung auf die Zone, welche 
von dem Erdstoß in der Nacht vom 18. 
auf den 19. Mai betroffen wurde; gleich 
zeitig lauten aber die Mittheilungen da 
hin, daß eine bemerkenswerthe Beschädigung 
an Monumentalbauten, Werken der Kunst 
und selbst einfachen Gebäuden nicht wahr 
nehmbar sei. 
Rom, 10. Juni. In der Provinz Lecco 
wurde gestern Abend eine große Strecke 
des Gebietes von Motta von einem furcöt 
baren Cyclon verwüstet. Der angerichtete 
Schaden wird auf 1 0OOOOO Lire geschützt 
Menschenleben sind nicht zu beklagen. 
Spanien 
In dem letzten Stiergefechte zu Saragosia 
traten sechs sogenannte Novilleros auf, 
d. h. Toreros, die sich aus den Beruf des 
Matadores vorbereiten. Einer von ihnen 
wurde vom Stier erfaßt und zum Ent 
setzen der Zuschauer in die Luft geworfen 
so daß er halbtodt aus der Arena heraus 
getragen werden mußte. Ein anderer 
Namens Tota, wurde ebenfalls_ auf die 
Hörner genommen und trug drei schwere 
Wunden' davon. — In Barcelona warf 
ein Geistesgestörter die Kissen seines Bettes 
aus einen? im 4. Stockwerk befindlichen 
Fenster auf die Straße hinab und stürzte 
sick ihnen dann nach und zwar so glücklich, 
daß er unten gerade darauf zu liegen kani 
und nur geringe Verletzungen davontrug. 
— Beim Pferderennen in Aranjuez brach 
der Hengst „Labrador" aus der Bahn 
'aus und rannte gegen einen Baum Dem 
Jockey Jouan Barjeiro, der das Thier 
ritt, wurde nicht nur die Kniescheibe zer 
schmettert, sondern er schlug auch mit dem 
Kopf so heftig gegen den Stamm, daß sich 
die Schädelknochen spalteten. Sterbend 
wurde er von der Bahn getragen. Biele 
Damen fielen in Ohnmacht und die meisten 
Zuschauer verließen alsbald den Rennplatz. 
England. 
London, 6. Juni. Ein eigenthüm 
licher Fall kam letzte Woche vor den 
verstärkte sich sein Lachen in einem Maße, 
daß Dwingcr ihn, einen Krampfzustand 
muthmaßend, besorgt anschaute. „O, Du 
Uneigennütziger!" gurgelte Jener mühsam 
hervor, als seine Lachorgane sekundenlang 
versagten. 
Holtz antwortete nur mit einem stieren 
Wuthblick und einem derben Fluche, Hoff 
mann dagegen rief voll Ingrimm: Geht 
zum Teufel mit Eurem Geschwätz! Und Du, 
Jantje, ist das Alles, was Dein Gehirn 
ausgeheckt, nachdem Du uns heute Abend 
über die ganze Angelegenheit in einer Weise 
ausgeforschl hast, daß ich schon auf den 
Gedanken gericth, Du müssest Deine aparten 
Hintergedanken dabei haben? Man weiß ja, 
wen man in Dir vor sich hat, und cs kam 
mir auch schon wunderlich vor, daß Du, 
der Nipper am Glase, den stärkeren Mohr 
trotz seiner neuerlichen Vorsicht beim Trinken 
nach so kurzer Zeit in einen wahren Todten- 
schlas hast versenken können, noch dazu am 
Vorabend des Tages, dm wir, wie Du 
weißt, verwenden wollten, unsere Angelegen 
heit mit ihm an Ort und Stelle auf's 
Reine zu bringen. — Bist Du etwa selbst 
Derjenige, der sich den Ehrenpreis auf 
unsere Kosten verdienen möchte? Das Gelüste 
laß Dir vergehen, im Nothfall sind wir 
selbst Die Richter in unserer Sache." 
„Freilich bin ich's," lachte Ahrens ihm 
gerade in's Gesicht. „Es scheint, daß Du 
nach der Affaire mit Mohr in Eurer Schatz- 
geschichte überall Verrath witterst, — soweit 
Dein Mißtrauen auf mich geht, möchte ich 
wahrhaftig wissen, inwiefern. Und was den 
Ehrenpreis betrifft, so sollst Du sofort in 
den Stand gesetzt werden, ein Urtheil darüber 
zu füllen, ob ich ihn in der That verdiene. 
Ganz einerlei ist cs mir dabei, ob ich ihn 
kriege, — einen Augenblick Geduld." 
Ahrens stand auf, ging nach der Thür, 
drehte den Schlüssel uni und steckte ihn in 
die Tasche. 
Während die klebrigen seinem Thun neu 
gierig und verwundert zusahen und selbst 
Frahm über gespanntem Aufmerken sein Lachen 
vergaß, begann cs in Eisenhuts Brust un 
ruhig zu klopfen; sein Auge begegnete sich 
mit dem des auf seinen Platz zurückkehrenden 
Ahrens, und er wußte, der gefahrdrohende 
Moment stand unmittelbar bevor; mit dieser 
Ueberzeugung gewann er aber seine kaltblütige 
Besonnenheit fast vollständig wieder. Was 
wollte Jener, der sicher nur mit Vermuthungen 
operierte, anfangen, wenn er Alles dreist 
leugnete? 
(Fortsetzung folgt.) 
Richter in Kingston an der Themse. Der 
dortige Gesundheitsbeamte brache die Klage 
an, daß sich achtzehn Häuser auf dem 
Lear-Platze in baufälligem und gesund 
h eitssch ädlichem Zustande befänden 
und Abhülfe geschaffen werden müsse. Nun 
kam aber die Schwierigkeit, nämlich den 
Eigenthümer ausfindig zu machen. Der 
frühere Besitzer Lear ist gestorben und seine 
Schwester Miß Lear erklärte dem Richter, 
daß sie nichts mit den achtzehn Häusern 
zu thun habe. Ein Arbeiter, der in einem 
der Häuser wohnt, sagte, die Häuser hätten 
gar keinen Eigenthümer; seit lange 
habe er gar keine Miethe bezahlt. Darauf 
erließ der Richter den Befehl an den 
Distriktsrath, die Häuser niederzureißen. 
Den Insassen wurde ein Monat Frist zum 
Umzug gegeben. 
Türkei. 
Konstantinopel, 8. Juni. Soeben wurde 
Dschewad Pascha seines Amtes als 
Großvezier enthoben und der frühere 
Großvezier Said Pascha zu seinem 
Nachfolger ernannt. 
„Man ist versucht, an ein Berhängniß, 
an ein Fatum zu glauben, wenn man 
sieht, tvie unendlich viel Furchtbares sich 
zusammenzieht, um dem türkischen Staate 
Verwickelungen und nicht mehr loszubrin- 
gende Sorgen zu schaffen. Die armenischen 
Wirren haben eine ganze Kette von Un- 
heil, Verdruß, Demüthigung und Kümmer- 
nisten nach sich gezogen. Zu den armeni- 
schen Angelegenheiten treten drohend die 
macedonischen. Und in diesen grausam 
ernsten Tagen unter allen Räthen der 
Krone, unter allen Hohen des Staates 
kaum ein halbes Dutzend wehrhafter, wahr 
Hafter Männer, selbstloser Patrioten. Klein 
licher Zank, parteiischer Hader, Intriguen 
und heimtückische Konspirationen erfüllen 
die Gemüther und beherrschen die Vera 
thungen. Die Meisten sind muthlos, traft' 
los, bald grenzenlos schwach und nach' 
giebig, bald grenzenlos übermüthig Wie 
Viele sind nur darauf bedacht, ihr eigenes 
kostbares Ich in ein trockenes Winkelchen 
zu zerren, wohin die schon von fern mäch 
tig heranbrausenden Sintfluth voraussicht 
lich nicht zu dringen vermöchte ... In 
diesem Chaos sehe ich nur Einen uner 
schütterlich, treu, tapfer, weise und mäch 
tig bleiben — das ist der Großvezier 
Dschewad Pascha . . . Oder ist er nicht 
mehr Großvezier? Dreimal hat er bereits 
die Hand sinken lassen, die den Strom der 
finsteren Ereignisse zurücktrieb. Dreimal 
hat er sie von Neuem erhoben und hat 
ausgeharrt auf seinem Posten, ein treuer 
Diener seines Herrn." 
Dänemark. 
Aus Kopenhagen meldet die „Franks. 
Ztg.". die russische Regierung wolle die 
dänische Insel Christiansö kaufen, um 
eine Kohlenstation in der Ostsee anzulegen. 
Der russische Admiral Baron Fredricks 
habe die Insel inspicirt und sei jetzt in 
Kopenhagen angekommen, um mit der 
Regierung zu verhandeln. Mit dem Namen 
Christiansö werden die kleinen, 19 km 
nördlich von Bornholm gelegenen Felsen- 
Inseln Estholm, Christiausholm und 
Frederiksholm bezeichnet. 
Kopenhagen, 10. Juni. Ein norwegischer 
Fischer Namens Brakmö hat folgendes 
Abenteuer erlebt: Er ruderte mit einem 
Knaben in einem offenen Segelboote, als 
sich plötzlich ein Sturm erhob und ihn 
noch Spitzbergen führte. Hier wartete 
er auf guten Wind, als er aber nach 
Norwegen zurückkehren wollte, war der 
Weg von Eis gesperrt, und er war dadurch 
genöthigt, nun auf der öden Insel zu 
überwintern. Er hielt sich hier mit 
dem Knaben 13 Monate auf; sie hatten 
kein Proviant, nur eine Flinte und einige 
Kugeln. Glücklicherweise wußte der Fischer, 
daß Nordenskjöld bei der Bucht, wo sei 
Boot lag, eine Hütte gebaut habe. Dort 
fand er einiges Werkzeug und ein wenig 
Pulver. Um sich Nahrung zu verschaffen, 
schoß er Rennthiere, briet das Fleisch, 
trank das Blut, und mit den Häuten be 
kleidete er das Innere der Hütte zum 
Schutz vor der schrecklichen Kälte. So gelang 
es diesem modernen Robinson Crusoe 
während dreizehn Monaten sich und seinem 
Begleiter das Leben zu erhalten. Als 
endlich das Eis schmolz und er zurückkehren 
wollte, fand er sein Boot beschädigt. Er 
mußte es also wieder repariren, und nach' 
dem dies gethan war, segelte er nach 
Vardo. Von hier telegraphirte er an seine 
Frau in Tromso, die ihn schon längst todt 
glaubte. Brakmö war kürzlich in Christiania, 
wo er seine merkwürdigen Erlebnisse zum 
Besten gab. 
Inrand. 
Berlin, 10. Juni. An dem Zustande 
kommen des russisch-chinesischen Bor- 
chuß.Geschäfts wird nicht mehr ge- 
zweifelt. Die großen Pariser, Londoner 
und Berliner Bankhäuser haben ihre Be- 
thciligung abgelehnt, indessen ist Rußland 
bei den Häusern zweiten Ranges glücklicher 
gewesen. Die französische Regierung ist 
ebensowenig an dem Geschäft betheiligt 
als die deutsche. Der Betrag des Vor 
schusses ist 320 Millionen Mark. In 
London fürchtet inan, daß der Sache eine 
Vereinbarung betreffend die Abtretung der 
Mandschurei an Rußland zu Grunde liege. 
— Sonnabend-Nachmittag traf plötzlich 
der Kriegsminister, General Bronsart 
von Schellendorff, zum Besuche bei 
dem Fürsten Bismarck ein. Der Kriegs 
minister übernachtete beim Fürsten Bis 
marck und kehrte Sonntag-Morgen 9V + Uhr 
nach Berlin zurück. Es heißt, daß der 
Besuch mit den Gerüchten über Minister 
krisen zusammenhänge; etwas Bestimmtes 
hierüber verlautet noch nicht. Man nimmt 
aber vielleicht nicht mit Unrecht an, daß 
der Kriegsminister nicht ohne Wissen des 
Kaisers den Besuch in Friedrichsruh ge 
macht habe. 
— Abg. Dr. Kropats check hatte durch 
den „Reichsboten" veröffentlichen lassen, 
daß er sein Verhältniß zur „Kreuzztg." 
bereits seit dem 4. Juni gelöst habe. Dar 
über theilt die „Volksztg." mit, Dr. 
Kropatscheck sei noch vor wenigen Tagen 
in der Redaktion der „Kreuzztg." er 
schienen; es kam aber zwischen ihm und 
Herrn v. Hammerstein zu einer sehr 
scharfen Auseinandersetzung. Die 
selbe verlief derart, daß Dr. Kropatscheck 
seinen Hut nahm, sich bei den anderen 
Herren sofort verabschiedete und die Re 
daktion verlieb, so daß er damit seine 
bisherige Stellung thatsächlich aufgegeben hat. 
Aachen, 11. Juni. Hier geht das Ge 
rücht um, daß der im Klosterprozeß viel 
genannte Bruder Heinrich aus Anlaß 
der Bemerkung des Staatsanwalts, daß er 
die Schuldigen in der strengsten Weise zur 
Verantwortung ziehen werde, bereits am 
Freitag Abend nach Belgien abgereist sei. 
Zum Besuch des Kaisers bei der Hohen- 
sriedbergfeier der Pasewalker Kürassiere 
war in der Stadt Pasewalk eine weite, 
vielen Hunderten Platz gewährende Tri 
büne errichtet worden. Ein großstädtischer 
Unternehmer hatte von der Stadt den 
Platz gemiethet und auf seine Kosten die 
Tribüne gebaut. Die so geschaffenen Plätze 
sollten verkauft werden und die Preise 
waren auf zehn Mark, sechs Mark und so 
weiter festgesetzt. Von den Tribünenplätzen 
wurden nur wenige veräußert; der größte 
Theil blieb unverkauft und demgemäß 
leer. Ringsum eine dichte, sehnsüchtig 
harrende Menge, auf der Tribüne Lücke 
an Lücke. Da traf, kurz vor der Ankunft 
des Kaisers, der frühere Minister, 
jetzige Oberpräsident von Putt- 
kam er ein und überschaute mit einem Blick 
die ganze Lage. „Mit einer solchen Tri 
büne können wir doch Majestät nicht em- 
psangen", bemerkte der Oberpräsident. 
^,Da muß für Besetzung gesorgt werden." 
Sofort wurden, der „Brest. Morgenztg." 
zufolge, Boten ausgesandt, die Alle rings 
um einluden, sich's gefälligst auf der Tri 
büne bequem zu machen. Der Unternehmer 
widersprach, wurde aber mit dem Hin 
weis auf die höheren Rücksichten, 
die hier in Frage kämen, beruhigt. Ge 
nug, die Tribüne war dicht besetzt und 
das Einzugsbild war durch keine störende 
Lücke beeinträchtigt. 
Auf demBegräbnißplatzderjüdischeii 
Gemeinde zu Arnswalde (dem Wahlkreise 
Ahlwardts) sind nach dem „Bert. Tagebl." 
in der Nacht zum zweiten Pfingsttage 
30 eiserne Grabdenkmäler aus der 
Erde gerissen, umgeworfen und theilweise 
zerstört worden. Bon den Gräbern ferner 
sind die Blumen und Ziergewächse mit 
rohem Vandalismus abgerissen worden. 
Die Thäter sind noch nicht ermittelt. 
Neisse, 11. Juni. Ter „Neisser Ztg." 
zufolge hat der Abg. v. Kardorff das 
Reichstagsmandat Oels-Wartenberg nieder 
gelegt. Bekanntlich war v. Kardorff nur 
mit 43 Stimmen Mehrheit gewählt wor 
den, und der Reichstag hat beschlossen, 
die Gültigkeits-Erklärung der Wahl von 
Erhebungen im Wahlkreise abhängig zu 
machen. 
Stargard i. Pomm., 10. Juni. In Folge 
des Genusses verdorbenen Schinkens 
starben hier drei Personen. 
Wiesbaden, 10. Juni. Ein blutjunges 
Liebespärchen, ein Kommis und eine 
Gärtnertochter, haben sich aus Liebes 
kummer in den Rhein gestürzt. Die Leichen 
ind bei Biebrich gelandet. 
Auf einer Hochzeit in Wüstegiersdors 
vergnügte sich der Bräutigam mit den ge 
ladenen Gästen beim fröhlichen Tanze, 
während die des Tanzens unkundige Braut 
den Tanzsaal verließ, um sich in einer 
unter demselben befindlichen Gaststube mit 
den Gästen zu unterhalten. Als sie nun 
ivieder in den Saal zurückgekommen war, 
waren die Tänzer schon nach Hause ge 
gangen und mit ihnen der Bräuti 
gam. Ohne jede Begleitung begab sich 
also die Braut ebenfalls auf den Heimweg 
und fand, als sie ihre Häuslichkeit erreicht 
hatte, ihren Bräutigam schon im tiefsten 
Schlummer liegend. — Ein reizender 
Bräutigam! 
Vom Militärgericht Mainz wurde ein 
Soldat des brandeuburgischen Fußartillerie- 
Regiments zu einer Gefängnißstrafe von 
4 Monaten verurtheilt, weil er in der 
Kaserne den Ruf: „Hoch die Sozialdemo 
kratie!" ausgestoßen hatte. 
Karlsruhe, 7. Juni. Nach telegraphischen 
Meldungen aus dem Oberland haben die 
durch Wolkenbrüche verursachten Neber 
sch wem m ringen großen Schaden ange 
richtet. Bei W a I d s h u t sind vierzig 
Morgen Wiesenland weggeschwemmt, in 
Stühling en ertrank ein zwanzigjähriger 
Mann, in Bonndorf stürzten Häuser 
ein, ein Mann ertrank. In Löffingen 
Amt Neustadt, entstand an Häusern und 
Waarenlagern ein Schaden von 100 000 
Mark. Die Landstraße und die Brücken 
in Röthenbach sind zerstört, acht Häuser 
stehen unter Wasser, in Löffingen sind ca 
vierzig Häuser unter Wasser. Aehnliche 
traurige Mittheilungen kommen aus Wolsach 
und Lahr, wo die Wege unfahrbar und 
die Brücken weggerissen sind. Der Eisen 
bahnverkehr zwischen Wolfach-Freudenstadt 
ist eingestellt. Die Brücken auf der Land 
straße nach Lenzkirch und Lösfingen sind 
schwer gefährdet. Der durch die Wolken 
bräche und Hagelschlag verursachte Schaden 
ist groß. 
Hamburg, 7. Juni. In Lebensge 
fahr geriethen gestern Nachmittag der 
hiesige Pastor Dettmer jun. und Frau, 
indem die Pferde ihrer Equipage infolge 
eines Deichselbruches durchgingen, wobei 
der Kutscher vom Bock geschleudert, und 
der Wagen zertrünimert wurde. Die Frau 
Pastor erlitt bei der wilden Fahrt ziemlich 
erhebliche Verletzungen, während ihr Ge 
mahl mit leichten Verwundungen davon 
kam. Auch der Kutscher wurde verletzt 
und mußte ins Krankenhaus überführt 
werden. — Während der Anwesenheit des 
Kaisers und seiner Gäste auf der Alster 
insel, werden die hiesigen Ruder- und 
Seglerklubs eine Korsofahrt mit blu 
men- und lampionsgeschmückten 
Fahrzeugen um die Insel ausführen 
und später bei der Abfahrt des Kaisers 
Spalier bilden. Etwa 1000 Ruderer wer 
den sich in Kostümen daran betheiligen. 
ProvtkzreüeS. 
Kiel, 11. Juni. Die Abreise des 
Kaisers gestaltete sich zu einem überaus 
imposanten Schauspiel. Um 9 Uhr 50 
Minuten, als auf dem Kaiserboot die 
Kaiserstandarte gesetzt wurde, salutirte die 
Kriegsflotte, zugleich ließen die Panzer 
der Siegfriedklasse die Scheinwerfer spielen, 
große elektrische Sonnen, welche mit bleu 
dendem Glanze das Wasserfeld bis zum 
Bahnhöfe erhellten. Auf der Jensenbrücke 
hatten sich während dieser Ovation bereits 
zur Verabschiedung der commandirende 
Admiral Knorr, der stellvertretende Sta 
tionschef Vice-Admiral von Reiche, der 
Stadt-Commandant Inspecteur der Marine- 
Infanterie Oberst von Fransecky eingefun 
den. Außerdem waren daselbst der Hafen- 
Capitän Capitän zur See Langemak und 
Bürgermeister Lorey, als Chef der Polizei 
anwesend. Der Kaiser, aus dem Boot 
ausgestiegen, hatte zunächst auf der Brücke 
eine längere Unterredung mit dem Slatious- 
chef. Der Weg zum Bahnhöfe wurde 
durch die neue Ankunftshalle zu Fuß zu 
rückgelegt. Der Kaiser betrat an der Seite 
des Stadt-Commandanten den Perron und 
stieg sogleich in den Sonderzug, der um 
10 Uhr 6 Minuten Kiel verließ. Das 
sehr zahlreich am Bahnhöfe versammelte 
Publikum brachte dem Kaiser lebhafte 
Hurrahs. 
? Kiel, 10. Juni. Der dänische Prinz 
Waldemar nimmt an der feierlichen Er 
öffnung des Nord-Ostseekanals wie ur 
sprünglich bestimmt nicht theil. Das zu 
entsendende dänische Geschwader wurde in 
diesen Tagen von dem Flotten-Jnspektor 
Viceadmiral Meldal besichtigt und hat 
alsdann die Kopenhagener Rhede vorlassen. 
Dasselbe wird jedoch erst in der Mitte des 
Monats sich bei Kiel mit den anderen 
fremdländischen Kriegsschiffen sammeln. 
? Kiel, 10. Juni. Zum Sicherheits 
dienst sind 50 Schutzleute und 30 Geheim 
polizisten nach Kiel für die Kanalfeier 
beordert. 
Bei der Anwesenheit der fremdländischen 
Geschwader auf der Kieler Rhede werden 
selbstredend diejenigen Panzerschiffe, welche 
in der Schlachtlinie in erster Reihe zu 
kämpfen bestimmt sind, das weitgehendste 
Interesse des Publikums in Anspruch 
nehmen. Außer den vier deutschen Panzer 
schiffen erster Klasse werden elf ausländische 
Schlachtschiffe während der Festtage in Kiel 
paradiren, im Ganzen mithin fünfzehn 
dieser Schiffskolosse auf dem Strom liegen, 
die zu interessanten Vergleichen eine will 
kommene Handhabe bieten. Auch die Ar- 
mirung der Schisse ist recht verschieden. 
Die vier englischen Panzer führen als 
schwere Geschütze je vier 13,5 zöllige Hin- 
terlader. Aehnliche Riesenkanonen befinden 
sich an Bord der Italiener. Die franzv- 
fischen, russischen und spanischen Schiffe 
führen wesentlich schwächere Geschütze. 
Unsere vier Panzerschiffe erster Klasse führen 
als schwerstes Geschütz je sechs 28 cm- 
Ringkanonen, ferner sechs 10,5 cm- und 
8,8 ow-Schnellfeucrgeschütze. Was endlich 
die Besatzung angehr, so erscheint es sehr 
bemerkenswerth, daß die Schlachtschiffe der 
ausländischen Seemächte durchweg zahl 
reicher bemannt sind, als die deutschen 
Schiffe. Die vier englischen Panzer haben 
eine Besatzung von je 713 Mann. Auf 
den italienischen Schiffen ist die Zahl der 
Mannschaften verschieden, von 673 bis 
478 Mann. Der französische Panzer 
„Hoche" zählt 660, der russische „Alexan 
der II." 604 und der spanische „Pelayo" 
584 Mann. Aus unseren vier Panzer 
schiffen beträgt die Besatzung dagegen nur 
je 552 Mann. 
Neumünster, 10. Juni. Ein kleiner 
4jähriger Knabe, William Boss, Sohn 
einer im nordöstlichen Stadttheil wohnenden 
Familie Voss, erkrankte am Sonntag kurz 
nach Mittag unter Vergistungser- 
scheinungen und verstarb trotz aller 
sofort angewandten ärztlichen Hülfe. Da 
Nachbarn behaupten, den Knaben mit 
Goldregenblüthen spielen gesehen zu 
haben, so ist der Tod des Kindes wahr- 
scheinlich auf Vergiftung durch diese Gold- 
cegenblüthen zurückzuführen. Die kleine 
Leiche wird auf Anordnung des Gerichts 
noch untersucht werden. — Möge dieser 
Fall aufs Neue eine Warnung bilden, 
diese so hübsch aussehende, aber ein so 
scharfes Gist bergende Blüthe von Kindern 
nicht berühren zu lassen. (H. C.) 
Kiel, 10. Juni. Während der Durch- 
fahrt des Kaisers durch den No rd osisee- 
Kanal am 20. Juni werden, wie auch 
schon erwähnt, an verschiedenen Stellen 
des Kanalufers Truppen, und zwar sowohl 
Infanterie (die 35. Brigade erhält ihren 
Standort bei Rendsburg) als auch Kavallerie 
und Artillerie Ausstellung nehmen. Speziell 
hier bei Kiel, an der Holtenauer Schleuse, 
werden bei der Durchfahrt der „Hohen- 
zollern" rc. die Ehren-Compagnie vom 
Regiment Königin Nr. 86, von zwei 
Garde-Regimentern und vom Seebataillon 
paradiren- Die Gardisten vom 1. Regiment 
werden die historischen hohen Grenadier- 
Mützen tragen. Ferner sind vom General- 
Commando des 9. Armeecorps Truppen 
aus Schleswig, Neumünster, Harburg und 
Wandsbek zum Dienst am Kanal während 
der Durchfahrt des Kaisers und seiner 
Gäste commandirt werden. 
Dieser Tage hielten die vereinigten 
Goodtemplerlogen Nordschleswigs in Haders- 
leben ihre alljährliche Generalversammlung 
ab. Nordschleswig zählt 43 Logen mit 
1000 Mitgliedern. 
Bei dem Hufner Struve in PadenstcSt, 
bekannt als tüchtiger Schweinezüchter, warf 
dieser Tage eine Zuchtsau 19 Ferkel, von 
denen noch 17 am Leben und „springend 
lebendig" sind. 
Der Rechtsbeistand des Carl Breit 
rück Dr. Th. Suse in Altona hat aber 
mals den Antrag auf Wiederaufnahme 
des Verfahrens gestellt. Dieser An 
trag soll damit begründet sein, daß der 
Beweis zu führen versucht wird, daß Carl 
Breitrück zu der Zeit, als der ermordete 
Knabe Raczka verschwand, gar nicht in 
Hamburg-Altona war. 
Unter dem Pferdestand der „Brauerei 
Marienthal" bei Wandsbek ist, wie bereits 
gemeldet, vor 10 Tagen die Rotzkrankheit 
ausgebrochen und inußten bereits in voriger 
Wochen fünf Pferde getödtet werden. Ge 
stern sind auf Veranlassung des Kreisthier 
arztes wieder drei Pferde erschossen worden. 
Friedrichstadt, 8. Juni. Die hiesige 
'tädtische Spar- und Leihkasse hat im Jahre 
1894 einen Totalumsatz von Mark 
150603382 Pf. gehabt und einen Rein 
gewinn von Mark 14 233 41 Pf. erzielt. 
Von letzterem wurde die Hälfte dem Re- 
sirvefond überwiesen, der ca. 118 690 Mk. 
beträgt. Von der verbleibenden Hälfte 
wurden gestern bewilligt für die hiesige 
Privat-Mädchenschule 600 Mk., für die 
Gewerbeschule 500 Mk., für Anschaffung 
von Lehrmitteln 100 Mk., für die Turner- 
feuerwehr 75 Mk., für die freiwillige 
Feuerwehr 50 Mk., für die Kleinkinder- 
chule 75 Mk., für die Stiftung für Wittwen 
und Waisen der Kampfgenossen von 1870/11 
50 Mk., für die Kochanstalt 300 Mk., für 
den Krieger-Berein 50 Mk., für Alters 
renten 900 Mk., für die hiesige israelitische 
Gemeinde 100 Mk-, für Verschönerungen 
500 Mk., für das Krankenhaus 200 Mk. 
und zur Disposition des Stadtverordneten- 
Kollegiums 3500 Mk. 
Einem idyllischen Stillleben eines Amts 
richters soll durch eine an das Herrenhaus 
gebrachte Vorlage ein Ende bereitet werden. 
Ter Gesetzentwurf bezweckt die Aufhebung 
des Amtsgericht auf der Insel Pellworm 
Bor demselben sind jährlich höchstens 4, 
im Jahre 1891 gar keine Schöffengerichts- 
ttzung abgehalten und im Ganzen während 
" Jahren 4 Privatklagen sowie 12 An- 
klagen wegen Vergehen zur Verhandlung 
gekommen. Die Konkursordnung ist noch 
gar nicht zur Anwendung gekommen. Auch 
Grundbuchsachen und Bormundschaftssachen 
bleiben bei dem nur 2390 Seelen zählen 
den Gutsbezirk hinter der Durchschnitts 
zahl eines normal beschäftigten Gerichts 
ehr weit zurück. Das gesammte Arbeits 
pensum nimmt den Richter selbst in den 
beschäftigtsten Zeiten wöchentlich nur Ivenige 
Stunden in Anspruch. 
Der Knecht in Quickbor», der als ver 
mißt bei der Polizei gemeldet wurde, und 
von dem nian befürchtete, daß er das 
Opfer eines Verbrechens geworden, hat 
ich tvieder eingestellt. Er hat an dem 
fraglichen Tage auf dem Felde Nasenbluten 
bekommen, hat sich dann zum Schlafen 
niedergelegt, ist erst Abends wieder er 
wacht und nicht wieder nach Hause zurück 
gekehrt. Er hat sich in der Gegend von 
Pinneberg mehrere Tage umhergetrieben 
und ist schließlich, als er nichts mehr z» 
leben hatte, nach Quickborn zurückgekehrt. 
G Ersde, 10. Juni. Diese Woche 
feierte die Erfder Vogelgildc ihr Schützen 
fest, welches ein wirkliches Volksfest ist, 
ferner er 
der Land 
Şchmiedļ 
vnterhal 
Ņeumûn 
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stwas : 
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